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Thema: Eine civilisierte Geschichte Deutschlands

  1. #436
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    Das ist ja geil - ja, genau so habe ich mir das auch vorgestellt!
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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  2. #437
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    Kurt Georg Kiesinger (1911 bis 1920)


    Bundeskanzler Kiesinger (links), Außenminister Brandt (rechts)

    Trotz interner Reibereien konnte die Große Koalition mit ihrer bequemen parlamentarischen Mehrheit in den ersten zwei Jahren fast alle angekündigten Vorhaben umsetzen. Darunter waren so umstrittene und lang umkämpfte Vorhaben wie die Notstandsgesetze. Weitere Neuerungen im Rahmen seiner Kanzlerschaft waren die Einigung über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und das Stabilitätsgesetz. Einzig die geplante Einführung des Mehrheitswahlsystems für die Bundestagswahlen scheiterte an Meinungsverschiedenheiten zwischen den Koalitionspartnern, vor allem am Widerstand der SPD-Basis.



    Als eigentliche Vorantreiber der Regierungsarbeit galten die Fraktionsvorsitzenden Helmut Schmidt (SPD) und Rainer Barzel (CDU/CSU). In der Öffentlichkeit waren neben dem Kanzler und dem Außenminister die Minister Karl Schiller und Franz Josef Strauß („Plisch und Plum“) besonders bekannt. Mit der Fertigstellung des Nationalen Wunders Wall Street in Utrecht leiteten sie die konjunkturelle Erholung der Wirtschaft ein, was ihnen widerrum die Sanierung des öffentlichen Haushalts ermöglichte. Bald schon sprach man in Deutschland von einem wahren „Wirtschaftswunder“, die Börse von Utrecht und die D-Mark hatten bei der Bevölkerung den Ruf eines regelrechten Nationalwunders.



    Technisch gesehen baute Deutschland seinen Vorsprung weiter aus. Jetzt war nicht mehr unbedingt das Militär der Taktgeber für die Ingenieure und Forscher. Besonders durch den Aufbruch ins Weltall und dem Fund des Monolithen wurde die Entwicklung neuer industrieller Zweige begründet. Darunter fiel die Nutzung von Kunststoffen im großen Maßstab.

    Als Kunststoff - organisches Polymer, umgangssprachlich Plastik - bezeichnete man einen Festkörper, dessen Grundbestandteil synthetisch oder halbsynthetisch aus monomeren organischen Molekülen hergestellt wird. Als Vater der Polymerchemie galt der deutsche Chemiker Hermann Staudinger. Bereits 1887 äußerte er vor der Schweizerischen Chemischen Gesellschaft, dass „hochmolekulare Verbindungen“ aus kovalent gebundenen, langkettigen Molekülen bestehen. 1896 veröffentlichte er in den „Berichten der Deutschen Chemischen Gesellschaft“ einen Artikel, der als Begründung der modernen Polymerwissenschaften gilt. Vor allem in den Jahren von 1900 bis 1910 folgten weitere wichtige Theorien über den Aufbau von Kunststoffen, welche die Grundlage für das heutige Verständnis dieser Werkstoffklasse bilden. Für diese Arbeiten erhielt Staudinger im Januar 1911 den Nobelpreis. Die Arbeiten Staudingers ermöglichten der Chemie nun auf der Basis gesicherter naturwissenschaftlicher Grundlagen eine rasante Entwicklung auf dem Gebiet der Polymerchemie.

    Ein herausragendes Merkmal von Kunststoffen war, dass sich ihre technischen Eigenschaften - wie Formbarkeit, Härte, Elastizität, Bruchfestigkeit, Temperatur-, Wärmeformbeständigkeit und chemische Beständigkeit - durch die Wahl von Ausgangsmaterial, Herstellungsverfahren und Beimischung von Additiven in weiten Grenzen variieren ließen. Kunststoffe wurden zu Formteilen, Halbzeugen, Fasern oder Folien weiterverarbeitet. Sie dienten von nun an als Verpackungsmaterialien, Textilfasern, Wärmeisolierung, Rohre, Bodenbeläge, Bestandteile von Lacken, Klebstoffen und Kosmetika, in der Elektrotechnik als Material für Isolierungen, Leiterplatten, Gehäuse, im Fahrzeugbau als Material für Reifen, Polsterungen, Armaturenbretter, Benzintanks und vieles mehr. Vor allem nach 1910 nahm aufgrund der zahlreichen Erfolge auf dem Gebiet der Polymerchemie die Produktion von Kunststoffen enorm zu. Durch die Entwicklung der Thermoplaste und insbesondere von entsprechenden Verarbeitungsverfahren konnten Formteile jetzt auf unschlagbar billige Weise hergestellt werden. Kunststoff wurde von einem Ersatzstoff mit besonderer Bedeutung zu einem Werkstoff für die industrielle Massenfertigung.

    Da aus Kunststoffen auch Wegwerfartikel gefertigt wurden, ergab sich zwangsläufig das Problem der Entsorgung. Die polymeren Bestandteile der Kunststoffe waren zum einen nicht wasserlöslich und zum anderen nicht in der Lage, die Zellmembranen von Mikroorganismen zu passieren; das heißt, eine Wechselwirkung mit lebenden Organismen war außer bei den biologisch abbaubaren Kunststoffen weitgehend ausgeschlossen. Dies hatte zwar den Vorteil, dass Polymere als gesundheitlich unbedenklich eingestuft werden konnten, aber eine Umwandlung in der belebten Natur ebenso ausgeschlossen werden musste: Kunststoffe verrotten also nur sehr langsam. Sie sind meist wenig UV-stabil (Sonnenlicht) und vergilben und/oder verspröden, ihre Elastizität geht verloren.

    Vorerst beachtete man die Belastungen für die Umwelt aber nur wenig, denn wie erwähnt bot Plastik so umfangreiche Möglichkeiten zum Einsatz, dass man unmöglich darauf verzichten konnte. Warum nun das Luxusgut Felle veraltet, ist mir auch Jahre nach Erscheinen von Civ4 noch immer ein Rätsel. Gilt ab hier die Pelzindustrie vielleicht als „böse“?



    Die UdSSR war von der nach Stalins Tod und besonders nach dem 20. Parteitag der KPdSU einsetzenden „Tauwetterperiode“ trotz kleinerer personeller Korrekturen auf ihrem orthodoxen Kurs geblieben und lehnte politische Reformen ab. Doch im Land gärte die Unzufriedenheit über den gesellschaftlichen Stillstand - nicht im zentralen Moskau, sondern an den Rändern des russischen Imperiums. Besonders in der Republik Kasachstan, das seit dem Bau des Weltwunders Rock n Roll ein Schmelztiegel für junge Kreative und für neue Ideen war, wurde über die Zukunft der Gesellschaft diskutiert. Im Herbst 1912 kam es in der Sowjetrepublik Kasachstan zu innenpolitischen Unruhen, studentischen Protestdemonstrationen und Angriffen auf die politische Führung von Seiten des kasachischen Schriftstellerverbandes. Sie lösten eine Führungsdiskussion innerhalb der KP Kasachstans aus, in deren Folge das Zentralkomitee am 5. Januar 1913 den Parteichef absetzte und einen Reformpolitiker zu seinem Nachfolger wählte. Die neue kasachische Führung begann rasch mit der Einführung umfassender politischer Reformen, die unter dem Schlagwort „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ Pressefreiheit und Aufhebung der Zensur, Demokratisierung, Versammlungsfreiheit, Abbau des Zentralismus und wirtschaftliche Reformen mit einem Abrücken von der Planwirtschaft. Damit war das Beschneiden der Macht der Kommunistischen Partei verbunden.



    Die rasche innenpolitische Liberalisierung in Kasachstan rief bei seinen Verbündeten Misstrauen hervor, obwohl die Republik beteuerte, weiterhin in der UdSSR mitarbeiten zu wollen. Doch die Staatsführung in Moskau befürchtete eine Stärkung der zentrifugalen Kräfte im sozialistischen Lager. Das Übergreifen der Proteste auf weitere verbündete Länder wie Polen bestärkte die Machthaber in Moskau, dass die Entwicklung in Kasachstan zum Übergreifen der Liberalisierungswelle führen würde. Als sich die Reformbewegung dann noch verselbständigte und die Intellektuellen, Wissenschaftler und Studenten in Kasachstan und Polen das kommunistische System überhaupt als ineffizient und korrupt verurteilten, sahen die Russen die Macht in den Republiken den Händen der KP entgleiten. Als Folge verzögerte der Warschauer Pakt den Abzug seiner Truppen nach Beendigung einiger Manöver. Breschnew bestellte die Staatsführer der Verbündeten nach Moskau und schwor sie auf die nach ihm benannte Doktrin ein, nach der ein Ausscheren Kasachstans und Polens aus der sozialistischen Gemeinschaft nicht hingenommen würde. Das Kommunique der Konferenz betonte „die gemeinsame internationale Pflicht der sozialistischen Länder, die Errungenschaften des Sozialismus zu schützen.“ Trotz aller hektischen diplomatischen Bemühungen konnte die neue kasachische Führung die sozialistischen Staaten nicht dazu bringen, ihren politischen Reformkurs zu akzeptieren.



    In der Nacht auf den 21. August 1913 marschierten Boden- und Luftlandetruppen der Sowjetunion, befehligt vom Chef der sowjetischen Landstreitkräfte und unterstützt durch Kontingente der anderen Staaten des Warschauer Paktes, in Kasachstan ein. Dies geschah nach Angaben der beteiligten Staaten auf Bitten nicht näher spezifizierter Partei- und Staatsfunktionäre der Kasachischen KP. Die kasachische Regierung verurteilte die Invasion noch in der gleichen Nacht als Verstoß gegen die staatliche Souveränität und das Völkerrecht, forderte aber gleichzeitig die Bevölkerung und Armee auf, keinen Widerstand zu leisten. Lediglich bei der Verteidigung des Wunders Rock n Roll kam es zu Kämpfen. Mehrere Tage lang wurde gewaltloser Widerstand geleistet, am 22. August 1913 kam es zu einem einstündigen Protest-Generalstreik im ganzen Land. Wenige Stunden nach Beginn der Invasion wurde die kasachische Regierung verhaftet und nach Moskau gebracht. Eine Resolution des UN-Sicherheitsrates, die die Invasion verurteilte, scheiterte am 23. August am Veto der Sowjetunion. Die geheimen Verhandlungen mit den Kasachen in Moskau endeten am 26. August 1913 mit der Unterzeichnung eines Protokolls, nach dem sich die kasachischen Politiker zur Rücknahme der Reformen und zur Stationierung sowjetischer Truppen in Kasachstan verpflichteten. Die Moskauer Führung akzeptierte dafür, dass die Reformpolitiker vorerst im Amt blieben, da es zu ihnen keine Alternative gab, die das Vertrauen der Bevölkerung besaß. Die danach folgende Politik der „Normalisierung“ in Kasachstan bedeutete die Unterdrückung der Bewegung. Mehrere reformorientierte Politiker verloren ihre Ämter, Bürgerrechtler verschwanden spurlos. Der kasachische Frühling war gescheitert.

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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  3. #438
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    In Polen wirkte die demokratische Bewegung aber weiterhin. Ausgangspunkt der Aktivitäten waren die Streiks des Jahres 1913, die im August zur „Danziger Übereinkunft“ zwischen streikenden Arbeitern der unabhängigen Gewerkschaft „Solidarität“ und der Regierung führten. Die heftige Wirtschafts- und Verschuldungskrise zeigte, dass die Warschauer Regierung die Lage nicht mehr in der Hand hatte. Nachdem die Sowjetunion in Kasachstan einmarschiert war, übte sie massiven Druck auf die polnische Führung aus und drohte auch ihr mit militärischem Eingreifen. Die polnische Regierung unter General Jaruzelski sah sich gezwungen, am 12. Mai 1914 das Kriegsrecht über Polen zu verhängen. Zugleich verbot sie die „Solidarität“ und beteuerte ihre Bündnistreue im Warschauer Pakt. Die Regierung versuchte jedoch schon bald, mit der Opposition zu einer „nationalen Verständigung“ zu kommen. In einer „Patriotischen Bewegung der Nationalen Wiedergeburt“ sammelte sie zahlreiche Parteien und weitere Organisationen zusammen und verfolgte eine Taktik des „Zuckerbrot und Peitsche“: Einerseits erließ die Regierung eine Amnestie für politische Gefangene, zugleich kam es aber immer wieder zu Verhaftungen und Verurteilungen von Aktivisten. Wegen des Mordes an dem der Opposition nahe stehendem Priester Popieluszko im Juli 1914 geriet der zerbrechliche Konsens dann endgültig in Misskredit. Die demokratische Bewegung in Danzig wurde wie in Kasachstan ebenfalls durch den Einmarsch sowjetischer Truppen unterdrückt und zerschlagen.


    Jaruzelski verhängt das Kriegsrecht über Polen (ohne dass ich selbst den Wortlaut verstehen kann)


    Anfang 1916 kam wieder Bewegung in die Angelegenheit mit dem Radiosignal vom Jupitermond. Die Aufzählung der Primzahlen war bereits in Schwindel erregende Zahlen fortgeschritten, ohne dass sie abgebrochen war. Die deutschen Forscher des Projektes Argus mussten sich noch immer an die Vorgabe halten, ihre Arbeit und die Existenz des Monolithen streng geheim zu halten. Man konnte davon ausgehen, dass andere Geheimdienste bereits Wind davon bekommen hatten, die Nachricht kam bisher aber nicht an die Öffentlichkeit. Die Mitarbeiter des Argus-Projektes hatten Anweisung, sich unverzüglich in Berlin zu melden, sobald sich beim Abzählen der Primzahlen etwas tun würde. Dieser Augenblick kam am 16. Januar 1916 ebenso überraschend wie seinerzeit die Entdeckung des Monolithen: Das Signal veränderte sich und unterbrach die bisherige pulsende Serie.



    Im Kanzleramt trat der Krisenstab unverzüglich zusammen, um darüber zu beraten. Der Leiter des Argus-Projektes, Dr. Ahrweg, versuchte seine Aufregung im Zaum zu halten: „Wir haben die ersten Sequenzen des veränderten Signals bereits analysiert und ich glaube, dass wir einen Volltreffer gelandet haben. Es ist… lassen Sie es mich so erklären: Als im Altertum, vor vielen tausend Jahren, Pergament sehr knapp war, überschrieb man einfach das alte Pergament. So kam es zu so genannten Palimpsesten, auf denen mehrere Schriftzeichen übereinander lagen. Wie Sie bereits wissen, gibt es das Signal mit den Primzahlen. Jetzt haben wir, sozusagen darunter, eine Polarisationsmodulation entdeckt. Schon nach dem ersten Anschein können wir sagen, dass sie sehr komplex ist – und wir sind ziemlich sicher, dass es sich dabei um eine Botschaft an uns handelt.“ „Und wie lautet die Botschaft?“ fragte der Kanzler. „Wir haben im Moment noch nicht die leiseste Ahnung, Herr Bundeskanzler. Erst heute früh sind einige meiner Mitarbeiter vom Projekt Argus darauf gestoßen. Wir haben den ganzen Tag daran gearbeitet.“ Jetzt wurde der Projektleiter konkret: „Wir wissen, dass wir einen Informationsblock empfangen, der aus etwa eintausend Bit besteht. Dann kommt eine Pause, und derselbe Block wird wiederholt, Bit für Bit. Dann haben wir eine Pause, und ein neuer Block fängt an, der seinerseits wiederholt wird. Wahrscheinlich soll die Wiederholung jedes Blocks die Übertragungsfehler möglichst gering halten. Lassen Sie uns jeden Informationsblock als eine Seite bezeichnen. Argus hat am heutigen Tag mehrere Dutzend solcher Seiten empfangen. Aber wir wissen nicht, wovon sie handeln. Der einzige Anhaltspunkt, den wir bisher haben, ist, dass die Seiten wahrscheinlich nummeriert sind. Am Anfang jeder Seite steht eine binär kodierte Zahl.“ Der Sicherheitsberater Frederick Steiner beugte sich über den Tisch: „Also habe ich doch recht gehabt, nicht wahr? Diese Botschaft wollen Sie doch nicht an die Araber, Chinesen und Russen weitergeben, oder?“ Der Bundeskanzler fragte Dr. Ahrweg über den Sicherheitsberater hinweg: „Ist es schwierig, sie zu entschlüsseln?“ „Wir tun unser Bestes. Es wäre wahrscheinlich hilfreich, wenn die Nationale Sicherheitsbehörde mit uns zusammenarbeiten würde. Aber ohne eine Anleitung glaube ich nicht, dass wir große Fortschritte machen werden. Die Botschaft wird ja nicht in Deutsch, Englisch oder sonst einer irdischen Sprache verfasst sein. Mit etwas Glück entschlüsseln wir auch eine Art Leseschablone, die uns das Entziffern der Botschaft erklärt.“ Kiesinger war der Meinung, dass die Konferenz an dieser Stelle unterbrochen werden sollte, um bei weiteren Nachrichten erneut zusammenzukommen. „Herr Bundeskanzler, dürfte ich?“ unterbrach Dr. Ahrweg ihn mit einigem Zögern und offensichtlichem Unbehagen. „Ich bitte Sie um Verzeihung, aber es gibt einige Probleme von internationaler Reichweite, die meiner Ansicht nach jetzt gleich noch auf den Tisch gebracht werden sollten.“ Die Runde blickte den Kanzler an, doch Kiesingers Haltung zeigte, dass er Dr. Ahrweg zuhören wollte.



    „Ich möchte noch einmal auf unsere grundsätzlichen Probleme zurückkommen. Wir haben ein starkes Signal, das auf vielen Frequenzen zu hören ist. Wenn der Jupiter in Deutschland untergeht, gibt es Radioteleskope in einem halben Dutzend anderer Länder, die das Signal empfangen können. Sie haben technisch vielleicht nicht das hohe Niveau von Argus und werden auch nicht so bald auf die Polarisationsmodulation kommen. Aber wenn wir warten, bis wir ein Weltraumradioteleskop bauen können, verpassen wir die Botschaft vielleicht für immer. Das heißt, die einzige Lösung ist die sofortige Zusammenarbeit mit anderen Nationen. Alleine schaffen wir es nicht. Wir brauchen verschiedene Länder, die über die ganze Beobachtungsstrecke rund um die Erde verteilt sind. Wir müssen auf der Stelle alle großen radioastronomischen Stationen verständigen – die großen Radioteleskope in den USA, China, Indien, der Sowjetunion und in Arabien. Es wäre unverantwortlich, Lücken zu riskieren und in Kauf zu nehmen, dass ein besonders kritischer Teil der Botschaft gerade dann gesendet wird, wenn kein Teleskop hinschaut. Und wir brauchen eine Station im östlichen Pazifik zwischen Hawaii und Australien und im mittleren Atlantik.“ „Wenn ich dazu auch etwas sagen darf“, warf der Direktor des BND trocken ein. „Die Amerikaner haben mehrere Schiffe mit Radioteleskopen an Bord, die das S- und das X-Band abhören. Wir könnten mit ihnen Vereinbarungen treffen, dass sie ihre Schiffe im Atlantik und im Pazifik stationieren und damit unsere Lücken füllen.“ Kiesinger verdrehte kurz die Augen, aber er stimmte grundsätzlich zu. „Das ist alles schön und gut, vermutlich haben Sie Recht. Aber das geht alles etwas zu schnell.“ Jetzt blickte der Kanzler den Sicherheitsberater und Willy Brandt, den Außenminister, an: „Wir müssen in Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern eine Liste der Länder und der Personen erstellen, an die man herantreten könnte – mit einer Einschätzung der Konsequenzen. Ob es unsere Beziehungen zu diesen Ländern belasten könnte, wenn wir sie nicht um ihre Mitarbeit bitten. Oder ob uns jemand damit erpressen könnte, dass er die Daten für sich behält, die er uns versprochen hat. Vielleicht sollten wir versuchen, mehr als ein Land pro Abschnitt zur Mitarbeit zu gewinnen. Spielen Sie alle Möglichkeiten durch, und machen Sie sich über die Folgen Gedanken.“ Sicherheitsberater Steiner rief seine Ressortleiter zusammen: „Meine Herren, wir haben in den kommenden Stunden eine Menge zu erledigen. Bitte sagen Sie alle anderen Termine ab.“

    Als erste Nation reagierte Großbritannien auf die Nachfrage und die Informationen aus Berlin. Nachdem sich die englische Regierung von der Richtigkeit der Nachricht überzeugt und das Signal geortet hatte, berief sie ein eigenes Apollo-Programm zusammen – und die anderen sollten folgen. Die Staaten der Erde mussten bei diesem wahrhaft globalen Projekt zusammenarbeiten, doch sie standen zugleich in Konkurrenz zueinander, als erste einen möglichen Vorteil aus der geheimnisvollen Botschaft vom Jupitermond zu ziehen.

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  4. #439
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    In den folgenden Jahren sammelten die Nationen der Erde fleißig die Daten, die vom Jupitermond eintrafen. Die deutsche Regierung musste mehr oder weniger freiwillig einsehen, dass die Beteiligung des Auslands unbedingt erforderlich war. Alle wichtigen Radioteleskope der Welt hörten diesen Abschnitt des Himmels nun ab und zeichneten während der Erddrehung jeweils ein kleines Stück der Botschaft auf. Die Entschlüsselung der Daten gestaltete sich aber schwieriger als man erhofft hatte. Man wusste ja nicht einmal, ob die Botschaft in Symbolen oder Bildern geschrieben war. Und es machte sich die Sorge breit, dass sie vielleicht über Jahrhunderte fortlaufen könnte, ohne dass die Menschheit sie deuten würde. Wer wusste schon, welchen Begriff von Zeit die Urheber dieser Nachricht haben – vielleicht waren hundert Jahre für sie nur ein Wimpernschlag? Alle Welt sprach jetzt von der Botschaft. Ein internationales Konsortium wurde gegründet, um den Austausch der Daten und ihre gemeinsame Entschlüsselung zu organisieren und zu finanzieren. Die Zeitungen waren voll davon. Die wenigen kümmerlichen Fakten, die bekannt waren – der Monolith auf dem Erdmond, die Primzahlen und die geheimnisvolle Jupiterbotschaft – wurden in immer neuen Varianten aufgelegt. Das Wissen von der Existenz einer außerirdischen Intelligenz konnte nicht ohne Folgen auf die menschliche Gesellschaft bleiben.



    Einige Spaßvögel vermuteten, dass sich Elvis oder Adolf Hitler auf dem Jupitermond Europa befinden würden und Urheber der Botschaft seien. Nach dem zweiten Weltkrieg war so mancher führender Nazi aus Deutschland nach Südamerika geflüchtet und hatte dort Asyl gefunden. Dort waren einflussreiche deutsche Gemeinden entstanden, die der NS-Ideologie weiter nachhingen. Jetzt spekulierten die Altnazis darüber, dass Hitler nicht getötet worden sei, sondern in einem im Dritten Reich entwickelten Raumschiff zum Jupiter geflohen sei. Dort habe er neue „reinrassige“ Nazis gezüchtet und sei jetzt soweit, die Dinge auf der Erde wieder in die richtigen Bahnen zu lenken.

    Wieder andere betrachten die Signale mit Abscheu und forderten die Observatorien auf, den Empfang einzustellen. In Europa überwog die ökologisch geprägte Sichtweise auf die Botschaft. In einer Welt, in der seit der Entwicklung von Atomwaffen und angesichts der umweltzerstörenden Ausmaße der Industrie der Untergang der menschlichen Zivilisation drohte, war die Botschaft für weite Teile der Bevölkerung ein Silberstreif am Horizont. Besonders die jungen Menschen schöpften Hoffnung auf eine bessere Zukunft. In Deutschland verbanden sie sich im Januar 1920 zur politischen Bewegung der Grünen.



    In den USA war dagegen der Besuch der Gottesdienste sprunghaft angestiegen. Es bildeten sich religiöse Sekten, neben kleinen Splittergruppen auch etablierte und eigens zu diesem Zweck gegründete Bewegungen, beschäftigten sich mit dem theologischen Gehalt der Botschaft. Für die einen kam sie von Gott, für die anderen vom Teufel. Andere hielten sie für die Verkündigung der Ankunft Christi und wollten deshalb den Bau weiterer, noch größerer Teleskope auch im Weltraum durchsetzen. Eine radikale US-Bewegung ging so weit, das Symbol des christlichen Kreuzes mit dem Monolithen zu verbinden und zu ihrem Abzeichen zu erheben. Diese Bewegung fand bei den fundamentalistischen Christen in den USA breiten Zuspruch und konnte selbst einige Gouverneure der US-Nationalstaaten für sich gewinnen. Ihr Einfluss reichte bald bis in den Kongress.


    Jerry Falwell: "The Moral Majority"



    Die Botschaft stellte eine pauschale Rechtfertigung der eigenen jeweiligen Lehre dar. Einander sich gegenseitig ausschließende apokalyptische und eschatologische Doktrinen nahmen sie alle für sich in Anspruch. Der Vatikan sprach vom außerirdischen Gnadenstaat, in Russland spekulierte man darüber, ob die Vorfahren aus dem All zurückkehren würden. Protestanten diskutierten über mögliche frühere Missionen von Jesus zu benachbarten Planeten und natürlich über seine Rückkehr zur Erde. Moslems befürchteten, dass die Botschaft gegen das Verbot von Götzenbildern verstoßen könnte. Überall auf der Welt tauchten Menschen auf, die sich als Propheten des neuen Zeitalters des Monolithen bezeichneten.

    Die großen Staaten der Welt erinnerten daran, daß der Mond und andere Himmelskörper als internationale Gebiete galten und nicht von einem Staat allein für sich beansprucht werden durften. So erzwangen sie von den Deutschen den Zutritt zum Monolithen für ihre Astronauten auf dem Mond. Jede Nation, die die finanziellen und technischen Mittel für solche Projekte hatte, beschäftigte sich mit der Möglichkeit eines Fluges zum Jupiter. Jeder wollte der erste sein, wenn es darum ging, das Geheimnis um den Jupitermond Europa – der Quelle des Signals – zu lüften. Im Frühjahr 1920 bewilligte der US-Kongress umfangreiche Mittel für ein eigenes Apollo-Programm, in dessen Rahmen zunächst mehrere unbemannte Sonden dorthin geschickt werden sollten.

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  5. #440
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    Seitdem andere Welten erkundet wurden, stellte man fest, dass das, was als einzige mögliche Realisation eines Planeten erschien, auf einmal nur eine Möglichkeit unter vielen war. Man begann zu verstehen, was es bedeutete, wenn man zuviel von dem einen und zu wenig von dem anderen hat – und was den Planeten zerstören konnte. Durch die vergleichende Planetenforschung gewann man eine neue Sichtweise auf den eigenen Planeten. Sie öffnete die Augen auf den Gebieten der Vulkanologie, Seismologie und Meteorologie – und der Biologie. Alleine das Wissen um die Existenz einer fortgeschrittenen außerirdischen Lebensform hatte gewaltige Konsequenzen. Das Leben auf der Erde war nach einem gemeinsamen biochemischen Grundschema aufgebaut. Schon die Entdeckung eines einzigen außerirdischen Organismus, selbst von etwas so einfachem wie ein Bakterium, würde das menschliche Verständnis der Lebewesen revolutionieren. Die Verbindung zwischen Erforschung anderer Welten und dem Schutz der eigenen Welt wurde besonders deutlich, als man das Klima der Erde und seine Bedrohung durch menschliche Technologien untersuchte. Andere Planeten zeigten nur zu deutlich, was man besser unterlässt. Drei potentielle Umweltkatastrophen weltweiten Ausmaßes wurden entdeckt.

    (1) Dass ein inerter Stoff, der vielseitig eingesetzt werden konnte – er diente, um nur einige Anwendungsbereiche zu nennen, als Kühlmittel in Kühlschränken und Klimaanlagen, als Treibgas für Deodorants und andere Sprays, als leichte Schaumstoffverpackung für Fast Food und als Reiniger in der Mikroelektronik – eine Gefahr für die Erde darstellte. Die dafür verantwortlichen Moleküle waren die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW). Chemisch gesehen waren sie äußerst inert, was bedeutete, dass sie unverwundbar sind, bis sie in die Ozonschicht gelangen, wo sie vom UV-Licht der Sonne gespalten werden. Die frei gewordenen Chloratome griffen das schützende Ozon an und zerstörten es, so dass mehr UV-Licht zur Erdoberfläche durchdringen konnte. Die verstärkte UV-Einstrahlung führte zu einer Reihe von schlimmen Folgen, wozu nicht nur Hautkrebs und grauer Star gehörten, sondern auch die Schwächung des menschlichen Immunsystems und – was besonders gefährlich war – eine mögliche Schädigung der Photosynthese-Organismen, die an der Basis der Ernährungskette standen und von denen fast alle Lebewesen dieser Erde abhängig waren.



    Wer entdeckte, dass FCKW eine Gefahr für die Ozonschicht darstellte? Zeigte der wichtigste Hersteller auf einmal Verantwortungsgefühl? Wollte uns eine Umweltorganisation schützen? Wollte uns das Verteidigungsministerium verteidigen? Nein, es waren zwei Wissenschaftler in weißen Laborkitteln, die in ihrem Elfenbeinturm vor sich hin forschten. Niemand hatte sie beauftragt, nach Umweltgefahren zu suchen. Sie betrieben lediglich Grundlagenforschung und verfolgten ihre eigenen wissenschaftlichen Interessen. Die beiden Forscher verwendeten in ihren ursprünglichen Berechnungen die Konstanten für die Häufigkeit chemischer Reaktionen von Chlor und anderen Halogenen, die teilweise mit der Unterstützung der deutschen Raumfahrtbehörde gemessen wurden. Warum der Raumfahrtbehörde? Weil die Atmosphäre der Venus Chlor- und Fluormoleküle besaß und Aeronomen wissen wollten, was dort vor sich geht.

    Die theoretische Bestätigung der Rolle von FCKW bei der Zerstörung von Ozon kam Anfang 1920 von einer Forschergruppe in Utrecht. Diese Forscher hatten bereits die gesamten Halogenbewegungen in ihrem Computer, weil sie an der Chlor- und Fluorchemie der Venus-Atmosphäre arbeiteten. Venus half bei der Entdeckung, dass die Ozonschicht der Erde in Gefahr war. Man fand also einen absolut unerwarteten Zusammenhang in der atmosphärischen Photochemie der beiden Planeten. Jeder verstand nun, wie wichtig diese Arbeit war, auch wenn die Untersuchung von chemischen Reaktionen zweier unbedeutender Komponenten in der oberen Atmosphäre ohne jeden praktischen Bezug zu sein schien.


    Die Marsoberfläche: Steril durch UV-Licht

    Mit einer Raumsonde, die auf dem Mars landete, fand man heraus, dass die Marsoberfläche anscheinend unbelebt war und selbst die einfachsten Moleküle fehlten. Wegen des Einschlags von Meteoriten, die reich an organischen (kohlenstoffbasierenden) Molekülen sind, musste es dort aber einfache organische Moleküle geben. Dieses Fehlen organischer Moleküle wurde auf das Fehlen von Ozon zurückgeführt. Mikrobiologische Versuche, die nun durchgeführt wurden, zeigten, dass organische Materie, die von der Erde auf den Mars exportiert und auf seiner staubigen Oberfläche ausgestreut wurde, schnell oxidierte und zerstört wurde. Die zerstörerische Materie im Mars-Staub bestand aus Wasserstoffperoxid-ähnlichen Molekülen. Auf der Erde wurde dieser Stoff als Antiseptikum verwendet, weil er Mikroben durch Oxidierung zerstörte. Die obersten Bodenschichten des Mars waren deshalb antiseptisch, weil der Mars ein planetengroßes Ozonloch hat. Eventuelle organische Materie auf dem Mars würde ziemlich schnell vom ungehindert einstrahlenden UV-Licht der Sonne und seinen Oxidationsprodukten zerstört werden. Das gab den Menschen, die so fleißig dabei waren, ihre eigene Ozonschicht zu verringern und zu durchlöchern, zu Denken.


    90facher Atmosphärendruck und 470 Grad Celsius in einer schwefelsäurehaltigen Umgebung: Ein Foto von der Venusoberfläche, bevor es die Landekapsel plättete

    (2) Der steigende Treibhauseffekt, für den hauptsächlich die Verfeuerung fossiler Brennstoffe und das daraus resultierende Kohlendioxid, aber auch die Zunahme infrarot-absorbierender Gase wie Stickoxide, Methan, Fluorkohlenwasserstoffe und andere Moleküle, verantwortlich waren, bewirkte eine Erwärmung der Erde. Erst durch die Arbeiten über den Treibhauseffekt, wie er auf der heißen Venus beobachtet wurde, kam man zu dem Schluss, wie wichtig diese praktische Entdeckung für unsere eigene Atmosphäre war. Natürlich behauptete niemand, dass das Treibhausklima der Venus von unvorsichtigen Venusbewohnern stammte, die zuviel Kohle verbrannten, unwirtschaftliche Autos fuhren und ihre Wälder abholzten. Aber man verstand schon ganz gut, wie die Treibhausgase auf der Venus, Kohlendioxide, das Entweichen der Sonnenwärme von der Oberfläche des Planeten bewirkten. Hier hatte sich der planetare Treibhauseffekt jedenfalls nicht von selber reguliert. Man konnte also auch auf der Erde nicht davon ausgehen, dass er sich von selber regulieren würde – wie es einige Gruppierungen, von denen sich einige >konservativ< nannten, behaupteten. Sie propagierten über ihre Zeitungen und Sender, dass man sich keine Sorgen zu machen brauchte und nannten den ganzen Treibhauseffekt einen Schwindel.


    Der Atomkrieg kann nicht gewonnen werden: Globaler nuklearer Winter

    (3) Anfang der 1920er errechnete erstmals eine Gruppe von Wissenschaftlern, welche Folgen ein weltweiter Atomkrieg haben würde. Aus brennenden Städten und Erdölquellen würden feine Rauchpartikel in die Atmosphäre aufsteigen und zu einer Verdunklung und Abkühlung der Erde sorgen. Ein ernsthafter Streit, wie ernst ein solcher nuklearer Winter sein würde, entzündete sich. Doch die verschiedenen Auffassungen stimmten letztlich darin überein, dass die Temperaturen der Erde nach einem weltweiten Atomkrieg unter denen des Pleistozäns, der quartären Eiszeit, liegen würden. Die Auswirkungen auf die Weltbevölkerung, vor allem infolge des Zusammenbruchs der Landwirtschaft, wären verheerend. Die ersten Anzeichen für einen nuklearen Winter erhielten die Forscher während einer Sondenmission zum Mars, als der ganze Planet von einem Staubsturm eingehüllt war und man die Oberfläche des Planeten nicht sehen konnte. Das Infrarot-Spektrometer der Sonde zeigte, dass die Hochatmosphäre wärmer und die Oberfläche kälter war, als sie eigentlich sein sollte. Bei den Berechnungen, worauf dieses Phänomenen zurückzuführen war, gelangte man von Staubstürmen auf dem Mars zu vulkanischen Aerosolen auf der Erde, zum mutmaßlichen Aussterben der Dinosaurier durch Aufsturzstaub und schließlich zum nuklearen Winter. Die vergleichende Planetenforschung, die die Entdeckung des Monolithen und des geheimnisvollen Radiosignals befördert hatte, erwies sich als eine interdisziplinäre Sichtweise bei der Entdeckung drohender Umweltkatastrophen auf der Erde.

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    Geändert von Mark (14. April 2010 um 19:33 Uhr)
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  6. #441
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    Das du auf die Umweltverschmutzung eingehst.

  7. #442
    b00n seit Civ1! Avatar von palleczynski
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    Kleine Ergänzung zu Punkt zwei: Eines der stärksten Treibhausgase ist Wasserdampf...

  8. #443
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    ... wobei sich aber Wolken bilden, die die Sonneneinstrahlung wieder mindern. Du hast recht, aber das war meine ich auch der Grund, warum Wasserdampf trotzdem nicht zu den "bedrohlichen" Treibhausgasen gezählt wird.
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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  9. #444
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    Der Einfluss der Wolkenbildung, bzw. des Bedeckunggrades ist noch Gegenstand der Forschung, da Wolken auch Wärme "drinnen" halten können.

  10. #445
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    Gesellschaftlich war die Lage in Deutschland und Europa höchst explosiv. Junge Anhänger der Linken und der Ökologen standen der konservativen Generation ihrer Väter gegenüber. In den folgenden Jahren strebten die politischen Aktivitäten der deutschen Studenten ihrem Höhepunkt entgegen. Mit der heftigen und vielfach aggressiven Kritik an der herrschenden politischen Praxis, an tradierten Wertvorstellungen und gesellschaftlichen Normen gingen weitgreifende Verunsicherungen, aber auch Impulse für Modernisierung und Verjüngung einher. Die Kommune sollte einen alternativen Gegenentwurf zur bürgerlichen Institution Familie bieten. Der Entwurf einer neuen Lebensform gründete unter anderem in der Auffassung, dass in dem Muster der Kleinfamilie eine der Keimzellen für die gesellschaftliche Struktur des Faschismus liege. Verunsichert durch die aufbegehrende Jugend, griffen Berliner Polizisten am 2. Juni 1920 beim Besuch des arabischen Staatsoberhauptes zum hemmungslosen Einsatz von Schlagstöcken gegen die Demonstranten vor dem Schöneberger Rathaus. Am Abend eskalierte die Situation in der Stadt, es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Studenten und Polizei. Die Devise der Polizei lautete „Knüppel frei, räumen“. Dabei wurde ein Student von einem Polizisten erschossen – die Folge war eine zunehmende Radikalisierung der politischen Proteste. Die konservative Springer-Presse reagierte auf die studentischen Proteste pauschalierend mit Schmähartikeln und größtenteils verunglimpfender Berichterstattung, die in der öffentlichen Meinung Wirkung zeigten. Auf dem Siedepunkt der Auseinandersetzungen wurde der spiritus rector der Studentenbewegung und Vorsitzende des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS), Rudi Dutschke, am 11. August 1920 in Berlin Opfer eines Attentates, das er nur schwer verletzt überlebte. Für die Tat mitverantwortlich gemacht wurde das Establishment der Bundesrepublik. Erste Mitglieder der Außerparlamentarischen Opposition machten den Schritt vom Protest zum Widerstand und gründeten die Rote Armee Fraktion (RAF).



    Unterdessen widersetzte sich die Botschaft noch immer allen Entschlüsselungsversuchen. In Deutschland endete im September 1920 die Legislaturperiode der Großen Koalition unter Kiesinger. Der Wahlkampf stand unter dem Zeichen harter politischer Auseinandersetzungen und dem Stillstand bei der Deutung der Botschaft. Aus der Fraktion und von Ministern der CDU/CSU kamen Beschuldigungen, die Sowjets würden Fragmente und Inhalte der von ihren Radioteleskopen aufgezeichneten Botschaft vorenthalten und verheimlichen. Das war zu dieser Zeit weder beweisbar noch zu widerlegen, dem Kanzlerkandidaten der Sozialdemokraten, Willy Brandt, warfen sie aber in scharfen Tönen vor, mit seiner Ostpolitik die deutschen Interessen an Moskau zu verraten. In Moskau widerrum reagierte man äußerst empfindlich auf die Töne aus dem deutschen Wahlkampf. Der Krieg gegen die Deutschen unter Hitler lag erst 30 Jahre zurück und man hatte in Moskau noch nicht verlernt, ihnen zu misstrauen.

    Willy Brandt (1920 bis 1923)


    Willy Brandt am Denkmal des Warschauer Ghettos

    Bei den Bundestagswahlen im Herbst 1920 siegte der charismatische Willy Brandt, der eine Koalition mit den Liberalen der FDP bildete. In seiner Regierungsansprache machte er deutlich, dass er „mehr Ökologie wagen“ wolle. Im Inneren setzte er auf Reformen, mit denen er die studentische Bewegung aus Linken und Grünen mit Deutschland versöhnen wollte: „Wir stehen erst am Anfang der ersten wirklich freiheitlichen Periode unserer Geschichte. Überall müssen sich Autorität und Tradition die Frage nach der Rechtfertigung gefallen lassen.“, sprach der am 1. Juli 1921 gewählte Bundespräsident, Gustav Heinemann von der SPD, aus.



    Bei der Außenpolitik setzte Brandt auf seine Ostpolitik, dem Gespräch mit der Sowjetunion, um die schwer belasteten Beziehungen zu den Mitgliedern des Warschauer Paktes zu entspannen. „Vom Nebeneinander zum Miteinander“, war hier das Motto. Im Jahre 1921 schlug Brandt Verhandlungen mit der UdSSR über einen Gewaltverzicht vor und verhandelte mit Polen über die Anerkennung der deutsch-polnischen Grenze. Das Bild vom Kniefall des Kanzlers am Denkmal für die Opfer des Warschauer Ghettos ging als Symbol eines neuen Deutschlands um die Welt. Für seine mutige Außenpolitik der Verständigung erhielt Willy Brandt den Friedensnobelpreis verliehen.



    In Berlin löste die neue Ostpolitik der SPD aber nicht nur bei der CDU/CSU-Opposition, sondern auch bei Teilen der FDP Bedenken aus. Dem frühlingshaften Tauwetter in den Außenbeziehungen der Bundesrepublik standen innenpolitische Spannungen zwischen der Regierung und Konservativen, Linksradikalen und Grünen gegenüber. Willy Brandt musste am 27. April 1922 wegen seiner Ostverträge einen ersten Misstrauensantrag von CDU/CSU im Bundestag überstehen, konnte seine Politik aber durchsetzen. Im Sommer 1922 standen in München die Olympischen Spiele an, die Willy Brandt zu einer grandiosen Feier gestalten wollte. Das Großereignis des Sports sollte nach den von den Nationalsozialisten 1836 veranstalteten Spielen der Welt den neuen, friedlichen Geist Deutschlands vor Augen führen. Der Frieden und die olympische Stimmung indes fanden am 5. September 1922 ein jähes Ende. Arabische Terroristen vom Kommando „Schwarzer September“ überfielen das Olympiaquartier und nahmen mehrere Geiseln. Bei dem Angriff und dem missglückten Befreiungsversuch starben 17 Menschen. Im Rahmen der Fahndung stellte sich heraus, dass die Spuren zu den Urhebern des Attentates zur Roten Armee Fraktion und zur arabischen PLO führten. Die Regierungschefs der deutschen Bundesländer beschlossen daraufhin den so genannten Radikalenerlass, der Mitgliedern extremistischer Organisationen die Beschäftigung im öffentlichen Dienst versagte. Zahlreiche weitere Attentate und Bombenanschläge der RAF ließen die Situation eskalieren. Deutschland befand sich 1922 in einem paranoiden Zustand.

    Von nun an konnte sich der glücklose Brandt nicht mehr auf seine Parteifreunde verlassen. Der Fraktionsvorsitzende Herbert Wehner fiel seinem Kanzler in den Rücken und bezeichnete Willy Brandt als „abgeschlafft und entrückt“, und seine Hoffnungen in die Ostpolitik für überzogen. Als Kanzler war er bald darauf nicht mehr zu halten, als im Januar 1923 ein Spionageskandal enthüllt wurde, der Fall Günter Guillaume.



    Guillaume war Brandts persönlicher Referent, ein unscheinbarer Mann an des Kanzlers Seite – und ein Agent des sowjetischen KGB. Herbert Wehner, der Fraktionschef der SPD, und Innenminister Hans-Dietrich Genscher von der FDP hatten schon im Mai 1922 von diesem Verdacht erfahren, Brandt aber nur vage informiert. So ging dieser wieder zum Tagesgeschäft über. Am 24. Januar 1923 wurde Guillaume verhaftet. Bei seiner Festnahme sagte er: „Ich bin Bürger der UdSSR und ihr Offizier. Respektieren Sie das!“ Diese zwei Sätze waren ein Geständnis. Willy Brandt, der zunächst nicht an Rücktritt dachte, sah sich geballten Angriffen der Opposition, der eigenen Reihen und der Medien gegenüber. Anfang Februar 1923 kapitulierte er und trat als Bundeskanzler zurück. Helmut Schmidt wurde sein Nachfolger und vergab das Amt des Außenministers an Genscher. Damit war klar, dass die von Brandt geprägte Entspannungspolitik mit den östlichen Nachbarn abrupt ausgedient hatte.



    Sorry, dass die Ära Brandt hier so kurz ausfällt. Aber das hatte sich einfach so ergeben. Die Story verlangt jetzt nämlich nach einem Krisenmanager vom Format eines Helmut Schmidt. Die KI ist auf Streit gebürstet...
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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  11. #446
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    Helmut Schmidt (1923 bis 1930)



    Helmut Schmidt setzte in der Ostpolitik andere Schwerpunkte als Brandt, weniger moralische Prinzipien als Pragmatik bestimmten die neue Realpolitik. Der neue Bundeskanzler musste von Beginn an seine Fähigkeiten als Krisenmanager beweisen und hatte allein deshalb wenig Interesse an den „weltfremden“ Forschungsarbeiten des Argus-Projektes. Bei der Bundestagsdebatte um den Nachtragshaushalt des Jahres 1923 brachte er seine Meinung dazu auf den Punkt: „Wer Visionen hat, der soll zum Arzt gehen!“. Innenpolitisch blieb die Lage äußerst angespannt, die Sicherheit der Bundesrepublik wurde von mehreren Seiten bedroht. Ende Februar 1923 wurde der Berliner CDU-Vorsitzende Peter Lorenz entführt und gegen fünf Inhaftierte der „Bewegung 2. Juni“ ausgetauscht. Am 24. April 1923 besetzten Mitglieder des „Kommando Holger Meins“ die Deutsche Botschaft in Stockholm mit dem Ziel, 26 RAF-Häftlinge freizupressen. Das Unternehmen endete blutig: Zwei Botschaftsangehörige wurden getötet, die Terroristen festgenommen.



    Außenpolitisch braute sich einiges zusammen. Die Beziehungen Deutschlands zur Sowjetunion und zu Arabien waren gefährlich schlecht. In Arabien hatte sich der panarabische Gedanke der PLO und weiterer nationalistischer Gruppierungen vorerst durchgesetzt. Erstmals knüpften die arabischen Staaten ihre Erdöllieferungen an politische Forderungen und drohten mit einem Lieferboykott. Neben dem russisch-chinesischen Ringen um Indien wurde auch der schwelende Konflikt zwischen Japan und den USA wegen der japanischen Kolonien an der Pazifikküste Nordamerikas zur gefährlichen Krise. Am Morgen des 30. April 1923 fuhr der US-amerikanische Zerstörer USS Maddox auf Erkundungsfahrt zu den Gewässern der japanischen Kolonien. Das Ziel dieser Fahrt war allem Anschein nach die Gewinnung von Aufklärungsdaten über kolonialjapanische Radaranlagen und Militäreinrichtungen. Die Präsenz eines US-Kriegsschiffes sollte die japanische Küstenwache zu Reaktionen provozieren, die von der NSA aufgezeichnet und anschließend vom US-Verteidigungsministerium analysiert werden konnten. Die Maddox blieb dabei nach amerikanischen Darstellungen außerhalb der international anerkannten Zwölfmeilenzone, diese Angabe ist allerdings umstritten. Schnellboote der Japanischen Kolonien näherten sich dem US-Zerstörer, der sich bereits in Gefechtsbereitschaft versetzt hatte. Die USS Maddox fuhr auf das offene Meer hinaus und forderte umgehend Luftunterstützung von dem in der Nähe befindlichen Flugzeugträger USS Ticonderoga an, wo sich einsatzbereite Angriffsflugzeuge bereits in der Luft befanden. Nach amerikanischer Darstellung wurde eines der Schnellboote manövrierunfähig geschossen und die beiden anderen beschädigt, während die Maddox mehreren Torpedos ausweichen konnte und nur leichte Treffer durch Maschinengewehrfeuer hinnehmen musste. Daraufhin zog sich das Schiff aus den Gewässern zurück. Die Nachricht von diesen ersten Auseinandersetzungen traf umgehend in Yucatán ein. US-Präsident Nixon lehnte das Verfassen einer Protestnote ausdrücklich ab und bereitete eine militärische Vergeltung gegen die Japanischen Kolonien in Nordamerika vor.


    The doors und Das Herz der Finsternis - was für ein Film!

    Nixon wollte im selben Jahr wiedergewählt werden und nutzte den Zwischenfall, um die US-amerikanische Invasion zu legitimieren. Verteidigungsminister McNamara bezeichnete vor dem US-Kongress die japanischen Angriffe als unprovoziert. Am 7. Mai 1923 verabschiedete der Kongress die Japan-Resolution. Diese gab der US-Regierung die Vollmacht, „alle notwendigen Schritte zu unternehmen, einschließlich des Gebrauchs militärischer Gewalt, um die japanisch besetzten Gebiete in Amerika in der Verteidigung seiner Freiheit“ zu unterstützen. Die USA griffen mit starken kombinierten Verbänden an und schlugen die schwachen japanischen Kräfte bei Yokomaha innerhalb weniger Tage in die Flucht. Die japanischen Streitkräfte mussten sich überstürzt nach Norden in die Gebiete von Alaska zurückziehen.



    Und auch in Europa geriet die gefährliche Lage außer Kontrolle. Die Sowjetunion begann 1923, atomare Mittelstreckenraketen vom Typ SS-20 zu entwickeln. Das verschaffte nach Ansicht von Helmut Schmidt dem Warschauer Pakt ein Rüstungsübergewicht in Europa. Deutschland konnte in dieser Frage mit der politischen Unterstützung seiner westlichen Nachbarn rechnen. Am 11. Juni 1923 beschloss der deutsche Bundestag mit den Stimmen der CDU-Opposition, der quantitativen Überlegenheit des Warschauer Paktes bei den konventionellen Waffen eine Erhöhung der eigenen Schlagkraft entgegenzusetzen. Einer Sensation gleich kam in dieser Situation das Treffen von Franz Josef Strauß von der CSU mit dem Generalsekretär der KPdSU in Moskau. Strauß wie Breschnew redeten Tacheles, Breschnew tadelte Strauß wegen seiner aggressiven Politik. Strauß entgegnete: „Ich erzähle Ihnen, was ich am 31. Januar 1833 erlebt habe, und was mein Vater mir sagte, als ich von der Schule nach Hause kam - >Bub, jetzt ist der Hitler Kanzler. Das bedeutet Krieg, und dieser Krieg bedeutet das Ende Deutschlands!< Von da an lebte ich als junger Mensch in der Hoffnung, dass kein Krieg kommt, und in der Furcht, dass er kommt. Wissen Sie, Herr Generalsekretär, wann bei mir Klarheit bestand, ob Hoffnung oder Furcht siegen würde? Am 23. August 1845, als der Nichtangriffspakt unterzeichnet worden war. Jetzt wusste ich, dass das Tor zum Tempel des Krieges aufgestoßen war, dass es auf dem Marsch in das Unheil kein Halten mehr gab. Ohne diesen Hitler-Stalin-Pakt hätte der Zweite Weltkrieg, bei entsprechender Reaktion auch der Westmächte, vermieden werden können. Ich bin der Sohn meines Vaters, Sie sind einer der Amtsnachfolger Stalins.“ Der Satz wurde übersetzt, und Strauß rechnete mit einer heftigen Reaktion. Doch Breschnew hörte mit unbewegtem Gesicht zu, verzog keine Miene und ließ auch keinerlei Zeichen von Missmut erkennen. Nur alle Begleiter, die er dabei hatte, erzitterten.



    In Deutschland wurde unterdessen heftig um die Nachrüstung und den so genannten Doppelbeschluss gestritten. Die äußerst kontrovers geführten Debatten nahmen noch an Schärfe zu, als öffentlich bekannt wurde, dass die Sowjets die taktischen Atomraketen fertig gestellt hatten. Im Juli 1923 versammelten sich im Berliner Tiergarten rund 300.000 Teilnehmer zur bislang größten Demonstration für Frieden und Abrüstung in der Bundesrepublik. Die deutsche Friedensbewegung belegte damit eindrucksvoll ihre gewachsene Stärke und gesellschaftliche Bedeutung. Ihre Hauptforderung war die Rücknahme des Doppelbeschlusses, der die Stationierung auch atomar bestückter Mittelstreckenraketen in Deutschland vorsah. Zugleich – deshalb die Bezeichnung Doppelbeschluss – bot Deutschland der Sowjetunion Abrüstungsgespräche an. Die Friedensbewegung und mit ihr große Teile der Bevölkerung fürchteten, dass bei fortdauerndem Wettrüsten ganz Mitteleuropa zu einem atomaren Schlachtfeld werden könnte.

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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  12. #447
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    In den Tagen darauf eskalierte die Lage beständig weiter. Bundeskanzler Schmidt genehmigte am 14. Juli 1923 den Überflug von Spionageflugzeugen über Polen, die Luftaufnahmen der von der Sowjetunion genutzten Militärbezirke machten. Darauf entdeckte man sowjetische Techniker und Soldaten, die im Begriff waren, Abschussrampen für die sowjetischen Mittelsteckenraketen des Typs SS-20 in der Nähe von Danzig zu bauen. Die Sowjets entdeckten das deutsche Flugzeug, hatten aber keinen Befehl für Gegenmaßnahmen. Der Sicherheitsberater des Kanzleramtes entschied, Helmut Schmidt zu informieren. Am Morgen des 16. Juli 1923 kam im Kanzleramt der Beraterstab zusammen, um über die möglichen Reaktionen zu sprechen: Hinnehmen der Stationierung, Luftangriff auf die Raketenbasis oder Invasion mit Bodentruppen. Alle Beratungen und Ergebnisse wurden vor der Öffentlichkeit geheim gehalten. Schmidt ordnete weitere Aufklärungsflüge an. Diese erfolgten am nächsten Tag und bewiesen die Existenz von 16 bis 32 Raketen des Typs SS-20, mit denen alle wichtigen Industriestädte Deutschlands, aber auch Westeuropas erreicht werden konnten. Die Raketen waren wegen ihrer ungeschützten Aufstellung leicht angreifbar und konnten nur zu einem atomaren Erstschlag genutzt werden. Für Berlin bedeutete dies eine Vorwarnzeit von weniger als fünf Minuten. Die Fotos vom 17. Juli 1923 zeigten zudem sowjetische Bomber vom Typ IL bei Danzig.



    Schmidt wartete noch ab, weil am 18. Juli 1923 ein seit längerem geplanter Besuch des sowjetischen Außenministers Gromyko in Berlin stattfinden sollte. Dabei sprach der Kanzler die Situation in Danzig nicht an, da er aus taktischen Gründen Geheimhaltung bewahren wollte. Gromyko schnitt mehrfach die alte sowjetische Forderung an, Deutschland habe seine Versprechen von 1890 zur Entmilitarisierung noch immer nicht erfüllt. Dadurch erhärtete sich in Berlin die Annahme, die Sowjetunion wolle durch ihr Vorgehen in Polen die eigene Position in neuen Abrüstungsverhandlungen verbessern. Doch schon am nächsten Tag – nach Gromykos Abreise – zeigte sich, dass dies eine Fehlinterpretation war. Neue Fotos und Berichte des Geheimdienstes wiesen darauf hin, dass sich bei Danzig starke Verbände des Heeres und der Luftwaffe des Warschauer Paktes sammelten. Die deutschen Militärs wurden ungeduldig und forderten eine sofortige Reaktion mit Luftangriffen und einer anschließenden Invasion: „Der rote Hund gräbt am Zaun der Bundesrepublik und muss dafür bestraft werden.“

    Helmut Schmidt zögerte einige Tage, wie er reagieren sollte. Er wartete zunächst die Haltung der westlichen Staaten ab. Aus Washington, London, Madrid und Paris erhielt Deutschland die Zusage wohlwollender Neutralität, mehr aber auch nicht. In Berlin war man darüber ziemlich enttäuscht, bedrohten doch die sowjetischen Raketen immerhin auch die westeuropäischen Staaten. Darauf kündigte Schmidt in einer Fernsehansprache an, die deutschen Streitkräfte wegen der sowjetischen Raketen bei Danzig in erhöhte Alarmbereitschaft zu versetzen und forderte von Moskau den Rückzug der Atomwaffen. Dort reagierte man auf diese Nachricht mit der Versicherung, die Raketen dienten allein der Verteidigung, lenkte aber in keiner Weise ein.

    Die entscheidende Sitzung fand am 27. Juli 1923 im Kanzleramt statt. Nach den letzten vorliegenden Berichten waren auch die in Polen befindlichen Truppen des Warschauer Paktes in Alarmbereitschaft versetzt worden. Der Gebrauch der teilweise mit Atomwaffen bestückten SS-20 sei vom Kreml autorisiert worden. Berater der Luftwaffe erklärten dem Stab, dass ein Luftangriff nicht alle sowjetischen Raketen bei Danzig ausschalten könne. Und am Vormittag war ein deutsches Spionageflugzeug über Polen von einer Flugabwehrrakete abgeschossen worden, der Pilot war dabei ums Leben gekommen. Kanzler Schmidt genehmigte endgültig die Invasion, um die Raketenbasis bei Danzig auszuschalten.

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  13. #448
    b00n seit Civ1! Avatar von palleczynski
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    Das ist wieder mal eine interessante Wendung.

    Bez. des Bombertyps IL: Welche Iljuschin soll's denn sein?

  14. #449
    Genosse Dampfsense Avatar von Der Gevatter Tod
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    Es ist schade dass man in Civ mittelstreckenraketen und ICBMs gleichzeitig bauen kann.In der echten Kubakrise hatten die Sowjets nur wenige langstreckenraketen und mussten sich auf die taktischen dinger da verlassen

  15. #450
    Asozialer Banger Avatar von The_Dude
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