Piratenbund - die Bruderschaft der Küste
Die Entdeckung, Kolonisierung und Ausbeutung der Neuen Welt vor allem durch die Spanier hat im großen Umfang auch Piraten angelockt. Durch französische Korsaren, die vor europäischen Häfen kreuzten, erfuhren die europäischen Höfe bald von den Reichtümern der Neuen Welt. Die Schiffe der Spanier mussten zum Abtransport der Waren aus Südamerika die Karibik mit ihren vielen kleinen und großen Inseln durchqueren, die sich hervorragend als Stützpunkte für Piraten eigneten. Die Gold- und Silbertransporte durch die spanische Silberflotte, die jedes Jahr die Ausbeute aus den ertragreichen Minen abtransportierte, waren hierbei nur die spektakulärste Möglichkeit, Beute zu machen. Tabak, Zuckerrohr, Kakao, Gewürze und Baumwolle waren ebenfalls lukrative Handelsgüter.
Berühmt und gefürchtet war die karibische Bruderschaft der Küste der so genannten Bukanier. Der Ausdruck Bukanier - vom französischen boucanier - bezeichnete ursprünglich die meist französischen Jäger der Wälder Hispaniolas, die vor allem verwilderte Rinder jagten. Anschließend räucherten sie das Fleisch, nach einer Methode, die noch von den Ureinwohnern stammte, auf den namensgebenden Boucan-Öfen und verkauften es zusammen mit den Häuten. In ihrer freien Zeit überfielen sie an der nahen Küste vorbeiziehende spanische Schiffe. Später wurde der Begriff zu einem weiteren Synonym für karibische Seeräuber des 17. Jahrhunderts.
Um 1640 entstand aus der internationalen Bukanierskommune, die sich aus entflohenen Vertragsarbeitern, religiösen Flüchtlingen und Jägern zusammensetzte, auf Saint Domingue der Bund der sogenannten freres de la cote, auch brethren of the coast oder fraternity of freelance traders genannt. Auch wenn dieser Bund häufig als Republik der Piraten bezeichnet wird, dürfen wir uns darunter keine organisierte Gemeinschaft mit festen Institutionen vorstellen. Vielmehr zeichnete sich diese Bruderschaft vor allem durch einen gemeinsamen Lebensstil und soziale Gepflogenheiten aus.
Der vielleicht berühmteste Bukanier ist Henry Morgan, der für einige Zeit sogar Gouverneur von Jamaika war. Bei seinen Überfällen mit großen Piratenflotten auf die reichen spanischen Städte wie Portobelo (1668), Maracaibo und Gibraltar am Maracaibosee (1669) und vor allem auf Panama (1671) machte er sich zu Nutze, dass deren Befestigungsanlagen ausschließlich zum Meer hin ausgerichtet waren. Nachdem die Bukaniere an anderer Stelle an Land gegangen waren, griffen sie die Städte von der ungeschützten Landseite aus an. Auch der französische Bukanier François l'Ollonais war berüchtigt für seine Grausamkeit gegen die Spanier.
Über die Jahre entwickelten die Bukaniere einen gemeinsamen Lebensstil. Besonders typisch dabei war der sogenannte matelotage, eine der Ehe nicht unähnliche Lebensgemeinschaft, die Bukaniere miteinander eingingen (s'amateloter) und damit unter anderem Anspruch auf das Erbe des Partners hatten. Wenn man davon absieht, dass aus akutem Frauenmangel, ähnlich wie bei Seefahrern, auch bei den Bukanieren Homosexualität sicher gebräuchlich war, gibt es keinerlei Hinweise dafür, dass der Matelotage explizit homosexuelle Hintergründe hat. Sein eigentlicher Zweck war eine Aufgabenteilung zwischen den Bukanieren, von denen einer Kampf und Beute suchte und der andere auf die Jagd ging, um für Proviant und Verpflegung zu sorgen.