Die verlorene Welt
„Wasser. Überall nur Wasser“, Sarim sank müde zurück. Seit sie ihre Welt verlassen hatten, trieben sie auf hoher See und waren das Spielzeug der Wellen und Stürme. Das überhaupt noch so viele Schiffe von ihnen da waren, war ein Wunder. Solch stürmisches Gewässer mieden sie eigentlich. Doch sie konnten nichts dafür. Ihre Welt existiert nicht mehr.
Zuerst ein ohrenbetäubender Knall. Dann war vom Berg kaum noch etwas zu sehen und es regnete Feuer und Asche. Dem nicht genug, kamen Flutwellen über Flutwellen und überschwemmten ihr Land. Nichts mehr davon existiert mehr. Sie lebten auf einer Insel.
Sie war fruchtbar und reich an Metallvorkommen. Sie wussten wie man Bronze herstellt, hatten ein Alphabet, und sie wussten wie man das Meer befährt. Die Insel war ein Reich.
Ihr reich. Sie hatten acht Städte. Sie waren riesig. Es lebten mehrere zehntausend Menschen in ihnen. Doch nur sie haben überlebt. Nur dreizehntausend ihres Volkes schaffte es sich auf Schiffen zu retten. Nachdem sie eine Weile auf hoher See trieben, kam ein Sturm. Viele Schiffe sanken, so dass Sarim schätzte das nur noch achttausend seines Volkes übrig waren.
Dann irgendwann kam der Hunger. Die Nahrungsmittel wurden knapp. Wasser hatten sie noch genug, aber sie hatten kaum noch Proviant. Viele verhungerten. Sarim schätzte das nur noch fünftausend seines Volkes existierten. Und scheinbar gab es außer ihrer Insel kein anderes Festland auf der Welt. Und nun existiert nicht einmal mehr dieses Land. Vermutlich würden sie alle auf See sterben, entweder verhungern, oder ertrinken wenn der nächste Sturm aufzieht.
Doch was war das? Hatte er eben eine Möwe schreien gehört? Nein. Dass muss Einbildung gewesen sein. Da, schon wieder. „Der Hunger hat mich schon verrückt gemacht“, meinte Sarim und legte sich schlafen. Doch lange schlief er nicht. Er wurde grob an den Schultern gepackt und geschüttelt. „Land! Wir haben Land gesichtet!“, rief der Kapitän des Schiffes und rüttelte weiter an Sarim. „Land? Sicher? OK, ich leg mich wieder hin. Weck mich wenn wir da sind…“, Sarim legte sich wieder hin und schloss die Augen während der Kapitän ihn verwundert anschaute. „Was? Land?!“, Sarim öffnete fast sofort wieder die Augen und sprang auf.
„Du meinst Festland? Mit Erde und so weiter?“, Sarim starrte den Kapitän ungläubig an.
Der Kapitän scheint sich jedoch sehr erschrocken zu haben als Sarim wieder aufsprang und so verging etwas Zeit bis er antwortete. „Ja, Land. Dort. Im Osten.“, antwortete dann der Kapitän und zeigte mit dem Finger Richtung Osten. Sarim folgte dem Fingerzeig und sah es. Land. Wahrhaftig. Tränen des Glückes schimmerten in seinen Augen. Sein Volk war gerettet. Nach unzähligen Tagen oder gar Wochen die sie auf See trieben, endlich Land. Sarim wollte zu einem Dankesgebet ansetzen, überlegte es sich dann aber anders. Nein. Er würde den Göttern nicht dafür danken. Schließlich haben diese ja Schuld an dieser Situation, dachte er verbittert.
Nach geraumer Zeit war es soweit. Sie erreichten das Land. Als sie alles vom Schiff geladen hatten, schauten sie sich um. Grasland wohin sie auch sahen. Doch um sie niederzulassen bot das Land nicht genug Nahrung. Also zogen sie weiter ins Landesinnere. Sie überquerten ein kleines Gebirge und kamen dann schließlich auf einen Hügel. Neben dem Hügel, verlief ein Fluss. Im Osten und Nordosten war Wald. Im Westen und Südosten waren Viehherden. Ganz ähnlich wie die Steppenrinder die sie in ihrer Welt hielten. Dies war ein guter Ort um sich niederzulassen. Und sie taten es auch. Sie nannten ihre Siedlung Haven.
((Das Rote ist der Weg den sie auf See zurück gelegt haben. Das Schwarze ist der Weg über Land.))