Mein Plan war es ursprünglich, Komiker zu werden. Jerry Lewis sowie Stan und Olli waren die Helden meiner Kindheit. Als Jugendlicher wollte ich Lehrer werden. Anlässlich der Abi-Feier hielten es einige Lehrkräfte für angemessen, mich eindringlich davor zu warnen. "Mach was anderes, es gibt viel zu viele Lehrer, studiere lieber was ordentliches, Wirtschaftswissenschaften!" - solche Texte habe ich zur Genüge im Ohr. Gut, daß ich nicht Wirtschaftswissenschaften studiert habe....
Wenn ich etwas gelernt habe im Leben, dann sich die weisen Lebenstipps anderer zwar anzuhören aber sich letztlich nur an sich selbst zu orientieren - gemäß Udo Lindenberg: "Mach dein Ding". Alles andere ist Schnullibulli.
Aber wie soll man sein Ding machen, wenn man jung und naiv ist und keine Ahnung hat, was man machen soll? Das einzige was ich wusste, ist daß ich nicht Bänker werden wollte (mein Vater war Bänker). Ich habe dann mehrere Ausbildungen und auch ein Studium angefangen, aber leider nix zuende gebracht. Ich wollte zuviel, ich wollte alles auf einmal, es ging mir alles zu langsam, die Latte lag bei 2 Meter 20 und ich kam nicht mal auf die 1,80. Und ich war verzweifelt, verzweifelt darüber, daß sich die Dinge so mühsam entwickelten, daß ich auf keinen grünen Zweig kam. Ich hätte ein guter Fußballer werden können, aber als mir und anderen mein überdurchschnittliches Talent dafür auffiel und meine Vereinskarriere begann war ich schon 33, wirklich wahr
Ich war auch verzweifelt über meine eigene Unfähigkeit, mich zu entscheiden. Nicht nur im Großen, auch im Alltag. Die Speisekarte vor der Nase, alle haben schon bestellt und ich machte mich lächerlich, weil ich unfähig bin, zwischen einer Apfelschorle oder einem Bier zu entscheiden. Wenn ich ein Bier bestelle passt das nicht zum Menü X und ich bekomme Blähungen, die Apfelschorle jedoch passt zwar zu X und Y - ich habe aber gar keine Lust auf Apfelschorle und Wasser ist mir zu langweilig, außerdem überteuert. Kommt euch das bekannt vor? Ein furchtbarer Zustand, bezeichnend für eine sehr lange Zeit, in der ich vergeblich nach meiner "wahren Bestimmung" gesucht habe.
Ich könnte ein Buch darüber schreiben, es hat mich fast zerrissen, ich war eine lange Zeit hoffnungslos desorientiert und kreuzunglücklich. Ich war ein "total netter Kerl", der selbst den einfachsten Anforderungen des Lebens gewachsen schien - und kein Psychologe konnte mir helfen, ich wuste ja sowieso schon alles. Schlimm! Mein einziges Muster war: immer dann als ich die ersten Früchte ernten konnte, sich einige Dinge zum Positiven wendeten und ich drohte seßhaft zu werden, brach ich meine Zelte ab und machte einen Neuanfang. Selbstsabotage nennt man sowas. Dazu kam ein selbstgewählter, aber schleichender aber zielgerichteter Weg in die Sucht und in die Einsamkeit. Manchmal wundere ich mich, daß ich das überlebt habe.
Umso besser fühlt sich das Leben jetzt an. Es ist nicht ganz das geworden was ich angestrebt habe. Aber ich habe überlebt und die Kurve bekommen - ohne mich und meine Ideale zu verraten. Ich bin entgegen der Prognosen meines Vaters ("in unserer Familie haben wir nunmal zwei linke Hände") tatsächlich zu einem formidablen Handwerker geworden und bin mit meinem Job zufrieden. Ich lebe in einer glücklichen Beziehung und in einem größeren Familienzusammenhang. Alle, die mich schon verloren glaubten sind jetzt happy, das freut mich auch für die anderen. Das einzige, womit sie nicht ganz einverstanden sind, ist daß ich soviel Zeit mit diesem Forum verbringe. "Das bringt doch nichts", "das ist doch pure Zeitverschwendung". Schon, entgegne ich dann - aber es ist keine die mich umbringt