Vigor hatte mit Religion nichts am Hut aber würde er gefragt werden, wie er sich den Ort für die bösen Jungs vorstellt, so hätte er ein recht konkretes Bild vor Augen. Hier, 50 km hinter den letzten befestigten Siedlungen im peruanischen Dschungel, stand er nämlich mitten drin.
Nachdem er Emilio Illescas die schlechte Nachricht überbracht hatte, war er unverzüglich mit der 4. Arm-Division ins Grenzgebiet aufgebrochen. Im Gepäck hatten sie zum ersten Mal schweres Gerät. Die erst vor kurzem vorgestellten Brandrodungspanzer sollten den Räuberbanden im wahrsten Sinne des Wortes Feuer unterm Hintern machen und sie schlicht und ergreifend ausräuchern. Es war zugleich das erste Mal, dass die Armee auf die Probe gestellt wurde. Bisher verliefen alle Einsätze in und außerhalb der Grenzen schnell und ergebnisorientiert, doch dieses Unterfangen war anders. Nachdem das Gebiet des ehemaligen Ecuadors vollständig besiedelt worden war, hatte Emilio die Erschließung des ehemaligen Perus vorgeschlagen. An sich wäre das kein großes Unterfangen geworden, schon früher mussten gewisse Landstriche erst von Räuberbanden gesäubert werden, bevor die Siedlertracks losgeschickt werden konnten. Dazu hatten oftmals die Milizengruppen der Siedler gereicht, welche mit Jeeps und MG-Feuer die Banditen rasch vertrieben. Kaum hatte die Faust ausrücken müssen, geschweige denn war sie jemals richtig auf Widerstand gestoßen.
Hier in Peru jedoch war für viele Soldaten die Hölle auf Erden. Man hatte sie erwartet und mit Sprengfallen willkommen geheißen. Niemand wusste, warum die Räuberbanden plötzlich so organisiert waren, doch Vigor war es im Grunde auch egal. Niemand stellte sich ungestraft der Faust in den Weg. Er wurde in der Faust geboren, hatte für sie gelebt und würde notfalls auch für sie sterben. Nur heute war der Tag dafür noch nicht gekommen, heute mussten erstmal andere das Angesicht der Welt verlassen.
Mit diesen Gedanken öffnete er die Luke des Kommandotransporters und schnappte sich sein Fernglas. Jeweils 5 schwere Panzer rückten an beiden Flanken vor, in gleichmäßigen Abständen beißende Feuerstöße auf das vor ihnen liegende Banditencamp abgebend. In der Mitte bellten 10 mobile MG-Stellungen und durchsiebten alles, was ihnen unter die Läufe kam. Vigor fand den Anblick nicht besonders schön, aber er ertappte sich selbst dabei, diese Effizienz zu bewundern. Nach dem kurzen Schock hatte sich seine Truppe wieder ihrer Ausbildung besinnt und zusammen mit den 1000 Mann Verstärkung schnell Boden gut gemacht. Gegen diese organisierte Urgewalt knickten die Banditenclans wie Gräser im Wind ein und wurden gnadenlos vernichtet. Die neuen Panzer taten ihr übriges, denn selbst die letzten Banditen hatten schnell begriffen, dass aus den dichten Flammenmeeren kein Entkommen möglich war.
Vigor ließ seinen Blick über das rauchende Banditencamp schweifen, routiniert auf der Suche nach feindlichen Einheiten. Aus einem der letzten stehenden Gebäude sah er immer wieder Mündungsfeuer aufflackern. Er machte seinen Funker darauf aufmerksam und nickte ihm kurz aber bestimmt zu. Augenblicke später sah er, wie sich 2 Panzer der rechten Flanke neu formierten und die Rohre ausgerichtet wurden. Vigor schloss für einen Moment die Augen, das Kommende hatte er schon zu oft gesehen, es verfolgte ihn in seinen Träumen und würde ihn wahrscheinlich nie wieder loslassen. Als das Krachen und Fauchen der Explosion abgeklungen war, bildete er sich ein, jemanden weinen zu hören. Doch schon mit dem nächsten Herzschlag begannen 200 seiner Männer die verkohlten Reste des Camps zu durchsuchen und mögliche Überlebende zusammen zu treiben, sodass er das Geräusch mit einem Kopfschütteln als Einbildung verbuchte.
Er vergewisserte sich noch schnell, dass bei der parallelen Campräumung 15km südwestlich alles ebenso erfolgreich verlief und machte sich dann im Inneren des Kommandofahrzeug an seinen Bericht für Emilio. "Sie sind keine Träumer, sie sind nicht wie wir, keine Träumer", hörte man ihn oft sagen.