Nach den Erfahrungen aus der ersten Ra-Expedition ließ Heyerdahl das nächste Fahrzeug von vier Aymara-Baumeistern vom Titicacasee bauen, in der Annahme, deren Boote stünden dem vermuteten ägyptischen Ursprung näher als diejenigen aus dem Inneren Afrika – unter anderem weil das hochgezogene Heck, das den Tschad-Bootsbauern nutzlos erschienen war, am Titicacasee als selbstverständlich galt. Sollte sich Heyerdahls These, die Ägypter hätten ihre Kultur nach Mittelamerika gebracht, bewahrheiten, wäre das Tiwanaku-Volk weit eher Erbe der Schiffbau-Konzepte seiner „Urahnen“ als die Anwohner eines Sees inmitten Afrikas, der von ägyptischer Kultur kaum berührt sein konnte.
Wieder gab es Unstimmigkeiten beim Bau: Von etwa zwölf Tonnen Material, wie beim ersten Mal genutzt, ließen die Aymara gut drei Tonnen übrig, nachdem sie ihr Fahrzeug als „fertig“ deklariert hatten. Dies sollte sich als Problem erweisen, weil die gleiche Fracht wie beim ersten Versuch jetzt Überladung bedeutete: Das Boot musste nach wenigen Tagen geleichtert werden, was Rationierungen zur Folge hatte.
Ra II war etwa 12 m lang, also 3 m kürzer als die Ra, und vollkommen anders aufgebaut: Während die Ra zweimal neun Schilfstränge übereinandergelegt hatte, den jeweils dicksten in der Mitte, bestand die Ra II aus einem Doppelstrang, in der Mitte durch einen dünneren Strang überbrückt und seitlich durch ebenfalls dünnere Nebenstränge erhöht. Im Gegensatz zur Ra, die sich über die Wellen bog, war die Ra II steif.
Mit der Ra II stach am 17. Mai 1970 fast die gleiche Mannschaft wieder unter der Flagge der UN von Safi aus in See und erreichte nach 57 Tagen und 6.100 km am 12. Juli 1970 Barbados.