Seite 51 von 236 ErsteErste ... 4147484950515253545561101151 ... LetzteLetzte
Ergebnis 751 bis 765 von 3539

Thema: Fragen zur Geschichte

  1. #751
    Zurück im Norden
    Registriert seit
    01.05.12
    Beiträge
    36.667
    Zitat Zitat von Gulaschkanone Beitrag anzeigen
    Als Begründung warum WK II conditio sine qua non für diese rapide Dekolonialisierung war, meinerMeinung nach zumindest.
    Das gilt wohl vor allen Dingen für Südostasien. Die schnellen japanischen Erfolge und die offenkundige Schwäche der europäischen Kolonialmächte haben mit dazu geführt, dass in Ländern wie Indonesien oder Vietnam die Nationalbewegungen direkt nach dem Krieg die Unabhängigkeit ausriefen. Andernfalls hätten sie das möglicherweise nicht oder erst viel später gewagt. Kanada oder Australien haben dagegen sicher nicht auf eine "Schwäche" des Mutterlandes gewartet, sondern sich in einem längeren Prozess allmählich abgelöst.

    Das war aber gerade der Kerngedanke meiner Antwort: Bereits vor 1914 hat man insbesondere im Vereinigten Königreich eine allmähliche Ablösung der Dominions erwartet (und verschiedene Reaktionsmöglichkeiten darauf diskutiert). Diese wäre also wohl auch ohne die Weltkriege in den nächsten Jahrzehnten gekommen. Bei den anderen Kolonien lässt sich nur schwer sagen, wann sie schließlich die Unabhängigkeit angestrebt hätten, weil wir natürlich nicht wissen können, wie sich die Welt in den vergangenen 103 Jahren ohne die Weltkriege entwickelt hätte. Es ist aber (wie ich schon darlegte) sehr gut möglich, dass die Entkolonialisierung etwa in Afrika und Südostasien in langsamerem Tempo vonstatten gegangen wäre.

  2. #752
    ❦ Ser Tira Tyrell ❦
    Registriert seit
    03.07.11
    Ort
    Westeros
    Beiträge
    18.958
    Wie ist denn diese natürliche Entkolonialisierung entstanden, die ohne die Weltkriege auch möglich gewesen wäre? Lag das an der Angleichung der Technologie und Entwicklung der Kolonialnationen an die europäischen Imperialreiche?
    Tritt dem REICH bei und werde Teil von etwas Großem!


    Achtung Spoiler:
    PHP-Code:
                    ....77$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$..                   
                    ....
    DMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMD..                   
                    ..
    MM=:::::::::::::::::::::::::::::::::::~~=MM                   
                
    ... =+77~~~~~:::::::::::~::::::::::::~:::::~~~=II== . .             
               . . ,
    NM~:~~~~~::::::::,,::::::::~~::::,:::::~::~:~NM, .              
               .. .,
    MM~=~~:::::,::::::,:II~::::?I~,:::::::::~~~~~MM,...             
                   ,
    MM~~~~:::==~:::::,::==::,::==:,,::::::::::~:~MM, ..             
                .  ,
    MM:~:::::??=:::::::::::::,:::,,::::::::::::~:MM,     . . ....   
                .  ,
    MM:~::::::~,:::::::::::,:::DMMM?:::~I?:::::~:MM,.=MMMM.    . .  
                .  ,
    MM:~::,,:,:::::::::::::,+MNI++?ZND,,:::,:::~:MMNMZ+++?NM:. ...  
      ,  .. .    ..:
    MM:~::::::::::::::::::::=MM???+OMD::::::~::~~MMMMO????MM:   .   
      
    MMMMMMMMM  ..,MM:~::::::::::::::??::::=MM????++IMZ,::::::~~MMI??????MM:   .   
      
    MMOZZZZMM+?, ,MM:~::::::::::::::==:,::=MM???????OI???????IIZ$?++????MM:   .   
    MMZZ7I+Z7MMI?IMM:~:::::::~~~:::::,::::=MM????????I$$7$7$7$$+II?I????MM:   .   
     .
    MMMMO????MMMMMMM:~::,::::+I~:,::::::::=MM????????????????????++?II??MM:  ...  
    . . 
    MMMMD+II+ZMMMM:~::::::::~,::::::?7OMO??????+?+?????I?????????I???+?+DMM,.   
    ..  
    MMNMM?+??OMMMM:~::::~:::::::::,~??8MO???????????+?++?????++??+II????OMM ..  
    . .  .:
    NMMM??++IMM:~::+I?:::,:::::::,:ZM8=+I???: ,MO?+?????????, ~MM?I??OMM .   
      ...   .
    MMMMMMNMM:~::::::::::,::::::,$MO+??+??ZMMMO?+??I+?MN+?NMNMM+???OMM.    
      ...  ..??
    I?ZMMMM:~:::::,:::::~~=::::ZMO+?++++IOZO7????+??ZZ?+ZZZZZ++++OMM...  
      ....  .... 
    IMMMM:~::::,::::::=I?~:::$MO+?==~=+???????+???????+??+?====ZMM...  
               . . :
    MM~~~~:::?I~::::::,:::$MO?I~====?IMO????7MN????DMO??====ZMM...  
                  ..
    MM~~~::::==::::::::::,=?I$Z+++++?IMDZZZ$OMMZZZZNMO?+++$$+?+...  
                   :
    MM~~~~=~::::::::::::::::+MM???????MMMMMMMMMMMMMMMOI??+MM~. ...  
                 
    7MMMMMM=~:~~~~~~~~~~~~~~~~:~::NMI+??????????++?+?++???+MM........  
               ::?
    8O8OOO?==+++++==++++=+++??+==NM7II$I7I7I7II7II77III7I7$$ .        
               
    MM$+I???+MMMMMMMMMMMMMNMMMMMMMMMMMMNMMMMMMMMMMMMMMMMMMMMM. ..        
               
    NN7++??MMMM?.,MM7?+?7MM....... ...MM7++?IMM, +MM+???8MI..  ..        
               
    MMZ777$NMII~ .MMZ$7$7I+, . .     .?7I$77OMM..:I?7$$$I?=.             
               
    NMMMMMMMM. ..:MMMMMMI   . .      ,. IMMMMMM~ ,..MMMM: ,. 

  3. #753
    Für mehr Klink im ***** Avatar von Gulaschkanone
    Registriert seit
    06.06.13
    Ort
    Süddeutschland
    Beiträge
    18.715
    Ich würde tippen ähnlich wie in Amerika: Weiße im "demokratischen" Mutterland sozialisierte Elite, die sich nicht representiert fühlte.
    Zitat Zitat von Nahoïmi Beitrag anzeigen
    Einheit, Einheit, gib mir meine Minghan wieder :p

    Mehrfacher Gewinner einer DET-Runde und Sieger der Herzen(2/7)

    Vom Kurfürst, über Admiral, Jarl, Botschafter und König zum Papst-ein Leben im Civforum.

  4. #754
    Registrierter Benutzer Avatar von Strat
    Registriert seit
    08.01.15
    Ort
    HGW
    Beiträge
    3.889
    Zitat Zitat von Tiramisu Beitrag anzeigen
    Dann war Schweden also zu sehr im Osten beschäftigt. Wäre eine schwedische Hochseeflotte etwa zu teuer gewesen?
    Mich wundert es nur sehr, dass das kleine Belgien so große Kolonien in Afrika abbekommen konnte, während das große und fortschrittliche Schweden fast nix abbekam. Außerdem frage ich mich, wie Belgien neutral gegenüber den Großmächten sein und gleichzeitig im Kolonialgeschäft im großen Stil mitmischen konnte.
    Kongokonferenz: https://de.wikipedia.org/wiki/Kongokonferenz


    Zitat Zitat von Tiramisu Beitrag anzeigen
    Wo lebst du?
    Greifswald, Vorpommern.
    Zitat Zitat von Schlumpf Beitrag anzeigen
    Strat ist doch so ein verkorkster Linker
    Zitat Zitat von Isaac Newton; in einem Brief an Robert Hooke
    Wenn ich weiter geblickt habe, so deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stehe.
    Storys

    Civ 4: Weg in den Olymp
    Civ 4 PBEM 474 Das Steigen und Fallen der Kurse

  5. #755
    CivBot
    Registriert seit
    25.03.06
    Ort
    Göttingen
    Beiträge
    40.452
    Zitat Zitat von Tiramisu Beitrag anzeigen
    Mich wundert es nur sehr, dass das kleine Belgien so große Kolonien in Afrika abbekommen konnte, während das große und fortschrittliche Schweden fast nix abbekam.
    So klein ist Belgien auch nicht, es hat sogar etwas mehr Einwohner als Schweden. Afrika hingegen hatte um 1900 nur ein Viertel der Bevölkerung Europas.
    Zitat Zitat von d73070d0 Beitrag anzeigen
    Ach, das darfst Du nicht so eng sehen. Aus justanick kriegt man nur eine konkrete Antwort raus, wenn man Müll erzählt und dann zurechtgewiesen wird. Wenn Du also was von ihm willst, frag' nich, sondern stell' falsche Behauptungen in den Raum - die werden dann umgehend korrigiert. ;)

  6. #756
    Zurück im Norden
    Registriert seit
    01.05.12
    Beiträge
    36.667
    Was Belgisch-Kongo angeht: Ganz wie Strat sagte, Belgien hat das Kongobecken nicht selbst kolonisiert, sondern 1908 (?) aus dem königlichen "Privatbesitz" übernommen, als die internationale Kritik an den Zuständen im "Herz der Finsternis" nichts anderes mehr zuließ. Zu der Zeit war es aber auch für Seemächte nicht mehr unbedingt möglich, Stützpunkte anderer europäischer Staaten einfach zu besetzen.

    Was die Entkolonialisierung angeht: Es gab natürlich in fast allen europäischen Kolonien einen gewissen einheimischen Widerstand. Oft war er traditionell orientiert und stützte sich (beispielsweise in Indien 1858/59) auf religiöse Ideale und vorkoloniale Eliten. Mit der zunehmenden Ausbildung von Einheimischen an europäischen Schulen und Universitäten bzw. dem Dienst in der kolonialen Verwaltung (natürlich an eher untergeordneter Position) entstand aber auch eine Art "farbige" Intellektuellenschicht, die zwar zunächst normalerweise mit der Kolonialregierung kooperierte, um Verbesserungen für ihre Heimat zu erreichen, irgendwann aber überwiegend für eine Selbstverwaltung und schließlich die Selbständigkeit eintrat. Wie GK schon sagte, war insbesondere der Zweite Weltkrieg in einigen Ländern eine Art "Brandbeschleuniger" für die Unabhängigkeitsbewegungen; es ist aber durchaus wahrscheinlich, dass diese irgendwann auch so Erfolg gehabt hätten.

  7. #757
    Moltkefan Avatar von Menelor
    Registriert seit
    12.08.10
    Beiträge
    3.146
    Keine Frage, aber trotzdem ein so toller Satz, dass ich den mit euch teilen muss. Er fällt in einem Buch zur deutschen Verfassungsgeschichte zum Thema Begründung des BGB: "Da "Verfassung" nicht nur das Organisationsssytem der Herrschaftsordnung ist, sondern die staatlich-gesellschaftliche Gesamtordnung bezeichnet, in der ein Volk sich sich in seiner Einheit und Mannigfaltigkeit verwirklicht, sind in jedem entwickelten Verfassungsstaat die Kerninstitute des bürgerlichen Rechts zugleich konstiutive Momente des Verfassungsganzen."

    Wie lange der Autor wohl gegrübelt haben muss, um diesen Satz zu formulieren?

  8. #758
    Rebellenschreck Avatar von Großadmiral Thrawn
    Registriert seit
    08.06.13
    Ort
    Bologna
    Beiträge
    5.044
    Wie wurde eigentlich die Syllabus Errorum von den (Durchschnitts)Katholiken aufgenommen? Hat man sich streng danach gerichtet oder sie eher ignoriert oder zumindest teilweise beachtet? Weil einige Brocken wie die Ablehnung von Religionsfreiheit oder die Ablehnung von staatlicher Gewalt dürften selbst bei dem ultramontanistischten Katholiken doch zu Gewissensbissen geführt haben.
    PBEM[296]Der letzte Kaiser
    PBEM[295] Im Osten nichts Neues

    PBEM[294] Ich einfach unerschrecklich

    Hier könnte Ihre Werbung stehen!

    Achtung Spoiler:
    Oder auch nicht


  9. #759
    Zurück im Norden
    Registriert seit
    01.05.12
    Beiträge
    36.667
    Soweit ich weiß, mussten Priester lange Zeit den "Antimodernisteneid" ablegen, der sich teilweise aus dem Syllabus ergab. Die Forderungen waren also durchaus ständig gegenwärtig. Im Vorfeld des Integralismusstreits wurde aber auch deutlich, dass gerade im Umfeld des politischen Katholizismus viele führende Köpfe eine ganz andere Vorstellung hatten. Das galt natürlich auch für mehrere Theologieprofessoren und andere katholische Intellektuelle. Gerade in der praktischen Politik hielten sich viele deutsche Katholiken also eher nicht daran.

    Die Diskussion um den Syllabus verband sich übrigens auch recht schnell mit der um die Unfehlbarkeit letztgültiger päpstlicher Lehrentscheidungen. Einige derjenigen, die den in der Enzyklika niedergelegten Gedanken besonders kritisch gegenübergestanden hatten, wählten dann auch den Weg zu den Altkatholiken.

  10. #760
    Geschichtsmeister Avatar von maxim_e
    Registriert seit
    01.02.11
    Beiträge
    5.638
    Mal so eine Frage zu der man denke ich relativ breit diskutieren kann:

    Zur Einordnung sei gesagt, dass ich letztens bei einem Streitgespräch mit dem Titel "Wer falsch spricht, denkt falsch. Warum Antike, Mittelalter und Neuzeit in die Wissenschaftsgeschichte gehören" und es ging eben um die Epocheneinteilung, und weshalb diese in der aktuellen Form nicht so perfekt ist. Unter anderem, weil neben der Geschichtswissenschaft diese nirgendwo wirklich anwendbar sind (ein Latinist hat vorgestellt, dass dort die entsprechende Grenze die das Neuere vom Älteren Latein unterscheidet, im 2. Jahrhundert liegt) und selbst dort sie heutzutage nicht mehr wirklich anwendbar sind. Vor allem kritisiert wurde der Punkt, dass damit das Mittelalter als Einheit dargestellt wird, die es so halt nicht gibt.

    Im Zusammenhang damit habe ich mich dann mit der Frage beschäftigt, was für andere Gliederungen für einen europäischen Raum (den Begriff müsste man für die Zeit vor dem 20. Jahrhundert eigentlich auch mal in einer längeren Diskussion in Frage stellen) möglich wären. Was ich dabei herausgefunden habe war, dass im französischen die große Epochengrenze nicht im 15. Jahrhundert sondern eher im 11. Jahrhundert und dann erst bei der Französischen Revolution - aufgrund fehlender Französischkenntnisse fällt mir dort die Recherche aber schwierig.

    Was schlagt ihr vor, was ist eine angemessene (allgemeine) Gliederung für die Geschichte des Raums zwischen Atlantik und Russland, Skandinavien und Nordafrika sei und welche Gliederungen kennt ihr sonst noch. Ich würde dabei am liebsten auf der Makroebene bleiben. Jede Region hat natürlich seine eigenen Regeln - aber da es verschiedenste Sichtweisen geben kann (neben der allgemeinen politischen könnte man auch die religiöse oder soziale Landschaft betrachten) denke ich, haben wir da erstmal genug mit zu tun, wenn wir das so diskutieren.
    Cancel Culture ist ein Synonym für kritische Gesellschaft.
    Wokeness ist ein Synonym für Anstand.

    The sad truth is/you'd rather follow the school into the net
    cause swimming alone in the sea/is not the kind of freedom that you actually want
    Re-gaining Unconsciousness (NOFX)

  11. #761
    Rebellenschreck Avatar von Großadmiral Thrawn
    Registriert seit
    08.06.13
    Ort
    Bologna
    Beiträge
    5.044
    Ich würde mich hier nur auf den europäischen Kontinent konzentrieren - zwar eigentlich lange Zeit die Peripherie der Weltgeschichte (man lese Peter Frankopans "The Silk Roads"!) - aber zu ebenjenem ist mein Allgemeinwissen am fundiertesten.

    Ab ca. 2000 v. Chr. würde ich sagen, beginnt eine Epoche der Post-Steinzeit, die sich langsam von Osten her kommend auf dem Kontinent ausbreitet, Metallverarbeitung und Sesshaftigkeit triumphieren allmählich über Nomadentum.
    Diese Epoche würde ich sagen dauert bis ca. 750 v. Chr. an und von dort bis ca. 600 v. Chr. gibt es einen Übergang in die griechisch-römische Antike, wieder ausgehend vom Osten. Die Hochantike würde ich in zwei Kulturräume unterteilen.

    Für die griechische Hochantike würde ich den Zeitraum 500 - 300 v. Chr. verwenden: Demokratie, zentrale philosophische Werke, sowie die Ausbreitung der hellenischen Werte durch Alexander und die rund ums Mittelmeer verstreuten Polis-Gemeinden.
    Insbesondere im Westen sorgt dies dann für die römische Hochantike, beginnend mit dem Triumph Roms über die Griechen 146 v. Chr.; Karthago ist eigentlich eher sekundär, da von Anfang an vollkommen Rom unterlegen, der einzige ernstzunehmende Rivale wäre ein vereinigtes Griechenland gewesen, dass dem römischen Expansionsstreben Einhalt geboten hätte. Abgesehen von kleineren "Dämpfern" (aka Bürgerkriegen und Unruhen) beginnt der Siegeszug Roms, dessen Höhepunkt 117 n Chr. in Trajans Tod während der größten territorialen Ausdehnung des Imperiums liegt. Danach verkümmert der Expansionsdrang eher zu einer Erhaltung des Status Quo und mündet schließlich in der schweren Reichskrise im 3. Jahrhundert n. Chr.
    Roms Reich droht von Kriegsherren, die um den Purpur kämpfen und Cäsars Sitz i.d.R. nur kurze Zeit halten können, zerrissen zu werden. Gallien und Palmyra können sich zeitweise als unabhängige Abspaltungen halten.
    Diokletians Reformen setzen dem schließlich ein Ende. Zwar hält das Reich die Machtkämpfe der gescheiterten Tetrarchie aus, doch an der nördlichen Grenze rumort es und Entwicklungen, die später in den großen Migrationsbewegungen anfangen zeichnen sich ab. Innerhalb des Römischen Reiches floriert das Christentum lagsam aber stetig - eine kulturelle Zäsur findet statt.
    Für den Anfang vom Übergang der Antike ins Mittelalter würde mit der Ankunft der Hunnen in der heutigen Ukraine anfangen (wahrscheinlich so um 350 n. Chr. rum ), was dann der Katalysator für die Völkerwanderung und die damiteinhergehende Überlastung des Römischen Reiches darstellt. Dann würde ich den Tod Theoderich des Großen 526 n. Chr. als endgültiges Erlöschen Glanz und Gloriens von Rom hervorheben, und die damit einhergehende Dominanz von Ostrom, welches sich aber zunehmend von der (ur)römischen Identität zum eigenen römisch-griechisch-christlichen Selbstverständnis fortentwickelt.
    Für den Zeitraum 350 n Chr. bis 500 n. Chr. würde ich den Terminus Überranntes Rom verwenden, einerseits verdrängt das Christentum so gut wie vollständig das Heidnische, die damit verbundenen Ideale und Werte Roms werden durch Christliche ersetzt; andererseits weicht das Imperium sine finde immer mehr zurück dorthin, wo es eigentlich entstanden ist. Und selbst dort ist es nicht sicher, Vandalen und Goten plündern das Herz, das politisch längst an Mailand, Ravenna und Konstantinopel verloren hat. Zeitgleich schafft es Ostrom weitestgehend intakt zu bleiben. 500 bis 700 n. Chr. ist eine Art Konsolidierungsphase, die "germanischen" Kriegsherren der Völkerwanderung konsolidieren ihre Machtbereiche, das Römische und das Germanische setzt sich langsam zu etwas Neuem fest. Größere Reiche fressen die Kleineren, während aus dem Machtkampf zwischen Ostrom und Persien der "deus ex bello" aus dem sandigen Süden aufsteigt und beide Kuchen stark anknabert bzw. ganz vertilgt.

    Durch die Schlacht von Poitiers 732 n. Chr. setzt meiner Meinung nach das Feudalistische Europa ein, Großgrundbesitzer werden geadelt, Aristokratie und Kirche stützen eine monarchisches System, das das christliche Europa ist. Deren Hochphase beginnt mMn 1076 mit dem Investiturstreit und endet irgendwann um 1500 mit den Bauernkriegen. Danach gehts eigentlich mit dem Adel langsam berg ab, da der dritte Stand, insbesondere die städtische Mittel - und Oberschicht zu einem Bürgertum erstarken. Die Aufklärung die um 1700 beginnt läutet den Sonnenuntergang ein und Mitternacht tritt 1789 mit der Französischen Revolution ein, die das Gedankengut der Aufklärung in praktische-verdauliche Projektile verpackt und quer durch Europa in die Köpfe der Menschen schießt.

    1815 würde ich sagen, dass die Hochphase der Aufklärung und Revolution zu Ende ist, an dessen Stelle tritt das Ringen des Nationalismus mit dem restaurativen Adel. Der Nationalismus findet schließlich seine Höhepunkte 1861 mit der italienischen Einigung und 1871 mit der Begründung des Deutschen Kaiserreichs, welche aus Sicht von Benjamin Disraeli noch bedeutsamer war als die Revolution 1789. Der Nationalismus gipfelt schließlich im ersten Weltkrieg, danach wird er durch einen Rassebegriff ersetzt, der versucht nationalistische Elemente mit Darwin zu verbinden (manche Menschen aus ausgewählten Ländern sind gleich, deswegen müssen wir sie einigen, damit wir zusammen den unterlegenen Menschentypus ausrotten können). Nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt eine Phase des (kalten) Friedens. In Westeuropa rückt man näher zusammen, und nach dem Mauerfall versucht man den Osten auch noch in diesen Schulterschluss einzufügen.

    4000 Jahre europäischer Geschichte so kurz zusammenzufassen ist eigentlich pervers, insbesondere weil ich Reformation, Kolonialismus, Kreuzzüge, Wikinger und vieles mehr nicht einmal erwähnt habe.

    Eigentlich müsste man dazu mal ein Buch verfassen: einfach gezielt ein paar wichtige Sachen aus der Weltgeschichte ignorieren und schauen, wie man den Rest irgendwie erklären kann (Amerika ohne Kolonialismus und Reformation versuchen zu erklären wäre sicherlich interessant ).
    PBEM[296]Der letzte Kaiser
    PBEM[295] Im Osten nichts Neues

    PBEM[294] Ich einfach unerschrecklich

    Hier könnte Ihre Werbung stehen!

    Achtung Spoiler:
    Oder auch nicht


  12. #762
    Zurück im Norden
    Registriert seit
    01.05.12
    Beiträge
    36.667
    Man könnte eventuell auch berücksichtigen, inwieweit die Zeitgenossen das Gefühl hatten, Zeugen einer neuen Epoche zu sein. Beispielsweise gibt es einige literarische Zeugnisse aus dem 5. Jh. und 6. Jh., in denen ganz klar thematisiert wird, dass die bisherige Welt am Zerbrechen zu sein scheint. Auch die Horizonterweiterung nach Westen und Osten in den 1490er-Jahren und die Reformation zählen sicher zu den Entwicklungen, die bereits von den Zeitgenossen als etwas Neues empfunden wurden.

  13. #763
    Ignoriert Mauern Avatar von Argonir
    Registriert seit
    27.12.07
    Beiträge
    2.666
    Grundsätzlich:
    Eine generelle allgemeingültige Einteilung wird immer scheitern. Brüche, die sich auf das ganze Leben auswirken, sind selten und kommen nur in kleinen Gebieten vor. Sobald man größere Einheiten betrachten will, wird es problematisch. Letztendlich hat sich aber in den Geschichtswissenschaften die bekannte Einteilung in Antike - Mittelalter - Neuzeit als Kompromis bewährt. Die Sprachwissenschaften brauchen selbstverständlich eine ganz andere Einteilung, denn Sprache ist nur bedingt bzw. verzögert von historischen Ereignissen abhängig.

    Zitat Zitat von Großadmiral Thrawn Beitrag anzeigen
    Ich würde mich hier nur auf den europäischen Kontinent konzentrieren - zwar eigentlich lange Zeit die Peripherie der Weltgeschichte (man lese Peter Frankopans "The Silk Roads"!) - aber zu ebenjenem ist mein Allgemeinwissen am fundiertesten.

    Ab ca. 2000 v. Chr. würde ich sagen, beginnt eine Epoche der Post-Steinzeit, die sich langsam von Osten her kommend auf dem Kontinent ausbreitet, Metallverarbeitung und Sesshaftigkeit triumphieren allmählich über Nomadentum.
    Warum 2000 v. Chr.? Wir haben in Europa schon ältere Siedlungen und die Bronzeverarbeitung ist auch schon länger bekannt. Zumindest in den östlichen Gebieten. Der Beginn der minoischen Hochkultur liegt bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. Dagegen ist die Entwicklung im Westen Europas deutlich zurück.
    Warum nicht bei den etablierten Begiffen Bronzezeit/Eisenzeit bleiben? Die Einführung dieser Werkstoffe hatte für die damaligen Menschen Einfluss auf alle Lebensbereiche.


    Zitat Zitat von Großadmiral Thrawn Beitrag anzeigen
    Diese Epoche würde ich sagen dauert bis ca. 750 v. Chr. an und von dort bis ca. 600 v. Chr. gibt es einen Übergang in die griechisch-römische Antike, wieder ausgehend vom Osten. Die Hochantike würde ich in zwei Kulturräume unterteilen.

    Für die griechische Hochantike würde ich den Zeitraum 500 - 300 v. Chr. verwenden: Demokratie, zentrale philosophische Werke, sowie die Ausbreitung der hellenischen Werte durch Alexander und die rund ums Mittelmeer verstreuten Polis-Gemeinden.
    Warum 750 und 600 v. Chr.? Diese Zahlen sind doch relativ beliebig. Genauso könnte man doch auch 900 und 700 v. Chr. nehmen oder man bleibt bei der etablierten Einteilung, die nach dem brennen der mykenischen Paläste (ein durchaus einschneidendes Ereignis) eine Übergangszeit vorsieht, aus der dann die griechische Poliskultur erwächst. Das ganze gilt natürlich nur für Griechenland und nicht für Europa.

    500 und 300 v. Chr. sind doch genauso willkürlich gewählt. Besser sind die etablierten Daten 490/80 v. Chr. (Perserkriege) und 430 (nach dem Alexanderzug), die die Epoche der Klassik begrenzen. Gilt natürlich auch nur für Griechenland.

    Zitat Zitat von Großadmiral Thrawn Beitrag anzeigen
    Insbesondere im Westen sorgt dies dann für die römische Hochantike, beginnend mit dem Triumph Roms über die Griechen 146 v. Chr.; Karthago ist eigentlich eher sekundär, da von Anfang an vollkommen Rom unterlegen, der einzige ernstzunehmende Rivale wäre ein vereinigtes Griechenland gewesen, dass dem römischen Expansionsstreben Einhalt geboten hätte. Abgesehen von kleineren "Dämpfern" (aka Bürgerkriegen und Unruhen) beginnt der Siegeszug Roms, dessen Höhepunkt 117 n Chr. in Trajans Tod während der größten territorialen Ausdehnung des Imperiums liegt. Danach verkümmert der Expansionsdrang eher zu einer Erhaltung des Status Quo und mündet schließlich in der schweren Reichskrise im 3. Jahrhundert n. Chr.
    Das Karthago von Anfang an Rom völlig Unterlegen war, ist eine ziemlich waghalsige Behauptung. Auch das nur ein "vereinigtes Griechenland" - was auch immer dieses sein sollte - Rom Einhalt hätte gebieten können, ist nicht zu halten. Für Rom sind ganz andere Ereignisse einschneidend. In historischer Zeit wären das die Galliergefahr, die Samnitenkriege und die punischen Kriege. Samniten, Gallier und Karthager waren die Gruppen, die Rom exestenziell bedrohten. Mit dem zunehmenden Wegfall dieser Gegner entfiel auch ein gewisser Zwang der römischen Oberschicht zusammen zu halten. Allgemein ist die Einteilung in frühe, mittlere und späte Republik ganz sinnvoll.

    Zum Rest sage ich mal nichts mehr. Alles auf den Kopf stellen zu wollen nur um des auf den Kopf stellens Willen, ist meist nicht sehr sinnvoll. Das bisherige Einteilungssytem hat Fehler und Schwächen, aber ohne diese ist kein System möglich. Ganze Kontinente auf einmal im Blick zu haben ist ebenfalls unmöglich. Die Entwicklung von Athen und dem heutigen Dänemarkt ist einfach zu verschieden. Jeder muss sich also für seine Fragestellung das passende System auswählen bzw. das System entsprechen anpassen. Einzelne Umbenennungen sind dagegen nur mit einer ausführlichen Begründung sinnvoll, sonst weis keiner mehr, von was der andere spricht. Ob ist etwas nun "griechische Hochantike" nenne oder "Klassik" sollte sich nichts nehmen, daher lieber beim etablierten bleiben. Dabei sind beide Begriff nicht optimal, da wertend.
    Bitte weitergehen, es gibt hier nichts mehr zu lesen!

    Immortals sterben nicht

  14. #764
    Geschichtsmeister Avatar von maxim_e
    Registriert seit
    01.02.11
    Beiträge
    5.638
    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    Man könnte eventuell auch berücksichtigen, inwieweit die Zeitgenossen das Gefühl hatten, Zeugen einer neuen Epoche zu sein. Beispielsweise gibt es einige literarische Zeugnisse aus dem 5. Jh. und 6. Jh., in denen ganz klar thematisiert wird, dass die bisherige Welt am Zerbrechen zu sein scheint. Auch die Horizonterweiterung nach Westen und Osten in den 1490er-Jahren und die Reformation zählen sicher zu den Entwicklungen, die bereits von den Zeitgenossen als etwas Neues empfunden wurden.
    Das ist sicherlich ein wichtiger Aspekt. Auf der anderen Seite wird gerade am Anfang noch lange der Gedanke an das Römische aufrechterhalten (die Frage nach dem Beginn des Mittelalters ist ja sowieso eine häufig diskutierte). Da erscheint mir doch eine ziemlich lange Übergangsphase zwischen dem 4. und dem 8. Jahrhundert zu liegen bis dann unter Karl ein neues Römisches Reich ausgerufen wird. Diese Übergangsphase vor der "Neuerrichtung", welche ja erstmal das Eingeständnis braucht, dass das Reich nicht doch wieder erstarken wird, beginnt ja in gewisser Weise bereits mit Trajan.
    Zum Ende des "Mittelalters" hin stellt sich irgendwo aber auch die Frage: Was unterscheidet die Entdeckung Amerikas und Handhabe (vor der Kolonisation ab dem späten 16. Jahrhundert) von den Kreuzzügen? Und vor allem: Hat diese Frühphase überhaupt größere Auswirkungen auf die Politik in Europa? Ab der geordneten Kolonisation ändert sich das Machtgefüge, klar, aber vorher?

    Zitat Zitat von Großadmiral Thrawn Beitrag anzeigen
    Ich würde mich hier nur auf den europäischen Kontinent konzentrieren - zwar eigentlich lange Zeit die Peripherie der Weltgeschichte (man lese Peter Frankopans "The Silk Roads"!) - aber zu ebenjenem ist mein Allgemeinwissen am fundiertesten.

    Ab ca. 2000 v. Chr. würde ich sagen, beginnt eine Epoche der Post-Steinzeit, die sich langsam von Osten her kommend auf dem Kontinent ausbreitet, Metallverarbeitung und Sesshaftigkeit triumphieren allmählich über Nomadentum.
    Naja, Sesshaftigkeit gehört zur Neolithisierung, also einige Tausend Jahre bevor es zur Metallverarbeitung kommt, wobei Metallverarbeitung auch bereits vor der Bronzezeit auftritt (jene Phase wird dann auch als Chalkolithikum, also Kupfersteinzeit, bezeichnet und beginnt im 4./3. Jahrtausend v. Chr.) - generell wird es allerdings schwer von Geschichte zu sprechen, bevor wir Schriftquellen haben. Deswegen würde ich den Teil aus der Überlegung erstmal grundsätzlich rauslassen.

    Diese Epoche würde ich sagen dauert bis ca. 750 v. Chr. an und von dort bis ca. 600 v. Chr. gibt es einen Übergang in die griechisch-römische Antike, wieder ausgehend vom Osten. Die Hochantike würde ich in zwei Kulturräume unterteilen.

    Für die griechische Hochantike würde ich den Zeitraum 500 - 300 v. Chr. verwenden: Demokratie, zentrale philosophische Werke, sowie die Ausbreitung der hellenischen Werte durch Alexander und die rund ums Mittelmeer verstreuten Polis-Gemeinden.
    Insbesondere im Westen sorgt dies dann für die römische Hochantike, beginnend mit dem Triumph Roms über die Griechen 146 v. Chr.; Karthago ist eigentlich eher sekundär, da von Anfang an vollkommen Rom unterlegen, der einzige ernstzunehmende Rivale wäre ein vereinigtes Griechenland gewesen, dass dem römischen Expansionsstreben Einhalt geboten hätte. Abgesehen von kleineren "Dämpfern" (aka Bürgerkriegen und Unruhen) beginnt der Siegeszug Roms, dessen Höhepunkt 117 n Chr. in Trajans Tod während der größten territorialen Ausdehnung des Imperiums liegt. Danach verkümmert der Expansionsdrang eher zu einer Erhaltung des Status Quo und mündet schließlich in der schweren Reichskrise im 3. Jahrhundert n. Chr.
    Roms Reich droht von Kriegsherren, die um den Purpur kämpfen und Cäsars Sitz i.d.R. nur kurze Zeit halten können, zerrissen zu werden. Gallien und Palmyra können sich zeitweise als unabhängige Abspaltungen halten.
    Diokletians Reformen setzen dem schließlich ein Ende. Zwar hält das Reich die Machtkämpfe der gescheiterten Tetrarchie aus, doch an der nördlichen Grenze rumort es und Entwicklungen, die später in den großen Migrationsbewegungen anfangen zeichnen sich ab. Innerhalb des Römischen Reiches floriert das Christentum lagsam aber stetig - eine kulturelle Zäsur findet statt.
    Für diese Phase ist mein Wissen einfach zu begrenzt um halbwegs irgendwas dagegen setzen zu können. Ich würde das so mittragen. Es ist zwar Schade, dass dabei der Raum nördlich von Rom auch noch nicht behandelt werden kann, aber auch da fehlen einfach Schriftquellen.

    Für den Anfang vom Übergang der Antike ins Mittelalter würde mit der Ankunft der Hunnen in der heutigen Ukraine anfangen (wahrscheinlich so um 350 n. Chr. rum ), was dann der Katalysator für die Völkerwanderung und die damiteinhergehende Überlastung des Römischen Reiches darstellt. Dann würde ich den Tod Theoderich des Großen 526 n. Chr. als endgültiges Erlöschen Glanz und Gloriens von Rom hervorheben, und die damit einhergehende Dominanz von Ostrom, welches sich aber zunehmend von der (ur)römischen Identität zum eigenen römisch-griechisch-christlichen Selbstverständnis fortentwickelt.
    Für den Zeitraum 350 n Chr. bis 500 n. Chr. würde ich den Terminus Überranntes Rom verwenden, einerseits verdrängt das Christentum so gut wie vollständig das Heidnische, die damit verbundenen Ideale und Werte Roms werden durch Christliche ersetzt; andererseits weicht das Imperium sine finde immer mehr zurück dorthin, wo es eigentlich entstanden ist. Und selbst dort ist es nicht sicher, Vandalen und Goten plündern das Herz, das politisch längst an Mailand, Ravenna und Konstantinopel verloren hat. Zeitgleich schafft es Ostrom weitestgehend intakt zu bleiben. 500 bis 700 n. Chr. ist eine Art Konsolidierungsphase, die "germanischen" Kriegsherren der Völkerwanderung konsolidieren ihre Machtbereiche, das Römische und das Germanische setzt sich langsam zu etwas Neuem fest. Größere Reiche fressen die Kleineren, während aus dem Machtkampf zwischen Ostrom und Persien der "deus ex bello" aus dem sandigen Süden aufsteigt und beide Kuchen stark anknabert bzw. ganz vertilgt.
    Ich würde gerne auf den Begriff "Mittelalter" verzichten, weil er eben die Dreiteilung der Geschichte in Früh-, Mittel- und Spätphase postuliert, die ja so strikt heute nicht mehr aufrecht zu halten ist. Es sind ja schließlich keine, auch nur halbwegs homogenen ZEitabschnitte.

    Generell gilt hier aber auch das, was ich bereits angesprochen habe: Es gibt eine Phase in der Rom schwächer wird und schließlich die Hälfte des Reichs verliert. Dass Vandalen und Goten plündern kann man aber eigentlich auch nicht sagen, die hatten beide im Prinzip vollkommen gewöhnliche Föderaten-Verträge und sind dann halt stärker geworden. Im Grunde unterscheidet sie aber, außer der Lage an der sie sich angesiedelt haben, ncihts von beispielsweise den Salfranken. Generell bildet sich hier aber das Muster ab, dass auf dem ehemals einheitlichen römischen Reichsgrund neue Herrschaften entstehen. Diese werden durch die Schwächung Roms dann unabhängiger.

    Durch die Schlacht von Poitiers 732 n. Chr. setzt meiner Meinung nach das Feudalistische Europa ein, Großgrundbesitzer werden geadelt, Aristokratie und Kirche stützen eine monarchisches System, das das christliche Europa ist. Deren Hochphase beginnt mMn 1076 mit dem Investiturstreit und endet irgendwann um 1500 mit den Bauernkriegen. Danach gehts eigentlich mit dem Adel langsam berg ab, da der dritte Stand, insbesondere die städtische Mittel - und Oberschicht zu einem Bürgertum erstarken. Die Aufklärung die um 1700 beginnt läutet den Sonnenuntergang ein und Mitternacht tritt 1789 mit der Französischen Revolution ein, die das Gedankengut der Aufklärung in praktische-verdauliche Projektile verpackt und quer durch Europa in die Köpfe der Menschen schießt.
    Das Adelssystem hat aber auch eine stetig wachsende Bedeutung und ist nicht plötzlich da. Das ganze läuft ja mehr oder weniger von Anfang an ab wie folgt: Zunächst Helfer des Königs, welche durch die Ämter die sie ausführen, zu Adligen werden und diesen Namen dann an ihre Kinder vererben. Aber diese Entwicklung lässt sich bis heute verfolgen. Die von der englischen Königin zu Rittern geschlagenen Menschen erfüllen im Prinzip die gleichen Kriterien, wie jemand der um 800 zum Adligen erklärt wurde. Vielleicht heute ein wenig standardisierter, aber von der Grundtendenz nicht. Der Adel als Institution wird meiner Meinung nach erst mit der Frühen Neuzeit wirklich mächtig, vorher waren lediglich die Mächtigen zum Teil auch Adlige (wenn man mal von der großen Menge an in Kirchenhand liegender absieht - im Reich also überspitzt: Wenn man die Hälfte betrachtet, die nicht irgendwie in irgendwie kirchlich geartetem Besitz [Klöster, Bischöfe, Stifte] war). In Städten vertreiben die dortigen Oberschichten ihre eigentlichen Stadtherren ja bereits seit dem 12./13. Jahrhundert, also ist dort die Abgrenzung auch schwierig.

    Französische Revolution als massiver Einschnitt in der Vorstellungswelt ist aber natürlich auch wahr. Da ist wirklich ein massiver Bruch.

    1815 würde ich sagen, dass die Hochphase der Aufklärung und Revolution zu Ende ist, an dessen Stelle tritt das Ringen des Nationalismus mit dem restaurativen Adel. Der Nationalismus findet schließlich seine Höhepunkte 1861 mit der italienischen Einigung und 1871 mit der Begründung des Deutschen Kaiserreichs, welche aus Sicht von Benjamin Disraeli noch bedeutsamer war als die Revolution 1789. Der Nationalismus gipfelt schließlich im ersten Weltkrieg, danach wird er durch einen Rassebegriff ersetzt, der versucht nationalistische Elemente mit Darwin zu verbinden (manche Menschen aus ausgewählten Ländern sind gleich, deswegen müssen wir sie einigen, damit wir zusammen den unterlegenen Menschentypus ausrotten können). Nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt eine Phase des (kalten) Friedens. In Westeuropa rückt man näher zusammen, und nach dem Mauerfall versucht man den Osten auch noch in diesen Schulterschluss einzufügen.
    Naja, ist der Nationalismus als solcher nicht eigentlich einer der Hauptbestandteile der Revolution? Es geht ja "Für Frankreich" im Gegensatz zu "Für den König" - ein Gedanke der vorher nicht gedacht wurde, weil Reich und Herrschaft miteinander zusammenhingen. Dass ein Reich ohne Königsfigur möglich war zu denken, das ist ja eigentlich eine der Grundvoraussetzung und Hauptbestandteil der Französischen Revolution. Den Teil mit der Rasse würde ich so nicht unbedingt vom Nationalismus trennen. Es ist ja gedanklich nur ein Katzensprung von "Wir als Volk" zu "Wir als Rasse", die dann jeweils besser sind als der Rest der Welt.

    Ich würde dann für Europa den Umbruch der Denkweise erst in den späten 1950ern-1960ern sehen. Erst da wird Völkerverständigung und das Verständnis, dass übernationale Systeme gut sein können in der Politik in Frankreich und Deutschland groß weiter gedacht. Dabei ist der Sozialismus auch nur ein Symptom und das Ende der Sowjetunion in der Denkweise kein so großer Bruch.

    4000 Jahre europäischer Geschichte so kurz zusammenzufassen ist eigentlich pervers, insbesondere weil ich Reformation, Kolonialismus, Kreuzzüge, Wikinger und vieles mehr nicht einmal erwähnt habe.

    Eigentlich müsste man dazu mal ein Buch verfassen: einfach gezielt ein paar wichtige Sachen aus der Weltgeschichte ignorieren und schauen, wie man den Rest irgendwie erklären kann (Amerika ohne Kolonialismus und Reformation versuchen zu erklären wäre sicherlich interessant ).
    Wäre schon interessant, ja. Müsste man mal alles ein bisschen weiterspinnen.

    Edit: Crosspost!
    Cancel Culture ist ein Synonym für kritische Gesellschaft.
    Wokeness ist ein Synonym für Anstand.

    The sad truth is/you'd rather follow the school into the net
    cause swimming alone in the sea/is not the kind of freedom that you actually want
    Re-gaining Unconsciousness (NOFX)

  15. #765
    Rebellenschreck Avatar von Großadmiral Thrawn
    Registriert seit
    08.06.13
    Ort
    Bologna
    Beiträge
    5.044
    Ich denke wir haben einfach ein generelles Problem, wenn wir versuchen die komplexen und multikausalen Vorgänge in der Geschichte irgendwie in Epochen zu verpacken. Viel zu viele Sachen fallen unter den Tisch - bewusst oder unbewusst. Was eigentlich auch ganz interessant wäre, wäre den Einfluss der Sprache auf die Geschichte zu betrachten. Man sagt ja, dass die gesprochene(n) Sprache(n) das Denken vorgeben.

    Aber ich muss den beiden Vorpostern recht geben, was meine "Kurzzusammenfassung" der europäischen Geschichte angeht, da stimmt es natürlich vorne und hinten nicht, einfach weil ich mich kurzfassen wollte.
    PBEM[296]Der letzte Kaiser
    PBEM[295] Im Osten nichts Neues

    PBEM[294] Ich einfach unerschrecklich

    Hier könnte Ihre Werbung stehen!

    Achtung Spoiler:
    Oder auch nicht


Seite 51 von 236 ErsteErste ... 4147484950515253545561101151 ... LetzteLetzte

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •