Aber Silber und Gold waren sicher auch teuer.![]()
Noch ein Nachtrag zu den Farben:
Aus der 2. Regel (Keine Farbe an Farbe und kein Metall an Metall) ergibt sich, dass jedes zweidimensionale und zweifarbige Wappen ein Metall enthalten muss. Mit Regel 4 sollen es auch nicht mehr als Tingierungen sein. Dementsprechend gibt es 8 erlaubte Farbkombinationen:
- Gelb-Rot
- Gelb-Blau
- Gelb-Grün
- Gelb-Schwarz
- Weiß-Rot
- Weiß-Blau
- Weiß-Grün
- Weiß-Schwarz
Im Wikipedia-Eintrag zu Tingierungen wird auf eine Untersuchung von 20.000 solcher Wappen verwiesen mit folgendem Ergebnis:
Wenig überraschend sind Gelb-Grün und Weiß-Grün eher selten. Grün ist farblich nah an Gelb, der Kontrast zwischen beiden Farben ist nicht sonderlich groß. Mit Abstrichen würde ich das auch für Gelb-Rot geltend machen. Etwas überraschend ist aber, dass Weiß-Schwarz nur in ~12% der Fälle auftritt, obwohl es den höchsten Kontrast bietet. Vielleicht, weil Silber durch Oxidation schnell schwärzlich wird?
Ich hab mal die Wappen der ersten und zweiten Bundesligisten in das Raster eingetragen:
Da das nicht (immer) klassisch heraldische Wappen sind, fallen einige durchs Raster. Manche sind auch ziemlich hässlich (Braunschweig verletzt z.B. die "Metallregel", sehr viele Vereine haben viele Buchstaben im Wappen etc.). Erstaunlicherweise taucht Gold recht selten auf. Nur der BVB hat eine streng regelkonforme Tingierung mit Gold als Metall.
Das gleiche hab ich auch mit den Landeswappen der 16 Bundesländer gemacht. Das sind allesamt "klassische" Wappen. Wenn Zierelemente wie die Bewehrung andersfarbig sind, hab ich das großzügig ignoriert.
Durch Zusammenlegung sind manche Wappen sehr bunt. Wenn man sich das Saarland und Sachsen-Anhalt anschaut, hat man den Eindruck, da wäre einmal die Love-Parade durchmaschiert und hätte hinterher nicht aufgeräumt. Man sieht auch wieder, dass dadurch die Regeln gebrochen werden (MeckPom hält sich wohl für den Papst!).
Hier die gleiche Darstellung mit "getrennten" Wappen:
Die Dominanz von Weiß-Rot wird sowohl bei Fußball-, als auch bei Landeswappen deutlich. Gold-Blau spielt demgegenüber kaum eine Rolle. Wappen mit grüner Tingierung sind erwartungsgemäß selten vertreten.
Die Bundesligavereine sind ja alle weit nach 1800 gegründet. Die Landesflaggen sind auch eher jung.
Deren Wappen müssen nicht auf den (!) Schild, sondern aufs Leibchen, auf den Briefkopf und auf die Fahne.
Da sind die alten Regeln auch nicht alle notwendig weil man Farben mittlerweile ganz gut darstellen konnte?
Da ist die Dominanz von weiß gegenüber gelb vielleicht auch praktisch damit begründet, dass man immer ein weißes Blatt Papier oder weißen Stoff hat. Die Farben werden hier ja auch weiß und gelb genannt und nicht silber und gold.
Verstand op nul, frituur op 180.
Um auch heute noch ein Wappen genauer anzuschauen, hab ich mir wieder zwei herausgepickt: das Landeswappen von Hessen und das von Thüringen. Beide sind in der Aufstellung vorher durchs Raster gefallen, was unter anderem an dem rot-weiß-gestreiften Löwen in der Mitte liegt. Dieses Figur hat sogar einen eigenen Namen, der "Bunte Löwe" (bunt heißt allerdings nur Weiß + Rot...).
Es geht wohl auf die Ludowinger zurück, die - wenig überraschend - im mittelalterlichen Thüringen und Hessen herumregiert haben. Es gibt aber (heutzutage) einen feinen Unterschied:
Hessen:Die Krone hab ich bei der Blasonierung weggelassen, das weiß ich noch nicht richtig zu beschreiben. Aus der offiziellen Blasonierung: "Auf dem Schilde ruht ein Gewinde aus goldenem Laubwerk mit von blauen Perlen gebildeten Früchten."
In Blau ein steigender Löwe (neunmal)
weiß-rot geteilt mit goldener Bewehrung.
Thüringen:
In Blau ein steigender Löwe (siebenmal)
rot-weiß geteilt mit goldener Bewehrung
und goldener Krone, umgeben
von 8 silbernen Sternen.
Einmal wäre da die Streifenzahl, wobei ich mich daran nicht aufhängen würde. Das könnte auch später festgelegt worden sein. Der zentrale Unterschied ist, dass der hessische Löwe mit weiß beginnt, während der thüringische Löwe mit rot beginnt (MeRkReGeL: Thüringen hat ein "r", Hessen nicht). Das wurde erst im 20. Jahrhundert festgelegt.
Fun Fact (1): In der offiziellen Blasonierung von Hessen wird die 9-malige Teilung gemeldet, die zu 10 Streifen führt. In der von Thüringen wird die 8-fache Streifung gemeldet. Die hessische Blasonierung klingt für mich "heraldischer".
Fun Fact (2): Die beiden Löwen werden auch in der Heraldik als "hessischer Löwe" oder "thüringischer Löwe" bezeichnet, aber nur, wenn es für den Verwendungszusammenhang wichtig ist. Zum Beispiel, wenn man die Wappengeschichte untersucht. Ansonsten nennt man es besser den "bunten Löwen"
Fun Fact (3): Man kann am Wappen erahnen, dass Thüringen nicht in England liegt, weil die Sterne sechszackig sind. In England sind sie eher fünfzackig.
Es ist nicht weiter verwunderlich, dass der Bunte Löwe in vielen hessischen/ thüringischen Kaffwappen auftaucht, z.B. der "ertrinkende Löwen" (meine Bezeichnung) vom Schwalm-Eder-Kreis. Die drei Wellen stehen wenig überraschend für die drei größten Flüsse, Fulda, Eder und Schwalm:
In Blau über drei abaissierten* silbernen Wellen
ein wachsender** (fünfmal) weiß-rot geteilter steigender
Löwe mit goldener Bewehrung und goldener Krone
Ich könnte wohl auch schreiben (näher an der Blasonierung im Wikipedia-Artikel):
In Blau über drei abaissierten silbernen Wellen
der wachsende, golden bewehrte und golden
gekrönte hessische Löwe
Irritierenderweise trägt der ertrinkende Löwe ne goldene Krone, wie in Thüringen.
* abaissiert heißt "erniedrigt", also unten im Wappen. Normalerweise wird eine Figur zentral und möglichst wappenfüllend abgebildet
** wachsend bedeutet "die obere Hälfte ist zu sehen". Muss hier gemeldet werden, sonst würde der Löwe nicht ertrinken:
Klingt für mich auf jeden Fall plausibel. Wobei zumindest die Landeswappen teilweise sehr alt sind. Sachsen mit dem grünen Rautenkranz geht aufs 13. Jahrhundert zurück (und liegt über den schwarzen Streifen).
Die Vereinswappen hab ich zugegebenermaßen auch nur genommen, weil ich wusste, dass ich da auf Anhieb 36 Wappen finde, die verhältnismäßig einfach sind. Ein "FC Schalke-Dortmund 05" taucht eher nicht auf![]()
Mehr als die Hälfte der Wappen hat auch eine kreisförmige Grundform oder eine solche als zentrales Element. Passt vielleicht auch zu nem Stempel oder so.
oder zum Fußball
Auffällig ist ja auch, dass die modernen Fußballwappen viel mit Typographie machen.
Schalke hat keinen Schalk im Wappen sondern ein G.
Dortmund hat statt des Adlers ein B, ein V und noch ein B.
Als Schildschnitzer im Mittelalter wäre man vielleicht froh, wenn man so einfache Formen gehabt hätte.
Aber die Leute konnten damals mit einem Adler, einer Burg oder einem Pferd wohl mehr anfangen als mit einem halb geschlossenen Kreis, der nach innen eingeknickt ist und den Anfangslaut eines Stadtnamnes symbolisieren soll![]()
Verstand op nul, frituur op 180.
Guuut, ein Fußball könnte das kreisförmige Ding auch sein![]()
Die Wappen ändern sich auch öfter mal. Das der Hertha sah bis 1923 wohl so aus:
In Blau ein weißes lateinisches H.
Deutlich wappiger, als die blau-weiße Fahne heute. Die Alphabetisierungsrate wird bestimmt auch eine Rolle spielen. Ab dem 19. Jahrhundert gibt es ja vermutlich erst mehr Alphabeten statt Analphabeten.![]()
Denke ich auch.
Die Buchstaben sind auch noch nicht so lange so uniform wie heute.
Dieses Hertha-H da oben wurde vielleicht irgendwann mal irgendwo in Deutschland als "M" interpretiert. Und anderswo vielleicht als U oder Ä.
Aber ein Löwe ist ein Löwe.
Wie mag diese Stadt wohl heißen?
Achtung Spoiler:
Oder diese?
Achtung Spoiler:
Verstand op nul, frituur op 180.
Sehr interessant, bitte weiter machen!![]()
Hier haben wir:
Ein schwarzes Kreuz auf silbernem Schild.
Über dem Schild eine Mitra
Hinter dem Schild ein Hirtenstab gekreuzt mit Erzbischöflichem Kreuz
Unter dem Schild ein Pallium
Der Schal könnte eine Cappa oder Pluviale darstellen
Das ist das Wappen des Erzbistums Köln.
Ein golden bewehrter, rot bezungter doppelköpfiger schwarzer Reichsadler mit goldenem Nimbus. Zwischen den Köpfen schwebt die goldene Kaiserkrone. In den Klauen rechts ein silbernes Schwert mit goldenem Griff und Parier und links ein goldenes Zepter . Das Brustschild zeigt im Schildhaupt auf rot drei goldene Kronen, darunter auf Silber 11 Hermelinschwänze (moderne Lesart: Flammen) in der Teilung 5:4:2.
Das ist das Wappen der Stadt Köln.
Ich würde das "transitiv" erklären:
Gelb ist vom Farbeindruck her hell und leuchtend, genau wie Silber. Grün ist farblich nahe an Gelb (Wellenlängen 560-490nm bei Grün, 590-560nm bei Gelb), wird auch eher als hell und leuchtend* wahrgenommen und ist dementsprechend näger an Silber dran als z.B. Rot. Richtig strahlendes Weiß ist Silber ja auch nicht.
Ich finde die Spektraltabelle im Wikipedia-Artikel recht aufschlussreich - und zwar, wegen der verwendeten Schriftfarben. Ich hab heir mal verschiedene Kombinationen nebeneinander dargestellt (die 3. ist die von der Spektraltabelle):
Weiß auf Grün und Weiß auf Gelb sind imo deutlich schlechter zu lesen, als Schwarz.
Was auch ganz interessant ist (vielleicht geh ich auch mal noch ausführlicher auf Farbwahrnehmungsgedöns ein): die heraldischen Farben decken fast sämtliche Spektralfarbbereiche ab sowieso "Alle Farben" (Weiß) und "Keine Farben" (Schwarz). Insbesondere mit Purpur/ Violett außerhalb Deutschlands fehlt nur Orange. Das driftet je nach Orangeton schnell Richtung Gelb, Rot oder Braun ab und ist deshalb für die Tingierung schwierig zu benutzen. Vielleicht war es auch teuer, das in guter Qualität zu erzeugen? Da kenne ich mich zu wenig aus, bei Purpur war es aber afaik ähnlich(?).
* entsättigte Farben lasse ich da außen vor, ich stelle mir Draußen bei Licht vor
Ich habe es heute nur überflogen, aber ich bin hochgradig interessiert.
Tolles Thema.![]()
Gestern hab ich noch gemeint, dass die Farbkombi Gold/Grün selten ist und just heute Morgen entdecke ich, dass einer der Stadtteile Karlsruhes, Oberreut, genau diese Kombi hat:
In Gold ein grüner (fünfblättriger
Buchen?)Zweig.
Das ist lustig, weil Oberreut dafür verschrien ist, dass man da eben auf keinen grünen Zweig kommt #WerDenTodNichtScheut![]()
Ob das ne Buche ist - keine Ahnung. Mit Bäumen in der Heraldik hab ich mich noch nicht beschäftigt. Buchen gibt es hier zumindest und die Blattform kommt grob hin. Offiziell wird es nicht gemeldet, ist also unwichtig.
Das Wappen, das ich mir eigentlich vorgenommen hatte, ist dieses:
Gespalten, vorne(1) in zwölfmal von Gold und Blau geständertem(2)
Feld ein roter Herzschild, hinten in Gold ein rot bewehrter und rot
bezungter schwarzer Löwe. Der von einem mit 17 Perlen belegten
Kronreif gekrönte Schild wird rechts von einem Bären und links
von einem rotbewehrten und rotbezungten schwarzen Löwen
gehalten.
Wie manche User vielleicht schon erraten haben, ist das das Wappen von Westflandern. In der vorderen (= rechten) Schildhälfte ist das Wappen der Grafschaft Flandern/ Alt-Flandern zu sehen, die zum Hl. Röm. Reich gehörte. Die hintere (= linke) Schildhälfte zeigt den Flämischen (oder Flandrischen) Löwen (3). Das ist sinnvoll, ist auch ne Flämische Provinz Belgiens. Der Löwe ist nicht zu verwechseln mit dem Brabanter Löwen, der ist in Schwarz ein goldener rotbewehrter und rotbezungter Löwe, der das Wappen Belgiens ziert.
Die Blasonierung der Krone hat mir etwas Kopfzerbrechen bereitet. Rangkronen haben eigentlich typische Formen (Perlen, Spitzen, Reichsapfel - die Farbgebung ist uninteressant), die man angibt und gut ist. Es gibt regionale Unterschiede, im Wikipedia-Artikel (https://de.wikipedia.org/wiki/Rangkrone) sind die wichtigen aufgeführt. Blöderweise taucht die vom Wappen da nirgends auf. Die hat zwar Perlen, aber keine Spitzen!
Das kann insofern sein, als dass Westflandern als belgische Provinz/ Verwaltungseinheit eher neu ist, auch wenn ich mich nicht mit der Geschichte Westflanderns beschäftigt habe.
Zumindest als Vorlage erschiene mir wegen der Lage eine belgische oder hl. röm. Vorlage plausibel. Die Provinzen Flämisch-Brabant(4) und Limburg haben auch ganz klar alte belgische Fürstenkronen.![]()
(1) Die Sache mit links und rechts hab ich ja schon erwähnt. Zu links, also heraldisch rechts, sagt man auch "vorne" und entsprechend zur anderen Seite "hinten", um die Verwirrung zu maximieren
(2) Ständer- bezeichnet hier nur dieses "Radmuster". Die Anzahl der Ständer muss angegeben werden, die erste Farbe meint immer die oben rechts. Im Gegensatz zum obigen Wappenschild beginnt der der Familie Eller mit Blau. Ansonsten sieht er genau gleich aus:
In zwölfmal von Blau und Gold geständertem
Feld ein roter Herzschild. Auf dem Helm mit Blau-
Goldenen Decken und Wulst ein Blauer und Goldener
Flug (5)
(3) Er sieht damit genau wie der Meißner Löwe aus. Keine Ahnung, ob die miteinander "verwandt" sind. Meißner Löwe habe ich zumindest in der deutschsprachigen Heraldik als stehenden Begriff für eine Figur gefunden, flämischer Löwe nicht.
(4) Der Schild von Flämisch-Brabant zeigt den Brabanter Löwen (In Schwarz ein rotbewehrter und rotbezungter goldener Löwe) mit einem Herzschild (in Rot ein weißer Balken). Ich hätte folgendes Spiel mit verwechselten Farben ulkig gefunden:
Keine Ahnung, ob es das nicht sogar gibt.
(5) Ein Flug bezeichnet beide Flügel eines Vogels. Ein einzelner Flügel wird als halber Flug bezeichnet.