Sachsen
Ernte und Konjunktur: über Durchschnitt
Das Katasteramt meldet die planmäßige Fertigstellung aller Karten in Sachsen, es kann nun wie vorgesehen den Betrieb aufnehmen.
Mit den Investitionen in die Universität Leipzig lässt sich der Abstand zu der Spitzengruppe der Fakultäten im Deutschen Bund etwas verkürzen, auch wenn man nach wie vor noch deutlich hinter Jena liegt. Nach der Einschätzung des Dekanats würde die weitgehende Abschaffung der Studiengebühren und die weitere Unterstützung der in diesem Jahr bedachten Fachbereiche pro Jahr sicher an die 5'000 G betragen. Mit allem darunter könne man langfristig nur mit wenig bis gar keinen greifbaren Ergebnissen bei der Verbesserung der Universität rechnen.
Die gesprochenen Mittel für die Industrieförderung verpuffen nach Angabe der Wirtschaftsexperten leider weitgehend, da die Gelder ohne konkreten Plan und ungefragt einfach nach dem Giesskannen-Prinzip verteilt wurden.
Der andauernde Konflikt um die Thronfolge hat nicht zur Beruhigung der Lage im Land beigetragen, hatte sich die Opposition in den Vorjahren vor allem aus Vertretern der liberalen Bewegung zusammengesetzt, sind nun auch vermehrt die konservativen Adligen mit dem gegenwärtigen Kurs des sächsischen Königshauses unzufrieden. Vor allem fordern sie, da es nach ihrer Ansicht vor allem ihnen anzurechnen sei, dass der Coup verhindert wurde, mehr Einfluss auf die Politik Sachsens. Zu grossen Demonstrationen kommt es in Leipzig aber nicht, da die von Thronfolger Johann mobilisierten Truppen zurzeit in voller Stärke in Leipzig stationiert sind. Die Zeitungen in Oldenburg, die für ihre bissigen Karikaturen bekannt sind, ernten mit einem Spottbild über die politische Situation in Sachsen grosses Gelächter. Darauf ist der abgetretene König Anton zu sehen, wie er einem Säugling eine Krone aufsetzt und verkündet: "Ich fühle mich nicht reif genug, um zu regieren!"
Mecklenburg-Schwerin
Die Sozialkommission empfiehlt in Schwerin eine Reihe von Maßnahmen durchzuführen, die schon in Strelitz eine gewisse Linderung der sozialen Not bewirkt haben. Gelder um Kleinbürgern den Aufbau eines eigenen Gewerbes zu ermöglichen, (Zwangs)arbeitsanstalt für Arbeitslose, Heiratsbeschränkungen, etc. Dies alles sei aber nicht umsonst zu haben, Strelitz wende aktuell etwa 1 G pro 125 Einwohner hierfür auf.
In der Universität Rostock ist weiterhin ein Studenten- und Professorenschwund im Gange, bereits im zweiten Jahr in Folge sind die Zahlen der neu Immatrikulierten zurückgegangen. Das Hauptproblem sei nicht mal die eher dürftige Finanzierung sondern das sehr repressive Klima im Großherzogtum, das zu einer großen Migrationsbewegung der meist liberal eingestellten Intellektuellen geführt hat.
Die Freiwilligen stellen sich beim Verteilen der pro-monarchistischen Propaganda nicht sehr subtil an, weshalb der Versuch mit einem Fehlschlag endet. Man schmunzelt in der Öffentlichkeit darüber, dass der Großherzog seine Untertanen darum bittet ihn zu mögen. Die Verantwortlichen halten das Vorhaben aber durchaus für nicht aussichtslos, man könne es zu einem späteren Zeitpunkt nach etwas mehr Vorbereitungszeit durchaus noch einmal versuchen.
Kurhessen
Die Kataster-Arbeitsgruppe Kassel ist den alten Archiven des Königreichs Westphalen auf einen wahren Schatz gestoßen, detailliertes Kartenmaterial des Nordens von Kurhessen. Es gebe mehrere Möglichkeiten, wie man von dieser Entdeckung profitieren könne: Wenn die Arbeiten wie geplant fortgesetzt werden, verfüge man am Ende über ein sehr fortschrittliches Kataster, das dem großen Vorbild Oldenburg in nichts nachstehen werde. Man könne die Arbeiten in den bereits erfassten Gebieten auch etwas zurückfahren und stattdessen nach Möglichkeiten suchen, um später die Unterhaltskosten leicht zu reduzieren. Oder man setze die Karten dazu ein schneller fertig zu werden, in bereits zwei statt den angepeilten drei Jahren.
Die internierten Aufständischen werden, da sie fast allen den verlangten Schwur leisten, größtenteils freigelassen. Mangels einer politischen Polizei oder vergleichbaren Organisation ist deren Überwachung jedoch sehr lückenhaft.
Dänemark
Die Experten aus Strelitz sind recht erfolgreich darin, die in ihrer Heimat verwendeten landwirtschaftlichen Produktionsmethoden auch in Dänemark zu verbreiten. Außerdem führen sie vielerorts erfolgreich Gespräche mit Großgrundbesitzern, die mehr landwirtschaftlich nutzbare Flächen besitzen als sie bewirtschaften, so dass diese ihren Leibeigenen zur Steigerung der Produktion mehr Freiheiten zuzugestehen und verhandeln Pachtverträge neu. Dies führt nebst einem höheren Ernteertrag auch zu einem Anstieg der Bauernbefreiung (~10% über nächste Jahre verteilt). Die Strelitzer konzentrieren sich bei ihren Bemühungen aber logischerweise vor allem auf den Ackerbau, die Investitionen in die Fischerei fallen vergleichsweise niedrig aus.
Nach den 'Wahlen' der Landstände sind die, was nicht überrascht, sehr konservativ um nicht zu sagen reaktionär geprägt. Das Bürgertum ist weiterhin in allen Landesteilen wegen der mangelnden Volksvertretung unzufrieden.
In der Werft zu Kopenhagen wird im Verlauf des Jahres der Bau der Kriegsschiffe abgeschlossen, die neue Flottenstärke beträgt damit 8 Linienschiffe sowie 16 Fregatten und Begleitschiffe.
Die Plantagenbesitzer in den USA haben sich noch nicht von ihren Produktionsausfällen erholt, womit die dänischen Produzenten in den Kolonien weiterhin eine recht starke Stellung behaupten und die Steuereinnahmen sich auf dem Vorjahresniveau bewegen. Euer Schatzminister scherzt, dass man die Soldaten demnächst in Zucker bezahlen könne.
Liechtenstein
Die finanziell angespannte Lage des Fürstentums wird Mitte Jahr durch eine große Zahlung der Römischen Allianz behoben. Die Forderungen der Geldgeber und alle aufgelaufenen Zinsen können restlos beglichen werden, mit den übrigen Mitteln wird die Geheimpolizei in etwas reduziertem Maß weiter finanziert. Glücklich ist dort allerdings niemand über die geringe Finanzierung, man zehrt noch von den Überschüssen aus dem letzten Jahr besteht aber auf eine gesicherte FInanzierung für das nächste Jahr.
Lippe-Detmold
Die Durchsetzung des metrischen Systems bereitet keine Probleme, tatsächlich war die Verhängung von Bußen kaum notwendig. Der Handel über die Grenze hinweg ist in Lippe gemessen an der gesamten Wirtschaft nicht sehr bedeutsam, aber die Unternehmen, die vor allem mit dem preußischen Westfalen Handel betreiben, waren zum Teil schon daran gewohnt die neuen Maße zu verwenden.
Euer Schatzmeister teilt euch mit, dass er die in diesem Jahr auslaufenden Kredite nicht zu den bisherigen Bedingungen verlängern konnte. Die Geldgeber sind etwas vorsichtig, da die Staatsschuld mittlerweile doppelt so hoch ist wie die jährlichen Einnahmen des Fürstentums, und verlangen deshalb höhere Zinsen. Damit steigen die Schuldzinsen Lippes im Schnitt auf 6%.
Das fürstliche Residenzschloss Detmold ist weiterhin ein beliebter Treffpunkt von erzkonservativen Adligen aus ganz Europa. Im Jahr 1828 wird insgesamt dreimal ein großer Ball veranstaltet, an dem die wohlhabenden Besucher gerne und großzügig für das geplante Hoftheater spenden. Mittlerweile ist so viel Geld zusammengekommen, dass man gemäß Johann Theodor von Natorp damit ein äußerst prunkvolles Gebäude wird errichten können. Eure Besucher erwarten selbstverständlich dann auch zu der feierlichen Eröffnung eingeladen zu werden.
Die gemeinsamen Kommissionen des Fürstentums Lippe und des Kurfürstentums Hessen treten im Jahr 1828 letztmals zusammen. Die Wirtschaftskommission hat nach der Angleichung der Handelsgesetze und der Aufhebung aller Zollschranken zwischen Lippe und der Grafschaft Schaumburg ihre Ziele weitgehend erreicht. Der Warenaustausch zwischen den beiden Staaten ist dadurch merkbar angestiegen, lediglich die Durchsetzung des metrischen Systems in Kurhessen wurde nicht erreicht. Die Arbeit der Gesetzes- und Befugniskommission ist dagegen von weniger Erfolg gekrönt, da eine weitergehende Verschärfung der Gesetze im Kurfürstentum weiterhin von dessen Vertretern abgelehnt wird. Um aber dem Hauptanliegen des Fürsten von Lippe, der grenzübergreifenden Verfolgung gefährlicher Demagogen, Rechnung zu tragen, schlägt die Kommission abschliessend folgenden Minimalkompromiss vor: Die Gendarmerie des Fürstentums Lippe und der Grafschaft Schaumburg sollen unter gemeinsame Verwaltung gestellt werden, um so ihre Kooperation zu erleichtern. Ausdrücklich ausgenommen von dieser Regelung wären die Einheiten der politischen Polizei Lippes, da eine solche Institution in Kurhessen nicht existiert und sie damit keine gesetzliche Legitimation für ihren Einsatz hätte.
Bayern
Im ersten Jahr sieht sich die Flurbereinigung einigen Anfangsschwierigkeiten gegenüber, die aber, wie Euch die Experten versichern, zu erwarten gewesen seien. Immerhin greife das Programm tief in die Eigentumsrechte der Bauern ein, daher sei anfangs ein gewisses Maß an Skepsis und Widerstand unvermeidlich. Wenn die Massnahme jedoch in einigen Jahren überall durchgesetzt sei, könne mit einer gewissen Produktionssteigerung in der Landwirtschaft gerechnet werden. Man müsse aber auch einen geringfügigen Anstieg der Arbeitslosigkeit berücksichtigen, wenn Grossbauern etwa Knechte entlassen oder Pächter kündigen, die sie früher für die Bewirtschaftung weit auseinander liegender Flächen benötigt haben.
Die Vertreter des pfälzischen Regionalparlaments haben keinerlei Gewissensbisse dabei 5% des Etats zu fordern, immerhin sei dies nur ein Bruchteil der Steuereinnahmen, den die Pfalz alljährlich dem bayrischen Staat abliefere und von dem auch die Landesverteidigung finanziert werde. Die Frage der angemessenen Beteiligung stelle sich also überhaupt nicht. Gemäß Beobachtern der Krone werden die Debatten im Regionalparlament, nachdem die Verhandlungen vorerst ergebnislos abgebrochen wurden, in diesem Jahr zunehmend hitziger. Gewisse als besonders Bayern-kritisch bekannte Parlamentarier werfen dem König in ihren Reden offen vor, die Pfalz auszuplündern, um mit den Geldern seine konservative Basis in Altbayern bei Laune zu halten. Diese Hitzköpfe haben zwar kaum politischen Einfluss, doch muss befürchtet werden, dass sie mit der Zeit an Zuspruch gewinnen werden, wenn man das Regionalparlament weiter hinhält.
In einer feierlichen Zeremonie werden den neu ausgehobenen Einheiten der bayrischen Armee in München ihre Regimentsfahnen übergeben. Die Militärführung ist grundsätzlich zufrieden mit dem Ausrüstungsstand der neuen Rekruten, die zum allergrössten Teil aus den Gebieten Altbayerns stammen. Man weist aber darauf hin, dass diese Verbände nicht an den beiden Militärübungen der Vorjahre teilgenommen und auch keine praktische Kampferfahrung haben, weshalb ihre Kampfkraft vorerst noch nicht derjenigen der restlichen Armee entsprechen dürfte. Auf eine Durchmischung mit den erfahrenen Verbänden hat man bewusst verzichtet, um die gut eingespielten Truppen nicht umgruppieren zu müssen.
Oldenburg
Wie in anderen deutschen Staaten wird auch die jetzt besser kapitalisierte Ersparniskasse durch die Gewährung von Krediten zum Wachstum der Wirtschaft beitragen. Unter Federführung der Abschlussklasse der Wirtschaftswissenschaften entsteht ein Konzept zur Durchsetzung der Goldenen Bilanzregel, auch wenn sie mit dem seltsamen Begriff 'Basel III' nicht viel anfangen können. Nach ihrer Einschätzung benötigt die Bank gegenwärtig kein weiteres Kapital, aber die im Vergleich zu anderen Banken sehr strikten Vorschriften werden zweifellos die Tätigkeit der Ersparniskasse etwas einschränken.
Die großherzogliche Verwaltung legt zum Jahresende noch Zahlen über die laufenden Kosten vor. Denen zufolge wendet Oldenburg pro Jahr 1'200 G für die Bildungseinrichtungen auf und die Kosten der Katasterbehörde betragen gegenwärtig 1 G auf 1'000 Einwohner.
Die Hochzeitsfeierlichkeiten in Oldenburg werden, obwohl das Brautpaar bewusst auf eine pompöse Feier verzichtet hatte, zu einem rauschenden Fest, für das nicht nur viele Besucher aus ganz Oldenburg sondern auch dänische Adlige in die Stadt reisen. Nachdem der kostenlosen Essensausgabe aufgrund des großen Andrangs bereits am zweiten Tag die Mahlzeiten auszugehen drohen, legen die wohlhabenden Bürger Oldenburgs sogar spontan zusammen und sichern so die Fortsetzung des Fests.
Thüringen
Die Beamten entschuldigen sich noch einmal bei den Hexarchen Thüringens für die Verwirrung, die im Zusammenhang mit den Gewerbebüchern entstanden ist und versprechen sie 1830 dann auch tatsächlich fertig zu haben. In den größeren Städten liegen sie bereits überall auf, was dort zu einer Belebung des lokalen Gewerbes führt, in den ländlichen Gemeinden erhofft man sich einen ähnlichen Effekt.
Dass die im Vorjahr einberufene Sozialkonferenz ohne greifbares Ergebnis geendet hat, erklären Eure Berater vor allem mit den sehr gegensätzlichen Interessen der dort geladenen Gruppen. Den Industriellen könne man beispielsweise mit gutem Gewissen unterstellen gar nicht an der 'Lösung' des Problems interessiert zu sein, denn ihre Manufakturen profitieren maßgeblich von dem Überangebot von Arbeitskräften, die dadurch überhaupt erst bereit sind zu den niedrigen Löhnen zu arbeiten, durch welche diese Betriebe profitabel zu betreiben sind. Die Schaffung von Arbeitsplätzen mit öffentlichen Bauprojekten sieht man im Parlament als eine im Prinzip geeignete Maßnahme an, jedoch bedinge das logischerweise, dass die Konföderation auch permanent viel Geld in die Infrastruktur investiere.
Die von Bernhard II. angeführte Reisegruppe wurde in diesem Jahr Zeuge der großartigen Möglichkeiten aber auch der Gefahren, welche die neue Technik der Eisenbahn bietet. Die Lokomotiven sind in der Lage große Mengen von Gütern in kurzer Zeit über weite Distanzen zu transportieren, doch sind sie bei fehlerhafter Bedienung oder Konstruktion, was bei den gegenwärtig verfügbaren Prototypen noch allzu oft vorkommt, auch äußerst anfällig. Dennoch ist der Herzog auch nach dem Zugunglück von dem Potential der Eisenbahn überzeugt und empfiehlt den anderen Hexarchen diese Technik auch in Thüringen einzuführen. Man könne zu diesem Zweck direkt von englischen Eisenbahnkonstrukteuren Lokomotiven erwerben, die entsprechenden Kontakte wurden während der Reise geknüpft, oder sogar überlegen sich selbst an der Konstruktion eines Prototyps zu versuchen.
Das Downing College ist grundsätzlich bereit eine gewisse Anzahl von Studenten aus Jena aufzunehmen und für sie unter Umständen sogar die Aufnahmebedingungen zu lockern. Ebenfalls könne man die Studenten in Cambridge darüber informieren, dass im deutschen Jena die Möglichkeit bestehe ein Auslandssemester einzulegen. Eine institutionalisierte Partnerschaft hält man aber aufgrund der großen Distanzen zwischen den Fakultäten für nicht sinnvoll.
Mecklenburg-Strelitz
Die Doktoren Faust, Wedekind und und Hahnemann beginnen in Mecklenburg-Strelitz und in der Hansestadt Lübeck mit dem Aufbau einer medizinischen Infrastruktur. Am schnellsten verwirklichen lässt sich die Ausbildung von mehr Hebammen, die in speziell dafür vorgesehenen Geburtshäusern ihren Dienst verrichten. Die Wirkung dieser Maßnahme zeigt sich bereits innerhalb eines Jahres durch eine merkbare Senkung der Kindersterblichkeit. Die flächendeckende Errichtung von Arztpraxen auch auf dem Land wird sich dagegen einige Jahre hinziehen, da die zusätzlich benötigten Ärzte und Hilfspersonal hierfür erst ausgebildet oder angeworben werden müssen. Sobald das System aber erst mal etabliert ist, sollte es insbesondere dazu führen, dass die Todesfälle infolge eigentlich einfach behandelbarer Krankheiten zurückgehen.
Da in diesem Jahr die nach Dänemark entsandten Agrarexperten natürlich in Strelitz wiederum fehlen, wird das Ausbildungsprogramm über zuverlässigere Anbausorten in diesem Jahr etwas reduziert. Sobald die Experten 1829 aber wieder zurückkehren, wird man die Weiterbildung der Bauern wieder wie gewohnt weiterführen können.
Im Land regt sich weiterhin Unmut gegen die preußischen Truppen, welche fast überall die einheimischen Soldaten ersetzt haben. Hierzu trägt auch eine gegen die ausländischen Truppen gerichtete Pressekampagne bei, die von einigen konservativen Ex-Militärs finanziert wird, und dass sich die preußischen Soldaten aufgrund des ihnen entgegenschlagenden Misstrauens auch nicht viel Mühe geben mit der lokalen Bevölkerung in einen Dialog zu treten. Die Lage bleibt, von einigen Kneipenschlägereien in Neustrelitz mal abgesehen, dennoch ruhig.
In einem Gespräch mit dem Großherzog versuchen die hohen Offiziere noch einmal ihre Position darzulegen, da es bei den ersten Besprechungen vielleicht zu Missverständnissen kam. Das Militär von Mecklenburg-Strelitz werde deshalb längerfristig durch die Entlassung eines Großteils der Mannschaft geschwächt, weil dies bedeute, dass ganze Jahrgänge fast durchgehend nicht eingezogen und dementsprechend keinerlei militärische Ausbildung erhalten werden. Selbst wenn der Militäretat zu einem späteren Zeitpunkt wieder angehoben wird, so werde man sich dann mit dem Problem konfrontiert sehen nur wenige Kandidaten zu finden, die in ihrem Leben schon mal eine Waffe in der Hand gehalten haben.
Die Ankündigung in zwei Jahren Wahlen zu einer Volksvertretung durchführen zu wollen, wird vom Großherzog sowie Vertretern der Landstände und der liberalen Bewegung in Neustrelitz einer begeisterten Menschenmenge bekannt gegeben. Die Liberalen unterbreiten dem Großherzog bei dieser Gelegenheit einen Vorschlag, um vielleicht einen Kompromiss in der etwas festgefahrenen Debatte um die strelitzsche Armee finden zu können: Die Volksbewaffnung, über die man schon einmal diskutiert hatte. Wenn man in Mecklenburg-Strelitz das sowieso schon stark reduzierte Berufsmilitär durch eine bewaffnete Miliz nach dem Vorbild der 1827 aufgelösten französischen Garde nationale ersetze, könne man es allen recht machen. Der Großherzog könne auf die Weise eine mindestens vier mal so große Truppenstärke mit den selben Mitteln finanzieren und behalte den geschaffenen finanziellen Spielraum. Die Militärführung erhalte mehr Wehrfähige und müsse der Miliz lediglich das Recht zugestehen, ihre Offiziere und Unteroffiziere selbst wählen zu dürfen. Und das gemeine Volk werde beruhigt, wenn es wieder mehr Einheimische in Uniform auf der Straße sehe. Eine besonders große Kampfkraft werde eine solche Truppe, hier verweist man auf einen entsprechende Bericht des preußischen Militärs zum Thema Milizen, selbstverständlich nicht haben, doch das sei bei nur 100 Berufssoldaten ja auch nicht der Fall.
Preußen
Die Königliche Hauptbank verfolgt mit ihren zusätzlichen Mitteln fortan einen dem oldenburgischen System diametral entgegengesetzten Weg, indem sie sehr großzügig Kredite vergibt und ihre Finanzanlagen dadurch stark ausdehnt. Die Bankiers glauben so im Sinne der preußischen Regierung zu agieren, die günstige und weit gestreute Kredite gefordert hat. Man weist aber darauf hin, dass die Bank durch die Subventionen, die sie Unternehmern gewähren soll, permanent einen Abfluss von Geld aufweist. Es besteht also die Möglichkeit, dass man zu einem späteren Zeitpunkt weitere Gelder einschießen oder die Praxis von Finanzspritzen an die Manufakturen wird aufgeben müssen. Die Maßnahmen haben zur Folge, dass vor allem im grenznahen Raum viele kleine und mittelgroße Unternehmen ihren Sitz nach Preußen verlegen, besonders in den polnischen Gebieten.
In den Gesprächen mit den Abgeordneten der rheinischen und polnischen Gebiete bedanken sich vor allem letztere zunächst für die gut gemeinte Absicht die Anstellung von polnischen Arbeitern zu begünstigen, doch seien es nicht primär wirtschaftliche Probleme, die sie umtreiben. Die Schwierigkeiten ergeben sich aus der Zentralisierung des Staates und dem daraus resultierenden Untertanenverhältnis, das gerade die in diesen Provinzen eingesetzten preußischen Beamten sie nur allzu gerne spüren lassen. Die jeweiligen Provinzialstände müssen stets darauf hoffen, dass sie sich insbesondere mit finanziellen Forderungen entweder im Vereinigten Landtag durchsetzen oder bei der Regierung Gehör finden. Wenn das nicht gelinge, seien sie faktisch machtlos. Ihre Hauptforderung läuft also darauf hinaus, dass sie regionale Selbstverwaltung und zu diesem Zweck einen Teil des preußischen Etats (25%) zur freien Verfügung verlangen.
Der Vereinigten Landtag formuliert außerdem an seinem diesjährigen Zusammentreten eine Interpellation an die preußische Regierung betreffend der Truppenverlegung nach Mecklenburg-Strelitz. Hat das Königreich Preußen nun formell einen Verteidigungsauftrag für das benachbarte Großherzogtum übernommen und wenn ja, aus welchem Grund? Die Abgeordneten würden gerne erfassen, ob Preußen hierfür in irgendeiner Form eine Gegenleistung erhalte oder ob dies ein reiner Freundschaftsdienst sei.
Österreich
Die Integration der Landwehr-Einheiten in die Reichswehr erfolgt ohne größere Widerstände, da man mit den erhöhten Mitteln allen Soldaten eine kleine Soldzulage gewährt und den Offizieren der Landwehr ihre bisherigen Positionen garantiert. Der Hofkriegsrat begrüßt im übrigen die Ankündigung des Kaisers, die Finanzierung mittelfristig auf 3,5 G pro Soldat anzuheben, da man nur so im Bezug auf die Ausrüstung der Armee mit den anderen Militärmächten im Deutschen Bund werde gleichziehen können. Auch die Regionalparlamente sind nicht unzufrieden mit den neuen Zuständigkeiten, da sie so über die von ihnen erhobenen 3 Steuerprozente endlich wieder frei verfügen können. In einem ersten Schritt wollen die meisten Regionen die Gelder in die lokale Infrastruktur investieren, um eine bessere Anbindung an die Reichstraßen zu erreichen.
In den jüdischen Gemeinden wird die Ergänzung des Toleranzpatents sehr positiv aufgenommen. Den oft stark christlich geprägten Gilden, die bisher jüdische Konkurrenten mit großem 'Erfolg' abzuwehren wussten, wird dadurch auch die rechtliche Grundlage für ihr Handeln entzogen. Dies halten Eure Berater für äußerst entscheidend, um die schätzungsweise 1,5 Millionen jüdischen Untertanen des Kaiserreichs endlich effektiv in das Wirtschaftsleben einbinden zu können. Man gibt aber auch zu bedenken, dass die Juden hierdurch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten vermehrt zum Ziel antisemitischer Angriffe werden könnten. Die Vorstellung, dass sich eine aufgebrachte Meute von Arbeitslosen eines Abends zu einer Judenhetzjagd in Wien zusammenfinden könnte und die Stadtgarnison dann genötigt wäre mit Waffengewalt gegen den Mob vorzugehen, bereitet den hohen Offizieren Kopfzerbrechen.
Hannover
Mit den zusätzlichen Mitteln ist die Landeskreditanstalt nun finanziell ähnlich gut aufgestellt wie die angesprochenen Institute, ihr Vorstand dankt für die weise Investition.
Nach Einschätzung der Experten würde die Moorkolonisation in der Tat für einige der verarmten Menschen auf den Straßen eine Möglichkeit darstellen, um ihrer Armut zu entrinnen. Doch weisen sie auch darauf hin, dass die Vorstellung jahrelang unter großen Entbehrungen für ein kleines Stück Land arbeiten zu müssen, für viele dennoch nicht so verlockend sein dürfte. Die Aussichten seien in Brasilien oder Nordamerika im Vergleich wesentlich besser, daher sei zu befürchten, dass ein großer Teil der untersten Bevölkerungsschicht eher versuchen werde sich weiterhin in den Städten durchzuschlagen und irgendwie ein Ticket für die Überfahrt zu ergattern.
Die königliche Verwaltung hat die Vorgaben für die Abschaffung der Leibeigenschaft in Hannover durchgerechnet und kommt mit ihren Prognosen auf recht ähnliche Zahlen. Nach Einschätzung der Beamten wird das angestrebte Ziel der Bauernbefreiung in etwa 30 Jahren erreicht sein. Wenn man dies beschleunigen wolle, sei es unter Umständen notwendig wie im benachbarten Oldenburg den unfreien Bauern mit zusätzlichen Maßnahmen unter die Arme zu greifen.
Baden
Bei den Bankiers in Baden erhält das Konzept der Bankzettel recht großen Zuspruch, in der Tat werde den Kaufleuten auf diese Weise die Handhabung höherer Beträge merkbar erleichtert. Einzig an den Grenzübergängen kommt es zu gewissen Verzögerungen, da die Bankzettel dort wieder in Münzgeld umgetauscht werden müssen. Die vom Großherzog gesprochenen Gelder und die in diesem Jahr besonders üppig fließenden Zinserträge der Landesbank werden nebst den Aufwendungen für den Druck vor allem für die Bildung von Barreserven der verwendet, denn die Einhaltung der Deckungspflicht erachtet man als unerlässlich für das Vertrauen in die neuen Zahlungsmittel. Deshalb übersteigt die Nachfrage nach den Bankzetteln im ersten Jahr auch deutlich die Anzahl der ausgegebenen Papiere.
In Karlsruhe wird wie angeordnet ein Miliz-Regiment aus Freiwilligen ausgehoben und bewaffnet. Die Militärführung zeigt sich freilich nicht besonders glücklich mit den Teilzeit-Soldaten, ihre Moral und Ausbildungsstand könne man zumindest als fraglich ansehen. Ein bayrischer Oberst, welcher der Aushebung beiwohnt, bringt es mit den folgenden Worten auf den Punkt: "Des san kei Ersatz für die Jungs, die ihrs '27 rausgschmissn habn."
Sehe grade die neuen Soldaten in Baden fehlen, werden ergänzt und sind nächstes Jahr da. Preussische Soldatenkürzung fehlt ist korrigiert.