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Thema: Fragen zur Geschichte

  1. #766
    Geschichtsmeister Avatar von maxim_e
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    Eine Epochenteilung die ein Kumpel von mir letztens mal vorgeschlagen hatte (allerdings nur auf den Raum Deutschland bezogen) ging in eine Ähnliche Richtung und war wie folgt: Lateinische Zeit (Zeit in der die Lateinische Sprache die Oberhand in der großen Politik hatte) die bis etwa in das 14. Jahrhundert reicht, Dialektale Zeit (in der wichtige Urkunden häufig schon in Formen der Deutschen Sprache verfasst wurden) die bis etwa ins 17. Jahrhundert reicht, Französische Zeit (in der die Französische Sprache bei der großen Politik wichtig wurde, etwa an Königshöfen) und eine Englische Zeit, die im frühen 20. Jahrhundert beginnt.

    Es wäre mal interessant zu untersuchen woher diese Tendenzen kommen und ob man damit besser fahren kann als mit der klassischen Epochenteilung. Ich sehe diese Einteilung aber selbst eher kritisch. Ich denke nicht, dass das Thema sich so leicht runterbrechen lässt und dass die Sprachengrenzen so eindeutig wären. Vor allem fiel mir auf die schnelle nichts ein, was sich allgemein damit verknüpfen lässt.
    Cancel Culture ist ein Synonym für kritische Gesellschaft.
    Wokeness ist ein Synonym für Anstand.

    The sad truth is/you'd rather follow the school into the net
    cause swimming alone in the sea/is not the kind of freedom that you actually want
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  2. #767
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    Eine wichtige Grundfrage ist natürlich auch, ob wir eher nach Zäsuren suchen, die aus heutiger Sicht auf eine kommende Entwicklung hindeuten, oder ob es uns eher um Veränderungen geht, die auch von den Zeitgenossen als bahnbrechend wahrgenommen wurden.

  3. #768
    Europäer Avatar von Radyserb
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    Meines Erachtens unterscheiden vier Erfindungen, und damit zusammenhängende fünf Entwicklungen, die Neuzeit vom Mittelalter.

    1. (europäischer) Buchdruck, führt zum durchschlagenden Erfolg der Reformation und zur wissenschaftlichen "Revolution". Im Grunde genommen sind auch Aufklärung, Säkularisierung und Nationalismus (Aufbau von Nationalliteraturen) ohne den Buchdruck undenkbar.

    2. Banknoten und andere ökonomische Neuerungen im Zuge der kommerziellen "Revolution", ausgehend von Italien, führt zur Entwicklung des Kapitalismus

    3. Kompass und andere nautische Entwicklungen, ausgehend von Italien, Spanien und Portugal (man denke etwa an die Seeschule von Sagres), führt zur Überseeexpansion und ist Voraussetzungen einer "Globalisierung"

    4. Schießpulver, führt zur Professionalisierung und Verstaatlichung des Militärwesens.

    Ein genaues Datum als Übergang von Mittelalter und Neuzeit wird man nicht finden können. Die Zeit zwischen 1415 und 1517 (von Hus zu Luther also) wird man als Übergangsjahrhundert bezeichnen können. Der Fall Konstantinopels und die Entdeckung Amerikas liegen auch in dieser Periode.

    Übrigens wurde das Mittelalter wohl von vornherein als "Mittelalter" konzipiert - als Zeit zwischen der Antike und der Neuzeit - ohne wirkliche gemeinsame Charakteristika (im Gegensatz zu dem davor und danach kommenden Zeitabschnitten).

    Interessant fand ich die bekannte These eines Mannes, dessen Name ich leider vergessen habe (im Buch ging es um Europa), dass Europa mit dem 1. Weltkrieg (politischen) Selbstmord beging. So gesehen hat es das aber schon mehrmals: 1618, 1789 und eben 1914. Vielleicht ist diese Abwechslung von Stabilitätsphasen (1649-1789, 1815-1914, 1945 bis heute; ökonomische und gesellschaftliche Entwicklung, relativ Frieden) und totalen Zusammenbruchsphasen (1517/1618 bis 1649, 1789 bis 1815, 1914-45) das charakteristische an der europäischen Neuzeit? In der ersten Zusammenbruchsphase war die Religion das Problem, der Staat die Lösung. Irgendwann wurde der Staat zum Problem (Absolutismus), die Lösung war die Nation. In der dritten Zusammenbruchsphase erwies sich dann die Nation als Problem. Die Lösung war eine Art Supranation (EG, UN). Jede Lösung barg den Konfliktstoff für den nächsten Zusammenbruch in sich.

  4. #769
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    Ôder im Grunde: Alles was wir uns aus dem Fernen und Nahen Osten abgeschaut haben

  5. #770
    Europäer Avatar von Radyserb
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    Zitat Zitat von nordstern Beitrag anzeigen
    Ôder im Grunde: Alles was wir uns aus dem Fernen und Nahen Osten abgeschaut haben
    Der Buchdruck wurde von Gutenberg entscheidend weiterentwickelt. Die Chinesen konnten ihre Erfindungen einfach nicht so anwenden wie die Europäer. Das hat viel mit dem Partikularismus in Europa tun. Einen Kolumbus hätte es in China nie gegeben

    Und der Nahe Osten, tja, ist in der Tat traurig, wohin der mittlerweile gekommen ist.
    Geändert von Radyserb (13. Juli 2017 um 01:02 Uhr)

  6. #771
    Sozialschmarotzer Avatar von Rince Wind
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    Zitat Zitat von Radyserb Beitrag anzeigen
    Der Buchdruck wurde von Gutenberg entscheidend weiterentwickelt. Die Chinesen konnten ihre Erfindungen einfach nicht so anwenden wie die Europäer. Das hat viel mit dem Partikularismus in Europa gegeben. Einen Kolumbus hätte es in China nie gegeben

    Und der Nahe Osten, tja, ist in der Tat traurig, wohin der mittlerweile gekommen ist.
    Stimmt, als sie auf Entdeckung gegangen sind haben sie es richtig groß aufgezogen, nicht mit so einer mickrigen Flotte wie Kolumbus sie hatte.
    Als sie dann kein Interesse mehr hatten, weil es wirtschaftlich nicht notwendig war (die Europäer wollten die Mittelsmänner im Handel mit Asien ausschalten bzw. die elend lange und kostspielige Tour ums Kapp der guten Hoffnung sparen) haben sie es wieder gelassen.

  7. #772
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    Ich würde auch sagen, dass die nautischen Leistungen des chinesischen Admirals Zhèng Hé nicht unbedingt hinter denen von Columbus oder Vasco da Gama zurückstehen.

  8. #773
    Europäer Avatar von Radyserb
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    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    Ich würde auch sagen, dass die nautischen Leistungen des chinesischen Admirals Zhèng Hé nicht unbedingt hinter denen von Columbus oder Vasco da Gama zurückstehen.
    Das ist schon wahr, aber China hat seine Flotte eingemottet, weil es der chinesische Kaiser so wollte. Kolumbus ist einfach von Portugal nach Spanien gegangen nach dem Nein der portugiesischen Krone.

  9. #774
    yay! Avatar von Setcab
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    Bei Kolumbus muss man auch einfach sagen, dass es einen Grund hatte, dass Portugal ihn weggeschickt hat. Sein Plan war völlig undurchführbar und hat nur geklappt, weil da noch ein unbekannter Kontinent war. Mehr noch: wäre Amerika etwas weiter östlich, wären ihm wohl die Vorräte ausgegangen.
    Das heißt nicht, dass seine nautische Leistung nicht beeindruckend war, nur der Plan war ziemlich schlecht.

  10. #775
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    Der europäische Vorteil war also, dass auch dumme Ideen verfolgt wurden

  11. #776
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    Ein entscheidender Unterschied dürfte eher im finanziellen Bereich bestanden haben. Die europäische Oberschicht war äußerst begierig nach bestimmten Waren, die es nur in Südostasien gab. Die Gewinnspannen waren deshalb so exorbitant, dass selbst bei einem Verlust der meisten Schiffe einer Handelsflotte noch ein Gewinn erzielt werden konnte. Von Magellans fünf Schiffen kehrte beispielsweise nur eines - die Victoria - nach Spanien zurück, aber der Wert der mitgeführten Gewürze überstieg dennoch die Gesamtkosten der Expedition.

    Zhèng Hé unternahm die meisten seiner Reisen zwar auch aus finanziellem Interesse, aber wegen der weit niedrigeren Gewinnspannen waren zumindest einige davon (seine Gegner am Hof behaupteten sogar: alle) Verlustgeschäfte.

    Wenn hohe Gewinne locken, gehen Investoren nun einmal häufiger ein unabsehbares Risiko ein.

  12. #777
    Geschichtsmeister Avatar von maxim_e
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    Was bei Kolumbus (und allen anderen in der Frühen Neuzeit) noch zu beachten ist, wäre die religiöse Perspektive. Die Idee der Missionierung war einfach für das Christentum eigentlich essentiell und machte es dementsprechend irgendwo notwendig weitere Reisen zu veranstalten, nachdem da erstmal Menschen gefunden wurden. Wir befinden uns da immernoch in der selben Gedankenwelt die zu Kreuzzügen und Reconquista führte.
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  13. #778
    Sozialschmarotzer Avatar von Rince Wind
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    Kolumbus wollte aber nur einen neuen, kürzeren Weg zu bereits bekannten Gefilden finden. Und Geld war hier weit wichtiger.
    Der Gewürzhandel war so bedeutend, dass ein großer Teil der südamerikanischen Edelmetalle dorthin ging. Denn ansonsten hatte Europa nichts, woran man in Indien interessiert gewesen wäre. Zu diesem Zeitpunkt war der Handel mit Europa für Südasien auch nicht sonderlich wichtig, wenn dieser Umsatz weggefallen wäre hätte man das in der Statistik vermutlich kaum bemerkt.

  14. #779
    begossener Pudel Avatar von Des Pudels Kern
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    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    Ich würde auch sagen, dass die nautischen Leistungen des chinesischen Admirals Zhèng Hé nicht unbedingt hinter denen von Columbus oder Vasco da Gama zurückstehen.
    Habe häufig den Eindruck, dass chinesische Leistungen vielfach überschätzt werden - insbesondere im Vergleich zu den europäischen.
    Sowohl was die nautischen Fähigkeiten/ Technologien als auch, klingt komisch, is aber so, Wagemut der Entdecker anging, haben die Europäer, seien es Magellan, Schooten und wie sie alle hießen, allen anderen buchstäblich das Wasser abgegraben. Mag sein, dass der Partikularismus und die sehr hohe Bevölkerungsdichte eine Rolle spielte.
    Tatsache ist, dass ab dem 16. Jh nur noch Europäer unterwegs waren.
    Close your eyes ladies! I'm comin' in!

    "Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast ;)" (LazyJay)

  15. #780
    Sozialschmarotzer Avatar von Rince Wind
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    Viele der europäischen "Entdeckungsreisen" gingen aber auch zu Orten die anderen bereits bekannt waren.
    Genauso könnte man sagen, dass die Europäer (mit der eher kurzzeitigen Ausnahme der Wikinger) erst recht spät zu Seefahrern wurden. Der komplette Pazifikraum von Madagaskar bis zu den Osterinseln ist von den selben Leuten mit ihren Auslegerkanus besiedelt worden (und es gibt Hinweise, dass die nicht nur in eine Richtung gefahren sind, sondern auch wieder zurück).
    Im indischen Ozean gab es Seehandel schon Jahrhunderte vor Ankunft der Europäer.
    Erst im 17. und 18. Jahrhundert waren dann die europäischen Schiffe dank der Kanonen die sie tragen konnten überlegen und sie haben so mit Gewalt ihre Handelshoheit durchgesetzt.

    Dazu kommt, dass es den Europäern meistens ums Geld ging, ob bei Kolumbus oder der Nordwestpassage. Und es ging immer darum, nach Asien zu kommen, denn die hatten was, was wir nicht hatten.

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