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Thema: [Drakensang2 / Bezahl-Story] Mary Sue geht planschen

  1. #1
    Im Monsterland
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    [Drakensang2 / Bezahl-Story] Mary Sue geht planschen

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    Hallo, Leute.

    Nach dem Spiel ist vor dem Spiel – sagt man. In einer Hinsicht stimmt es auch: Mit dem ersten Teil bin ich (spieltechnisch) durch und was mir an Bildern noch bleibt, wird sicher den Mai nicht mehr erleben. Die Zahl mag zwar noch beeindrucken, aber ich weiß auch: Es sind viele Dungeons dabei, die lassen sich kurz zusammenfassen. Lasst mich also jetzt einen Plan umsetzen, den ich schon seit einigen Monaten mit mir herumtrage, denn wenn ich warte, werde ich vielleicht noch weich. Endeuphorie ist nun einmal etwas ganz Gefährliches, fast wie jene am Anfang.

    Lasst mich zunächst einmal zurückblicken. Da gab es Leser, die die Geschichte sehr bereicherten und denen ich für ihre Zeit und Unterstützung dankbar bin, aber es gab einfach auch solche Momente, in denen ich zweifelte und mich fragte, ob sie nun das Problem sind oder ich.
    Es ist sicher nicht falsch, wenn ich sage: Mir ist nach all den Jahren noch nie eine Story so schwer gefallen. Zeitweilig quälte ich mich durch und sie stand auch häufiger vor dem Abbruch als ihr ahnt.
    Im Vorwort schrieb ich noch, mein Ziel sei es, meinen Namen im Forum wieder bekannter zu machen. Sicher ist dies passiert, doch, seien wir ehrlich, nicht mehr. Ich blicke zurück auf den (nach eigenem Empfinden) „Tiefpunkt meiner Storyschreiberkarriere“ und frage mich, was es mir brachte. Der Titel „Story des Monats“ wird wohl an mir vorüberziehen, macht euch da besser nicht mehr Illusionen als ich.

    Das führt uns langsam zu dem Kern des Problems: Ich schreibe eigentlich gerne Storys, doch ich sehe es als Ehrenamt – und da erschüttert es, wenn einem Ehre und Amt (= Entscheidungsrecht) nicht zuerkannt werden.

    Das waren Drachen und Kaiserinnen, schließen wir dieses Kapitel. Ich möchte nicht klagen, aber ich möchte verstehen, warum ich nun tue, was ich tue. Ich weiß nämlich, es wird euch nicht gefallen.
    Mary Sues Planschgang gehört zu einer frisch erdachten Art der Geschichten, zu einer Bezahlstory. Das heißt Folgendes:

    a.) Mein Browser zeigt 15 Posts pro Seite an.
    b.) Die erste Seite schenke ich euch (als Textprobe), jede weitere Seite kostet das Forum 1 €.
    c.) Per PN sind meine Bankdaten zu erhalten. Es ist mir gleich, wer die neuen Seiten bezahlt, solange sie bezahlt werden.
    d.) Eine Spendenquittung gibt es nicht, da es sich schlicht und ergreifend nicht um eine Spende handelt. Ich verspreche jedoch, die Einnahmen in meiner Steuererklärung auftauchen und den Staat daran teilhaben zu lassen.
    e.) Ich werde die Zahl der bezahlten Seiten veröffentlichen, die Zahlernamen jedoch nur auf Wunsch.

    Zuletzt möchte ich anmerken, dass ich die Bezahlung als rein symbolisch ansehe – schon die Drachenkaiserin hat mich, da sie teilweise in Netzcafes entstand, mehr gekostet als die 50 €, die sie mir (noch ohne Steuern) eingebracht hätte.

    Dieser Punkt ist wichtig und ich möchte, dass er nicht überlesen wird. Deshalb vertage ich mich auf heute Abend.

    Bis dahin und schöne Grüße,
    Christian / Ghaldak
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  2. #2
    starc und vil küene Avatar von Louis XV.
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    Ich finde es ja prinzipiell gut, wenn (auch im Internet) für Dinge bezahlt wird.

    Aber trotz deines ausführlichen Texts kapiere ich deine Beweggründe nicht ganz.

    Was genau möchtest du denn jetzt erreichen? Dass du dir des Zuspruchs sicher sein kannst? Ist da eine große Zahl an Lesern nicht deutlich befriedigender, als eine Handvoll Leser, die ein paar Euro zuschießt? Wenn du das Gefühl hast, deine Storys oder deine Arbeit werden nicht ausreichend gewürdigt... dann schreib doch einfach nicht.

    Dass in diese Art von Storys unendlich viel Arbeit, Zeit und letztendlich damit auch unbezahlte Arbeit einfließen, sollte wohl jedem klar sein. Für Leute wie mich, die sich andernorts für ähnlichen Arbeitsaufwand per Stunde entlohnen lassen würden, sowieso. Letztlich ist alles, was ich hier an Storys oder Beiträgen schreibe Zeit, in der ich stattdessen auch andere, kreative Aufträge planen und damit Geld scheffeln könnte. Warum ich mach ich das nicht? Weil ich der Meinung bin, dass es auch eine Zeit während des Tages geben muss, an der ich Spaß habe.

    Wenn ich keinen Spaß hätte, würde ich das hier nicht machen.

    Von all dem abgesehen halte ich das "Einer zahlt für alle"-Modell auch schon deswegen etwas fragwürdig, weil sich hier im Forum sehr unterschiedliche Gehaltsklassen tummeln. Vielleicht gefallen einem Schüler deine Storys besonders, und deswegen drückt er dann 10 Euro von seinem Taschengeld ab, die der Fachingenieur, der die Story ebenfalls ließt, sehr viel leichter hätte entbehren können. Insofern würde ich sagen, wenn, dann eher konsequent: Schick die Story halt jenen zu, die dafür zahlen wollen. Ich werde das dann allerdings eher nicht sein. Ich hab zwar oben geschrieben, dass ich bezahlen finde, aber es kommt halt auf das Umfeld an: Ein Forum wie dieses, das vom Miteinander lebt, wo Leser ihre Kommentare abgeben und dadurch erst die Story so richtig bereichern, und umgekehrt auch selbst Storys schreiben, erscheint mir ein schlechtes Umfeld.

  3. #3
    Registrierter Benutzer Avatar von civler
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    ...

  4. #4

  5. #5
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  6. #6
    Feuer und Blut Avatar von Bolivar
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    Bitte lesen!

    Achtung Spoiler:


    Zitat Zitat von Nightmare Beitrag anzeigen
    Yaci wurde von Yeah5000 aufgeschlizt
    Yeah5000: oh sorry
    Zitat Zitat von Sarim Beitrag anzeigen
    NEIN! WENN DU DAS MACHST WAS ICH DIR SAGE!
    GEH IN DAS GOTRTVERDAMMTE MP MENU UND ÄNDERE DORT DEINEN NAMEN!
    DANN KLICKST DU AUF ZURÜCK UND LADEST DEIN SPIEL VERDAMMT NOCH MAL!

  7. #7
    Grünkohlgroßmaul Avatar von Bassewitz
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    Ich habe es echt geglaubt.
    Zitat Zitat von Azrael Beitrag anzeigen
    Was Basse sagt. :D
    Zitat Zitat von Simato Beitrag anzeigen
    Passe, wenn nicht Basse :schwaerm:
    Zitat Zitat von Kaiserin Uschi Beitrag anzeigen
    Jeder mag Basse!

  8. #8
    User Avatar von Roter Erik
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    @Christian:

    @Louis: Dein Beitrag setzt dem Ganzen noch die Krone auf
    Zu geil

  9. #9

  10. #10
    starc und vil küene Avatar von Louis XV.
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    Zitat Zitat von Roter Erik Beitrag anzeigen
    @Louis: Dein Beitrag setzt dem Ganzen noch die Krone auf
    Zu geil



  11. #11
    Im Monsterland
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    Vorspiel und so – Märchenstunde mit Tony Ghaloni

    Tony Ghaloni:
    Aus dem Dunkel des Hintergrundes erscheint mit schweren Schritten ein Mann. Er sieht sich um, nimmt einen Schluck aus dem Strohhalm seines Cocktails, lässt sein bekanntes, längst einstudiertes Lächeln auf die Runde wirken und versucht, die ersten Worte seines Monologs zu finden. Sein Name lautet Tony Ghaloni und die fünf Jahre, die er auf der Bühne verbringt, fühlen sich wie fünfzig an. Er ist zu alt geworden und wo er früher bemüht war, sich zu präsentieren, beschränkt er sich heute damit, abzulenken: Mit einer exzentrischen Frisur, die aussieht, als habe er einen Billig-Friseur noch weiter runterdrücken können, von seinen leeren, müden Augen mit den roten Rändern, mit schrillen Klamotten von seinem immer schwerer zu verbergenden Bauchansatz und mit einer Gitarre an einem Gurt, die er nicht spielen kann, von seinem wankenden Gang. Sein Nuscheln lässt er mit langjähriger Übung wie einen Akzent wirken, seinen bunten Cocktail mit dem Strohhalm führt er wie ein Mikrophon und nimmt nur dann einen Schluck, wenn er Unsicherheiten verbergen muss.
    Das muss er nicht oft. Das, was er tut, geht nur noch so. Das ist ganz einfach.


    „Meine Damen und Herren, liebes Publikum.
    Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blich. Im Tale grünet Hoffnungs-Glück, der alte Winter, in seiner Schwäche, zog sich in raue Berge zurück. So freue ich mich, dass Sie es alle hierher geschafft haben, um nun mit uns die heutige Show zu erleben. Damit gebe ich das Wort an meine wunderbare Assistentin Chantalle.“

    Mit einer Geste lässt er die Anklatscher im Publikum wissen, dass sie nun ihr Geld zu verdienen haben. Er wendet sich schwankend ab, doch bleibt noch einmal stehen.

    „Seht der Chantalle nach, wenn sie etwas hölzern wirkt. Es ist ihr erstes Mal. Ich habe ihr versprochen, ich bringe sie groß raus.“

    Die Anklatscher können auch lachen, steht ja auch so in ihrem Vertrag. Tony Ghaloni verharrt auf der Bühne und stimmt seine Gitarre. Das wird Vorfreude im Publikum wecken, denkt er sich, und die Aufmerksamkeit vom Vortrag abziehen. Er glaubt zwar nicht, dass die Chantalle ihn an die Wand spielt, aber zu sicher sollte man sich dessen nicht sein.


    Die Assistentin Chantalle:

    Die Chantalle, von ihren Freunden auch liebevoll Chantali genannt, trägt ein großes Buch im Arm – und damit mehr Papier als Stoff am Körper. Sie ist ein Mädchen unbestimmten Alters, welches bei ihren Versuchen, älter und doch jünger zu wirken, sich keinen Gefallen tat. Vielleicht hätte man maskenbildnerisch etwas aus ihr machen können, hätte man ihr wasserstoffblondiertes Haar heilen lassen und mit einem Spachtel die schlimmsten Schmink-Fehlgriffe abgekratzt, doch wäre dann spätestens dann wieder alles ruiniert gewesen, wenn sie den Mund geöffnet und ihre widerlich kreischende Stimme ertönen lassen hätte. Sie steht im Raum und schlägt das Buch auf, doch liest sie vom Teleprompter ab – was, wenn man es recht überlegt, reichlich sinnlos ist.

    „Die Deutschen Truppen lagen nur noch wenige Kilometer vor Moskau, bereit, dem elenden Bolschewiki endgültig den Gar auszumachen. Beseelt von der deutschen Hymne…“


    Tony Ghaloni:

    Tony Ghaloni löst sich vom Anblick ihres Ausschnitts. Das ist sein Einsatz.

    „Chantali, nein, mit 69 meinte ich doch nicht Seite 69! Du liest natürlich von Seite 1!“

    Er lächelt breit, betätschelt sie und flüstert: „Braves Mädchen!“


    Die Assistentin Chantalle:

    „Unsere Geschichte beginnt im Jahre 1048 (BF). Nach vielen trockenen und heißen Sommern ist das Mittelreich eine wüstenähnliche Landschaft. Sämtliche Wasservorräte sind geschrumpft, ebenso der Intelligenzquotient eines großen Teiles der Bevölkerung. Das Land wird von dem Herrscher rAdo (sic!) regiert, dem Gott der Deppen, der aus Schulen Rüstungsläden machte, Universitäten zu Schenken umbauen ließ und in den Bibliotheken alle wissenschaftlichen Bücher eliminierte, um sie gegen die Ausgabe Nummer 126 des Aventurischen Boten auszutauschen (in der wurde nämlich von seinen „Heldentaten“ berichtet). Es herrschten strenge Gesetze, so sind zum Beispiel Geschichten zu PC-Spielen verboten, da sie zum kritischen Denken anregen. Die einzig erlaubte Musik ist Boom-Boom-Rock. Die Storyschreiber sind in den Untergrund abgetaucht, denn sie werden von der Foren-Polizei gejagt, einer militärischen Einheit, deren Kopf Forgrimm der Zwerg ist, ein ehemaliger Drachenjäger-Söldneraus dem Riesland. Eine aussichtslose Situation, gäbe es nicht diese alte Schriftrolle aus dem Jahre 845, die da sagt: Die Befreiung von einem Tyrannen gelingt nur dann, wenn ein junges Mädchen im letzten verbliebenen Tannenwald das Baby mit dem Goldzahn findet, es ihm diesen Zahn zieht und ihn in den Brunnen der Weisheit wirft. Freudig und voller Zuversicht betrat Lea die neue Welt, gespannt, wem oder was sie alles begegnen würde.“


    Tony Ghaloni:

    „Halt! Halt! Halt!
    So wird das nichts. Eine Lea? Gab’s nicht schon eine Elena? Und eine Eleana, genannt Lea? Zahlreiche weitere Figuren dieses Namens – und, vor allem, fast schon viel zu viele Verweise darauf? Das geht echt nicht…
    … und außerdem ist die fett und hässlich. So will man doch keine Heldin haben. Die ist außerdem fett und hässlich und furchtbar gekleidet. Das geht nicht. Nein. Nein. Nein!
    Komm, Chantali, wir gehen in meine Garderobe und warten darauf, dass diese Stümper ein besseres Drehbuch zusammenbekommen! Regie?
    Ihr hört mich. Ihr könnt mich mal. Nicht mit mir. Habt ihr es gehört? Nicht mit mir!“

    Beide gehen ab und lassen das Buch zurück, auf einer zufälligen Seite aufgeschlagen auf dem Boden liegend. Ein Assistent in unauffälliger schwarzer Kleidung stürmt auf die Bühne, starrt zwischen Buch und Publikum hin und her und lässt sich anmerken, wie es in den Tiefen seines Schädels mechanisch rattert. Irgendwie muss was passieren und alles anders werden – nur wie?
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  12. #12
    Im Monsterland
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    ... Ja, gut. Ist ja einiges passiert hier.
    Ich kann zu den Vorwürfen, die im Raum stehen, keine Stellung beziehen - sie weder bestätigen noch dementieren -, also was mache ich nun? Am Besten fahre ich einfach noch ein Weilchen fort, da meinem "literarischen A*********z" bislang noch das Literarische fehlt. Wer sich berufen fühlt, sich zu echauffieren oder mir die Jungfräulichkeit seiner Schwester/Tochter anzubieten, der lasse sich bitte nicht davon abbringen. Ich habe mir nämlich wirklich Mühe gegeben.

    ps: Die Zitate oben stammten übrigens aus dem Badesalz-Film "Das Mädchen mit dem Goldzahn" und fand ich ganz passend (oder zumindest unterhaltsam).
    pps: Ich gönne mir vorher allerdings noch eine kleine Pause. Eigentlich wollte ich ja auch noch gar nicht zu Hause sein.
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  13. #13
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    # Sie haben gerade einen Burnsy© Qualitätspost gelesen!
    # Ich biete Seminare zum Aufreißen von Frauen an!

  14. #14
    Im Monsterland
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    Kapitel 1-1 – Die traurige Geschichte eines glücklichen Mädchens

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    Diese Geschichte dreht sich um einen Anfang und um ein Ende – darum, dass in einem Ende oft ein neuer Anfang und in einem Anfang schon das Ende ruht, darum, dass man durch Erfolg seine Ziele verliert und nicht immer siegen muss, um sie zu erreichen. Es ist die Geschichte eines Mädchens, das zur Frau wurde, da erst die Jugend in sich entdeckte und erneut reifte. Vielleicht kennt ihr sie unter irgendeinem ihrer vielen Namen, als irgendeines ihrer vielen Gesichter oder doch nur als Frau hinter der Maske – in Wahrheit heißt sie Kladdis und nun könnt ihr sie betrachten, wie sie auf dem Dach sitzt, nicht allein, aber einsam. Sie sitzt gerne auf Dächern oder auf Fensterbänken oder auf Tischen oder… ach, überall, nur nicht auf Stühlen, denn Stühle hatten nun einmal eine Funktion und indem man sie respektierte, ordnete man sich ihr unter und fügte sich ein. Das war Kladdis zuwider – und außerdem war es Kladdis gar nicht möglich. Sie war nämlich eine ganz besondere Frau in einer Gesellschaft ohne Platz für ganz besondere Frauen. Das lag nicht zuletzt in ihrer Herkunft begründet.
    Kladdis’ Mutter hieß Mora (richtig, wie der Zwergenprinz, nur rückwärts), doch auch sie führte viele Namen und Gesichter. Sie hatte ein schönes Lächeln, einen schönen Körper und eine Menge Fähigkeiten und nutzte dies als erfolgreiche Diebin – sie wollte es damit ganz an die Spitze schaffen, um auf die Gesellschaft herabblicken zu können, in die sie sich nicht einfügen konnte. Immerhin konnte sie nie zaubern und trug auch nie eine Maske, zwei Dinge, die Kladdis, ohne dass sie sich erklären konnte, warum, doch sehr beruhigten.
    Eines Tages, als Mora ihren schönen Körper und ihr schönes Lächeln einmal zu oft benutzt hatte, entstand Kladdis, doch weil sie sich auch biologischen Zwängen nicht unterordnen wollte – und es vielleicht auch nicht konnte -, ließ die Mutter ihre Tochter sitzen und machte dort weiter, wo sie aufgehört hatte. Hier verliert sich ihre Spur im Lauf der Geschichte und die einzigen Gerüchte, sie habe sich in einen Zwergenprinzen verwandelt, kann man wohl als übertrieben ansehen.
    So blieb Kladdis zurück, ohne Mutter, doch mit drei Vätern – und es waren drei besondere Väter. Da war Cuano, Diebespriester und König der Diebe, da war Forgrimm, der zwergische Söldner, und ganz zuletzt war da Ardo, der für sich allein schon einen Fall für sich darstellte. Er war unglaublich stark, unglaublich reich, unglaublich edel, unglaublich toll und… noch nicht Teil dieser Geschichte.
    Drei Männer bemühten sich zu abwechselnden Zeiten um das kleine, immer größer werdende Mädchen und hinterließen jeder ihre Spuren an ihr, auch weil Kladdis an ihren Rockzipfeln hing, um nicht zu werden wie ihre Mutter. Sie war, wenn sie nun zurückblickend feststellte, schon immer lieber mit Männern als mit Frauen zusammen gewesen, gleich ob es Cuanos Handlanger oder die Stammgäste in der Sanften Sau waren, und so verwunderte es nicht, dass sie kämpfen und saufen konnte wie Forgrimm, stahl und feilschte wie Cuano oder abenteuerlustig (und toll) war wie Ardo, dass sie ihr Haar kurz trug und ihre weiblichen Reize meist verbarg, und mit ihren 23 Lenzen nun schon eine Menge erlebt und gesehen hatte. Lächelnd streichelt sie ihre Katze, die protestierend davonhuscht. Kladdis, die als Nachnamen die Bezeichnung der Sippe Forgrimms führte (Schladromir), Cuanos Tochter war und von Ardo aufgezogen wurde, schwingt sich herab vom Dach durch ein offenes Fenster hinein in das nächtlich leere Haus. Sie war die Essenz vierer Helden, denkt sie sich, und noch eines mehr: Sie konnte zaubern, und das hatte ihr niemand der vier beigebracht, das konnte sie einfach.
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  15. #15
    Im Monsterland
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    Im Haus, in der mehr Bilder von ihr hingen als von Ardo, seiner Frau und seinen Kindern zusammen, möchte sie nicht schlafen, sondern geht ziellos herum. Sie könnte auch gar nicht schlafen gehen, mault sie still vor sich hin, in einer Villa mit endlos vielen Studierzimmern, aber keinem einzigen Bett. Sie will es auch nicht. Sie muss nachdenken. In den letzten Monaten hatte sich vieles verändert, auch und vor allem hier: Sie war immer unterwegs gewesen und das Haus war voll. Nun war sie schon seit Wochen hier, fast allein. Es raubte ihr schier den Verstand.
    Sie brauchte nun ein Bier, ein schönes Helles Ferdoker. Da hieß es Suchen. Wo hatte diese Alchimistin nur den Kühlschrank hingeräumt, ehe sie verschwunden war? Hatte sie ihn gar mitgenommen?
    Ihr Leben, in dem so viele Männer ihr Revier markierten, war ausgerechnet durch eine Frau durcheinander gewürfelt worden. Sie hieß Rohaja, war Kaiserin des Mittelreichs und Königin der Kosch und wurde durch einen dummen Zufall von ihrem Reisekaiserhof getrennt. In Ferdok hatten sie sich mehr zufällig getroffen, nachdem Ardo ermordet wurde und sie beide seinen Tod untersuchten, sie als den ihres Vaters, die Kaiserin als den eines Freundes und älteren Ratgebers, und aus einem Abenteuer hatte sich ein anderes entwickelt: Mordende Kulte, eine verrückte Handelsherrin, Lindwürmer, Oger, Zyklopen, einen leibhaftigen Drachen, ein Haufen Zwerge und richtig viele Drachenmenschen – sie war dabei gewesen, von fast Anfang an bis zum Ende, zusammen mit Forgrimm, der Amazone Rhulana und den Elfen Ancoron und Gwendala, doch stach sie heraus, sie gab es immer, alle anderen nicht.
    Kladdis lächelte, als sie an die Kaiserin dachte. Sie war doch eigentlich eine furchtbare Frau, furchtbar grob, sehr unentspannt, beinahe nur maulend und so still, dass man sie nur dann hörte, wenn es etwas zu schreien gab. Und doch… Warum konnte sie nicht anders, als die Frau, die nach einer Zauberin benannt wurde und dann doch die Kriegerstiefel anschnallen musste, sympathisch zu finden, sie war damals einsam und brauchte einen Ersatz für ihre ins Eisland verbannte zaubermächtige Zwillingsschwester, Kladdis bewunderte eine so ganz andere Frau, die ihr dennoch in der Suche nach einer eigenen Identität so vertraut vorkam,… und wenn sie ehrlich war, war da vielleicht noch mehr, aber das war wohl die Folge, wenn man als Frau von einem männlichen Spieler erdacht wurde. Sie fand jedenfalls die Frau Roja H. ganz furchtbar… und sehnte sich doch furchtbar danach, ihr rau gerufenes „Kladde!“ zu hören.
    Die Kaiserin war fort. Sie musste einen Schmied suchen, der sie aus der goldenen Rüstung herausschnitt, noch ehe sie dem Kaiserhof über dem Weg lief und Fragen beantworten musste. Rhulana war ebenfalls fort. Zunächst wollte sie bleiben und eine Weiterbildung zur Tanzlehrerin antreten, doch dann entschied sie sich anders, warf sich in luftige Klamotten und brannte mit Dranor durch, Verbleib ungewiss. Auralia? Wieder gegenüber. Nasreddin? Weiß nicht, wer war das.
    Gwendala und Ancoron waren zwar noch da, doch sie beschäftigten sich fast nur noch miteinander; sie führten eine frische, dennoch komplizierte Beziehung, in der er seinen inneren Schmerz über das Ende seiner Sippe überwinden wollte und sie ihm dabei half, auch um für sich eine neue Aufgabe zu finden, und das klang zwar alles hochphilosophisch, äußerte sich jedoch dadurch, dass sie sich durch den ganzen Garten vögelten, von einem Busch zum anderen, und es für die verbliebenen Hausbewohner eine Region mehr gab, die sie nicht aufsuchen wollten. Das ließ dann auch Traldar die Zeichen der Zeit erkennen und zu seiner Burg zurückkehren… oder brach er schon vorher auf?
    Kladdis ließ sich mit einem Krug Hellen Ferdoker in der einen Hand und einem Krug Gulmondtee in der anderen im Sessel des Kaminzimmers nieder und wünschte sich, das Feuer würde brennen. So sah man sie in letzter Zeit nicht nur auf dem Haus, sondern auch in den Lokalitäten der Stadt – der Gulmondtee mochte die Wirkung des Bieres aufheben und die Mischung unsinnig erscheinen lassen, doch ging es ihr nun einmal um die Signalwirkung: Eine Frau, die sich mit zwei Krügen ganz allein betrinkt, hat Probleme und wünscht sich Gesellschaft – dringend. Sehr dringend. Ganz doll dringend!
    Ein Kerl, der sie wie Dreck behandelte, wäre jetzt schön, dachte sie. So eine richtig lange, hässliche, ausgesprochen körperliche Beziehung. Dann hätte sie wenigstens einen verständlichen Grund zu Klagen.
    Dumme Gedanken. Sie verscheucht sie lieber.
    „Na, Dranor?“, fragt sie in das Nichts, an dem so lange dieser nichtsnutzige Schönling geweilt hatte, „Wie geht es Salina? Was ist mit Viola? Ach ja, richtig, Rhulana heißt ja deine Jetzige. Dir ist doch an Frauen bloß wichtig, dass sie Brüste haben!“ Sie war lauter geworden, als schicklich war. Das lag am Bier. Erst der linke Krug, dann der rechte, andersherum ergab es ja auch keinen Sinn.
    Kladdis schämte sich ein bisschen, dass sie sie mit Geistern sprach, sich sinnlos betrank und auch ein bisschen dessen, dass sie kleine Brüste hatte. In ihrem Rücken hing ein Bild von Ardo, Forgrimm, Cuano und ihr als Säugling – und war sie ehrlich, spürte sie die verachtenden Blicke der vier auf ihr Jetzt-Ich. Aber was sollte sie tun? Um selbst Königin der Diebe zu werden, musste sie ihren Vater entthronen, und das war auch irgendwie falsch.
    Kladdis konnte die Geister nicht mehr ertragen, das erloschene Kaminfeuer oder die Blicke von Bildern, sie erhob sich, sah sich mit erstaunlich klarem Blick über Bier und ganz besonders über Gulmondtee stehend und folgte ihrem ersten Impuls: „Elllfsche, seid ruisch!“, nuschelte sie auf ihrem wankenden Gang nach draußen. Sie brauchte einfach die Offenheit des Raumes und frische Luft. Sterne über ihr – nichts anderes.
    Unberührt blickte sie an der Brüstung lehnend auf den nachtdunklen Bewuchs herab, verfluchte glückliche, doch nicht zu sehende Elfen und hatte sich doch gegen die Kühle in diese unglaublich weiche Elfenrobe gehüllt. Eigentlich war sie ja gar nicht böse, dachte sie, nur unglücklich. Immer noch über den Dingen stehend, aber eben nicht so frei davon, wie sie wollte.
    „Schön grau, nicht wahr? Diese Pflanzen und so.“ Sie wandte sich um und erblickte Jost. In seinem wattierten Wappenrock wirkte er wie ein ausrangiertes Möbelstück, das abzuholen vergessen wurde. Sie erinnerte sich nicht, in all den Monaten, seit sie ihn befreite, auch nur zwei Worte mit ihm gewechselt zu haben.
    Damals war damals und jetzt war jetzt… und die Jetzt-Kladdis war betrunken und verzweifelt.
    „Hast du Lust, mit mir zu schlafen?“, hörte sie sich sagen. „Gleich jetzt? Gleich hier?“ Mit einer einfachen Bewegung ließ sie die Elfenrobe herabgleiten und offenbarte… ihr neues, blaues Leinenkleid. Ach, Mist, dachte sie, ich war ja noch auf dem Dach gewesen. Sehr oft in letzter Zeit war sie fast nackt gewesen… und doch immer allein.
    Jost, dieser Polstersessel mit Schafswollfüllung und Schafsblick, starrte sie beinahe hilflos an. Sie würde unsagbar schwach wirken, wenn sie sich erklärte. Trotzdem tat sie es. „Kein Mann interessiert sich für eine Drachentöterin. Frauen, ja, Frauen lieben starke Partner, aber Männer? Die fürchten sich davon, dass der Partner zu stark sein könnte. Ich weiß das. Glaube mir, ich weiß das. Ich habe mich sogar im roten Kleid an die Hafenkante gestellt und gerufen: ‚Die Kecke Kladdis ist billiger.’, aber…“ Sie schüttelte den Kopf. War das tatsächlich eine ihrer Erinnerungen oder nur eine dumme Idee? „Ich bin einfach zu stark für jeden. Zu schön… zu stark… für jeden. Nicht einmal die Kaiserin ruft mich mehr zu sich. Jeden Tag warte ich auf ihren Boten, von früh bis spät…“
    Jost fand Worte. Er klammerte sich an den Satz, den er im Haus schon seit Monaten präsentierte und der ihn diesmal wohl auch nicht im Stich ließ: „Ich war auch einmal verliebt. Dann heiratete sie aber meinen Bruder.“
    Kladdis blickte ihn böse an. „Hätte ich an ihrer Stelle auch gemacht.“
    Sich mit Jost geistig zu duellieren war wie auf einen Welpen einzuprügeln. Kladdis fand sein Schweigen so unglaublich unerfüllend. Fast sehnte sie sich nach ihrem Dach zurück.
    „Warum bist du nur so? Du bist doch sonst so unbeschwert?“, fragte er. Kladdis lachte höhnisch: „Ich bin eben nicht immer gleich. Ich bin manchmal anders. Das nennt sich Charaktertiefe.“

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