Seite 199 von 364 ErsteErste ... 99149189195196197198199200201202203209249299 ... LetzteLetzte
Ergebnis 2.971 bis 2.985 von 5447

Thema: Hast du die Bibel je selbst gelesen?

  1. #2971
    Infrarot Avatar von Der Kantelberg
    Registriert seit
    24.11.06
    Ort
    Bei Nürnberg
    Beiträge
    33.172
    Zitat Zitat von Tohuwabohu Beitrag anzeigen
    Nochmal zum Samuel und zu der Unterwelt. Wie wird das im Christentum gedeutet?
    Als funktionierender Okkultismus.

    Wer oder was da genau erscheint, darüber ist man sich, meine ich, unsicher. Obs wirklich Samuel selbst ist, obs ein Geist/Dämon ist, der dessen Gestalt annimmt, obs ein Engel ist, der dessen Gestalt annimmt - Ob die Botschaft von Gott ist, oder vom Satan kommt, oder von Samuels menschlichem Geist selbst
    Es gibt sicher auch Christen, die annehmen, dass diese Geschichte erfunden ist. Oder aber, dass Saul halluziniert hat - der Text hat schon Elemente, die man in diese Richtung deuten könnte, nämlich dass er kraftlos hinfällt und erst mal nichts essen will.

    Alles in allem spielt der Textabschnitt im Christentum eine untergeordnete Rolle, er wird nicht häufig gelesen, es wird selten über ihn gepredigt (Ich habe noch keine gehört) und er spiel in mir bekannten Lehraussagen keine zentrale Rolle. Die Lehre, die draus gezogen wird ist meist nur: "Halte dich fern von Okkultismus/Esoterik" - was sich von anderen Bibeltexten besser herleiten lässt. Da fungiert diese Szene mit "Der Hexe von Endor" dann als Bespiel.
    Es ist mir vor allem nicht bekannt, dass aus diesem Text von christlicher Seite her Vorstellungen über das Jenseits abgeleitet werden. Die Jenseitsvorstellung im Christentum ist ja auch nicht so homogen. Da gibts durchaus Diskussionsstoff bei Fragen wie: Wo bleibt die Seele, wenn man gestorben ist? Gibt es überhaupt eine Seele, die bleibt, wenn man gestorben ist? Gibt es sowas wie ein Fegefeuer? Wie genau und wann passiert die Auferstehung? Wer kommt alles in den Himmel? Wann genau kommt Jesus wieder zurück auf die Erde? Wo sind die Gläubigen nach der Auferstehung? Hier gibt Unterschiede und teilweise heftigen Streit zwischen den großen christlichen Fraktionen, aber auch zwischen einzelnen Christen in der selben Glaubensgemeinschaft.
    Die Macht des Verstandes ... sie wird auch im Fluge dich tragen - Otto Lilienthal

    Schweinepriester: Ihr habt euch alle eine Fazialpalmierung verdient.


  2. #2972
    der 397ste von 29355 Avatar von X_MasterDave_X
    Registriert seit
    15.11.01
    Ort
    München
    Beiträge
    3.206
    Zitat Zitat von Tohuwabohu Beitrag anzeigen
    Nochmal zum Samuel und zu der Unterwelt. Wie wird das im Christentum gedeutet? Kantel hatte ja geschrieben, die Jenseitsvorstellung bei den Juden wäre recht vage. Das ist sie bei den Christen aber doch gerade nicht, oder?
    Für mich klingt die Szene so ein bisschen wie die griechische Unterwelt - Achilles kam mir da in den Sinn.


    Ja die Vorstellungen dürften nahe an den griechischen Vorstellungen jener Zeit gewesen sein, von denen sie vermutlich übernommen wurden, z. B. von den nahen Nachbarn wie den Philistern.
    Land des Staubes und der Finsternis, Unterwelt....ein Hohlraum tief unter der Erde dürfte da so in etwa der Glaubensinhalt gewesen sein. Die Toten waren Schattenwesen, die vor sich dahin vegetierten.

    Allerdings waren die Vorstellungen natürlich stets im Wandel über die Jahrhunderte, durch viele fremde Einflüsse, siehe WiBiLex.


    Zur Hexe von En-Dor, ursprünglich eigentlich nur die "Frau von En-Dor", habe ich auch in der WiBiLex einiges Interessentes finden können.

    Zitat Zitat von WiBiLEx
    In der älteren griechischen und lateinischen Tradition gilt die Frau von En-Dor noch nicht als Hexe. Die → Septuaginta gibt in 1Sam 28,7 בַּעֲלַת־אוֹב ba‘ǎlat ’ôv „Herrin über einen Totengeist“ (s.o.) mit ἐγγαστρίμυθος engastrimythos wieder (vgl. 1Chr 10,13), wie sie auch sonst אוֹב ’ôv „Totengeist / Totengeistbefrager“ bzw. „Totenbefragungsgrube“ in der Regel mit ἐγγαστρίμυθος engastrimythos übersetzt (z.B. Lev 19,31; Lev 20,6.27; Dtn 18,11). Der Begriff bedeutet wörtlich „Bauchredner / Bauchrednerin“, doch ist diese Übersetzung missverständlich, da keinesfalls an Unterhaltungskunst zu denken ist....
    Zitat Zitat von WiBiLex
    Eine ganz andere Tendenz als in den erwähnten deutschen Übersetzungen zeigt sich in der Rezeption der Erzählung von 1Sam 28,3-25. Die dort auftretende Frau wird nämlich vielfach als „Hexe von En-Dor“ bezeichnet, obwohl sie mit Schadenszauber und Hexerei nicht das Geringste zu tun hat und im hebräischen Text die Wurzel כשׁף kšp fehlt....

    Daraufhin wendet Saul sich heimlich, weil sein eigenes Gesetz missachtend, damit aber vom Erzähler als tragische, vielleicht sogar lächerliche Figur stilisiert (Michael), an eine Frau in dem Ort En-Dor, der schon in seinem Namen עֵין דּוֹר ‘ên dôr „Quelle der Generationen“ auf die anstehende Totenbefragung verweisen mag. Die Frau wird als בַּעֲלַת־אוֹב ba‘ǎlat ’ôv bezeichnet. Dies bedeutet „Herrin über einen Totengeist“ (Tropper 1999, 806-809; Hentschel, 175; Arnold, 201) oder „Herrin über eine Grube“, nämlich eine Grube zur Verbindung in die Unterwelt und damit zur Totenbefragung (Hoffner; Ebach / Rüterswörden), d.h. sie verfügt über die Kenntnis oder Gerätschaft, mit Verstorbenen in Kontakt zu treten. Tatsächlich kann sie den verstorbenen Propheten → Samuel aus dem Totenreich heraufrufen (1Sam 28,11; → Jenseitsvorstellungen), so dass Saul ihn, obwohl er ihn anders als die Frau nicht zu sehen vermag, nach dem Ausgang des Kampfes fragen kann.
    Zitat Zitat von WiBiLex
    3.2. Hexe

    Ging man davon aus, dass Samuel nicht wirklich aus dem Totenreich aufgestiegen ist, sondern ein Dämon oder Teufel dies nur vorgetäuscht hat, ja als Samuel erschienen ist (so z.B. die Erläuterung der Lutherbibel von 1572), konnte man zu der Vorstellung kommen, dass die Frau mit diesen dunklen Mächten in Verbindung, sogar in ihren Diensten gestanden hat. Daraus konnte sich – zumal in Zeiten zunehmender Hexenverfolgungen – die Vorstellung entwickeln, dass sie eine Hexe sei. Die Erzählung wird dann als negative Beispielerzählung gelesen, die zeigt, was passiert, wenn man sich mit Magie, Wahrsagerei und Hexerei einlässt. Sie konnte zudem zur Legitimierung von Hexenverfolgung herangezogen werden (vgl. Zika 2005, 235).

    In der Lutherbibel (einschließlich ihrer Revisionen) wird die Frau von En-Dor jedoch nicht als „Hexe“ bezeichnet, überhaupt wendet Luther diesen Begriff auch in seinen übrigen Schriften nirgends auf die Frau von En-Dor an. Der älteste Beleg stammt – soweit ich sehe (vgl. Donner, 138) – von Calvin. In seinen Homilien 98-101 (Ioannis Calvini Opera quae supersunt omnia, hg. v. G. Baum u.a., Bd. 30, Braunschweig 1886, 627-671) legt er 1Sam 28 aus, und dabei bezeichnet er die Frau von En-Dor mehrfach – möglicherweise in Aufnahme der Vulgata-Wiedergabe von כֶּשֶׁף kæšæf „Hexerei“ in 2Kön 9,22 (veneficia) – als venefica „Hexe“ (wörtl. „Giftmischerin“
    Es gibt aber auch andere Sichtweisen von ihr....u.a. vom jüdischen Geschichtsschreiber Josephus selbst, laut WiBiLex:

    Zitat Zitat von WiBiLEx
    3.3. Gütige / weise Frau

    Schon Josephus (Antiquitates VI.14.2-4; Text gr. und lat. Autoren) würdigt die Frau von En-Dor sehr positiv: Sie hat Saul, obgleich der sie arbeitslos gemacht hat, keineswegs verachtet, sondern bemitleidet und getröstet, vor allem hat sie ihm ihr einziges Kalb geschlachtet. Auch in der neueren Forschung gilt das Mahl – sofern es nicht als Teil eines kultischen Rituals verstanden wird (Reis; S. Fischer, 38-41; I. Fischer, 143-146) – als Beleg für die Hilfsbereitschaft der Frau (Green, 433). Nicht zuletzt wegen ihrer fürsorglichen Art, aber auch wegen ihres transzendentalen Fachwissens wird sie als „weise Frau“ bezeichnet...

  3. #2973
    MAGA forever Avatar von Tohuwabohu
    Registriert seit
    25.05.19
    Beiträge
    5.404
    Cool, danke für die Antworten. Jetzt bin ich ein klein bisschen schlauer als vorher.
    Vielen Dank für diesen Faden, Mongke, und auch einen an alle, die weiterführende Infos liefern.

  4. #2974
    Zurück im Norden
    Registriert seit
    01.05.12
    Beiträge
    41.041
    Man muss allerdings hinzufügen, dass die Unterwelt als schattenhaftes Abbild der "oberen Welt" eine allgemeine Tradition der altorientalischen Kulturen war. Wenn, dann waren eher die Griechen von dort her beeinflusst. Wir denken natürlich immer in die andere Richtung, weil wir die Griechen besser kennen; in der Realität bezog sich die griechische Kultur aber wahrscheinlich häufiger auf ihre orientalischen Nachbarn als umgekehrt. Beispielsweise waren die hier genannten Philister ja keine Griechen, sondern stammten möglicherweise (falls sie überhaupt eine gemeinsame Heimat hatten und falls die Gleichsetzung mit den in ägyptischen Quellen bezeugten Peleset zutrifft) von Kreta oder von Kreta und anderen ägäischen Inseln. Im 12. Jh. v. Chr. waren das aber natürlich noch keine Griechen.

    Im Hinblick auf die Vorstellungswelt der Israeliten des 10., 9., 7. oder 6. Jh. (je nachdem, wann man die Stelle datiert) muss man allerdings noch auf die apokalyptische Hoffnung im jüdischen Glauben hinweisen, die etwa in den Prophetenbüchern fassbar werden (und die zumindest zum Teil bereits in der Exilszeit entstanden sein müssen). Darin wurde die Hoffnung auf eine Rettung der Toten mit dem Jüngsten Tag verbunden, an dem Jahwe allen Völkern offenkundig erscheinen und sein Volk erlösen wird. So lange warten die Toten dann in der Erde/ Unterwelt, der Scheol.

    Die frühen Christen übernahmen diese Vorstellung, wie du auch im Apostolischen Glaubensbekenntnis sehen kannst ("hinabgestiegen in das Reich des Todes"). Seither ist die Scheol (aus christlicher Sicht natürlich, nicht aus jüdischer) leer (so wurde sie in mittelalterlichen Bildern häufig dargestellt) oder es sind zumindest die Gerechten des Alten Bundes und aller Völker heraufgeführt worden.

    Wie Kantelberg schon sagte, hängt die Deutung natürlich auch von der christlichen Tradition ab, in der man sich bewegt. In der modernen Theologie wird das natürlich eher symbolisch gedeutet, etwa so, dass Jesus sogar in die tiefste Sünde und Gottverlassenheit des Menschen gekommen ist und kommt. Davon hängt dann auch ab, wie man das Geschehen in En-Dor deutet. Wenn man der (erst später leere) Scheol eine gewisse Realität zugesteht, wäre vielleicht auch Samuel wirklich erschienen, ansonsten vielleicht nur eine Phantasiegestalt der Beschwörerin und/oder Sauls.

  5. #2975
    der 397ste von 29355 Avatar von X_MasterDave_X
    Registriert seit
    15.11.01
    Ort
    München
    Beiträge
    3.206
    Du sprichst hier die Auferstehungshoffnung an. Die heutige Hoffnung in der Christenheit, gab es auch im jüdischen Glauben, allerdings erst sehr spät ausgeprägt, WiBiLex spricht von der hellenistischen Zeit, sprich erst im späten 4. Jahrhundert v Chr., vermutlich kaum vor den 320er Jahren v. Chr, als Alexanders Griechen das Land eroberten. Da dürfte es dann zu einem massiven Kulturaustausch gekommen sein.

    WiBiLex meint hierzu:

    Zitat Zitat von WiBiLex
    Das Alte Testament kennt verschiedene Vorstellungen eines Lebens nach dem Tod. Die Auferstehung der Toten bzw. die Auferstehung vom Tod als Beginn eines neuen, ewigen Lebens ist dabei nur eine Vorstellung, die sich zudem erst in hellenistischer Zeit ausgeprägt hat. Sie steht am Ende einer langen theologiegeschichtlichen Entwicklung der Todes- und Jenseitsvorstellungen im Alten Testament, die von zentraler Bedeutung für die frühjüdische und christliche Auferstehungsvorstellung ist. Im Einzelnen lassen sich im Alten Testament mehrere Vorstellungen eines postmortalen Lebens unterscheiden, die teilweise auch nebeneinander bestehen können.
    Zitat Zitat von WiBiLex
    Für die frühen Jenseitsvorstellungen (die allerdings noch bis in die Spätzeit hinein belegt sind; vgl. Hi; Pred) ist charakteristisch, dass der Tote am Ende seines Lebens „zu seinen Vätern versammelt wird“ (Gen 25,8.17; Gen 35,29 u.ö.) und in das Totenreich, die Scheol, „hinabsteigt“ (jārad; vgl. Ps 28,1; Ps 30,4 u.ö.; → Jenseitsvorstellungen). Das alttestamentliche Israel teilt mit seiner altorientalischen Umwelt die Vorstellung einer schattenhaften Existenz der Toten in der Unterwelt, im Land des Staubes (Ps 22,30; Jes 26,19), der Finsternis (Hi 10,21-22; Hi 17,13; Ps 88,7.13 u.ö.) und des Vergessens (Ps 88,13 u.ö.). Diese Totenexistenz ist durch eine verminderte Form des Lebens, durch Kraft- und Bewusstlosigkeit, Schwäche (Hi 14,21; Ps 88,5; Jes 14,10 u.ö.) und Unwissenheit (Pred 9,5) gekennzeichnet....

    ...Eine Verbindung zwischen der Toten- und der Lebenswelt erfolgte im Rahmen der Familienfrömmigkeit über Ahnenverehrung und → Totenkult (z.B. Libationen; Nekromantie; vgl. 1Sam 28). In der offiziellen Religion hingegen bestand eine strikte Trennung zwischen JHWH, dem Gott des Lebens (vgl. 2Kön 19,4; Ps 42,3 u.ö.), und den Toten. Das Totenreich lag als Ort der Gottesferne außerhalb des Machtbereichs Gottes, und die Toten loben JHWH nicht (Ps 6,6; Ps 30,10; Ps 88,11-13; Jes 38,18-19; Sir 17,27-28 [Lutherbibel: Sir 17,25-26])....

    ...Die Grenze zwischen JHWH und den Toten wird in nachexilischer Zeit endgültig überschritten. Die nachexilischen Weisheitspsalmen Ps 49 und Ps 73 setzen sich mit der Frage nach der Gerechtigkeit Gottes angesichts des Leidens des Frommen auseinander und formulieren eine Hoffnung auf eine Gottesgemeinschaft des Frommen auch jenseits der physischen Todesgrenze.....
    Zitat Zitat von WiBiLex
    3.2. Auferweckung der Toten

    Die eigentliche Auferstehungsvorstellung findet sich erst in der apokalyptischen prophetischen Literatur der hellenistischen Zeit
    . Sie ist zu unterscheiden von den Berichten über eine Entrückung eines lebenden Menschen unter Umgehung des Todes (Henoch: Gen 5,24; Elia: 2Kön 2,3.5.9-10) und von den Aussagen über Totenerweckungen (vgl. 1Kön 17,17-24; 2Kön 4,8-37; 2Kön 13,20-21; → Auferweckung), die von einer Rückkehr ins diesseitige Leben sprechen, das wiederum mit dem Tod endet. In den Auferstehungsaussagen geht es demgegenüber um ein neues, unvergängliches Leben für bereits Verstorbene und um eine endgültige Überwindung des Todes. So heißt es in der → Jesaja-Apokalypse (Jes 24-27), Gott werde den Tod „für immer verschlingen“ (Jes 25,8), eine Kontrastaussage zu der Vorstellung, dass die Unterwelt den Menschen verschlinge...

    ...Wichtigster und unumstrittener Beleg für eine Auferstehungserwartung ist schließlich Dan 12,2-3. Unter dem Eindruck der Religionsverfolgungen der Makkabäerzeit (2. Jh. v. Chr.) stellt sich angesichts der Martyriumserfahrungen der Gerechten die Theodizeefrage, und sie findet eine Antwort in der Hoffnung auf postmortale Gerechtigkeit: „Und viele, die im Land des Staubes schlafen, werden aufwachen, die einen zum ewigen Leben, die anderen zur Schmach, zu ewigem Abscheu“ (Dan 12,2).

  6. #2976
    MAGA forever Avatar von Tohuwabohu
    Registriert seit
    25.05.19
    Beiträge
    5.404
    Stimmt! Die Toten huldigen dem HERRN nicht. Das hatte ich vergessen, kam irgendwann hier schon Mal vor.

  7. #2977
    Hat einen Plan Avatar von Mongke Khan
    Registriert seit
    25.06.11
    Ort
    KA
    Beiträge
    19.836
    2. Samuel 2

    Achtung Spoiler:

    1 Hierauf fragte David beim HERRN an: »Soll ich in eine der Städte Judas hinaufziehen?« Der HERR antwortete ihm: »Ja, ziehe hinauf.« Als David weiter fragte: »Wohin soll ich ziehen?«, erhielt er die Antwort: »Nach Hebron.«
    2 So zog denn David dorthin samt seinen beiden Frauen Ahinoam aus Jesreel und Abigail, der Witwe Nabals, aus Karmel;
    3 auch seine Kriegsleute, die bei ihm waren, ließ er alle samt ihren Familien hinaufziehen, und sie ließen sich in den zu Hebron gehörigen Ortschaften nieder.
    4 Da kamen die Männer von Juda und salbten David dort zum König über den Stamm Juda."Als man dann David die Nachricht brachte, daß die Männer von Jabes in Gilead es seien, die Saul begraben hätten,
    5 da sandte David Boten an die Einwohner von Jabes in Gilead und ließ ihnen sagen: »Der Segen des HERRN möge euch dafür zuteil werden, daß ihr Saul, eurem Herrn, diese Liebe erwiesen und ihn begraben habt!
    6 So möge nun der HERR euch Güte und Treue erweisen! Und auch ich will euch dafür belohnen, daß ihr so gehandelt habt.
    7 Jetzt aber seid guten Mutes und beweist euch als wackere Männer! Denn Saul, euer Herr, ist (zwar) tot, aber der Stamm Juda hat mich zum König über sich gesalbt.«
    8 Abner aber, der Sohn Ners, der Heerführer Sauls, nahm Sauls Sohn Isboseth, brachte ihn nach Mahanaim hinüber
    9 und machte ihn dort zum König über Gilead, über Asser, über Jesreel, Ephraim, Benjamin, überhaupt über ganz Israel.
    10 Vierzig Jahre war Isboseth, der Sohn Sauls, alt, als er König über Israel wurde, und zwei Jahre lang hat er regiert; nur der Stamm Juda hielt zu David.
    11 Die Zeit aber, die David als König über den Stamm Juda in Hebron regiert hat, betrug sieben Jahre und sechs Monate.
    12 Einst zog Abner, der Sohn Ners, mit den Leuten Isboseths, des Sohnes Sauls, von Mahanaim nach Gibeon;
    13 ebenso rückte Joab, der Sohn der Zeruja, mit den Leuten Davids (von Hebron) aus; beide Heere stießen dann am Teiche von Gibeon aufeinander und lagerten sich, das eine diesseits, das andere jenseits des Teiches.
    14 Da ließ Abner dem Joab sagen: »Die jungen Leute könnten ja einmal auftreten und ein Kampfspiel vor unsern Augen aufführen!« Joab ließ antworten: »Gut! Es soll geschehen!«
    15 Da machten sie sich auf und traten einander abgezählt paarweise gegenüber: zwölf aus Benjamin für Isboseth, den Sohn Sauls, und zwölf von den Leuten Davids.
    16 Da faßte jeder seinen Gegner beim Schopf und stieß ihm das Schwert in die Seite, so daß sie insgesamt fielen; daher nannte man jenen Ort ›Feld der Klingen‹; er liegt bei Gibeon.
    17 Als sich darauf an diesem Tage ein überaus erbitterter Kampf entspann, wurde Abner und das Heer der Israeliten von den Leuten Davids in die Flucht geschlagen.
    18 Es befanden sich aber dort (im Heere Davids) die drei Söhne der Zeruja: Joab, Abisai und Asahel, von denen Asahel schnellfüßig war wie eine Gazelle auf dem Felde.
    19 Als nun Asahel den Abner verfolgte, ohne weder nach rechts noch nach links bei der Verfolgung hinter Abner abzubiegen,
    20 wandte Abner sich um und rief: »Bist du es, Asahel?« Er antwortete: »Jawohl.«
    21 Da rief Abner ihm zu: »Wende dich doch nach links oder nach rechts (von mir) ab und mache dich an einen von den Leuten und nimm dir seine Rüstung!« Aber Asahel wollte nicht von ihm ablassen.
    22 Da rief Abner ihm noch einmal zu: »Gehe hinter mir weg! Warum soll ich dich zu Boden schlagen? Wie könnte ich dann noch deinem Bruder Joab vor die Augen treten?«
    23 Als er trotzdem die Verfolgung nicht aufgeben wollte, stieß ihn Abner mit dem unteren Ende seines Speeres in den Unterleib, so daß der Speer hinten herausdrang und er dort zu Boden stürzte und an jener Stelle starb. Alle aber, die zu der Stelle kamen, wo Asahel gefallen und gestorben war, blieben stehen.
    24 Joab aber und Abisai setzten die Verfolgung Abners fort und waren bei Sonnenuntergang bis zum Hügel Amma gelangt, der Giah gegenüber in der Richtung nach der Wüste Gibeon zu liegt.
    25 Hier sammelten sich die Benjaminiten hinter Abner her, bildeten eine geschlossene Schar und setzten sich oben auf dem Hügel fest.
    26 Nun rief Abner dem Joab die Worte zu: »Soll denn das Schwert ewig fressen? Siehst du nicht, daß ein Verzweiflungskampf das Ende sein wird? Wann wirst du endlich deinen Leuten befehlen, von der Verfolgung ihrer Brüder abzustehen?«
    27 Joab erwiderte: »So wahr Gott lebt! Hättest du nicht geredet, so hätten die Leute insgesamt erst morgen früh von der Verfolgung ihrer Brüder abgelassen!«
    28 Hierauf ließ Joab ein Zeichen mit der Posaune geben, und sofort machte das ganze Heer halt, gab die weitere Verfolgung der Israeliten auf und setzte den Kampf nicht fort.
    29 Abner marschierte nun mit seinen Leuten während der ganzen folgenden Nacht durch die Jordanebene, überschritt dann den Jordan, durchzog das ganze Tal Bithron und gelangte so nach Mahanaim. –
    30 Als Joab aber die Verfolgung Abners aufgegeben und seine ganze Mannschaft wieder gesammelt hatte, wurden von den Leuten Davids außer Asahel nur neunzehn Mann vermißt,
    31 während Davids Leute von den Benjaminiten und den übrigen Leuten Abners 360 Mann erschlagen hatten.
    32 Den Asahel aber hob man auf und begrub ihn im Begräbnis seines Vaters zu Bethlehem. Joab aber und seine Leute marschierten die ganze Nacht hindurch, bis sie bei Tagesanbruch in Hebron ankamen.


    Bemerkungen/ Gedanken:

    • Habemus regem - und David kümmert sich auch weiter darum, dass der alte König anständig behandelt wird. Der Gedanke, dass er dabei an seine eigene Zukunft denkt, gefällt mir
    • Muss David jetzt bei jedem Stamm vorstellig werden? Er wird in Vers 4 ja nur zum König über den Stamm Juda gesalbt. Für die Story ist das natürlich insofern relevant, als dass es einen Gegenkönig in Gilead gibt. Schält sich hier allmählich der Begriff "Juden" als was "Besonderes" heraus, weil die David als erste als König hatten?
    • Mal wieder 40 Jahre vorbei, gedanklich läuft bei mir da mittlerweile immer der Song hier ab: https://www.youtube.com/watch?v=n4RjJKxsamQ
    • Bemerkenswert, wie oft es Kriegsschilderungen gibt, in denen sich die Heere nur belagern und irgendwas (Tal, Gebirgskamm, Teich) dazwischen ist und die Kämpfenden trennt. Ich weiß nicht, inwiefern das authentische Kriegsführung ist oder hier z.B. die Heerhaufen die beiden Könige David und Isboseth (klingt wie "is böse" ) symbolisieren und der Teich... auch irgendwas ist.
    • Das "Feld-der-Klingen"-Ritual klingt irgendwie nach ner Art Opfer oder ner pervertierten Form von Vorkämpfern (außer bei Goliath ist das ja nicht mehr aufgetaucht).
    • Vers 19ff. wirkt auf mich so, als ob hier anhand zweier Personen deutlich gemacht werden soll, dass eigentlich Brüder gegeneinander kämpfen. Das ist bei den anonymen Heerhaufen schwieriger zu fassen, als bei zwei namentlich genannten Dudes. Im Prinzip herrscht ja mal wieder Bürgerkrieg - aber nicht, weil jeder macht, was er will. Abner bringt den Bruderkampf in Vers 26 dann auf den Punkt.
    • Da Kantel weiter oben meinte, über die Geisterbeschwörung wird nur selten gepredigt: wie sehr wird denn über die Geschehnisse in den Samuelbüchern gepredigt? Bei ein paar Stellen kann ich mir das ganz gut vorstellen (wenn David Saul verschon bspw.), insgesamt wirkt das auf mich eher wie ein Roman (im Gegensatz zu den Jesus-Gleichnissen).
    Zitat Zitat von Baldri Beitrag anzeigen
    Würfel doch mal für nen Job bevor du hier finanzielle Aussagen triffst die ernstgenommen werden sollen.

  8. #2978
    Infrarot Avatar von Der Kantelberg
    Registriert seit
    24.11.06
    Ort
    Bei Nürnberg
    Beiträge
    33.172
    König über Juda:
    Ja hier fängt das mit den Juden in ganz kleinem Rahmen an. Es wird sich aber noch einige Jahrhunderte hinziehen, bis man davon Reden kann. Zumindest hat man hier, meine ich, zum ersten Mal die Teilung zwischen Juda und Rest-Israel. Diese wird im weiteren Verlauf mal aufgehoben werden, mal deutlicher zu Tage treten. (Und wie es ausgeht, dafür muss man weiterlesen... )
    Und ja, David muss auch bei den anderen Stämmen vorstellig werden. Er fängt damit hier bei der Stadt Jabesch in Gilead an. Das waren die, die Saul Leiche zurückgeklaut und begraben hatten. Das waren die, denen Saul am Anfang seiner Regierungszeit geholfen hatte gegen die Ammoniter. Das waren die, deren Frauen am Ende des Richterbuches den letzten 600 Benjaminiten gegeben worden waren. Sie haben also besondere Verbindungen zu Saul und dem Stamm Benjamin. David schickt ihnen hier Grüße und lobt sie, um ihnen zu zeigen, dass sie von ihm nichts zu befürchten haben, weil sie zu Saul gestanden haben.

    Isch-Boscheth:
    Hieß eigentlich Isch-Baal (=Mann Baals, Isch ist hebräisch für Mann) Die Bibelschreiber mochten den Namen Baal nicht (weils später nur noch ein Götzenname war...) und haben daraus Boschet = Schande gemacht. Der Name deutet entweder auf Sauls Hang zur Baalsverehrung hin oder darauf, dass die Israeliten in der Zeit Baal neben Jahwe verehrten (sowie es häufig der Fall war) oder darauf, dass der Name Baal irgendwie an Stelle von Jahwe verwendet wird. Isch-Boschet steht in dem Samuelbüchern immer im Schatten Abners, der die eigentlichen Entscheidungen trifft (wie hier, ihn zum König zu machen)

    Der Kampf auf dem "Feld der Klingen":
    Das ist eher ein verunglückter Vorkampf, der dann in eine echte Schlacht bzw. Verfolgung ausartet.
    Die Geschichte zwischen Asahel und Abner soll eine andere Sache einführen: Asahel war Joabs Bruder. Joab war Davids Anführer der Streitkräfte, der ab jetzt ein wichtige militärische und politische Rolle spielen wird. Hier bringt Abner seinen Bruder um. Joab wird Abner dafür nicht wohlgesonnen sein.
    Ansonsten herrscht nicht unbedingt Bruderkrieg, es ist ja Stamm Juda gegen Rest-Israel (mit Benjamin vornedran). Und alle Brüder eines Stammes bleiben ja bei diesem Stamm. Aber diese Stämme betrachten sich gegenseitig als Brüder, weil Juda und Benjamin Brüder mit dem gemeinsamen Vater Jakob/Israel waren. Das möchte Abner ansprechen. Es ist eher ein Bürgerkrieg.

    Predigten über Samuel:

    Gibt es schon ab und an. Über diesen Text hier aber auch sehr selten. Es steht halt wenig drin, was für den heutigen persönlichen Glauben weiterhilft. Es steht auch wenig über Gott drin. Eigentlich gar nichts - bis darauf, dass David nach Hebron gehen soll.
    Häufige Texte aus 1. Samuel, die heute größere Rollen spielen, sind (nach meiner eigenen Einschätzung): Die Geschichte von mit Hanna mitsamt ihrem Lied, die Berufung Samuels, Die Königsforderung der Israeliten, Sauls Verfehlung, die Salbung Davids, David und Goliath, David in der Höhle von En-Gedi, evtl. noch der Verlust der Bundeslade und die Freundschaft zwischen David und Jonathan - aber andere Christen würden das vielleicht anders sehen.
    Im Allgemeinen spielen die Texte des Neuen Testaments in der christlichen Praxis die bedeutendere Rolle. Man scheut sich häufig vor der Brutalität der geschilderten Geschichten und auch vor den unangenehmen Aussagen über Gott. Das AT wird manchmal recht stiefmütterlich behandelt. (Ich finde das schade und predige häufig darüber, damit bin ich aber eine seltene Erscheinung)
    Die Macht des Verstandes ... sie wird auch im Fluge dich tragen - Otto Lilienthal

    Schweinepriester: Ihr habt euch alle eine Fazialpalmierung verdient.


  9. #2979
    MAGA forever Avatar von Tohuwabohu
    Registriert seit
    25.05.19
    Beiträge
    5.404
    Welchen Sinn hat es, einfach nur hinter einem langsameren Typen herzutraben, nur um am Ende von dem abgestochen zu werden?

  10. #2980
    Infrarot Avatar von Der Kantelberg
    Registriert seit
    24.11.06
    Ort
    Bei Nürnberg
    Beiträge
    33.172
    Zitat Zitat von Tohuwabohu Beitrag anzeigen
    Welchen Sinn hat es, einfach nur hinter einem langsameren Typen herzutraben, nur um am Ende von dem abgestochen zu werden?
    Das hat jugendlichen Leichtsinn. Stell dir mal vor, wie berühmt man wird, wenn man den gegnerischen Heerführer und Königsmacher erschlägt.
    Dass der ein paar Jährchen mehr Kampferfahrung und Waffentraining auf dem Buckel hat, und im Zweikampf überlegen sein könnte, daran hat Asahel im Kriegseifer vielleicht nicht gedacht.

    edit: Ich glaub, Joab könnte wieder ein Charakter nach deinem Geschmack werden.
    Die Macht des Verstandes ... sie wird auch im Fluge dich tragen - Otto Lilienthal

    Schweinepriester: Ihr habt euch alle eine Fazialpalmierung verdient.


  11. #2981
    der 397ste von 29355 Avatar von X_MasterDave_X
    Registriert seit
    15.11.01
    Ort
    München
    Beiträge
    3.206
    Zitat Zitat von Der Kantelberg Beitrag anzeigen
    Isch-Boscheth:
    Hieß eigentlich Isch-Baal (=Mann Baals, Isch ist hebräisch für Mann) Die Bibelschreiber mochten den Namen Baal nicht (weils später nur noch ein Götzenname war...) und haben daraus Boschet = Schande gemacht. Der Name deutet entweder auf Sauls Hang zur Baalsverehrung hin oder darauf, dass die Israeliten in der Zeit Baal neben Jahwe verehrten (sowie es häufig der Fall war) oder darauf, dass der Name Baal irgendwie an Stelle von Jahwe verwendet wird. Isch-Boschet steht in dem Samuelbüchern immer im Schatten Abners, der die eigentlichen Entscheidungen trifft (wie hier, ihn zum König zu machen)
    Wobei es in der Bibel Hinweise darauf gibt, dass nicht nur Saul, sondern auch König David zumindest einen Sohn mit einem Baalsnamen hatte. Das lässt durchaus einen Schatten auf die Vorstellung fallen, dass David alleine JHWH angebetet haben soll. Dann würde man seinen Sohn wohl nicht nach dem Konkurrenz-Gott Baal benennen.


    Wiki meint dazu:

    Zitat Zitat von Wiki
    Baal in der Bibel

    Andererseits zeigen Baal-haltige Namen, dass in der Frühzeit Israels JHWH- und Baal-Verehrung nicht als Gegensatz empfunden worden sind: Saul nannte seinen ersten Sohn Jonathan (J(H)W(H) hat geschenkt), einen weiteren Ischbaal (Mann Baals). David nannte einen Sohn Adonija Mein Herr ist JH(WH)), einen anderen Beeljada (Baal hat erkannt, 1 Chr 14,7 EU).

    Und WiBiLex merkt hierzu an:

    Zitat Zitat von WiBiLex
    4.1.2. Personennamen

    2) ba‘al jādā‘ („Beeljada“) „Baal hat erkannt“ (1Chr 14,7), ein Sohn Davids, dessen Name bezeichnenderweise in 2Sam 5,16; 1Chr 3,8 mit „Eljada“ wiedergegeben wird. Es liegt nahe, in Beeljada / Baaljada die ursprüngliche Form des Namens zu sehen.

  12. #2982
    Registrierter Benutzer
    Registriert seit
    21.03.12
    Beiträge
    23.247
    "Baal bedeutet: Herr, Meister, Besitzer, Ehemann, König oder Gott". Das ist nicht so weit von der Bedeutung von EL, vielleicht wurden die Worte zu ihrer Zeit synonym verwendet oder Baal/Beel ist die ältere Form die bei einer späteren Bearbeitung durch das dann moderne EL ersetzt wurde?

    Immerhin geht es um ein paar 100 Jahre Sprachentwicklung.

    €: das alte Gotteswort Baal blieb bekannt, wurde aber zu der Zeit, als die Texte finalisiert wurden, nur noch für die "Götzen" benutzt, die als semitische Götter halt alle Baal(=Gott) so-und-so hießen.
    Geändert von Flunky (02. November 2020 um 08:44 Uhr)

  13. #2983
    der 397ste von 29355 Avatar von X_MasterDave_X
    Registriert seit
    15.11.01
    Ort
    München
    Beiträge
    3.206
    Das ist durchaus nicht unwahrscheinlich.

    Genau das sagt man ja auch über die Kälberanbetung im Norden, im 10-Stämme-Reich Israel. Auch die beteten die bereits lange in Kanaan und Ugarit verehrte Gottheit EL an. Der Gott wurde als Stier oder Kalb dargestellt (sogenannter Stier-EL), aber auch als alter weiser Mann mit Bart. Und das war die Hauptgottheit die man im Nordreich Israel anbetete. Dennoch sah die Bevölkerung darin niemand anderen als den gleichen Gott, der auch im Süden angebetet wurde, und dort JHWH, oder wie du sagst, womöglich sogar zeitweise nur Baal (Herr/Meister...) genannt wurde. In späterer Zeit allerdings polemisierte man im Süden gegen diese Kälberanbetung und war der Meinung das wäre kaum eine richtige Anbetung für JHWH gewesen, und sah darin Götzendienst. Tatsächlich aber gehen viele in der Wissenschaft davon aus, dass EL und JHWH in Wirklichkeit ein und der selbe Gott war, den alle Nord- und Südstämme anbeteten....der wiederum nichts anderes war, als der Gott, der in Kanaan und Ugarit schon lange zuvor angebetet wurde. Auch dieser wurde als Weltschöpfer betrachtet. Lange bevor es ein Volk Israel, oder biblische Schriften gab. Allerdings war der EL der Kanaaniter und Ugariter mit mehreren Ehefrauen verheiratet (Anat und Aschera bzw. Athirat), und hatte zumindest 50 Söhne, die sogenannten "Söhne ELs". Von einigen der Söhne sind sogar die Namen bekannt: Baal bzw. Baal-Hadad, ein ander Sohn soll sogar JW geheißen haben. Demnach wären nach alter Mythologie JHWH und Baal Brüder gewesen, beide Söhne des Gottes EL.

    Zitat Zitat von Wiki
    Ähnlich buchstabierte Gottesnamen sind in der altorientalischen Umwelt lange vor Beginn der Bibelkompilation belegt. Ob sie den JHWH der Bibel bezeichnen, ist umstritten. Tontafeln von Ugarit (auf der Landspitze Ras Shamra nahe Latakia) aus dem 15. Jahrhundert v. Chr. nennen einen Gott jw als „Sohn des El“. Eine altägyptische Ortsnamensliste aus der Zeit von Amenophis III. (1402–1363 v. Chr.) nennt „das Land der Schasu-Nomaden von jhw“. Diese Ortsangabe wird oft als Gottesname gedeutet, weil die Liste auch andere Ethnien nach ihren Göttern benennt. Eine weitere Liste aus der Zeit von Ramses II. (1279–1213 v. Chr.) gibt als Wohngegend dieser Nomaden s-rr an: Dies wird auf den Seir, ein Gebirge südöstlich von Palästina, gedeutet. Da einige Bibelstellen den Seir als Herkunftsort JHWHs nennen, wird seine Identität mit jhw angenommen.[10]
    Quelle


    Siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/El_(Gott)

    Die englische Wiki dazu zeigt sogar eine goldene Götterstatue des Gottes EL davon aus Megiddo im heutigen Israel:

    https://en.wikipedia.org/wiki/El_(deity)


    Zum Thema Ugaritische Religion heisst es in der Wiki:
    Zitat Zitat von Wiki
    Der Gott El war der Schöpfer der Welt und der Menschen, oberster Schiedsrichter und nominell das Oberhaupt aller Götter und Dämonen. Er trug Beinamen wie z. B. „König“, „der Freundliche“ oder „Stier“.[5] Die Anrufung „Stier-El“ legt nahe, dass sein Symbol der Stier war. Seine Herrschaft war bleibend und ewig (anders als manche Schöpfergötter in anderen Mythen, die später ihre Bedeutung verloren oder von anderen Götterdynastien besiegt und entmachtet oder getötet wurden, → Demiurg, Titanomachie). Er wurde in Menschengestalt, ruhig und mächtig, in königlichen Gewändern dargestellt. Er wurde als grauhaarig und bärtig beschrieben....

    Baʿal wurde als Hauptgott nach El verehrt. Als seine Heimstätte galt der Berg Baʿal-Zephon nördlich von Ugarit. Baʿal war der wichtigste Gott im Ugaritischen Mythos, ihm wurde der umfangreichste Mythenzyklus in den Keilschriftfunden gewidmet. Er war ursprünglich ein Sohn von Dagān und Tiroš, wurde aber über Anat in den Götterhimmel Ugarits integriert.

    Baʿal, auch Baʿal-Haddad (Adad), wurde mit den Gewitterwolken assoziiert. Indem er die Dürre beendete, war er der Spender der Fruchtbarkeit. Gewitterwolken wurden als Adads Kälber bezeichnet. Der Donner wurde als Baʿals Stimme interpretiert. Abbildungen zeigen Baʿal-Haddad auf einem Bullen stehend und Blitze schleudernd.....

    Baʿal war für Wasser, Brot, Wein, Öl, Kräuter (Nahrung des Viehs) und ihr Gedeihen verantwortlich. Hier gibt es deutliche Parallelen zu Psalm 65, wo diese Eigenschaften JHWH zugeschrieben wurden. Baʿal wurde besonders im Nordreich Israel über hunderte von Jahren und noch in biblischer Zeit verehrt. Gegen den Kult des Baʿal wetterten die Propheten der Bibel unentwegt.

    Baʿal kämpfte mit seinem Bruder Jam um die Herrschaft der Erde. Er besiegte Jam und wurde so auch der Beherrscher der Meere. Nach alternativer Quelle begründete Baʿal seine Herrschaft über die Welt durch Unterwerfung des kosmischen Wassers, das durch eine Schlange oder einen Drachen symbolisiert wurde.

    Man kann in der Religion Ugarits viele Wurzeln der späteren biblischen Geschichten finden. Auch der Kampf JHWHs gegen einen Drachen bzw. die gewaltige Seeschlange waren nichts anderes als das alte ugaritische Motiv des Kampfes Baals.

  14. #2984
    Zurück im Norden
    Registriert seit
    01.05.12
    Beiträge
    41.041
    Ich weise nochmals darauf hin, dass das Wort El oder eine ähnliche Wortwurzel der altorientalische Gottesbegriff ist. Außerhalb von Ugarit kenne ich keine Belege dafür, dass er auch als eigener Gott verehrt wurde. Und in Ugarit gibt es auch die kultische Verehrung eines Götterpalastes und ähnlicher Konzepte. Baal ist hingegen deutlich besser bezeugt, ebenso natürlich Jahwe. Man kann sich jetzt natürlich vorstellen, dass die Namen ursprünglich austauschbar gewesen sind, aber das wäre dann ja wohl bei fast allen Götternamen irgendwie möglich. Deus und Theos entstammen ja auch derselben Wortwurzel. Das ist eigentlich bei denselben Sprachzweigen ziemlich logisch.

    Es ist auch ein wenig widersprüchlich, wenn du die (möglichen) Übertragungen aus ägyptischen Quellen für korrekt hältst und dann davon ausgehst, dass es Jahwe als Gottheit schon im 15. Jh. gegeben haben, dieser dann aber irgendwie doch bloß ein Abklatsch von El oder Baal oder beiden gewesen sein soll. Das ist eigentlich ziemlich unplausibel.

    Deine Ergüsse zur Auferstehungshoffnung kranken an demselben Problem, bestätigen aber letztlich, was ich geschrieben habe.

  15. #2985
    Registrierter Benutzer
    Registriert seit
    21.03.12
    Beiträge
    23.247
    Das JHWH seit *irgendeinem Zeitpunkt* als eigenständige Gottheit durch die Bewohner Judas verehrt wurde, ich denke ich unbestritten. Dass die Mythen einer Region sich ähneln auch.

    Ich hab nur spekuliert, dass ein Name wie Beeljada unverfänglich gewesen sein kann, auch wenn da die gleiche Wurzel drin steckt wie im verpönten Gottesnamen der Nachbarn. So wie es hier auch Gottfried und Christopher gleichberechtigt nebeneinander gibt und niemand bezweifeln würde, dass die sich auf den gleichen Gott beziehen.

Seite 199 von 364 ErsteErste ... 99149189195196197198199200201202203209249299 ... LetzteLetzte

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •