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Thema: [Her'ul Universum] Erstkontakt

  1. #1
    Mag Ratten Avatar von Rattenkind
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    [Her'ul Universum] Erstkontakt

    Hallo Forum!

    Neben meiner kleinen GPS2-RoN-Story möchte ich das Forum hier mal nutzen, um ein paar andere kreative Ergüsse von mir mit euch zu teilen. Dabei geht es nicht um irgendein Spiel sondern um ein SciFi-Universum das ich mich schon seit Jahren, mal mehr mal weniger aktiv, zusammenspinne. Dabei hat sich mittlerweile schon einiges an Hintergrund angesammelt, teilweise durch andere Quellen inspiriert (sowas bleibt halt nicht aus), aber größtenteils doch den eigenen grauen Zellen mühsam abgerungen. Ich hoffe daher auf reichlich konstruktive Kritik, bitte aber auch darum, das, was ich hier schreibe, als mein geistiges Eigentum zum respektieren.
    Eventuelle Fragen werde ich in Grenzen gerne beantworten, wobei ich mich aber bemühen will, nicht allzu viel zu spoilern.

    In dem Sinne kommt hier der erste Teil meiner Story:

    ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

    Prolog

    “Mit großer Macht geht große Verantwortung einher” - Voltaire

    Ich stand in einem Meer aus Licht und Farben als mein erster Offizier die Worte sprach, die mein Leben veränderten. Bunte Symbole verschiedenster Form und Größe umschwirrten mich wie ein Schwarm aufgescheuchter Glühwürmchen. Zahlen und Buchstabenreihen begleiteten die “Glühwürmchen”, lieferten Informationen über technische Daten, Flugvektoren und Geschwindigkeiten der Schiffe, für welche die “Glühwürmchen” standen. Ein einfaches Hologramm zur Darstellung des umgebenden Weltraums in schematischer Form und gleichzeitig ein anmutiger Reigen von sich umtanzenden Lichtern. Doch diese Lichter tanzten den Tanz des Todes.
    Und eins von ihnen hatte soeben seine Farbe von bronzen auf grau gewechselt.
    “Das Schiff des Flottenkommandanten wurde zerstört. Sie sind nun die Oberkommandierende der Flotte, Kommandantin.”
    Es waren wenige Worte und sie standen in ihrer Nüchternheit in keinem Verhältnis zu ihrem grauenhaften Inhalt. Das Schiff des Flottenkommandanten wurde zerstört. Und mit dem Flaggschiff über zweitausend Mann Besatzung. Und die Emotionslosigkeit der Worte stand in keinem Verhältnis zu der Bedeutung, die sie für mich persönlich hatten. Von einem Augenblick zum nächsten trug ich nicht nur die Verantwortung für mein eigenes Schiff, sondern für den Erfolg einer der wichtigsten Gefechte dieses unsäglichen Krieges. Ich wusste, ich galt als eine der vielversprechendsten Kommandanten der Raumflotte, andernfalls würde ich mit nur sechsundzwanzig Jahren noch keinen Schlachtkreuzer wie die Glorreiche Erleuchtung kommandieren. Aber das Kommando über eine ganze Flotte? Ich spürte, wie sich förmlich ein Knoten in meinen Eingeweiden bildete. Meine Fehler entscheiden nun über das Schicksal des Sternenreiches. Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass die Schwerkraftgeneratoren einen übereifrigen Dienst verrichteten, so schwer schien mir die Last auf meine Schultern. Ich schluckte und versuchte diese Gefühle niederzudrängen. Es war nichts, was ich nicht bewältigen könnte, denn als Schiffskommandantin des Sternenreiches war ich für einen solchen Fall ausgebildet - theoretisch.
    Zuerst einmal gab ich meinem ersten Offizier den Befehl, der nun sowohl logisch als auch dem Protokoll nach folgen musste: “Sie übernehmen das Kommando über die Glorreiche Erleuchtung, Unterkommandant!”
    Anschließend konzentrierte ich mich intensiv auf das Hologramm und versuchte die Situation aus diesem neuen Gesichtspunkt zu erfassen, der mich nun zwang, mehr als nur die Bedrohungen für mein Schiff zu berücksichtigen und mehr Möglichkeiten und Konsequenzen zu bedenken. Die gegnerischen Schiffe flohen vor meiner Flottille und hatten sich in zwei Gruppen aufgespalten. Eine kleine Gruppe flog voran und eilte auf den Sprungpunkt zu, durch den sie das Sternensystem verlassen konnten. Die wesentlich größere Gruppe ließ sich jedoch zurückfallen, um uns, ihre Verfolger, hinzuhalten, und war darin bislang äußerst erfolgreich. Sie hatte es durch wohlplatziertes und konzentriertes Feuer geschafft, unsere Schiffe auf einen neuen Kurs abzulenken und sogar unser Flaggschiff zu zerstören.
    Mit einer kurzen Berechnung der Geschwindigkeiten und Vektoren der einzelnen Flotten im Kopf erkannte ich, dass wir es durch diese erzwungene Kursänderung nicht mehr schaffen konnten, die kleine Gruppe aufzuhalten. Es war keine Frage des Willens oder der Mühen, sondern eine schlichte mathematische Unmöglichkeit. Wenn den Fliehenden kein grober Fehler unterliefe, waren sie schon so gut wie entkommen. Mir blieb also enttäuschenderweise nur noch übrig, mich um die größere Gruppe zu kümmern und mein Primärziel ziehen zu lassen.
    “Die Flotte soll ihre Geschwindigkeit an die zurückgefallenen Gegner angleichen und das Feuer eröffnen”, begann ich meine Anweisungen an den Kommunikationsoffizier zu erteilen. “Umfassende Sphärenformation. Die Friedenswächter und die Antaresdämmerung eilen zum Sprungpunkt und behalten alle dortigen Geschehnisse in genauster Sensorüberwachung.”
    Auf dem mich umgebenden Hologramm verringerte die Gruppe von bronzenen Symbolen ihre Geschwindigkeit kurz darauf stark, fächerte aus und bildete allmählich eine weite Kugel um die größere Gruppe dunkelgrüner Lichter. Gelbe Punkte schossen von ersteren auf letztere zu und verwandelten sie nach und nach in graue Dreiecke. Doch auch einige bronzene Lichter wurden grau und jeder von diesen Übergängen brannte sich unauslöschlich und schmerzhaft in mein eidetisches Gedächtnis ein. Jedes dieser grauen Dreiecke war gleichbedeutend mit hunderten oder gar tausenden von toten Raumsoldaten, die unter meinem Kommando gestorben waren. Es war die kalte Grausamkeit des Krieges im Weltraum - emotionsloses Verlöschen von Lichtern in einem Hologramm.
    Erst nach einer gefühlten Ewigkeit war das grauenhafte Gemetzel vorbei und nicht ein grünes Licht mehr übrig.
    “Alle verbleibenden Feindschiffe sind vernichtet. Zehn Schiffe der Sauroiden sind ins Sol-System eingedrungen”, fasste mein erster Offizier leidenschaftslos zusammen und fügte kurz darauf hinzu: “Wir haben verloren.”
    Ich schloss kurz die Augen und atmete tief ein und aus. Schiffe der Sauroiden sind ins Sol-System eingedrungen war eine bittere Nachricht. Der gesamte Krieg wurde seitens des Sternenreiches geführt, um dies zu verhindern. Ich konnte nicht zulassen, dass der Krieg, der schon fast ein halbes Jahr dauerte, nun verloren war. Nicht wegen zehn schwachen Schiffen der Sauroiden. Nicht bei meinem ersten Flottenkommando.
    “Noch nicht”, entgegnete ich entschlossen und laut als ich die Augen wieder öffnete und war mir bewusst, dass ich im Begriff war, ein jahrhundertealtes Tabu zu brechen. “Befehlen Sie der Flotte, sich am Sprungpunkt zu sammeln. Wir folgen ihnen ins Sol-System!”

    ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

    Edit: Winzige inhaltlichen Fehler korrigiert. Fällt sowieso keinem auf, außer mir.
    Geändert von Rattenkind (13. Dezember 2013 um 13:29 Uhr)
    Zitat Zitat von Ennos Beitrag anzeigen
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    - Leonard Nimoy

  2. #2
    . Avatar von etepetete
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    hui, spannend weshalb darf man nicht ins Sol System?
    [Morrowind] Die kurze Geschichte des Valen Drem

  3. #3
    Mag Ratten Avatar von Rattenkind
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    Genau das fällt leider unter Spoiler, daher verpack ich's hier mal als solchen:

    Achtung Spoiler:
    Das Verbot ist ähnlich der Obersten Direktive der Sternenflotte aus Star Trek - das Verbot, ich in die Entwicklung anderer Kulturen einzumischen. Bei dem Erzählenden Ich handelt es sich nicht um einen Menschen, sondern um die außerirdische Kommandantin, die letztlich den ersten Kontakt mit der Menschheit herstellt.
    Zitat Zitat von Ennos Beitrag anzeigen
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    - Leonard Nimoy

  4. #4
    Schande! (wegen AdC) Avatar von Booky
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    Dein Schreibstil gefällt mir. Aber diie Zitate zu Beginn eines jeden Kapitels sind irgendwie aus der Mode. Das macht jeder fünftklassige Schriftsteller und sie sind eigentlich immer völlig sinnlos.

    Dass es sich um Sauroiden handelt, könntest du früher erwähnen, ich gehe zudem davon aus, dass man über die noch was erfährt, warum der Krieg geführt wurde, welches Ziel sie hatten, als sie in das Territorium des Sternenreichs eingedrungen sind etc.

    Ansonsten ist mir deine Erzählgeschwindigkeit insgesamt etwas zu schnell, es kann aber natürlich auch daran liegen, dass es sich noch um den Prolog handelt.

    Werde jedenfalls weiterlesen.
    Zitat Zitat von Totila
    Ich gehe davon aus, dass der Homo Sapiens vor 20000 Jahren entschieden klarer gedacht hat, als viele Menschen, die heutzutage in der Zivilisation leben.

  5. #5
    Mag Ratten Avatar von Rattenkind
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    Der Prolog wird das einzige Kapitel mit einem Zitat und das hat in dem Fall auch seine Bewandtnis.
    Den Grund des Krieges erfährt man später in der Geschichte. Allerdings häng ich zur Zeit etwas mit dem weiterschreiben, weil ich erst die Charaktere etwas tiefer ausarbeiten will. Und daran haperts grad etwas.
    Zitat Zitat von Ennos Beitrag anzeigen
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    - Leonard Nimoy

  6. #6
    Held der Arbeiterklasse Avatar von Simato
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    Zitat Zitat von Bassewitz Beitrag anzeigen
    Von Simato lernen heißt Siegen lernen!

  7. #7
    Kampfhamster Avatar von BruderJakob
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    Zitat Zitat von Rattenkind Beitrag anzeigen
    Allerdings häng ich zur Zeit etwas mit dem weiterschreiben, weil ich erst die Charaktere etwas tiefer ausarbeiten will. Und daran haperts grad etwas.
    Falls du schon mehr hast poste das doch trotzdem mal.
    Zitat Zitat von Brabrax Beitrag anzeigen
    In Forenspielen ist "Systeme nicht verstehen" Volkssport.

  8. #8
    Mag Ratten Avatar von Rattenkind
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    1. Kapitel

    04.04.2076
    Sol-System
    zwischen Neptun- und Plutobahn


    Müde und mürrisch stand Kapitän Sergej A. Petrow früh morgens unter der kalten Dusche im außer ihm völlig verwaisten Waschraum an Bord R.F.R. Medwedew. Nach 26 Jahren, die er nun schon Dienst in der neurussischen Raumflotte verrichtete, hatte er doch nie gefallen daran gefunden, früh morgens aufzustehen, wenngleich er sich mittlerweile daran gewöhnt hatte. Immerhin war dies ein Tag, an dem er duschen konnte. Wasser ist an Bord eines Militärschiffes wie der Medwedew, das weitab von der Erde durchs leere All trieb, eine kostbare Ressource, mit der gehaushaltet werden wollte. Und so galt der stehende Befehl, dass nur alle drei Tage geduscht werden durfte, was dazu führte, dass an Bord der russischen Militärschiffe ein starker Geruch in der Luft hing. Man gewöhnte sich erstaunlich schnell daran. Und natürlich gab es kein heißes Wasser.
    Praktisch konnte Petrow es sich auch konsequenzenlos erlauben, sich darüber hinwegzusetzen, aber aus Gründen der Bordmoral, duschte er genauso oft wie alle anderen 80 Besatzungsmitglieder auch, bis auf zwei, die aus gesundheitlichen Gründen die Sondererlaubnis hatten, täglich zu duschen.
    Während er sich gerade das Shampoo in sein schwarzes und mittlerweile graudurchsträhntes Haar einrieb, grübelte er darüber, wieso das Schiff noch keinen Anruf von ihrem Flugziel, dem Militäraußenposten auf dem Pluto, erhalten hat. Dem Protokoll nach hätte dieser schon vor fast einem Tag mit der anfliegenden Medwedew Kontakt aufnehmen sollen. Sollte die Besatzung des Außenpostens dermaßen schlampig sein? Oder war der Station vielleicht etwas zugestoßen? Aber was sollte schon passiert sein? Ein Angriff durch die Amerikaner oder Europäer war unwahrscheinlich. Die Beziehungen waren zwar gespannt, aber einen offenen Angriff würde wohl keine der beiden Parteien wagen. Außerdem wäre es dem Außenposten dann sicher noch gelungen, einen Funkspruch abzusetzen. Sabotage vielleicht? Das klang schon denkbarer.
    Während er seiner Grübelei nachging, hörte er verwundert, wie das Schott geöffnet wurde, und dreht sich um, um zu sehen, wer ihn da bei der Morgendusche störte. Vor ihm stand eine junge, in ein Handtuch gewickelte Frau, deren Gesichtsfarbe sich erstaunlich schnell von erschreckter Bleichheit zu verschämter Röte wandelte. Es gab zwar, aufgrund des begrenzten Raumes, keine Geschlechtertrennung an Bord neurussischer Kriegsschiffe, jedoch hatte Petrow befohlen, dass der Waschraum jeden dritten Tag von 5:45 bis 6:00 Uhr Bordzeit ihm vorbehalten war. Zum einen, um sich zumindest den Vorzug zu gönnen, in Ruhe zu duschen, zum anderen hielt er es der Moral abträglich, wenn seine Untergebenen ihn unbekleidet sahen.
    "Guten Morgen, Matrosin", grüßte er sie überbetont freundlich, während er sich weiter einseifte. Sein Gegenüber stand erst regungslos da und hob dann eilig die Hand zum Gruß an die Stirn.
    "G...guten Morgen...Kapitän...", stammelte die Matrosin. "B...bitte enschuldigen Sie, ich..."
    "...hatte vergessen, dass der Waschraum bis nullsechshundert dem Kapitän gehört?", unterbrach Petrow, woraufhin die Matrosin noch röter im Gesicht wurde, sofern das noch möglich war. "Nehmen Sie die Hand runter. Kein Rangabzeichen, kein Salutieren. Hat man Ihnen das nicht beigebracht?"
    Sie nahm eilig die Hand herunter. "Nein... ich meine doch, hat man. Entschuldigung."
    Petrow schaltete die Dusche wieder an, um sich den Schaum wieder abzuspülen, und fragte: "Wollten Sie hier etwas bestimmtes oder mir nur beim Duschen zusehen?"
    "D...duschen, aber ich...", stammelte die Matrosin wieder.
    "Dann duschen Sie!", wies Petrow an und schaltete die Dusche aus. "Ich bin sowieso fertig."
    Nach kurzem zögern und noch immer hochrot im Gesicht folgte sie der Aufforderung. Nachdem er sich wieder angekleidet hatte, warf er noch einen kurzen Blick auf die Waschtasche der Matrosin, auf der ihr Name stand.
    "In drei Tagen schauen Sie bitte auf die Uhr, bevor sie duschen gehen, Matrosin Michailowa!", ermahnte er bevor er den Waschraum verließ. Ihm folge noch ein kleinlautes "Jawohl, Kapitän" auf den Weg hinaus.
    Auf dem Weg zurück zu seiner Kajüte war er schon wesentlich besser gelaunt als vor der Dusche. Obwohl er eigentlich verärgert über die Störung sein müsste, erwies es sich letztlich als recht erheiternd. Allerdings wollte er lieber nicht in der Haut der armen Matrosin stecken. Er hätte sie auch wesentlich härter zurechtweisen können, aber er war sich sicher, dass auch so die Wirkung nicht ausblieb.

    Eine halbe Stunde und ein Frühstück später fand Kapitän Petrow sich im Kommandozentrum des Schiffes, welches ziemlich mittig gelegen war, ein. Die Zentrale, offiziell Gefechtsinformationszentrum, war für das Schiff verhältnismäßig geräumig, mit genügend Platz zwischen den Arbeitsstationen, dass sich drei Männer bequem aneinander vorbei bewegen konnten. Der Raum war ein perfektes Achteck, mit Zugangsschotten in Richtung achtern, backbord und steuerbord. An der Vorderseite befanden sich von backbord nach steuerbord: Kommunikations-, Sensorik- und Navigationsstation. Mittig zwischen diesen und immer noch im vorderen Teil des Raumes war die Schiffssteuerung untergebracht. Alle vier Stationen waren zur Hauptschicht mit den zugehörigen Offizieren besetzt. Im Achterteil der Zentrale befand sich mittig ein großer, stabiler Tisch, der meistens mit Dokumenten aller Art bedeckt war, da er, trotz eines eigenen Büros, Petrows Hauptarbeitsbereich darstellte. An diesem befanden sich auch zwei Beschleunigungssitze für ihn und seinen ersten Offizier. Backbord achtern befand sich des weiteren die Schadenskontroll- und steuerbord die Feuerleitstation. Beide waren jedoch nur mit Unteroffizieren besetzt, da es im Schiff noch einmal eine separate Schadenskontrolle und Feuerleitstelle gab, mit denen über diese beiden Stationen im Wesentlichen nur die Verbindung aufrecht erhalten wurde.
    Als Petrow den Raum betrat, erhob sich Oberleutnant Antonow, der Feuerleitoffizier und diensthabende Offizier der Nachtwache, mit einem lauten "Kapitän an Deck!" aus dem Sitz des Kapitäns und salutierte seinem Kommandanten kurz. Petrow erwiderte den Gruß und löste Antonow, nachdem dieser ihm meldete, dass noch immer kein Anruf durch den Plutoaußenposten erfolgt war, ab.
    Wenige Minuten nach ihm erschien auch sein Erster Offizier, Kapitänleutnant Romanowa, eine hochgewachsene Frau, die ihn um einen halben Kopf überragte und im Dienst mit ihren hochgesteckten hellblonden Haaren, der stets überkorrekt angelegten, graugrünen Uniform und ihrer formellen Art etwa den Charme eines Eisblocks versprühte. Petrow hatte jedoch schon festgestellt, dass sie außer Dienst eine ganz umgängliche Person war, ja sogar hin und wieder einen Witz erzählte. Wie jeden Morgen grüßte sie ihren Kapitän militärisch korrekt und sie gingen zusammen den Zustand des Schiffes und die neuesten Meldungen durch.
    Die R.F.R. Medwedew war eine zehn Jahre alte mittelgroße Fregatte der Raumflotte des Neurussischen Zarenreiches, benannt nach einem russischen Politiker vom Anfang des Jahrhunderts. Mit zweihundert Metern Länge, von denen Maschinen, Tanks und Lebenserhaltung einen großen Teil einnahmen, und vier mittelschweren Geschützbatterien war sie vor allem zur Gefechtsunterstützung größerer Schiffe und für Geleitschutzaufträge wie die jetzige konstruiert. Ihre Mission bestand darin, drei Großtransporter mit Baumaterial, Vorräten und zusätzlicher Besatzung von der Gagarin-Basis auf dem Erdmond zur Komarow-Basis auf dem Pluto zu eskortieren. Und bis zum vorherigen Tage war der Flug auch angenehm ereignislos verlaufen. Doch nun war da dieser überfällige Anruf.
    "Wir haben immer noch keine Sendung von der Komarow-Basis erhalten. Irgendwas ist dort passiert", sprach Romanowa aus, was Petrow schon den ganzen Morgen beschäftigte.
    "Das wissen wir nicht", widersprach er, auch um sich selbst zu beruhigen. "Vielleicht haben sie einfach nur Probleme mit der Sendeanlage oder mit ihren Sensoren, sodass sie uns noch gar nicht bemerkt haben."
    Romanowa hob nur die Augenbrauen in einer Weise, die wortlos ausdrückte: "Das glauben Sie doch selbst nicht!" Petrow nickte nur leicht.
    Bislang war die Kontaktaufnahme eigentlich nicht wichtig gewesen, nur üblich. Und natürlich Vorschrift. In sechs Stunden würde der Konvoi allerdings mit dem Abbremsmanöver beginnen und dann würden die aktiven Triebwerke auf das Ziel zeigen, was jede Kommunikation erschwerte. Der Triebwerksausstoß würde dann einfach für zu viele Störungen sorgen.
    Petrow seufzte. "Was solls, wir können sowieso nicht viel länger warten." Er wies den Kommunikationsoffizier, die junge Fähnrich Titowa, an, einen Funkspruch an den Pluto abzusetzen, in dem sie sich und ihre Mission identifizierten und um Statusmeldung baten.
    "Wenn die Amerikaner oder Europäer es geschafft haben, die Station heimlich zu überfallen, und auf uns warten...", setzte Romanowa mit gesenkter Stimme an, doch Petrow unterbrach sie schnell, aber ebenso leise, damit die restliche Brückenbesatzung nicht alles hörte.
    "Ich weiß, ich weiß. Wenn Komarow angegriffen wurde, haben wir ein Problem. Wir sind allein und weit draußen. Verstärkung könnte uns in absehbarer Zeit nicht erreichen und wenn wir an der Station nicht auftanken können, können wir höchsten davon humpeln."
    "Und gegen eine ernsthafte Streitmacht könnten wir die Transporter nicht verteidigen."
    Petrow kratzte sich nachdenklich an seinem buschigen Oberlippenbart. Wieso sollte irgendjemand die Komarow-Basis angreifen und einen Krieg riskieren?
    "Warten wir ab, was der Funkspruch bringt. Wir sollten in etwa 50 Minuten eine Antwort erhalten. Dennoch..." Noch flogen die vier Schiffe des Konvois mit dem Bug voran auf den Pluto zu. Für das Abbremsmanöver müssten zumindest die Frachtschiffe jedoch gewendet werden, damit die Haupttriebwerke entgegen der Flugrichtung zeigten. Üblicherweise geschah das erst kurz vor Beginn der Verzögerung. "...lassen Sie die Schiffe schon mit der Wende beginnen. Sicher ist sicher."
    "Sollten wir nicht das Oberkommando unterrichten?", schlug Romanowa vor, doch Petrow schüttelte den Kopf. "Noch haben wir nicht viel zu berichten und ein Funkspruch zur Erde braucht sowieso Stunden." Außerdem wollte er keine unnötige Aufmerksamkeit erregen, falls eine dritte Partei den Spruch abfangen sollte.
    "Beginnen Sie mit dem Manöver, Kaleu!", wies er an. Romanowa quittierte den Befehl salutierend und begann die entsprechenden Befehle zu erteilen. Der Kapitän unterdessen beaufsichtigte alles und erledigte nebenbei einigen lästigen, angefallenen Papierkram.

    Er sah gerade einen Unfallbericht aus der Maschinenabteilung durch, als ihn der Kommunikationsoffizier unterbrach.
    "Käpt'n, ich... ich empfange meinen eigenen Funkspruch", meldete Titowa unsicher.
    Petrow blickte verwundert auf. "Genauer bitte!"
    "Er ist sehr schwach, aber es ist definitiv mein Funkspruch an die Komarow-Basis. Eine Reflektion des Radiosignals, wenn ich mich nicht irre."
    Petrow schaute auf die Uhr und lies sich dennoch eine Bestätigung geben: "Zeit seit dem Funkspruch?"
    "Neunundzwanzig Minuten."
    Und ihre aktuelle Entfernung zum Pluto betrug immer noch 24 Lichtminuten. Dazwischen war nichts, was ein Radiosignal reflektieren könnte. Wie schon zuvor sprach sein Erster Offizier aus, was er dachte: "Das ist unmöglich, Käpt'n."
    "Irgendetwas ist dort zwischen uns und dem Pluto. Können wir den Konvoi auf weniger als vierzehneinhalb Lichtminuten stoppen?"
    Romanowa überschlug kurz im Kopf, bevor sie antwortete: "Wir schon. Bei den anderen Schiffen bin ich nicht so sicher."
    "Es ist möglich, Käpt'n", mischte sich der Navigator, Leutnant Iwanow, ein arbeitssamer und ehrgeiziger junger Offizier, ein. "Aber sie müssten mit den Triebwerken fast an die Leistungsgrenze und hätten dann kaum noch Treibstoff."
    "Geben sie mir eine Optik vom Pluto. Zeigen die Sensoren irgendetwas zwischen uns und dem Ziel?", fragte er und ging zur Sensorikstation.
    "Nichts, Käpt'n", kommentierte sein Erster Offizier. Auf einem Bildschirm sah man eine klare Teleskopaufnahme des Pluto und seines kaum kleineren Begleiters Charon. Und sonst nichts. Auch Wärme- und Radiobilder zeigten nichts. Aber eine Radiowelle wird nicht von Nichts reflektiert.
    "Bringen Sie den Konvoi zum Stillstand, Iwanow!", beschloss Petrow.
    "Wenn Komarow uns jetzt antwortet, werden wir sie kaum hören können", gab Romanowa zu bedenken.
    "Ich bezweifle dass uns jemand antwortet", entgegnete Petrow leise.
    Ihm kam ein Gedanke, für den ihn die Besatzung wahrscheinlich hassen würde. Und seine alten Knochen ihn vermutlich auch. Erst zögerte er noch, gab dann aber dennoch den Befehl: "Lassen Sie das Schiff beschleunigungssicher machen. Anschließend regeln wir den Gravgenerator runter."
    Romanowa und einige andere der Anwesenden verzogen kurz unwillig das Gesicht. Ein Flug bei erhöhter Schwerkraft war zwar immer noch Teil einer jeden Ausbildung zum Kosmonauten, aber verständlicherweise äußerst unbeliebt und, dank mittlerweile ausgereiften Gravitationsgeneratoren, meistens nicht mehr notwendig. Petrow wollte wegen der unsicheren Situation jedoch jedes bisschen Treibstoff sparen, auch wenn das für seine Matrosen und sich selbst Unannehmlichkeiten bedeute. Und der Gravitationsgenerator verbrauchte reichlich Energie.

    Die R.F.R. Medwedew flog schon seit über einer halben Stunde mit einem Andruck von zweieinhalb Erdschwerebeschleunigungen in Richtung achtern, doch der Besatzung kam es bereits vor als wären Tage vergangen. Und es würde noch fast eine Stunde so weiter gehen. Erst nach anderthalb Stunden würden die Gravitationsgeneratoren wieder für eine gewisse Zeit auf normale Werte eingestellt werden, damit die Besatzung wieder abseits der Beschleunigungssitze ihren Tätigkeiten nachgehen konnte. Zumindest bis zur nächsten Hoch-G-Phase. Es war eine kräftezehrende Tortur, die den Männern und Frauen an Bord alles abverlangte, doch das Schiff musste einsatzbereit bleiben für alles, was am Pluto auf sie warten mochte, und dazu benötigte es seine ohnehin knappen Triebstoffreserven.
    An der Arbeitsstation des Kommunikationsoffiziers leuchtete eine Anzeige für einen eingehenden Funkspruch auf und sie nahm an.
    "Käpt'n, die Roter Oktober meldet Probleme mit dem Antrieb", meldete Titowa mühevoll. "Sie wissen nicht, wie lange sie die aktuellen Verzögerungswerte noch aufrecht halten können."
    "Verstanden, sagen Sie ih...", setzte Kapitän Petrow an, wurde jedoch vom Sensoroffizier unterbrochen.
    "Explosion am Triebwerk der Roter Oktober. Starke Schäden am Heck des Schiffes. Sie treiben antriebslos im Raum!"

    -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

    Und viel weiter habe ich die Geschichte noch nicht geschrieben, auch wenn ich natürlich für mich selbst einen Überblick habe, was noch geschehen soll.
    Ich hoffe es gefällt bislang.
    Zitat Zitat von Ennos Beitrag anzeigen
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    - Leonard Nimoy

  9. #9
    Krieg bleibt immer gleich Avatar von Rebecca
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  10. #10
    Mag Ratten Avatar von Rattenkind
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    Da es mit einem weiteren Kapitel wohl noch etwas dauert - ich mach mir aber schon fleißig Gedanken darum - kommt hier erstmal ein kleiner Splitter der Geschichte:

    +++MNA+Moskauer Nachrichtenagentur+Wichtige Mitteilung+Anschlag auf Bolschoi-Theater+Zar Wladimir I. tot+++

    +24/11/2021+23:45 Uhr+

    +Ein grauenhaftes Bombenattentat erreignete sich heute Abend um 21:55 Uhr Ortszeit im weltberühmten Moskauer Bolschoi-Theater und zerstörte dabei einen Großteil des historischen Gebäudes. Unter den zahlreichen Opfern befinden sich auch Zar Wladimir I. und seine älteste Tochter Maria. Wer diese schreckliche Tat begangen hat, ist bislang noch unklar. Gemäß dem Thronfolgerecht wäre des Zaren zweite Tochter Jekaterina nun die Erbin des Thrones des Neurussischen Zarenreiches. Allerdings ist ihr Aufenthaltsort bislang unbekannt. Wir halten sie weiter auf dem Laufenden über die Ereignisse, die unsere gesamte Nation erschüttern...+

    +++>>Live-Stream zum Bolschoi-Theater<<+>>Portrait "Das Leben von Wladimir I. "der Starke" Putin"<<+>>Die möglichen Thronfolger im Überblick<<+++
    Geändert von Rattenkind (04. November 2013 um 01:55 Uhr)
    Zitat Zitat von Ennos Beitrag anzeigen
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  11. #11
    Held der Arbeiterklasse Avatar von Simato
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    Das spielt nur 8 Jahre in der Zukunft? Da muss wohl zwischendrin schon was anders verlaufen sein, als in echt

    Weiter schreiben!
    Zitat Zitat von Bassewitz Beitrag anzeigen
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  12. #12
    Mag Ratten Avatar von Rattenkind
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    Nö, bis heute (28.10.2013) alles wie gehabt. Nur wird in meinem Universum in den nächsten Jahren das Neurussische Zarenreich gegründet.

    PS: Notiz an mich selbst: Verdammt Ratte, geh endlich ins Bett!

    PPS: Ist ja gut, ich geh ja schon...

    Zitat Zitat von Ennos Beitrag anzeigen
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  13. #13
    Held der Arbeiterklasse Avatar von Simato
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    Aber Kapitän Petrow dient doch schon seit 26 Jahren in der neurussischen Raumflotte! Meinst du etwa Putin hätte...nein!
    Zitat Zitat von Bassewitz Beitrag anzeigen
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  14. #14
    Mag Ratten Avatar von Rattenkind
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    Ähhmm... nein. Das letzte, was ich gepostet hab, ist nur ein Lückenfüller und ist ein Ereignis, das sich 55 Jahre (2021) vor den Ereignissen der Story (2076) ereignet hat. Halt ein Splitter der Geschichte.
    Petrow dient erst seit 2050 in der Flotte und war 2021 noch gar nicht geboren.
    Zitat Zitat von Ennos Beitrag anzeigen
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  15. #15
    Held der Arbeiterklasse Avatar von Simato
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    Zitat Zitat von Bassewitz Beitrag anzeigen
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