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Thema: Hast du die Bibel je selbst gelesen?

  1. #3751
    Zurück im Norden
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    Zitat Zitat von Tohuwabohu Beitrag anzeigen
    Erstaunlich: über Xerxes heißt es...

    Zeitgenössische Geschichtsschreiber und Autoren, so zum Beispiel der griechische Dichter Aischylos, führten die Misserfolge des Xerxes unter anderem auf seine mangelnde Besonnenheit und fehlende religiöse Toleranz zurück, deren Ursachen nach heutiger Einschätzung vermutlich die Einflussnahme seiner Mutter Atossa und das Erstarken der Magier waren.
    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Xerxes_I.
    Die schlechte "Presse" des Xerxes bei den Griechen dürfte aber vornehmlich Propaganda sein. Jedenfalls lassen gibt es sonst keine Belege dafür, dass seine Herrschaft besonders unvernünftig gewesen wäre.

  2. #3752
    Infrarot Avatar von Der Kantelberg
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    Zitat Zitat von Mongke Khan Beitrag anzeigen
    Als nächstes käme doch Hiob?
    Ja. Ich bin ja auch blöd.

    Aber Achtung: Da steht ein krasser Genre-Wechsel an. Wir wechseln von den Geschichtsbüchern in die Weisheitsliteratur - die werden sich komplett anders lesen. Ich glaub, ich muss euch mal einen Exkurs zu hebräischer Dichtkunst geben.
    Die Macht des Verstandes ... sie wird auch im Fluge dich tragen - Otto Lilienthal

    Schweinepriester: Ihr habt euch alle eine Fazialpalmierung verdient.


  3. #3753
    Registrierter Benutzer Avatar von Jerry Demmings
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    Naja, Hiob ist doch wahrscheinlich genauso geschichtlich, wie Esther, oder? Oder Tobit und Judith, for that matter
    Zitat Zitat von Meister Wilbur
    Junge lies doch mal! Es geht um Katholiken und nicht irgendwelche Ketzer!

  4. #3754
    Hat einen Plan Avatar von Mongke Khan
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    Ich geb uns übrigen mal eine Kostprobe dessen, was uns erwartet: Hiob 1

    Achtung Spoiler:

    1 Es lebte einst ein Mann im Lande Uz, Hiob mit Namen, und dieser Mann war fromm und rechtschaffen, fürchtete Gott und mied das Böse.
    2 Sieben Söhne und drei Töchter wurden ihm geboren;
    3 dazu besaß er siebentausend Stück Kleinvieh und dreitausend Kamele, fünfhundert Joch Rinder, fünfhundert Eselinnen und ein sehr zahlreiches Gesinde, so daß dieser Mann unter allen Bewohnern des Ostlandes der angesehenste war.
    4 Nun pflegten seine Söhne im Hause eines jeden von ihnen an seinem Tage ein festliches Mahl zu veranstalten und luden dann allemal auch ihre drei Schwestern ein, mit ihnen zu essen und zu trinken.
    5 Wenn aber die Tage des betreffenden Gastmahls um waren, ließ Hiob ihnen sagen, sie möchten sich heiligen; er stand dann am andern Morgen früh auf und brachte für jeden von ihnen ein Brandopfer dar; denn Hiob dachte: »Vielleicht haben meine Kinder sich versündigt und in ihrem Herzen Gott verwünscht.« So machte es Hiob jedesmal.
    6 Nun begab es sich eines Tages, daß die Gottessöhne kamen, um sich vor Gott, den HERRN, zu stellen; und unter ihnen erschien auch der Satan.
    7 Da fragte der HERR den Satan: »Woher kommst du?« Der Satan gab dem HERRN zur Antwort: »Ich bin auf der Erde umhergestreift und habe eine Wanderung auf ihr vorgenommen.«
    8 Da sagte der HERR zum Satan: »Hast du wohl auf meinen Knecht Hiob achtgegeben? Denn so wie er ist kein Mensch auf der Erde, so fromm und rechtschaffen, so gottesfürchtig und dem Bösen feind.«
    9 Der Satan erwiderte dem HERRN: »Ist Hiob etwa umsonst so gottesfürchtig?
    10 Hast du nicht selbst ihn und sein Haus und seinen ganzen Besitz rings umhegt? Was seine Hände angreifen, das segnest du, so daß sein Herdenbesitz sich immer weiter im Lande ausgebreitet hat.
    11 Aber strecke doch einmal deine Hand aus und lege sie an alles, was er besitzt: dann wird er sich schon offen von dir lossagen.«
    12 Da antwortete der HERR dem Satan: »Gut! alles, was ihm gehört, soll in deine Gewalt gegeben sein! Nur an ihn selbst darfst du die Hand nicht legen!« Da ging der Satan vom Angesicht des HERRN hinweg.
    13 Während nun eines Tages Hiobs Söhne und Töchter im Hause ihres ältesten Bruders schmausten und Wein tranken,
    14 kam plötzlich ein Bote zu Hiob und meldete: »Die Rinder pflügten gerade, und die Eselinnen befanden sich neben ihnen auf der Weide,
    15 da machten die Sabäer einen Überfall und trieben sie weg und erschlugen die Knechte mit dem Schwert; ich bin der einzige, der entronnen ist, um es dir zu melden!«
    16 Während dieser noch redete, kam schon ein anderer und berichtete: »Feuer Gottes ist vom Himmel gefallen und hat das Kleinvieh und die Knechte vollständig verbrannt; ich bin der einzige, der entronnen ist, um es dir zu melden!«
    17 Während dieser noch redete, kam schon wieder ein anderer und berichtete: »Die Chaldäer sind in drei Heerhaufen, die sie aufgestellt hatten, über die Kamele hergefallen und haben sie weggetrieben; sie haben auch die Knechte mit dem Schwert niedergemacht; ich bin der einzige, der entronnen ist, um es dir zu melden!«
    18 Dieser hatte noch nicht ausgeredet, da kam wieder ein anderer und berichtete: »Deine Söhne und Töchter waren beim Essen und Weintrinken im Hause ihres ältesten Bruders,
    19 da kam plötzlich ein gewaltiger Sturmwind über die Steppe herüber und faßte das Haus an seinen vier Ecken, so daß es auf die jungen Leute stürzte und sie ums Leben kamen; ich bin der einzige, der entronnen ist, um es dir zu melden!«
    20 Da stand Hiob auf, zerriß sein Gewand und schor sich das Haupt; dann warf er sich auf die Erde nieder, berührte den Boden mit der Stirn,
    21 und sagte: »Nacht bin ich aus meiner Mutter Schoß gekommen, und nackt werde ich dorthin zurückkehren; der HERR hat’s gegeben, der HERR hat’s genommen: der Name des HERRN sei gepriesen!«
    22 Bei allen diesen Heimsuchungen versündigte sich Hiob nicht und tat nichts Ungebührliches vor Gott.


    Bemerkungen/ Gedanken:
    • Laut Wikipedia weiß man nicht wirklich, wo das Land Uz liegt. Ein Joch ist laut Elberfelder ein Gespann.
    • Viele Kinder, viel Kleinvieh, viel Großvieh und viel Gesinde - der Hiob nagt wohl nicht am Hungertuch Emoticon: monokel
    • Allzu großes Vertrauen hat Hiob in seine Kinder aber nicht, wenn er sie präventiv vor Gott entschuldigt.
    • Wo man im letzten Buch den Herrn noch vermisst hat, taucht er hier direkt zu Beginn des Buches recht prominent auf. Wir haben außerdem Satan als handelnde Figur; den hatten wir nur ein mal bei Samuel und da auch nicht als "Teufelsgestalt"). Den Text könnte man sogar so lesen, als sei der Satan einer der Söhne Gottes (daher auch gefallener Engel und so?)
    • Ich bin mir nicht sicher, wer von beiden (Gott oder Satan) hier der "üblere" von beiden ist: einerseits will Satan Hiob versuchen, andererseits hat er damit Recht, dass Hiob (der ja als wohlhabend eingeführt wurde) es bislang nicht schwerfallen kann, zu Gott zu halten. Nicht auf Hiob bezogen wirft das die Frage auf: kann man wirklich gläubig sein (im Sinne von auf Gott vertrauen), wenn man nie geprüft wurde? Ist es rechtens, jemanden zu prüfen, um das herauszufinden? Erinnert mich an einen Fall vor ein paar Tagen, als die Uni Minnesota vom Linux-Projekt ausgeschlossen wurde, weil ein paar Sicherheitsforscher es für ne gute Idee hielten, absichtlich Bugs einzuschleusen, um den Integrationsprozess zu testen (https://www.theverge.com/2021/4/22/2...l-ban-research) - einerseits ne kluge Idee, andererseits ziemlich fahrlässig
    • Alles, was Hiob hatte, ist auf einmal weg - Kleinvieh, Kamele, Rinder, Eselinnen, Gesinde, Söhne, Töchter. Der Satan fackelt nicht lange (außer vielleicht beim Feuer Gottes Emoticon: pyroschlumpf).
    • Die Nacht in Vers 21 ist tatsächlich ein Typo.
    • Hiob besteht die Prüfung auf jeden Fall bis dahin. Damit haben wir (nach Mardochai bei Esther) schon wieder einen "Guten", seit die Israeliten wieder im Spiel sind.
    • Dem Gedanken (ohne es jedoch von einer göttlichen Entität abzuleiten), dass man mit nichts kommt und mit nichts gehen wird, kann ich aber etwas abgewinnen. Erinnert mich an das Leben des Brian: "You know, you come from nothing - you're going back to nothing! What have you lost? Nothing!" Emoticon: musik


    Zitat Zitat von Baldri Beitrag anzeigen
    Würfel doch mal für nen Job bevor du hier finanzielle Aussagen triffst die ernstgenommen werden sollen.

  5. #3755
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    Zitat Zitat von Jerry Demmings Beitrag anzeigen
    Naja, Hiob ist doch wahrscheinlich genauso geschichtlich, wie Esther, oder? Oder Tobit und Judith, for that matter
    Das mein ich nicht. Wo man darüber natürlich auch diskutieren kann, aber das ist nicht der Punkt.

    Es geht mir um den Charakter des Textes. Der ist ab Hiob 3 komplett anders als in allen Büchern davor. Wir wechseln sozusagen von Erzählprosa oder Gesetzestexten in weisheitliche Poesie.
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  6. #3756
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    Wenn es erst ab Hiob 3 abgefahren wird, wird heute ja nochmal entspannt: Hiob 2

    Achtung Spoiler:
    1 Da begab es sich eines Tages, daß die Gottessöhne wiederum kamen, um sich vor Gott den HERRN zu stellen; und unter ihnen erschien auch der Satan, um sich vor den HERRN zu stellen.
    2 Da fragte der HERR den Satan: »Woher kommst du?« Der Satan gab dem HERRN zur Antwort: »Ich bin auf der Erde umhergestreift und habe eine Wanderung auf ihr vorgenommen.«
    3 Da sagte der HERR zum Satan: »Hast du auch auf meinen Knecht Hiob achtgegeben? Denn so wie er ist kein Mensch auf der Erde, so fromm und rechtschaffen, so gottesfürchtig und dem Bösen feind; noch immer hält er an seiner Frömmigkeit fest, wiewohl du mich gegen ihn gereizt hast, ihn ohne Grund unglücklich zu machen.«
    4 Der Satan aber erwiderte dem HERRN: »Haut um Haut! Ja alles, was ein Mensch hat, gibt er für sein Leben hin.
    5 Aber strecke nur einmal deine Hand aus und lege sie an sein Gebein und sein Fleisch, so wird er sich sicherlich offen von dir lossagen!«
    6 Da sagte der HERR zum Satan: »Gut! er soll in deine Gewalt gegeben sein: nur sein Leben sollst du schonen!«
    7 Da ging der Satan vom HERRN hinweg und schlug Hiob mit bösartigen Geschwüren von der Fußsohle bis zum Scheitel,
    8 so daß er sich eine Scherbe nahm, um sich mit ihr zu schaben, während er mitten in der Asche saß.
    9 Da sagte seine Frau zu ihm: »Hältst du denn immer noch an deiner Frömmigkeit fest? Sage dich los von Gott und stirb!«
    10 Er aber antwortete ihr: »Du redest, wie die erste beste Törin reden würde! Das Gute haben wir von Gott hingenommen und sollten das Schlimme nicht auch hinnehmen?« Bei allen diesen Heimsuchungen versündigte sich Hiob nicht mit seinen Lippen.
    11 Als nun die drei Freunde Hiobs von all diesem Unglück hörten, das ihn betroffen hatte, machten sie sich, ein jeder aus seinem Wohnort, auf den Weg, nämlich Eliphas aus Theman, Bildad aus Suah und Zophar aus Naama, und zwar verabredeten sie sich, miteinander hinzugehen, um ihm ihr Beileid auszudrücken und ihn zu trösten.
    12 Als sie nun von ferne ihre Augen aufschlugen, erkannten sie ihn nicht mehr; da fingen sie an, laut zu weinen, zerrissen ein jeder sein Gewand und warfen Staub in die Luft auf ihre Häupter herab.
    13 Dann saßen sie bei ihm auf dem Erdboden sieben Tage und sieben Nächte lang, ohne daß einer ein Wort zu ihm redete; denn sie sahen, daß sein Schmerz überaus groß war.


    Bemerkungen/ Gedanken:
    • Satan ist schon ein kleiner Streuner. Und ein Schlawiner - jetzt soll es an Hiob selbst gehen. Er knann es wohl nicht akzeptieren oder begreifen, dass Hiob vielleicht wirklich so fromm ist. Ich mag Satan hier irgendwie
    • Er schabt sich mit einer Tonscherbe? Also kratzt er die Geschwüre auf oder so?
    • Und: Satan hat ihm ja gar nicht alles genommen in Kapitel 1: seine Frau hat er noch.
    • Auf Kapitel 3 bin ich jetzt ein wenig gehypt. Satan gefällt mir ja schon, Hiob wirkt auch wie ein Charakter, mit dem es spannend werden kann. Bislang hat Gott zumindest verziehen, dass er alles verloren hat und jetzt auch noch Schmerzen leidet.
    Zitat Zitat von Baldri Beitrag anzeigen
    Würfel doch mal für nen Job bevor du hier finanzielle Aussagen triffst die ernstgenommen werden sollen.

  7. #3757
    Megas, megas, megas Avatar von Trismegistos
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    Na ja, Satan ist hier in der ursprünglichen Wortbedeutung immer noch der "Ankläger". Bei der Beurteilung der Menschen durch vertritt er die Position "die Menschen sind schlecht und verdienen Strafe" - quasi als Staatsanwalt. Im Judentum ist er das im Wesentlichen wohl auch geblieben und immer als Untergebener Gottes in spezieller Funktion gedeutet worden, nie als sein Gegner, soweit er nicht eh nur als Metapher aufgefasst wird.

  8. #3758
    Infrarot Avatar von Der Kantelberg
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    Exkurs zum Thema Hebräische Dichtkunst.

    Der Inhalt stammt hauptsächlich aus dem Buch hier: https://www.amazon.de/Das-Alte-Testa.../dp/3765595594
    Egelkraut, "Das Alte Testament", dort aus dem Kapitel 23 "Die hebräische Dichtkunst"
    Ich hab allerdingt noch ne älteres Ausgabe. Der Deutsche Mitautor/Übersetzer hat das englische Orginal später noch mal massiv ergänzt, es kann also sein, dass in jetzigen Ausgaben noch mehr dazu steht. Alle angeführten Beispiele finden sich so auch im Egelkraut.



    Mit Hiob starten wir in die Weisheitsliteratur. Viele der 5 Weisheitsbücher (Hiob, Psalmen, Sprüche, Prediger, Hohelied) sind komplett durchgedichtete Poesie. Auch in den Prophetenbüchern sind häufig lange Passagen poetisch verfasst. Wir sollten uns also auf eine blumige Sprache, Übertreibungen, Metaphern und andere Sprachliche Mittel, die bestimmt viele von euch noch aus dem Deutschunterricht kennen, einstellen.


    Das bemerkenswerteste Kennzeichen von hebräischer Lyrik im Alten Testament ist der Parallelismus. Da werde ich etwas genauer drauf eingehen, weil wir im Deutschen das so gar nicht verwenden.
    Parallelismus bedeutet, dass man eine Aussage auf 2 Arten und Weisen nacheinander bringt. Beide Zeilen stehen sozusagen Parallel.

    Beispiel: (Spr. 20,1)
    Wein ist - ein Spötter
    Starkes Getränk - ein Lärmer (Starkes Getränk = Bier)
    Das inhaltliche Schema wäre hier:
    A - B
    A' - B'

    Es kann auch vorkommen, dass in einer Zeile ein Teil weggelassen wird: (Amos 8,10):
    Und ich will machen - eure Feste - zu Trauer: A - B - C
    und alle eure Lieder - zu Wehklagen: B' - C'
    Das Verb "ich will machen" wird nicht wieder holt.

    Es gibt jetzt Sonderformen von diesem Parallelismus:
    a) Antithetischer Parallelismus:
    Hierbei wird in der zweiten Zeile eine doppelte Verneinung eingebaut, und damit auch die eigentlich Aussage wiederholt, aber von der anderen Seite: (Spr 10,1)
    Ein weiser Sohn - erfreut - einen Vater: A - B - C
    ein törichter Sohn - grämt - seine Mutter: (-)A' - (-)B' - C
    weise und töricht - und erfreut und grämt sind hier die Gegenteilpaare.

    b) synthetischer Parallelismus:
    Hierbei wird in der zweiten Zeile nicht der Inhalt wiederholt sondern weiterentwickelt: (Am 1,7)
    Und ich werde Feuer senden - in die Mauern Gazas: A - B
    und es wird verzehren - seine Paläste: ->A' - ->B'
    Das senden und Verzehren und die Mauern und Paläste sind nicht wirklich Synonyme. Aber der Gedanken wird in der parallelen Struktur weiterentwickelt.

    c) Es kann vorkommen, dass die Paare in der zweiten Zeile getauscht sind: Jes 40,3:
    In der Wüste - bereitet - den Weg - dem Herrn: A - B - C - D
    Macht eben - in der Steppe - einen Weg - unserem Gott: B' - A' - C' - D'


    Dieser Parallelismus ist das wichtigste Stilmittel der Poesie und ganze Bücher bestehen nur aus diesen Zeilenpaaren.

    Andere Stilmittel finden sich hingegen nicht: Reim und Metrum. (Obwohl manche Sprachwissenschaftler beim einer Metrik anderer Ansicht sind, es ist aber sehr umstritten, ob es überhaupt eine Metrik gibt) - Man braucht also kein Reimschema oder einen 6-hebigen Jambus suchen. Das würde in einer Übersetzung auch schwer fallen, denn das geht mit einer anderen Sprache ja meist verloren. Ansonsten hat man sehr viele Metaphern und Vergleiche, manche, die uns auch heute merkwürdig vorkommen werden, weil der Antike Hebräer einen anderen Vergleichspunkt nimmt als der moderne Mensch. Man kann ja z.B. mal darüber nachdenken, was damit gemeint ist, wenn im Hohelied gesungen wird: "Dein Haar ist wie eine Herde Ziegen"...

    und ja: Schade, dass es im Forum keine Tabulatoren gibt.
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  9. #3759
    MAGA forever Avatar von Tohuwabohu
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    Klingt jetzt in den Beispielen ganz einleuchtend und spannend. Mal schauen wie das ist, wenn da ganze Bücher derart gestaltet sind. Kann vermutlich etwas ermüdend sein, denke ich mir. Aber die blumige, altertümliche Sprache des (Mittleren) Ostens gefällt mir. Kenne ich z.B. so von den Iranern, wenn sie mal wieder vor der UN poltern. Sehr wortschöne Vergleiche gibt es da.

  10. #3760
    Hat einen Plan Avatar von Mongke Khan
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    Ich denke mal nicht, dass wir alle dahingehend untersuchen werden
    Aber spannender Exkurs. Gedichtinterpretation hat mir im Deutschunterricht mit am meisten Spaß gemacht.
    Zitat Zitat von Baldri Beitrag anzeigen
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  11. #3761
    Infrarot Avatar von Der Kantelberg
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    Das ist nur, um euch Leser am Anfang drauf zu stupsen. Man erkennt die ganz schnell von alleine, wenn man weiß, wonach man suchen muss.
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  12. #3762
    Registrierter Benutzer Avatar von ThomasBX
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    Hiob

  13. #3763
    Infrarot Avatar von Der Kantelberg
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    Zitat Zitat von Mongke Khan Beitrag anzeigen
    Ich denke mal nicht, dass wir alle dahingehend untersuchen werden
    Oh, du kannst ja mal versuchen in Hiob 3 alle zu finden.
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  14. #3764
    Hat einen Plan Avatar von Mongke Khan
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    Ich überlass das mal auch den Lesern, so als Suchspiel

    Hiob 3

    Achtung Spoiler:
    1 Endlich öffnete Hiob den Mund und verfluchte den Tag seiner Geburt,
    2 indem er ausrief:
    3 »Vernichtet sei der Tag, an dem ich geboren wurde, und die Nacht, die da verkündete: ›Ein Mann ist empfangen worden!‹
    4 Jener Tag möge zu Finsternis werden! Nicht kümmere sich um ihn Gott in der Höhe, und kein Tageslicht möge über ihm erglänzen!
    5 Nein, Finsternis und Todesschatten mögen ihn als ihr Eigentum zurückfordern, Wolkendunkel sich über ihm lagern, Verdüsterung des Tageslichts ihn schreckensvoll machen!
    6 Jene Nacht – sie sei ein Raub des Dunkels! sie werde den Tagen des Jahres nicht beigesellt, in die Zahl der Monate nicht eingereiht!
    7 Nein, jene Nacht bleibe unfruchtbar, kein Jubelruf sei ihr je beschieden!
    8 Verwünschen mögen sie die Tagbeschwörer, die es verstehen, den Leviathan in Wut zu versetzen!
    9 Finster müssen die Sterne ihrer Dämmerung bleiben: sie warte auf Licht, doch es bleibe aus, und niemals erblicke sie die Wimpern des Morgenrots!
    10 Denn sie hat mir die Pforte des Mutterschoßes nicht verschlossen und das Unheil vor meinen Augen nicht verborgen.
    11 Warum bin ich nicht gleich vom Mutterleibe weg gestorben, nicht dem Tode verfallen, als ich aus dem Mutterschoß hervorgekommen war?
    12 Weshalb haben sich mir Knie liebreich dargeboten und wozu Brüste, daß ich an ihnen trinken konnte?
    13 Denn ich würde jetzt im Grabesfrieden liegen, würde schlafen: da hätte ich Ruhe
    14 mit Königen und Volksberatern der Erde, die sich Grabpaläste erbaut haben,
    15 oder mit Fürsten, die reich an Gold waren und ihre Häuser mit Silber gefüllt hatten;
    16 oder, einer verscharrten Fehlgeburt gleich, wäre ich nicht ins Dasein getreten, den Kindlein gleich, die das Licht nicht erblickt haben.
    17 Dort haben die Frevler abgelassen vom Wüten, und dort ruhen die aus, deren Kraft erschöpft ist;
    18 dort leben die Gefangenen allesamt in Frieden, hören nicht mehr die Stimme eines Treibers.
    19 Niedrige und Hohe gelten dort gleich, und frei ist der Knecht von seinem Herrn.
    20 Warum gibt er dem Mühseligen das Licht, und das Leben denen, die verzweifelten Herzens sind?
    21 Die sich nach dem Tode sehnen, ohne daß er kommt, und die nach ihm eifriger graben als nach Schätzen?
    22 Die sich bis zum Jubel freuen, ja aufjauchzen würden, wenn sie das Grab fänden?
    23 (Warum gibt er’s nicht) dem Manne, dem sein Weg in Nacht verborgen ist und dem Gott jeden Ausweg versperrt hat?
    24 Denn Seufzen ist für mich das tägliche Brot, und gleich dem Wasser ergießt sich meine laute Klage.
    25 Denn bebe ich vor etwas Furchtbarem, so trifft es bei mir ein, und wovor mir graut, das bricht über mich herein:
    26 ich darf nicht aufatmen noch rasten noch ruhen, so stellt sich schon wieder eine Qual ein.«


    Bemerkungen/ Gedanken:

    • Da hat sich bei Hiob wohl ein wenig Wut aufgestaut
    • Ich sehe im ersten Teil auf jeden Fall einen übergeordneten (polarer) Parallelismus darin, wie Tag und Nacht gleichermaßen verdammt werden ("Jener Tag möge zu Finsternis werden" (V. 4), "jene Nacht bleibe unfruchtbar" (V. 7))
    • Den Leviathan kannte ich v.a. als Titel des gleichnamigen Buches von Thomas Hobbes. In diesem Kontext soll es (laut Wiki) ein "kosmisches Seeungeheuer" sein - wobei ich "Kosmos" und "See" etwas widersprüchlich finde. Aber ganz am Anfang wurde mal erwähnt, dass man sich den Himmel als umgekipptes Meer vorstellt?
    • Die blumige Sprache ist echt super
    • Vers 11 sieht mir auch nach nem Parallelismus aus, aber eher ein synonymer. Genauso Vers 12.
    • Vers 20 klingt eher wie ein chiastischer Parallelismus (Licht vs. Leben - mühselig vs. verzweifelt (ok, das passt nicht ganz)). Chiastische Strukturen bieten sich hier natürlich an, um den von Hiob empfundenen Widerspruch zu unterstreichen.
    • Inhaltlich sagt Hiob nicht so viel:
      • Er verflucht den Tag seiner Geburt und
      • er wünscht sich, schon als Kind gestorben zu sein,
      • denn nie gelebt zu haben ist besser, als sein Leben.
      • Er beschreibt auch das Leben nach dem Tod (und das klingt recht sozialistisch, vgl. 19) und
      • schließt damit, dass bei ihm alles scheiße ist
    Zitat Zitat von Baldri Beitrag anzeigen
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  15. #3765
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    Zitat Zitat von Der Kantelberg Beitrag anzeigen
    Das ist nur, um euch Leser am Anfang drauf zu stupsen. Man erkennt die ganz schnell von alleine, wenn man weiß, wonach man suchen muss.

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