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Wartets ab, jetzt kommen erst mal die Sprüche. Die haben auch ihre gewissen Längen...
Die Macht des Verstandes ... sie wird auch im Fluge dich tragen - Otto Lilienthal
Schweinepriester: Ihr habt euch alle eine Fazialpalmierung verdient.
Mongke macht das schon
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https://www.bibleserver.com/LUT.ELB..../Spr%C3%BCche1
Zumindest sind die Sprüche nicht so viele - bei einem Buch pro Jahr sind die easy noch dieses Jahr drin!
Sprüche 1
Achtung Spoiler:
Bemerkungen/ Gedanken:
- Sprüche also. Meine Erwartung geht so in Richtung denkwürdige Zitate, also ne Art Best of von Gandalf
- Die Sprüche sind von Salomo. David war ja bei den Psalmen oft dabei, also scheint ne gewisse Chronologie Psalmen -> Sprüche da zu sein
- Die ersten Verse erklären, was zu erwarten ist: Weisheiten, um Verständnis, Regelkunde, Besonnenheit, Gerechtigkeit, Sittlichkeit, Ehrenhaftigkeit, Klugheit, Erkenntnis und Lebenskunst zu erlangen. Also kurzum: Ein rundherum "guter" Mensch zu werden.
- Das Wort Zucht hab ich fett markiert, weil das am Anfang dreimal genannt wird (also hervorgehoben ist) und zusammen mit der Weisheit die gerade aufgezählten Werte einklammern. In der Übersetzung wirkt der Begriff recht altertümlich. Die EU übersetzt es zwar mit "Erziehung", in der Vulgata ist aber von "[sapientiam et] disciplinam" die Rede. Beide Wörter können enorm viel bedeuten, disciplina geht so in die Richtung "Unterweisung, Bildung, Lehre" (als Gesamtheit des Gelehrten) und nur metaphorisch Erziehung oder Zucht. Ich finde diese Lesart spannender; Zucht klingt, als hätte irgendsoein Mönch im Mittelalter das an seine Vorstellung von Zucht und Ordnung angepasst, Lehre klingt da sehr viel erfreulicher.
- Vor diesem Hintergrund liest sich auch Vers 5 spannend (der mich ein wenig ans sokratische "Ich weiß, dass ich nichts weiß" erinnert): Weisheiten so wertvoll, dass sogar der Weise noch was dabei lernt. Dann bin ich als Leser ja genau der Richtige Spaß beiseite, es werden auf jeden Fall hohe Erwartungen geweckt!
- Meine Güte, Vers 6 ist direkt auch interessant. Die Bibelschreiber benutzen ja selbst oft bildliche Rede, das heißt, hier wird ein Schlüssel geliefert. In der EU und bei Luther steht übrigens anstelle von Bildrede "Gleichnis" - also ist das hier direkt auch ein Schlüssel für die Storys von Jesus im 2. Teil
- Mit Vers 7 wird dabei ans Ende der Psalme angeknüpft: Ehrfurcht als Anfang für die Erkenntnis.
- Außer Menge setzen alle Übersetzungen nach Vers 7 eine Unterüberschrift. Das macht Sinn, die Verse 1-7 lesen sich eher wie eine Bedienungsanleitung und ein Versprechen, jetzt kommen erst die eigentlichen Sprüche
- Ich stell mir gerade bildlich vor, wie die coolen Kids (die, die heimlich hinter der Schule rauchen ) zum Klassenlooser gehen und sagen: "Komm mit uns! Wir wollen auf Bluttaten ausgehen" Da steckt bestimmt ein super Sketch drin
- In Vers 8ff. erscheinen mir die Erkenntnisse folgende zu sein:
- Achte die Lehren deiner Eltern (die Schmuckmetapher ) - das erklärt vielleicht, warum in Vers 1-7 von "Zucht" im Sinne von "Erziehung" die Rede ist?
- Lass dich nicht mit Tunichtguten ein
- Schurkerei zahlt sich nicht aus (V. 17) bzw. "Wer andern eine Grube gräbt..." (V. 19)
- Die zweite Hälfte könnte man mit "Achte die Weisheit" überschreiben. Interessant ist hier imo die Personifikation der Weisheit. Das hat fast schon was Griechisches (mit der scientia). Bislang wäre bei sowas Gott in Erscheinung getreten. Auch die verwendeten Bilder (Unwetter, Sturmwind - das macht ja klassischerweise der HERR mit Ungläubigen). Höchstens der "Geist" könnte im biblischen Polytheismus den heiligen Geist meinen.
- Die Vorstellung, dass eine personifizierte Weisheit wütet und es den Einfältigen und Spöttern heimzahlt, hat was von Karma (oder sogar, mit Blick auf Vers 28 was von "Was Hänschen nicht lernt..."). Als Teil der #Bildungselite freut es mich aber ungemein, dass das Erlangen von Wissen und Weisheit einen hohen Stellenwert eingeräumt bekommt und die ganzen Bild lesenden Hohlbirnen abgewatscht werden. Die "Gottesfurcht" in Vers 29 überlese ich dabei gekonnt
- In der EU werden übrigens alle Verse mit Schrägstrichen unterteilt, also bspw. Vers 33: "Wer aber auf mich hört, wohnt in Sicherheit, / ihn stört kein böser Schrecken." Das könnte ein Indiz dafür sein, dass jeder Vers im Ursprungstext sowas hatte oder als "Call and Response" gedacht war. In den übrigen Übersetzungen hab ich aber keinen Hinweis darauf gefunden.
Oh, es geht schon los. Ein paar Anmerkungen:
- Das Buch der Sprüche richtet sich explizit an jüngere Männer.( "Mein Sohn") Das ist zum Verständnis manchmal ganz hilfreich, dass hier nicht Frauen oder Alte angesprochen werden sollen.
- Die Sprüche beschreiben häufig den Tun-Ergehen-Zusammenhang als Normalzustand. Tue Gutes und Gott segnet dich, tue Böses und er straft dich. Genau das wird im Buch Hiob ja in Frage gestellt. Deswegen kann das Buch der Sprüche manchmal pauschal und einseitig wirken. Man muss es aber in den größeren biblischen Zusammenhand stellen (eben mit Hiob und Kohelet). Es beleuchtet eben genau diesen Teil der Glaubensvorstellung. Eigentlich müsste man Sprüche vor Hiob lesen.
- Salomo könnte auch eher als Herausgeber denn als Autor verstanden werden
- Viele Sprüche finden sich ähnlich in ägyptischer Weiheitsliteratur
- Mit dem Schrägstrich / kennzeichnet die Einheitsübersetzung die Bestandteile eines Parallelismus. Dieses Merkmal taucht in der Hebräischen Dichtkunst ja sehr oft auf und wir haben es in den Psalmen schon häufig gesehen.
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Danke @Kantel für die Hinweise!
Sprüche 2
Achtung Spoiler:
Bemerkungen/ Gedanken:
- Die Sprüche werden wieder mit "Mein Sohn" eingeleitet. Aus der Erklärung von Kantel und meiner bisherigen Erfahrung folgere ich, dass das noch ein paar Mal so sein wird
- Inhaltlich könnte man das Kapitel überschreiben mit "strebe Weisheit an, denn die macht happy und wendet das Böse ab". Wobei natürlich derjenige, der Weisheit geben kann, Gott ist
- Vers 4 lässt mich an Indiana Jones denken
- Im Gegensatz zum 1. Kapitel wird in Vers 9 ein weiterer Wert der Weisheit beschrieben: nur, wer Weisheit erlangt, kann überhaupt Recht, Gerechtigkeit, Rechtschaffenheit und das Gute verstehen. Ob diese Implikation meiner Meinung nach zutrifft, darüber müsste ich länger nachsinnen Spontan bin ich geneigt, zuzustimmen - einem Kleinkind kann man zwar auch was verbieten (also Recht durchsetzen), aber das Verständnis dafür erfährt es aus dem Verbot nicht zwingend
- In dem Kapitel wird sehr oft auf die unterschiedlichen Pfade eingegangen:
- Der "gute" Pfad (Pfad des Rechts) ist von Gott behütet (V. 8) und gerade (V. 13). Er führt zum Leben (V. 19)
- Der "böse" Pfad lieg in der Finsternis (V. 13) und ist krumm (V. 15) (auch heute gibt es ja noch die "schiefe Bahn"). Er führt zu Tod und Schattenreich (V. 18)
- Dazwischen sind (auch textlich) Besonnenheit und Einsicht (V. 12). Beide sind ja nicht greifbar, das heißt, wenn ich mir so zwei Wege vorstelle, kann man leicht vom einen auf den anderen geraten, wenn man nicht aufpasst/ Weisheit erlangt.
- Mir persönlich ist das Kapitel dann am Ende zu fatalistisch: da erscheint es so, als ob man auf dem Pfad des Bösen für immer verlassen ist. Eigentlich sollte man doch versuchen, Leuten zu helfen, wieder von der schiefen Bahn zurück zu kommen. Insbesondere durch den Kontext mit der Ehe und dem Fremdgehen (V. 16) - das ist, wenn man heute so argumentierte, so christo-fundi, ich könnt speien.
Sprüche 3
Achtung Spoiler:
Bemerkungen/ Gedanken:
- Die mit "Mein Sohn..." eingeleiteten Kernaussagen sind hier:
- Nimm dir die Sprüche zu Herzen
- Gottes Strafe zahlt sich aus
- Handle besonnen
- "Die Tafel deines Herzens" (V. 3) - ist das wie bei so nem Golem? Was da draufsteht, tut er?
- Ich seh schon, warum Kantel meinte, das könnte zäh werden - die Bilder (Pfade, Gottvertrauen, Böses meiden) wiederholen sich ab Sprüche 3
- Dafür wird Vers 9 sehr konkret: Geld und Ertrag abdrücken für Mehrerträge. Das hat fast schon was von ner Anlageberatung
- "Deine Kufen von Most überfließen"
- Vers 14ff fühlt sich etwas widersprüchlich an: Trachte nicht nach Reichtum, trachte nach Weisheit, die bringt Reichtum...? Also der Sinn ist mir klar, fand es nur unterhaltsam, dass erst jede Menge Reichtum explizit genannt und davor gewarnt wird und dann kommt man indirekt doch dazu Wobei dann in Vers 22 auch wieder Schmuck (~ Reichtum) als Metapher für "kluge Überlegung ist geil" benannt werden.
- Vernichtung der Gottlosen
- Ab Vers 27ff wird recht konkret auf zwischenmenschlich Interaktion eingegangen und Regeln dafür mit an die Hand gegeben. Das klingt alles ziemlich sinnvoll: Nichts vorenthalten, keinen Groll hegen, Arschgeigen nicht bewundern. Und natürlich: keinen Stress ohne Grund! Ob Bushido die Bibel je selbst gelesen hat?
Man sieht in Vers 27-32 auch schön, was das Alte Testament unter Gerechtigkeit und Gottlosigkeit versteht. (Da gehts gar nicht um Atheismus...)
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Mit der Tafel des Herzens - weiß gerade nicht, ob wir das hier schon hatten, aber die alten Israeliten sahen ja das Herz und nicht das Hirn als Sitz des Verstandes, deswegen gibt es recht viele Metaphern, wo man was ins Herz einprägen oder im Herzen bewahren soll, wenn es darum geht, sich was zu merken.
Sprüche 4
Achtung Spoiler:
Bemerkungen/ Gedanken:
- Oho, es wird nicht ein Sohn, sondern "Kinder" angesprochen - wobei das bei den anderen Übersetzungen alles "Söhne" sind
- Die "Lehren" in diesem Kapitel (teilweise repetitiv) würde ich benennen als:
- Die Lehren werden tradiert und haben sich bewährt, erwirb Einsicht und Weisheit und achte beides
- Bewahre deine "Zucht" (würde ich als "Denk immer dran, was du gelernt hast/ wo du herkommst" lesen
- Lügen und Betrügen ist nicht gut
- Und immer wieder der Vergleich, dass Weisheit etc. "Schmuck" sind (vgl. V. 9: schönen Kranz aufs Haupt, herrliche Krone) und der rechte Pfad
- Brot und Wein gibt es ja immer noch in der Kirche (zumindest bei den Katholiken) für den Leib und das Blut(?) Christi. Interessant, dass die Gottlosen das auch konsumieren (V. 17) aber mit etwas anderer Bedeutung
- Die Formulierungen zum "Zuhören" unterscheiden sich auch jedes Mal: in Vers 1 soll aufgemerkt werden, in Vers 10 die Worte angenommen werden und in Vers 20 den Reden ein Ohr geliehen werden. Also eine Art Dreischritt, der darauf abzielt, dass die Wörter im Kopf landen. Vor allem, weil sie in Vers 21f auch anderen Organen (Augen, Herzen, den ganzen Leib) zugänglich gemacht werden
- "Vom Herz hängt das Leben ab" - ja doch, das lässt sich schwer bestreiten
Sprüche 5
Achtung Spoiler:
Bemerkungen/ Gedanken:
- "Honigseim" hab ich ja noch nie gehört. Ist laut hier (https://www.dwds.de/wb/Honigseim) eine veraltete Bezeichnung für ungeläuterten Honig. Also was sämig-süßes und damit passend, um die Verlockung der Mindy zu charaktersieren in Vers 3. Süß ist auch ein schöner Kontrast zum bitteren Wermut in der darauffolgenden Zeile
- Dementsprechend wäre die erste Lehre: "Geh nicht fremd/ lass dich nicht verführen"
- Anschließend werden ein paar Konsequenzen des Fremdgehens (Ehrverlust, Vermögensverlust) aufgezeigt, die bei Scheidungen (zumindest was das Teilen des Vermögens) in Folge Fremdgehens nach wie vor eine Rolle in unserer Gesellschaft spielen.
- Das mit dem Wasser aus der Quelle hat irgendwie was versautes in dem Kontext (mit den sich ergießenden Wasserbächen ) - die Umschreibung des Eheweibs als Reh mit dicken Titten tut ihr Übriges. Hätte nicht erwartet, dass die Bibel sowas Versautes beschreibt
Sprüche 6
Achtung Spoiler:
Bemerkungen/ Gedanken:
- Hier wird ein neues Thema aufgemacht: Man soll sich nicht verbürgen und wenn doch, alles tun um da wieder rauszukommen (Vers 3ff). Vor dem Hintergrund der Sklaverei und der Befreiung aus Ägypten (es gab doch auch das Gebot, das kein Jude einen anderen besitzen darf?) einleuchtend.
- Mir dünkt, der Autor dieses und des letzten Textes hatte ich Faible für Gazellen (V. 5)
- Interessant, dass die emsigen Ameisen schon seinerzeit ein Vorbild waren. Aber dass die als Staat mit Königin als Oberhaupt organisiert sind, war wohl unbekannt (Vers 7)
- Und in Vers 10 wussten sie schon, was snoozen war
- Ein "Schnellläufer" (V. 11) meint wohl einen Landstreicher oder Räuber. Passt auch besser zum gewappneten Mann danach.
- Vers 16 finde ich merkwürdig: klar, die 6 bzw. 7 Dinge (Hochmut, Lügen, Blutvergießen, Tücke, zu bösen Tun laufen, Falschaussagen, Hader stiften) werden benannt, aber warum sind nur 6 davon verhasst und alle sieben ein Greuel? Ist das Haderstiften nicht verhasst? Wurde schonmal irgendwo auf diese Dinge verwiesen? Ich erinnere mich zumindest nicht. Was aber auffällt, ist dass alle mit Körperteilen in Verbindung gebracht werden (Augen, Zunge, Hände, Herz, Füße) bis auf die letzten beiden.
- Die Personifikation er "Weisung" in Vers 20f gefällt mir. Sie erscheint als Gefährte.
- Vers 24f knüpft dann inhaltlich wieder an Sprüche 5 an. Spannend, dass eine Hure (Buhldirne) ziemlich harmlos ist. Einen Laib Brot kann man durchaus entbehren im Vergleich zu eigenen Seele. Dem entnehme ich, das Huren seinerzeit nicht komplett verurteilt wurden? Mehr so ein "kann passieren"?
- Gut gefällt mir auch das metaphorische Spiel mit dem Feuer in Vers 27f. Auch wenn Fakire offenbar ähnlich unbekannt waren wie Ameisenköniginnen (vgl. Vers 28)
- Fremdgehen muss wohl wirklich übel gewesen sein, dass da jetzt zweimal vor gewarnt wurde und auch innertextlich horrende Strafen drohen: Siebenfacher Ersatz sind harmlos im Vergleich dazu, man richtet sich selbst zugrunde, wird geschlagen, getreten und erfährt unauslöschliche Schande
Ich schätze nicht, dass das mit dem Busen eine Umschreibung ist. Sondern damit ist die Brust der Ehefrau gemeint. Falls du sowas nicht erwartest, da kommt noch ein bisschen im Hohelied.
Ansonsten hab ich bei Teerohrs Mindy-Geschichten vor ein paar Jahren genau an dieses Kapitel (Und ein weiteres, dass ähnlichen Inhalt hat) denken müssen. Irgendwie hat er diese Situation ganz genauso beschrieben.
edit: Zu dem 6 Dinge und sieben: Die Zahlen darf man nicht wörtlich verstehen. Solche Zahlenspiele kommen in den Sprüchen noch häufiger vor immer in der Formulierung: "n Dinge/Punkte sind x und n+1 Dinge sind x'. " Das ist eher so ne feststehende Redewendung. Es geht nicht darum, dass es genau 6 Dinge sind, die Gott hasst und nur das siebte in der Aufzählung ist ein Greuel. Der Autor hatte eher grade 7 Punkte auf Lager und wollte die dem Schüler als Merkspruch mitgeben. Das "Hassen" und die "Greuel" sind auch als Parallelismus zu sehen und gehören als Bedeutungsfeld zusammen. Die Aussage ist eben grade nicht: Gott hast nur diese 6 Dinge und das 7. hasst er nicht.
Geändert von Der Kantelberg (27. November 2022 um 17:03 Uhr)
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