Der heutige Tage bietet sich an, um ein bisschen was über Fabelwappen zu erzählen.
Wir hatten ja schon das ein oder andere Wappen, das nicht heraldischen Regeln folgte, weil es ein fiktives Wappen war (ich denke da an das von Hogwarts). Solche "Fantasie"-Wappen hat man sich auch viel früher schon, als die Heraldik im 12. Jahrhundert aufkam, ausgedacht. Genauer gesagt hat man sich für bedeutende Personen, die entweder nachweislich keine Wappen führten oder führen konnten (weil sie vor Beginn der Heraldik starben oder aus einem anderen Kulturkreis kamen) Wappen überlegt und diesen angedichtet. Das konnten historische Personen (z.B. Caesar) oder fiktive Personen (z.B. König Artus) gleichermaßen sein.
Der Grund war aber weniger (wie heute?) der, dass man Wappen cool findet. Vielmehr war es vielleicht schwer vorzustellen, dass ein Herrscher wie Alexander der Große kein Wappen geführt hat. Ein Wappen zu führen bedeutete, dass man eine Person von Rang war. Durch Fabelwappen zollte man also gewissermaßen denen Respekt, die diesen Rang verdienten. Dahinter stand - im Gegenteil zu Wappenusurpation* - auch keine böse Absicht. Es ist eher vergleichbar mit der Absicht, die hinter Bildnissen großer Personen stand. Für Herolde war bei derartigen Wappen auch klar, dass das keine echten Wappen sind - so wie man bei einem Gemälde, das Karl den Großen zeigen soll, weiß, dass er so wohl nicht aussah.
Das "heraldische Problem" bei solchen Wappen ist, dass sie selten eindeutig sind. Die gleiche Person bekam verschiedene Wappen zugeschrieben. Da man auf Turnieren oder in der Schlacht die Wappen aber selten vor Augen bekam, war das wohl nicht so schlimm
Was hat das jetzt mit Karfreitag zu tun? Naja - auch Jesus wurden Wappen zugeschrieben. Sogar Gevatter Tod und Gott haben Fabelwappen bekommen. Und eine Beschreibung, die ich hier gefunden habe, erinnert latent an den heutigen Tag:
in Rot ein goldenes (?) schwebendes Hochkreuz, umgeben von diversen Marterwerkzeugen. Helmzier ein aus einer Dornenkrone wachsender emporgereckter Arm mit nimbierter Schwurhand zwischen einer Lanze und einem Prozessionskreuz mit abflatternder silberner Fahne mit rotem durchgehenden Kreuz.
Die Blasonierung ist leider nicht eindeutig. Zum einen kann man sich unter "diversen Marterwerkzeugen" natürlich einiges vorstellen. Da ist einmal das Kreuz, die Dornenkrone, die Geißelsäule, Ruten, der Essigschwamm, die Lanze für die Seitenwunde, die Nägel, das Schweißtuch - alles, was man halt so bei der Passion Christi vorfindet. Manchmal auch sowas wie der Kelch vom letzten Abendmahl oder Spielwürfel (mit denen um Jesus' Klamotten gespielt wurde). Außerdem finde ich den Ausdruck "schwebendes Hochkreuz" etwas sonderbar. Schwebend könnte bedeuten, dass die Figur (also das Kreuz) den Schildrand nicht berührt. Der Ausdruck "schwebendes Kreuz" wird aber auch synonym für das griechische Kreuz (alle Arme gleich lang wie auf der Schweizer Flagge) verwendet. Ein "Hochkreuz" ist aber ein lateinisches Kreuz (wie man es von Jesus kennt). Ich gehe davon aus, dass ich zu spitzfindig bin und ein lateinisches Kreuz gemeint ist, das den Schildrand nicht berührt
Ich habe mal versucht, verschiedene Versionen des Wappens darzustellen:
- In Rot ein goldenes schwebendes Hochkreuz, rechts darunter drei 1:1:1 eckgestellte gestellte silberne Spielwürfel mit der Augenzahl 6, links darunter eine zum Kreuz geneigte Lanze in natürlichen Farben.
- In Rot ein goldenes schwebendes Hochkreuz, rechts darunter ein silbernes zum Kreuz geneigtes Reisigbündel, links darunter eine zum Kreuz geneigte Lanze in natürlichen Farben.
- In Rot ein goldenes schwebendes Hochkreuz, rechts darunter eine ungesichtete** silberne Sonne, links darunter eine ungesichtete** silberne Mondsichel.
- In Rot eine silberne Dornenkrone, darüber ein goldenes schwebendes Hochkreuz mit der Inschrift I.N.R.I.
- In Silber eine rote Dornenkrone, darüber ein goldenes schwebendes Hochkreuz mit der Inschrift I.N.R.I.
Bei Version 1 hatte ich die Idee, mich bei den Marterwerkzeugen auf Soldatenzeug zu konzentrieren. Danach ist mir aufgefallen, dass die Würfel mit der Augenzahl vielleicht nicht die beste Wahl für ein Wappen Jesu sind und durch das Reißigbündel ersetzt
Version 3 sind Sonne und Mond, die in der christlichen Kultur ikonografisch für die Kreuzigung stehen. Bei Version 4 und 5 war ich dann freier und hab die Dornenkrone und den INRI-Schriftzug eingebaut. Durch die Überlagerung hat die Darstellung was von einem Keltenkreuz. Bei 5 hab ich zudem bewusst mit den heraldischen Farbregeln gebrochen, um die Heiligkeit des Wappenträgers zu unterstreichen (wie beim Jerusalemer Wappen). Die Dornenkrone habe ich rot gemacht, was das Blut Christi darstellen soll, das an dieser klebt. Ich könnte mir vorstellen, dass aus diesem Grund das Schildfeld rot tingiert wurde, obwohl Farben ja eigentlich keine Bedeutung haben.
Die Helmzier habe ich weggelassen, das war mir zu aufwändig. Das schöne an der Blasonierung ist aber, dass ich sie mir recht gut vorstellen kann
* Fremde Wappen bzw. Wappenelemente böswillig oder versehentlich zu führen
** Sonne und Mond haben üblicherweise Gesichter (zumindest die Sonne, beim Mond bin ich mir gerade nicht sicher). Dass sie keines haben, habe ich daher mitblasoniert. Die Sonne ist übrigens aus dem Wappen der schwedischen Stadt Solna (in Blau eine goldene ungesichtete Sonne) geklaut (Sol heißt einfach Sonne auf Schwedisch ). Da wurde die aktuelle schwedische Kronprinzessin Victoria geboren.