Troja
Der Fall Babylons
Daenerys folgte Memnon zu Fuß zu den großen sandigen Felsen. Sie hatte sich extra einen sandfarbenen Kapuzenmantel übergeworfen, damit man sie hinter den gleichfarbigen Felsen nicht so leicht ausmachen konnte, obwohl jene alleine bereits gute Deckung gaben. „Seht ihr es?“ „Ja.“ Wie befürchtet verschanzten sich die Babylonier direkt hinter dem Gebirgspass, der den einzigen bekannten Weg zu ihrer Stadt bildete. „Ich habe erwartet, das dort was steht. Ihr Heer ist schätzungsweise 18 bis 20000 Mann stark.“ „Das glaube ich auch. 2000 ihrer Soldaten werden sicher ihre Mauern bemannen. Für den Fall, dass der Tag für uns gut ausgeht.“
„Leichter gesagt als getan.“ Auch Prinz Prometheus erkannte, wie schwierig es werden würde den Pass freizukämpfen. Es ging steil bergauf und gleich mehrere von den Babyloniern errichtete Hindernisse und Stellungen lagen zwischen ihnen und den Pass. Alle mit Hundertschaften an Soldaten besetzt. Hätten sie jene erst überwunden würde das schwierigste erst noch auf sie warten. Das babylonische Hauptheer blockierte direkt den Pass und dahinter in Reserve standen schwere Kavallerieabteilungen – Söldner. Auch über Kanonen und ausreichend Feuerwaffen verfügten die Verteidiger.
„Der Kampf wird schwierig.“ Memnon war immer etwas pessimistisch eingestellt, so war dies jetzt nicht verwunderlich. „Vielleicht gibt es keinen Kampf. Der Gesandte der Babylonier müsste heute Mittag in meinem Lager eintreffen und die Anführer der Söldner wollen gegen Abend kommen. Vielleicht lassen sie sich davon überzeugen die Aufgabe der sicheren Niederlage vorzuziehen.“
„Söldner sind dafür bekannt die Seiten zu wechseln, wenn man genug Gold bietet.“ Memnon hatte Erfahrungen damit. Ihr ritt schon neben Danys Bruder Hektor in die Schlacht. Auch damals liefen gegnerische Söldner zu ihnen über, weil sie mehr zu bieten hatten. So könnte es diese Mal wieder der Fall sein. Würden ihre gepanzerten Reiter erst in den Rücken der verteidigenden Babylonier vorstoßen, so wäre die Schlacht gewonnen.
„Ich habe genug gesehen. Begleitet mich zurück in mein Lager.“ Sie alle folgten ihr und nur noch die Späher, welche den Pass im Auge behalten sollen, blieben zurück.
Ihr Heerlager erstreckte sich über mehrere Kilometer und war gut gesichert. Gräben wurden ausgehoben, tief und breit zogen sie sich um die hölzernen Palisaden. Zwischen Palisaden und Graben waren durchgehend Hindernisse angebracht, die jeden Gegner aufhielten und einen unvorsichtigen sogar aufspießen konnten. An jeder Seite gab es mehrere Eingänge, damit ihr Heer im Ernstfall schnell genug reagieren konnte. Jene waren jedoch schwer bewacht und konnten jederzeit verriegelt werden. Ein Meer an Zelten erstreckte sich jenseits der Palisaden. Kleine schwarze und einfarbige Zelte, prächtigere Unterkünfte für Offiziere und Adlige und inmitten dieser Zeltstadt ihr mehr als nur prächtiger königlicher Pavillon, dessen helle seidene Wände und Fahnen das Lager krönten. Hinter ihrem Zelt war eine größere freie Fläche, welche als Schlafplatz für ihre Drachen diente. Sollte es regnen, könnte man jederzeit eine Zeltplane über sie ausbringen.
Wo Dany vorbeiritt unterbrachen die Soldaten ihre Tätigkeit, senkten die Köpfe oder beugten das Knie, schlugen sich ihre Fäuste gegen den Brustkorb und jubelten ihr zu. „Für Troja!“ „Mit euch zum Sieg!“ „Mhysa!“
In ihrem Pavillon angekommen reichte ihr Medeia einen Becher klaren kalten Wassers und half ihr aus dem Mantel. Dany überlegte laut. „Wie soll ich den Gesandten der Babylonier empfangen – in Seide oder in Stahl gekleidet?“
„Er ist ein Diplomat, von dem her wäre Seide wohl die bessere Wahl. Wenn ihr mir diesen Ratschlag erlaubt.“ Dany betrachtete ihre Dienerin. „Du hast Recht.“...
Als die Sonne hoch am Himmel stand durchschritt die Eskorte des babylonischen Gesandten den nördlichen Eingang zum trojanischen Lager. Trommler gingen der Sänfte des Gesandten voraus und kündigten ihn im gleichmäßigen dumpfen Takt an. Rechts und links von seiner Sänfte, welche von insgesamt acht Sklaven getragen wurde, flankierten ihn babylonische Gardisten. Hinter ihm folgten mehrere Diener beladen mit Truhen und dahinter kamen noch einmal zweidutzend Soldaten. Wenn Dany ihn hätte umbringen wollen, würden die paar Gardisten ihn nicht retten. Dennoch war es für einen so wichtigen Würdenträger standesgemäß mit entsprechender Eskorte zu reisen.
Dany empfing ihn in einem elfenbeinfarbenen Seidenkleid auf einer erhöhten Liege auf einem Berg von Kissen sitzend. Die seidene Wand hinter ihr war durchgängig, so dass ihre Drachen jederzeit zu ihr hindurch konnten, wenn sie wollten oder Dany sie rief. Noch wollte sie abwarten, ob sie dem Gesandten ihre Kinder zeigte. „Dies hier ist der edle Narbonid, Vetter von König Nebukadnezar und Gesandter des Reiches Babylon.“ verkündete ein babylonischer Offizier seinen Eintritt in den äußerst geräumigen Pavillon. „Eure königliche Hoheit, ich entbiete euch die Grüße meines Königs und entsende euch seine Wünsche diese Angelegenheit unblutig zu beenden.“ Dany empfand seine Augen und seinen Gesichtsausdruck als wenig vertrauenerweckend. Im Gegenteil, schon in der Stimme des nach duftenden Ölen und Parfüm riechenden Mannes schwang die Falschheit mit.
„Wollt ihr euch setzen, Gesandter?“ Noch ehe er antwortete, brachte Medeia ihm einen Stuhl. Wohlgemerkt einen niedrigen Stuhl. Dany saß sowieso erhöht und so musste er immer zu ihr aufschauen, wenn er mit ihr sprach. Falls er gekränkt war, verbarg er dies gut. „Königin Daenerys, ihr werdet hier keine leichte Eroberung finden. Unsere Mauern sind stark und unsere Krieger sind entschlossen ihre Heimatstadt und ihre heiligen Traditionen bis zum äußersten zu verteidigen. Euer Heer mag zahlreich sein, aber es wird an unserer Verteidigung zerschellen, wie es auch das mächtigste Kriegsschiff an einem starken Felsen tut.“
„Ihr wärt nicht hier, wenn ihr euch eures Sieges so sicher wärt, Botschafter.“ Dany betrachtete den Mann. Sie wollte sehen, ob er nervös, ängstlich oder dergleichen wurde.
„Mein König wünscht kein solches Blutvergießen. Warum müssen wir uns gegenseitig vernichten? Zieht wieder ab und lasst uns unsere Geschäfte in Frieden nachgehen. Troja soll davon auch profitieren.“ Seine Diener entluden in diesem Moment mehrere Truhen direkt vor ihrer Liege. “Babylon ist sagenhaft reich. Öffnet diese Truhen. Ihr werdet Gold und Diamanten finden, die sogar eurer Schönheit würdig sind.“
Sie schon mit ihrem Fuß den Deckel einer Truhe zurück, um sich nicht vorbeugen zu müssen. Jene war übervoll mit in den verschiedensten Farben leuchtenden Diamanten. „Dies alles ist für mich?“
„Ja, mein König ist überaus großzügig und eure Freundschaft wäre ihm einiges Wert. Wenn ihr abzieht wird Troja noch viel mehr Geschenke erhalten. Bedenkt, dass dies auch zum Wohle eures Reiches wäre.“ Selbstsicher grinste Narbonid, denn in jenem Moment glaubte er Dany geködert zu haben. „In der Tat sucht seine Großzügigkeit ihresgleichen. Ich will ihm deshalb auch ein Geschenk machen.“ Neugierig und zuversichtlich blickte Narbonid sie an. „Ich schenke ihm sein Leben und das Leben seiner Gefolgsleute, wenn er im Gegenzug etwas für mich tut.“ Das Grinsen des Babyloniers wich augenblicklich aus seinem Gesicht. „Wie habe ich das zu verstehen?“
„Richtet eurem Herrn aus, ich erwarte die Freilassung jedes Sklaven in Babylon. Jeder von ihnen erhält so viele Güter und Gold als Entschädigung, wie er tragen kann. Des weiteren erwarte ich, dass sein Heer die Waffen niederlegt und sich auflöst, er die Tore seiner Stadt öffnet, damit meine Soldaten kontrollieren können, ob auch wirklich alle Sklaven freigelassen wurden und zu guter Letzt muss er seine Krone ablegen und mir seinen Treue schwören.“ Mit jedem ihrer Worte wich jeglicher Anflug von Selbstgefälligkeit aus dem Antlitz des babylonischen Gesandten und wich dem Entsetzen. „Wenn er das alles tut, werde ich gnädig sein. Niemanden in Babylon wird ein Haar gekrümmt, andernfalls nehme ich mir eure Stadt und werde euren selbsternannten König, euch und alle anderen Adligen und Sklavenhändler in der Stadt der Gerechtigkeit unterwerfen. Meiner Gerechtigkeit.“
Narbonid fuhr wütend auf. „Ihr, IHR seid verrückt! Ihr könnt nicht hoffen durch Waffenstärke zu siegen. Euer Heer wird fallen Mann für Mann und wenn ihr nicht rechtzeitig flieht, machen wir euch ebenfalls zu einer Sklavin! Unser König hat eine Schwäche für Frauen eures Typs und ihr dürft dann den Tag über seinen Boden schrubben und des Nachts sein Bett wärmen...!“ Der Mann redete sich völlig in Rage, während Dany ihm zuhörte und eine starke innere Ruhe und Selbstsicherheit ausstrahlte. Der seidene Zeltstoff hinter ihr wich zurück und Drogon bewegte seinen schuppigen Kopf hindurch. In Richtung des Gesandten gab er ein lautes Kreischen von sich und fletschte die Zähne. Jener wich daraufhin voller Schrecken zurück. „Ich bin ein Diplomat und ihr müsst mir freies Geleit geben!“
„Von mir habt ihr freies Geleit, aber meine Drachen...“ Sie pausierte für einen Moment. „Manchmal sind sie nur schwer unter Kontrolle zu halten, vor allem wenn jemand mich – ihre Mutter – so bedroht, wie ihr es tatet.“ Drogon stubbste seine Mutter mit seiner Schnauze an und sie streichelte ihm über den Kopf.
„Nehmt die Truhen mit!“ befahl Narbonid seinen Leuten. Doch Drogon zischte wütend in ihre Richtung und so missachteten sie den Befehl ihres Herrn. Auch Danys zahlreiche Wachen richteten ihre Waffen auf die Babylonier. „Ich erlaube euch zu gehen, aber ich behalte eure Truhen und eure Sklaven. Sie sind von diesem Augenblick an freie Männer. Nun geht mir aus den Augen!“ Mit einer abwertenden Handbewegung entließ sie den feindlichen Unterhändler. Wütend fluchend schritt der Babylonier davon und bestieg seine Sänfte, welche nun von seinen Wachen getragen werden musste, da seine Sklaven nun frei waren. Jene konnten es zunächst nicht fassen, als Daenerys ihnen erklärte, dass sie nun freie Männer sind, aber dann dankten sie ihr überschwänglich. Schließlich schickte sie die soeben Befreiten in die Küche, damit sie sich stärken konnten und überließ jedem von ihnen zwei Hände voll des babylonischen Goldes.
Dieses Gold wurde mit Blut verdient, aber ich werde es zum Guten nutzen.
Später als die Sonne schon hinter dem Horizont verschwand und den Himmel in einem atemberaubend schönen Rot kleidete, erschienen die Anführer der babylonischen Söldner Asius und Saruk. Sie übergaben ihre Waffen einer Wache, ehe sie in den Pavillon der Königin eintraten. Doch das war auch alles, was diese beiden Männer an Höflichkeit an den Tag legten. Dany empfing sie nun in der Rüstung eines trojanischen Feldherrn. Sie trug einen schwarzen Brustpanzer, der speziell für ihren weiblichen Körperbau gefertigt wurde. Auf ihm prangten drohend feuerspeiende Drachen, deren Köpfe sich genau auf ihren Brüsten befanden. Dazu trug sie eiserne Bein-und Armschienen, einfache Reitstiefel aus Wildleder und eine Scheide mit Schwert, obwohl sie noch lernen musste mit einem umzugehen. Nur ihren Helm, auf welchem ein großer in Richtung ihrer Feinde brüllender schwarzer Drache thronte, trug sie nicht auf dem Kopf. Er lag seitlich von ihr auf der Liege.
„Sagt Weib, warum tragt ihr eine Rüstung wie ein Soldat?“ Kaum hatte Saruk die Worte ausgesprochen, griffen sowohl Memnon, Aeneas und Prometheus an den Griff ihrer Schwerter. „Was, ihr würdet einen Unbewaffneten niederstrecken?“ spottete Saruk. „Wenn er unsere Königin beleidigt, dann schon.“ gab Memnon grimmig zurück. Er bedachte den Mann mit einem verächtlichen Blick.
„Verzeiht meinem Begleiter, im fehlt jegliches Gespür für Höflichkeit.“ mischte sich nun Asius ein. „Es sei ihm verziehen, wollt ihr euch setzen?“ Wie zuvor für den Babylonier Narbonid wurden auch für diese Gäste kleine Stühle hingestellt. Während Sarduk sich tatsächlich saß, ging Asius direkt auf die Königin zu und ließ sich auf ihrer hochstehenden Liege nieder. Ihre Wachen packten ihn an den Schultern, kaum dass er Platz nahm, doch Dany deutete ihnen einzuhalten. „Ihr seid wohl noch frecher, als euer Begleiter?“ „Ich möchte wissen, ob es sich lohnen würde für euch zu kämpfen. Dafür muss ich euch aus der Nähe sehen.“ „Und bin ich es wert, dass ihr für mich kämpft?“ Dany ließ sich durch die Unverschämtheiten dieser Söldner nicht aus dem Konzept bringen. Memnon hatte sie vorgewarnt, dass ihresgleichen ihr nicht den Respekt entgegenbringen würden, welcher einer Königin gebührte. „Ihr seid es in der Tat. Aber wenn wir eure Armee besiegen, kann ich euch auch so haben. Es braucht schon mehr, als ein hübsches Gesicht, zwei Brüste und ein Loch, dass ich meinen Vertrag breche.“
Sie überging diese erneute Unverschämtheit „Ihr wollt Gold? Das könnt ihr haben. Genauso wie Ämter und Landbesitz in Babylon, wenn ich es erst eingenommen habe.“
„Das ist mir zu unsicher. Ich mache euch einen Vorschlag. Euer Gold und das babylonische Land später und als Anzahlung eine Nacht mit euch.“ Er zeigte ihr grinsend seinen Goldzahn.
Dany ließ eine Augenbraue hochfahren. „Ich mache euch einen Gegenvorschlag. Ihr bekommt das Gold und die Ländereien nach meinem Sieg und jetzt lasse ich euch vielleicht nicht kastrieren.“ Das Wort vielleicht betonte sie dabei besonders.
Einen Moment lang schaute sie sich ihren Gegenüber an. „Ach und ihr dürft eure freche Zunge behalten.“
„Ihr seit hartnäckig. So langsam verstehe ich, wie ihr als Frau euch auf dem Thron halten konntet. Ich denke darüber nach und morgen erhaltet ihr meine Antwort.“
„Kann ich eure Antwort mit einem Geschenk zu meinen Gunsten beeinflussen? Ihr könnt meinen Wein haben.“
„Ich habe meinen eigenen.“ Damit erhob Asius sich und wandte ihr den Rücken zu. „Ihr habt schon einmal den süßen goldenen Tropfen von Rhodos gekostet? Zu Schade, ich hätte mehrere Wagenladungen davon für euch und eure Männer.“ Sie blickte ihn in jenem Moment wie ein kleines Mädchen an.
„Hmm, dieses Geschenk lasse ich mir gefallen. Aber wenn der Wein vergiftet ist, stecke ich meine beiden Schwerter in eure kleine Scheide.“ Mit diesen drohenden Worten verließen die beiden Söldner sie. „Für diese Beleidigungen und Drohungen hättet ihr sie auspeitschen, kastrieren und blenden lassen sollen.“ Gab einer ihrer Wachen von sich.
„Das hätte mir nichts gebracht. Zwei kampfunfähige Söldner, aber ihre Männer ständen mir nach wie vor ihm Weg.“
„Glaubt ihr wirklich, Asius läuft zu euch über? Dieser Mann genießt euren Wein und wird über euch lachen.“ Prometheus Gesichtsausdruck war hart. Wie Memnon wurde sein Kopf während den Unverschämtheiten dieser Söldner rot.
„Er wird trinken und lachen, genau wie seine Hauptleute und seine Männer. Und dann werden sie zu betrunken zum kämpfen sein.“...
Dany ließ die akmorischen Bergführer und die Legaten ihrer Legionen rufen.
„Drei Legionen werden einen Angriff von vorne vortäuschen. Die I. Garde, die XI. und die XIII.
Die II. Garde wird zusammen mit der XIX. Über diesen Weg in den Rücken der Babylonier gelangen.“ Sie fuhr mit ihren Fingern über die akmorische Karte, auf welcher alle bekannten und unbekannten Pfade durchs Gebirge eingezeichnet sind. „Die XXII. Wird das selbe Manöver vollziehen. Nur wird sie von der anderen Seite kommen. Die Babylonier werden mit einem Angriff während meiner Frist vielleicht rechnen. Sie werden sogar glauben, dass ich mittels dieser Täuschung versuche sie zu überraschen und so den Pass zu erobern. Wenn all ihre Augen auf unsere Hauptmacht gerichtet und ihre Söldner in der Reserve zu betrunken sind, um noch irgendetwas zu begreifen, dann fallen wir von allen Seiten über sie her und nehmen den Pass.“
„Was ist, wenn sie Späher in den verwinkelten Gebirgspfaden postiert haben?“
„Ihr werdet im Schutze der Dunkelheit vorgehen. Die akmorischen Kundschafter voraus. Sie sollen jeden Wachposten ausschalten, ehe sie unser Umgehungsmanöver bemerken...“
In jenem Moment platzte ein Gardeoffizier in die Besprechung. „Verzeiht meine Königin, dass ich euch jetzt störe.“ Er beugte vor ihr sein Haupt. „Aber draußen wartet eine Gruppe schwarz gekleideter Frauen, die euch sprechen wollen. Sie sagen sie sind Durchii und wollen euch helfen.“
„Lasst sie eintreten.“
Drei in schwarz gekleideter Gestalten mit weißen, ja schon bleichen Gesichtern und dunklen Haaren betraten das große Zelt. Ihre Anführerin verbeugte sich vor der Königin. Dany hatte für einen Moment mit Arielyla gerechnet, die sie bereits kannte, aber diese Elfe hatte sie zuvor noch nie gesehen. „Euer Hoheit, ich bin Hakuh aus dem Schwarzgratgebirge und hier im Auftrag meines Herrn Malekith. So wie es aussieht haben wir den selben Feind.“ Eigentlich waren sie hier um den Babyloniern dabei zu helfen sich auf den trojanischen Angriff vorzubereiten. Ihre Leute sollten die ganzen Pfade durchs Gebirge überwachen und somit eine Überraschung durch die Trojaner unmöglich machen. Aber dann betrog Babylon sie und niemand wagt es den Hexenkönig um seinen ihn zustehenden Anteil zu prellen und damit ungeschoren davon zu kommen.
„Wir gehören zu den fähigsten Kämpfern unseres Volkes. Wir sind spezialisiert darauf im Dunklen und Verborgenen zu operieren. Man nennt uns gemeinhin die Blutschatten.“
Dany ließ sich nicht anmerken, was sie dachte. „Gut, ihr begleitet meine Männer.“ Memnon wollte protestieren, aber hielt sich zurück.
Am Ende der Besprechung bat Prometheus sie darum den Befehl über den Angriff der II. Garde und der XIV. Legion zu erhalten. Dany zögerte, denn sie erinnerte sich noch zu gut daran, wie Odysseus in der Schlacht seinen Tod fand. Um genau zu sein fand er jenen in ihren Armen, aber die tödlichen Verletzungen zog er sich zuvor im Kampf zu. Sie wollte ihren künftigen Gemahl nicht vor ihren Generälen brüskieren, also gewährte sie ihm widerwillig diese Bitte.
Eine weitere Bitte Seitens Memnons fiel ihr fast genauso schwer zu erfüllen. Er wollte, dass sie dieses Mal hinten bleibt, dabei beabsichtigte sie den Hauptangriff selber zu führen. „Es ist zu gefährlich. Das ist kein offenes Schlachtfeld, wie Massalia. Dieses Gebirge ist tückisch, vor allem in der Nacht und die Babylonier können von ihren Stellungen aus sehr weit zielen.“ „Das macht mir keine Angst.“ reagierte Dany stur. „Aber mir. Wenn ihr fallt, was wird dann aus Troja, was wird aus eurem Volk?“ Er ließ die Frage einen Moment lang wirken. „Ihr habt keine Erben und seit die Letzte eures Hauses. Wenn ihr ohne geregelte Nachfolge stirbt, dann zerfällt das Reich.“ Mit diesem Argument brachte er sie widerwillig zum Einlenken. So blieb sie in ihrem Zelt zurück, als ihre Generäle zu ihren Truppen eilten und jene auf die kommende Schlacht vorbereiteten. Die Legionen, welche über die Schleichwege kommen sollten, mussten zeitnah aufbrechen, damit der Zeitplan aufging.
Als die Monde hoch am Himmel leuchteten und die Schlachthörner und Fanfaren ertönte, wurde Dany völlig unruhig und ging den Teppichboden auf und ab. Medeia schenkte ihr Wein in einen Becher ein, den Goldenen von Rhodos. Die Königin griff nach dem Becher und nippte hastig daran. Außerdem bot ihr die junge Zofe etwas zu Essen an, was sie ablehnte. Sie verspürte keinen Appetit. Es lag nicht einmal daran, weil eine Schlacht stattfand. Dany hatte nicht wenige Schlachten selber miterlebt, aber dieses Mal saß sie untätig in ihrem Lager und musste hoffen, dass alles klappt. Sie konnte selber nichts mehr tun, um alles zu einem glücklichen Ende zu wenden. Auch nicht auf dem Rücken ihres Drachen Drogon eingreifen. Denn die steinernen Berge sind hoch und stehen über dem Pass besonders eng. Kein idealer Einsatzort für einen Drachen. Ein paar gute Bogenschützen auf den Gipfeln und möglicherweise wäre es sogar um Drogon geschehen.
Sie ließ sich auf ihre Kissen fallen und rief nach einer ihrer verbliebenen Wachen. Sinon war schon etwas älter und stammte ursprünglich aus Ithaka. Er war sogar mit Odysseus verwandt, aber als Agamemnon Ithaka in Vasallenschaft zwang, floh er nach Troja und schloss sich ihrem Bruder Hektor an. Nicht wegen seiner Verwandtschaft mit Odysseus wählte ihn Dany als Leibwächter aus. Er war absolut loyal und kämpfte schon an der Seite ihres Bruders. Außerdem konnte er sehr geschickt mit dem Schwert umgehen und auch die Pistole beherrschte er, obwohl er von den neueren Waffen nicht viel hielt. „Es liegt keine Ehre im Kampf mit Pistolen und Gewehren.“ sagte Sinon immer. Aber um seine Königin zu beschützen, war er bereit auch den Umgang mit ihnen bis zur Perfektion zu erlernen, denn seine Ehre als Königswache gebot ihm alles zu tun, um Daenerys Leben zu bewahren.
„Sinon, setzt euch zu mir.“ „Euer Gnaden seid zu freundlich, gerne.“
Sie bot dem Mann Wein an und Medeia reichte ihm eine Platte mit köstlichen Speisen, darunter feinster hauchdünner Schinken aus Cuivinien, gefüllte pergamesische Oliven, kyrenische Schoten, Austern aus Kronoa und Wachteln. Sinon griff zögerlich zu und die Speisen schmeckten ihm sichtlich gut. Dany bekam nun auch etwas Appetit durchs Zusehen und nahm sich eine der gefüllten Oliven. „Ihr seid schon lange Soldat und ihr kanntet meinen Bruder.“
„Ja, ihr dürftet ihn besser gekannt haben, euer Gnaden.“ „Das mag sein, aber ihr wart bei ihm in der Schlacht. Wie war er auf dem Feld? Inspirierte er die Männer, war er besonders mutig, fürchteten ihn seine Feinde?“
„Ihr kennt doch die Geschichten.“ „Ja, aber ich will es aus eurem Mund hören.“
„Nun euer Gnaden, er war ein großer Kämpfer und seine Männer folgten ihm. Nicht nur wegen der Pflicht, er konnte Männer dazu bringen ihn zu lieben. Ihr kennt doch sicher Theukos und Aiax?“
„Aiax befehligt eine Legion in Arabien und Theukos ist der einarmige Fürst von Ephesos.“
„Genau und die beiden standen zunächst auf der Seite des Antigonos. Sie legten einen Hinterhalt, um euren Bruder gefangen zu nehmen. Er war schlau genug jenen zu durchschauen und nahm sie wiederum gefangen. Danach brachte er die beiden mit nach Troja.“
„Sie waren seine Feinde?“ Dany runzelte die Stirn.
„Am Anfang. In Troja behandelte er sie wie gute Gäste, gab ihnen prächtige Quartiere, ließ sie an seiner Tafel speisen und scherzte mit ihnen. Er ging sogar mit ihnen zur Jagd und angelte mit ihnen. Am Ende wurden sie seine Freunde und sagten sich von Antigonos los. Theukos verlor seinen Arm, als er eurem Bruder das Leben rettete und sich zwischen ihn und das Schwert des Feindes warf. Leider vergebens, in dieser Situation gab es keine Chance. Aias führte den Gegenangriff, als er sah, wie sie euren Bruder töteten und schlug mit seinem Streithammer große Breschen in die feindlichen Linien. Viele Klingen trafen ihn, aber er fiel nicht um solange die Kämpfe andauerten. Erst danach brach er zusammen und zum Glück konnten die Ärzte ihn retten.“
„Mein Bruder machte aus seinen Feinden treue Freunde.“
„Ja und ihr habt die gleiche Gabe.“ „Ich?“ Dany glaubte das selber nicht. Im Gegenteil, sie ließ schon manch einen Widersacher grausam hinrichten, weil seine Taten sie einfach anwiderten. „Ja ihr. Denkt an Odysseus. Als Agamemnon in Troja einfiel, war er in seinem Heerzug und später half er euch Mykene zu erobern.“
„Stimmt. Wie nahm Odysseus das Wiedersehen mit euch auf? Schließlich habt ihr ihn damals verlassen.“ „Er verstand meine Beweggründe und bot mir freundlichst an einen Posten in Ithaka anzutreten, aber ich fühlte mich ganz und gar euch verpflichtet. Den Eid, den man der königlichen Garde leistet, gilt fürs Leben.“
„Also seid ihr nicht im Streit verblieben?“
„Nein, mein Neffe erzählte mir sogar, was er für euch fühlte. Er hat euch von ganzem Herzen geliebt.“
Dany spürte, wie ihre Augen leicht feucht wurden.“
„Bin ich euch gerade zu Nahe getreten, euer Gnaden? Ich bitte euch um Entschuldigung.“
„Nein es ist schon gut. Es ist nur...ich vermisse ihn.“
…
In jenem Moment hörte sie von draußen Pferdehufe näher kommen. „Was ist da los?“ fragte sie völlig verdutzt.
Sinon erhob sich gerade, als Memnon durch das Zelt trat, gefolgt von Aeneas und der Dunkelelfe. „Der Tag gehört euch. Wie ihr es vorhergesehen habt, ehe sie wussten was geschah war es auch schon vorbei.“ Dany bemerkte die Blutspuren in ihren Gesichtern und auf ihren Rüstungen. Erleichtert stellte sie fest, dass es zum großen Teil nicht ihr eigenes war.
Wo ist Prometheus? durchfuhr es sie mit einem Schrecken. „Und was ist mit Prometheus?“ fragte sie nun laut. Memnon öffnete den Mund und da trat der soeben genannte ins Zelt, ging vor ihr auf ein Knie und breitete vor ihr die babylonische Flagge aus. „Ihr Heer ist vernichtet, Babylon kann euch nicht länger widerstehen.“
Dany musste ihn verstohlen anlächeln und glaubte unwillkürlich gesehen zu haben, dass Memnon ihm einen eifersüchtigen Blick zuwarf.
Tatsächlich ging der Plan der Königin voll und ganz auf. Der Scheinangriff mit der halben Armee lenkte die volle Aufmerksamkeit der Babylonier auf sich. In der Nacht konnten jene nicht erkennen, dass nur ein Teil der trojanischen Armee anrückte und die zahlreichen Fackeln, welche Danys Soldaten entzündeten, ließen es tatsächlich so wirken als würde die komplette Streitmacht angreifen.
Währenddessen brachten sich ihre Überfalleinheiten in Position. Die Kundschafter der Akmora und der Durchii hatten zuvor alle feindliche Wachposten unbemerkt ausschalten können und die in der Reserve stehenden Söldner waren viel zu betrunken, um selber was zu merken. Sie tranken und rollten sich blau wie die Haubitzen am Boden, als Trojaner und Durchii über sie herfielen. Der langjährige Soldat Memnon hat Männer noch nie so sehr in einen Blutrausch fallen sehen, wie diese Elfenkriegerinnen. Sie metzelten sich durch die Söldner, die es schafften einen Speer oder ein Gewehr zumindest verkehrt herum in die Hand zu nehmen und stießen danach mit höllischen Schlachtrufen in den Rücken der Babylonier, die erst viel zu spät realisierten, was in ihrem Rückraum vor sich ging. Der Großteil der babylonischen Soldaten warf die Waffen weg und ergab sich. Der Rest versuchte zu fliehen, aber nur wenige entkamen. Vor allem die Streiter der Durchii setzten den Fliehenden nach und brachen die Verfolgung der Fliehenden erst ab, als sie in Reichweite der Geschütztürme Babylons kamen.
Die Verluste ihrer Streitmacht waren äußerst gering. Die Überfalltruppen verloren nur 37 Mann und auch die Hauptarmee kam mit 180 Gefallenen und 400 Verwundeten vergleichsweise glimpflich davon.
Als die Sonne wieder aufging, marschierte die trojanische Armee bis vor die Tore Babylons und zog einen eisernen Belagerungsring um die Stadt.
„Was ist mit Asius und Sarkud?“ fragte sie Memnon und Hakuh, die neben ihr ritten.
„Sarkud ist gefallen und Asius wird vermisst. Aber wir suchen ihn und er wird nicht weit kommen.“
Dany selber war beeindruckt, als sie das große blaue Tor der Ischtar erblickte.
Wie können solche Monster nur so etwas wunderschönes erschaffen?“
Ihre Geschütze gingen in Stellung und Leitern und Belagerungstürme wurden erbaut, als sich die Tore der Stadt öffneten. Ein Unterhändler mit weißer Fahne kam hervor und ritt auf die trojanischen Reihen zu. Soldaten der königlichen Garde nahmen ihn in Empfang und geleiteten ihn zur Königin.
„Oh Königin der Könige und mächtige Eroberin! Nebukadnezar von Babylon bietet euch die Übergabe der Stadt und die Erfüllung eurer Bedingungen an.“ Er ging vor ihr auf die Knie. „Warum soll ich eure Kapitulation annehmen, jetzt da mir eure Stadt so gut wie gehört?“ Die Frage war berechtigt, aber natürlich würde Dany die Kapitulation annehmen, wenn sie keinen allzu großen Haken hatte. Schon alleine um die vielen Menschenleben zu retten, die andernfalls in der Schlacht ausgelöscht werden.
„Nebukadnezar ist bereit auch als Herr der Stadt abzudanken. Sein Sohn Amel-Marduk würde ihm folgen und euch den Lehnseid leisten. Babylon lässt alle Sklaven frei und zahlt ihnen Entschädigung. Mein Herr will nur, dass seine Dynastie an der Macht bleibt und er selber sich in ein Kloster oder einen Tempel seiner Wahl zurückziehen darf, um seine letzten Jahre im Frieden zu verbringen.“
Die Königin hätte die Führung gerne komplett ausgetauscht, aber bei einer Belagerung wären nochmal Tausende Gefallen, also willigte sie ein und die Tore der Stadt öffneten sich für ihr Heer.
Daenerys betrachtete mit Ehrfurcht die Mosaike am Torbogen, als sie unter jenem hindurch ritt. Eine Abteilung der Königlichen Garde ging ihr voraus und sicherte die Straßen, welche mit Menschen überquollen. Immer mehr kamen aus den Ecken, Gassen und auch den Häusern hervor. Sklaven in zerlumpten Kleidern und mit Ruß und Dreck im Gesicht bedeckt, aber beladen mit dem Gold und dem Schmuck ihrer früheren Besitzer. Sie alle starrten Dany an. Niemand sagte etwas. Sie hielt ihr Pferd und atmete tief durch. „Mit dem heutigen Tag seid ihr keine Sklaven mehr dem Gesetze Trojas nach. Eure früheren Herren besitzen euch nicht mehr, aber ich kann euch nicht einfach per Erlass die Freiheit schenken, damit allein ist es noch nicht getan. Dazu gehört, dass ihr euch jene selber wieder zurückholt, wie auch euer Leben! Geht zurück in eure Dörfer und auf eure Höfe, zurück zu euren Familien oder gründet eine. Lebt euer Leben als freie Männer, Frauen und Kinder. Niemand hat mehr das Recht euch zu unterdrücken und wenn es doch jemand versucht, so habt ihr das Recht euch zu verteidigen!“
Weit mehr als 100000 Augenpaare waren auf sie gerichtet und dann brach der Sturm los. „Myhsa, Mhysa!“ riefen sie alle – die Männer, die Frauen und die Kinder, die Gesunden, die Schwachen und die Alten. Ihre Stimmen vereinten sich zu einem einzigen gewaltigen Chor, der von den hohen Mauern Babylons widerhallte. „Mhysa““ Mater!“ „Mitera!“ und in anderen Sprachen hallte es durch die Straßen. Es bedeutete alles das selbe – Mutter.
Ich bin ihre Mutter und sie sind alle meine Kinder. Die Straßen füllten sich so sehr mit Menschen, dass ihre Garde die Massen nicht mehr unter Kontrolle bekam. Ihre armen Soldaten konnten nicht alle zurückhalten und so umringten immer mehr Menschen Danys Stute. Sie gingen vor ihr auf die Knie und streckten der siegreichen Befreierin ihre Arme entgegen. Freudestrahlend sprach Daenerys mit den Befreiten, legte ihnen die Hand auf und ließ sich von ihnen anfassen. Lachende Kinder, die auf den Schultern ihrer Väter saßen, berührten sie mit ihren kleinen Händen an der Schulter und Dany strich so manchem über das Haar.
Sie wusste, dass die Freiheit dieser Leute die vergangenen Opfer wert war. An ihrem langen Zopf, der ihr über die Schulter hin, auf ihren Beinen und an ihrem Mantel spürte sie zahlreiche Hände. Wer nahe genug an sie herankam küsste ihre Hände und Füße. Für diese Menschen war Dany wie die aufgehende Sonne, welche auch auf dem Wappen ihres Reiches zu finden war. Sie gab ihnen Licht und Wärme und so verehrten und liebten sie sie.
„Sie lieben euch, meine Königin!“ rief Prometheus ihr zu. Er musste schon sehr laut sprechen, damit sie ihn bei dieser Geräuschkulisse überhaupt wahrnahm. Sie kam so nur sehr langsam voran, obwohl die Leute ihr auch wieder Platz machten. Aber die Straßen waren einfach zu sehr überfüllt. Hinter sich sah sie, dass auch ihren Soldaten die Begeisterung entgegenschlug. Glückliche Menschen umarmten sie, bestückten ihre Rüstungen mit Blumen und junge Mädchen gaben den Kriegern, denen es schwer viel ihre Formation zu halten, einen verlegenen Kuss.
Schließlich hoben einige kräftige ehemaligen Sklaven Dany von ihrer Silbernen und trugen sie auf den Schultern unter dem Jubel der Massen den Rest des Weges zum babylonischen Palast hinauf. Dort hatten sich bereits mehrere Abteilungen ihrer Garde formiert, welche durch die anderen Tore besser vorankamen. Nebukadnezar und Amel-Marduk warteten auf sie, umringt von trojanischen Wachen. Der frühere babylonische König legte seine Insignien der Macht - ein goldenes reichverziertes Zepter und eine schwerfällige mit Rubinen und Edelsteinen besetzte Krone – als Zeichen seiner Unterwerfung vor ihr in den Staub und sein Sohn und Nachfolger leistete ihr den Lehnseid.
Farbenfrohe Gewänder, prächtige Bauten und dicke Bäuche – sie fraßen sich auf Kosten ihrer Sklaven satt. zu Gerne hätte Dany die babylonischen Größen härter bestraft und ihre Köpfe vor dem Ischtar-Tor aufspießen lassen, doch sie gab ihr Wort gnädig zu sein und als Königin musste sie sich an jenes halten. So bestätigte sie Amel-Marduk in seinem Amt und begnadigte Nebukadnezar unter der Voraussetzung, dass er sich in ein Kloster zurückzieht.
Das große Heer an Schaulustigen jubelte ihr zu, als sie sich das am Boden liegende Zepter des Nebukadnezars reichen ließ und verkündete, dass Babylon fortan Teil des trojanischen Reiches sei und dauerhaft eine trojanische Garnison innerhalb seiner Mauern stationiert wird. Sie nahm sich das Recht heraus diese Bedingung nachträglich hinzuzufügen. Die Stadt war stark und sie musste sichergehen, dass Babylon nicht erneut gegen sie aufbegehrt.
Auch in der Nacht kam es nicht zur Ruhe. Die befreiten Sklaven errichteten auf den Straßen Bühnen, Feststände und Bänke und nahmen sich alles was sie brauchten aus den Häusern, Villen und Palästen ihrer früheren Besitzer und richteten ein großes Straßenfest aus. Dany ließ es sich nicht nehmen vorbeizukommen und sich mit ihnen zu freuen.
An Entschädigung durften die ehemaligen Sklaven nehmen, was sie tragen konnten Was sie leider nicht durchgehen lassen konnte, waren Morde und Vergewaltigungen, weshalb an diesem Tag zweidutzend Mörder vorm Palast aufgehängt wurden. Dies tat der guten Stimmung der Massen zum Glück keinen Abbruch. Nur die einheimischen Babylonier zogen es vor diese Nacht zu Hause zu bleiben.
Als Königin Daenerys in Begleitung von Prometheus, Memnon, ihren Zofen und mehreren Gardisten erschien, schlug ihr der Lärm des Festes und der Jubel der Menschen entgegen und sie riefen aus tiefster Kehle ihren Namen oder auch „Mhysa!“ oder „Drache!“ Als sie die Straßen durchschritt sah sie ihre Soldaten und die Befreiten Arm in Arm, zusammen scherzend, spielend und trinkend und wusste, dass diese Menschen ein Teil ihre Volkes geworden sind. Nur bei den Babyloniern dürfte der Prozess etwas länger dauern, immerhin waren sie die großen Verlierer der vergangenen Ereignisse. Aber von ihnen wollte sie sich heute nicht die Stimmung ruinieren lassen und so beschloss sie diesen Abend nicht an künftige politische Komplikationen zu denken, sondern den Sieg zu genießen.
Das königliche Gefolge ging an Tanzgruppen, Feuerspeiern, Jongleuren und Narren vorbei. Allesamt talentierte Sklaven, die früher an den Festtafeln der babylonischen Adligen auftraten und nun ihre Brüder unterhielten. Dany applaudierte ihnen allen zu und befahl Memnon jedem einen Golddrachen zu geben. Es war eine große Ehre für sie, wenn die Mutter der Drachen ihre Aufführungen zu würdigen wusste.
Schließlich hörte Prometheus Töne, die ihm aus seiner Heimat bekannt vorkamen. Eine Gruppe, die wohl selber aus Byzanz stammte, spielte byzantinische Volkslieder. Auf der einen Seite war es ein beklemmendes Gefühl, dass der Arm der Sklavenhändler sogar bis nach Byzanz reichte, auf der anderen Seite war er froh wieder die Musik seiner Heimat zu vernehmen. Sie spielten gerade ein Lied, welches er und seine Soldaten gerne nachts bei Wein und dunklem Bier am Lagerfeuer sangen und so forderte er Daenerys dazu auf sich mit ihm den zu den byzantinischen Klängen Tanzenden anzuschließen. Sie versuchte zunächst abzuwiegeln. Es war schon ewig her, dass sie getanzt hat und so fürchtete sie sich eine unglückliche Figur zu machen. Prometheus ließ nicht locker und schließlich ließ sie sich von ihm auf die Tanzfläche führen. Der Trupp sie begleitende Gardisten hatte sich von 80 mittlerweile auf 14 verkleinert. So viele sollten immer in ihrer Nähe sein, während die anderen sich vergnügen konnten. Ihre Männer wechselten sich dabei ab, nur durfte keiner zu viel trinken.
Ihre Befürchtungen jedenfalls, dass sie sich blamieren würde, erfüllten sich nicht. Dany bewegte sich anmutig und leichtfüßig, wie eine junge Göttin. Prometheus lobte sie für ihr Können und fragte sie, ob sie jemals in Byzanz war und diese Lieder kannte. Sie verneinte das, denn sie war abgesehen von dem Feldzug gegen die Ajin nie außerhalb der heutigen trojanischen Grenzen gewesen.
Daenerys fand diese Nacht gar keinen Schlaf, denn die Musik hörte erst auf zu spielen, als schon wieder die Sonne aufging. Dennoch fühlte sie sich so glücklich und befreit, wie schon lange nicht mehr und wollte nicht ins Bett. Viele Leute waren mittlerweile gegangen, aber es herrschte noch immer Leben auf dem Straßenfest. Sie wollte noch einen Moment lang dort bleiben und setzte sich zusammen mit Prometheus, Doreah und Memnon auf einige der mittlerweile nicht mehr ganz so vollen Zuschauerplätze vor einer Theaterbühne. Die Schauspieler führten gerade den letzten Akt eines Stücks aus einer alten trojanischen Legende auf. Es handelte von einem trojanischen König, der vor 2000 Jahren gelebt haben soll und sich eine Elfenfrau zur Königin nahm, statt seiner Schwester, wie es im Hause Targaryen bis vor wenigen Jahrhunderten noch Brauch war. Dieser Traditionsbruch führte zu einem Erbfolgekrieg, denn seine Gegner behaupteten, dass der junge König somit jegliche Legitimität verloren habe und riefen einen Vetter von ihm zum König aus, der auch seine Schwester heiratete. Die Schlacht in der Bucht von Troja, als zum ersten Mal Seefeuer zum Einsatz kam und die Flotte der Aufständischen vernichtete, wurde jedenfalls in diesen Zeitraum datiert.
Daenerys gefiel die Aufführung und sie ließ im Anschluss die Schauspieler zu ihr kommen, um sie persönlich zu loben und jedem von ihnen eine Goldmünze in die Hand zu drücken. Baelisch, der zur Zeit ihr Gesandter beim IGH und bis vor kurzem für ihre Finanzen zuständig war, würde wohl Zustände dabei bekommen, wie großzügig sie mit ihrem Gold um sich warf, aber das war ihr egal. Prometheus richtete das Wort an sie. „Ihr strahlt heute, wie die Sommersonne über Konstantinopel, euer Gnaden.“ Irgendwie kam es über sie, sie wusste selbst nicht so recht was sie tat. Dany beugte sich zu ihm vor und flüsterte ihm ins Ohr „küsst mich.“ Seine Hände umgriffen ihre Taille und zum ersten Mal berührten sich ihre Lippen zu einem sinnlichen Kuss. Seine Lippen schmeckten nach süßem Wein und sie genoss diesen Moment, den man sie jedoch nicht lange auskosten ließ. Wie auch den ganzen Abend hindurch kamen nämlich immer noch welche von ihren neuen Untertanen zu ihr und beanspruchten ihre Aufmerksamkeit. Sie legte ihnen ihre Hand auf, ließ sich von ihnen berühren und hörte sich an, was sie zu sagen hatten. Die meisten wollten ihr sowieso nur danken und ihr sagen, dass sie für ihren Sieg gebetet haben. Eine Mutter hielt ihr ein Neugeborenes entgegen und Dany nahm das kleine Baby an sich, welches zu schreien anfing, als es von den Armen seiner Mutter in die ihrigen überging. Sie beruhigte den Jungen jedoch, indem sie ihn im Arm wiegte und mit sanfter Stimme zuredete. Bei dem Gefühl des Säuglings auf ihren Armen wurde ihr warm ums Herz. Als er sie ganz zufrieden aus seinen großen grünen Augen anschaute, strich sie ihm über den kleinen Kopf und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, ehe sie ihn seiner Mutter zurückgab. „Ein hübsches Baby, hat euer Sohn schon einen Namen?“ fragte Dany die Frau. „Ja euer Hoheit, das heißt wenn es euch recht ist. Ich würde ihn gerne Drogon nennen, nach eurem Drachen.“ Dany lachte sie freundlich an. „Das würde mich sehr freuen. Drogon ist ein guter Name.“
Sie drehte sich um, als Prometheus einen Weinkelch zu Boden fallen ließ und so beachtete sie den nächsten Mann, der zu ihr kam, nicht sonderlich und legte ihm blind links die Hand auf die Schulter. Er fasste sie an, sehr fest an und tat ihr weh. Sie drehte sich um „Nicht so fest, ihr...!“ Dann erst erkannte sie ihn, es war kein geringerer als Asius, der sie aus kalten und hasserfüllten Augen anstarrte. Er stand vor ihr, hatte sie fest im Griff und zückte drohend einen krummen Dolch. „Ich werde euch zumindest einen Dolch durch euer Loch schieben, kleine Hure!“ Dany versuchte sich zu befreien und schrie, aber er war zu stark. Kurz bevor der Dolch sie traf, warf Prometheus sich dazwischen und stieß sie weg. Die Klinge traf seine rechten Schulter und sein Ärmel färbte sich rot. Asius zog den Dolch heraus, doch Prometheus entwand ihm die Waffe, ehe er erneut zustechen konnte. Memnon und andere Gardisten ergriffen den Attentäter, aber sie konnten ihn nicht vor dem aufkochenden Volkszorn bewahren. Ein Mob von Befreiten riss ihn aus ihren Fängen und warf ihn zu Boden. Sie schlugen mit Steinen auf ihn ein, malträtierten ihn mit stumpfen Klingen und schlugen, traten und bespuckten ihn. Schließlich nahm einer der Köche von den Essensständen sein Küchenbeil und hackte Asius den Kopf ab. Stolz hob er ihn in die Höhe und die um ihn stehenden johlten.
Die Götter waren dabei noch vergleichsweise gnädig zu Asius, denn er richtete seinen Dolch gegen die Königin und dafür hätte ihm nach trojanischen Recht ein langsamer und grausamer Tod erwartet. Sie hätten ihn gegeißelt und verstümmelt, ans Kreuz geschlagen oder gepfählt und mit glühenden Eisen zu Tode malträtiert. Oder so etwas in der Art, denn Trojas Strafgesetzbuch war sehr streng. Das galt vor allem, wenn es um eine Tat gegen die Monarchin ging.
Dany stand noch gewissermaßen unter Schock, denn hier umgeben von ihren Gefolgsleuten und ihren zahlreichen Kindern rechnete sie definitiv nicht mit einer Bedrohung. Sie blickte auf Prometheus blutende Schulter. „Ihr seid verletzt.“ Sie goss etwas Wein über die Wunde und riss sich ein Stück Stoff von ihrem Mantel, um die blutende Stelle zu verbinden. „Nur ein kleiner Kratzer. Glaubt mir die Krallen galatischer Dirnen tun mehr weh, als das...“ er errötete, denn das hätte er so nie zu seiner künftigen Königin gesagt, wenn der Wein nicht bereits seine Sinne vernebelt hätte. Um so beruhigender wirkte auf ihn Danys erfrischendes Lachen. „Ihr seid mir einer.“ In diesem Moment dachte sie weder an Asius, noch an seinen hässlichen Dolch. Sie blickte Prometheus in die Augen und fühlte sich zu ihm immer mehr hingezogen, während sie ihn eigenhändig verband...
Natürlich durfte Dany sich später von Memnon eine Standpauke anhören, dass sie viel zu leichtsinnig war und so weiter. Er hatte ja recht damit, weshalb sie seine Belehrungen auch anhörte, aber was er ihr sagte gefiel ihr ganz und gar nicht. Sie wollte für die Menschen da sein. Ihnen gestatten sie zu berühren, weil das ihnen das Hoffnung bereitete, mit ihnen reden und sich ihre Probleme anhören. Das konnte sie schlecht, wenn zwischen ihr und dem Volk immer vier Reihen Gardisten stehen würden, so wie Memnon es am liebsten hätte.
Sieg vor Babylon
Troja feiert einen weiteren großen Sieg und die Befreiung von hunderttausenden Sklaven aus der Knechtschaft der Babylonier.
Das babylonische Heer war stark und auch mit modernen Waffen ausgerüstet und dazu kam ihm noch das Gelände zu Gute, welches sich ausgezeichnet verteidigen ließ. Viele rechneten mit einer verlustreichen Schlacht, weshalb dieser Feldzug unter der Hand durchaus auch kritisiert wurde, aber das Ergebnis gab Königin Daenerys wie so oft Recht. Ihrem Genie und ihrem strategischem Weitblick ist es zu verdanken, dass das große Babylon mit minimalen Verlusten zu Fall gebracht wurde. Von allen Seiten vielen unsere siegreichen Legionen über die feindliche Streitmacht her und rieben sie komplett auf. Danach öffnete Babylon die Tore und streckte die Waffen. Nebukadnezar I. dankte zu Gunsten seines Sohnes ab, der sich unserer Königin unterwarf und ihr den Lehnseid leistete. Babylon ist somit von jetzt an ein fester Bestandteil des trojanischen Reiches.
Daenerys Targaryen wird bereits als die größte Feldherrin aller Zeiten tituliert. Unter ihrer bisher noch kurzen Regentschaft wuchs das trojanische Reich zu einer Weltmacht heran und trotze vielen gefährlichen und mächtigen Feinden.
All die Sklaven, welche unter Babels Knute litten, sind nun frei und unserer Königin und ihren Soldaten zutiefst dankbar. Wieder hat Troja dem Unrecht und der Tyrannei die Stirn geboten. Niemand kann sich mit unseren Legionen messen.
In der Nacht nach der Eroberung Babylons feierten die Menschen in den Gassen und Straßen der Stadt. Daenerys I. ließ es sich nicht nehmen, sich zu ihren neuen Untertanen zu gesellen und mit ihnen diesen Sieg und ihre gewonnene Freiheit zu feiern. Leider kam es dabei zu einem Versuch ihr für uns alle so kostbares Leben zu beenden. Als einer der bis vor kurzem in babylonischen Diensten stehenden Söldner nahe genug an sie herankam und versuchte sie umzubringen. Prinz Prometheus von Byzanz rettete das Leben unserer Monarchin und riskierte dabei sein eigenes. Er trug eine Stichwunde an der Schulter davon. Der schändliche Attentäter entging seiner Strafe nicht und wurde noch an Ort und Stelle durch den Volkszorn gerichtet. Sein Kopf vermodert auf einem Spieß vor dem Tor der Ischtar und die Krähen tun sich an ihm gütlich.
Vor ihrer Abreise zum Turnier von Volvroth gaben Königin Daenerys von Troja und Prinz Prometheus von Byzanz offiziell ihre Verlobung bekannt. Das Paar soll sich bereits auf dem Fest in Babylon geküsst haben. Die Nachrichten über den großen Sieg und die Verlobung unserer liebreizenden Königin mit dem tapferen Byzantiner sorgten in Troja und allen anderen Städten und Provinzen des Reiches für gewaltige Begeisterungstürme. Überall auf den Straßen feiern die Menschen und in den Tempeln bringen sie den Göttern zum Dank Opfer da.
Glorimantis-Essos
Mit Bedauern nahm man hingegen die Nachrichten von dem unruhigen Nachbarkontinent auf. Immer mehr Mächte werden in diesen unnötigen Konflikt hereingezogen. Noch sind Trojas Garantien nicht fällig und wir beten zu den Göttern, dass jene auch nicht fällig werden.
Ratsherr Troilos, der in Vertretung für die Königin die Amtsgeschäfte führt, rief alle an diesem sinnlosen Krieg beteiligten Mächte dazu auf Frieden zu schließen. Ehe auch er die Amtsgeschäfte an den Kleinen Rat übergab, um zum Turnier von Volroth zu reisen.
Neben dem großen Achilles meldeten sich weitere beeindruckende Kämpfer für das Turnier. Darunter so große Namen wie Theseus, Titus Pullo und sogar General Aeneas, der im Gefolge der Königin reitet.
Bot Arabien
Im Einvernehmen mit der arabischen Regierung ziehen vier der fünf im Land stationierten Legionen binnen der nächsten zwei Monate ab.
Arabiens Armee wächst von Tag zu Tag unter den wachsamen Augen trojanischer Ausbilder und wird bald in der Lage sein völlig eigenständig den Schutz ihrer Heimat übernehmen zu können.