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Thema: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

  1. #301
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    Exkurs: Dante und sein Inferno

    Dante Alighieri war 1265 geboren worden, eigentlich hieß er wohl Durante Alighiero III. Sein Leben war von dem Kampf der Ghibellinen und Guelfen um die Macht in Florenz geprägt. Nach seiner Teilnahme an der Schlacht von Campaldino 1290, bei der auf der Seite der guelfischen Bürgerwehr stand, arbeitete er sich politisch hoch und war ab 1296 wiederholt Mitglied im Rat der Hundert ,sowie in diplomatischen Missionen unterwegs. Im Sommer 1300 kam es in Florenz bei dem Besuch eines päpstlichen Legaten zu Unruhen, worauf der Papst die Stadt mit dem Kirchenbann belegte und Karl von Valois als „Friedensstifter“ herbeirief. Die Schwarzen Guelfen bekamen die Oberhand und verbannten ihre politischen Gegner aus Florenz, zu den Vertriebenen gehörte auch Dante. Im Exil betätigte er sich unter anderem als Schriftsteller, und zu seinen Werken gehörte unter anderem die „Monarchia“, in der er die göttliche Bestimmung des römischen Kaisertums zur Weltherrschaft und dessen Unabhängigkeit in weltlichen Dingen von der auf das Geistliche zu beschränkenden Herrschaft des Papstes beweisen will. Dante gab sich darin als Anhänger des Kaisers Heinrich VII. bzw. dessen Nachfolger Ludwig dem Baiern.

    Das bekannteste Werk von Dante ist aber seine Commedia, die Göttliche Komödie. Es schildert seine Reise durch die Hölle (Inferno) zum Läuterungsberg (Purgatorio) bis hin ins Paradies (Paradiso). Sie sind jeweils in Schichten, neun konzentrischen Kreisen, unterteilt. Je näher man den engeren Kreisen kommt, desto sündiger bzw. heiliger sind die gestorbenen Seelen derer, denen Dante dort begegnet.

    Dante wird von dem antiken römischen Dichter Vergil an die Hand genommen und zum Tor der Hölle geführt, auf dem der bekannte Spruch steht: „Lasst alle Hoffnung fahren, die ihr eintretet“. Und dann steigen sie den trichterförmigen Abgrund hinab, den Satan bei seinem Sturz aus dem Himmel in die Erde gebohrt hat. Die neun Kreise der Hölle ordnen die Verdammten nach der Art ihrer Vergehen ein, im Grunde gemäß der sieben Todsünden.



    Zunächst durchquert Dante den „neutralen“ Ort der Vorhölle, wo sich diejenigen befinden, die weder Gut noch Böse waren: „Himmel und Hölle nicht wollen sich mit ihnen beflecken“. Am Ufer des Flusses Acheron sammeln sich die verdammten Seelen, damit der Fährmann Charon sie übersetzt.



    Auf der anderen Seite des Flusses befindet sich der erste Höllenkreis, auch er eine Art Vorhölle, der Limbo. Hier sind die Ungetauften und gerechten Heiden, die ruhelos umhergehen. Dante sieht die großen Denker der Antike, Plato, Euklid und so weiter, außerdem Personen wie Saladin.

    Jenseits des Limbo erfolgt das Sündengericht, die Seelen müssen Minos ihre Sünden beichten und werden von ihm dem passenden Höllenkreis zugewiesen. Runter zum zweiten Kreis der Hölle, zu den Lüsternen, die von einem Sturm durch die Lüfte geschleudert werden und deshalb keinen festen Boden unter ihren Füßen bekommen. Dort trifft Dante unter anderem auf Semiramis, Kleopatra und Achilles, oder dem ehebrecherischem Liebespaar Paolo und Francesca da Rimini, die von ihrem Gatten (Paolos Bruder) ertappt und erschlagen worden waren. Eine traurige Geschichte.



    Im dritten Höllenkreis trifft Dante auf die Seelen der Gefräßigen, die im eisigen Regen im Schlamm liegen und vom Höllenhund Zerberus bewacht werden. Im vierten Höllenkreis befinden sich gemeinsam die Verschwender und Geizhälse. Sie sind dazu verdammt, gegeneinander schwere Felsblöcke zusammenzuschieben, wobei sie sich beschimpfen: „Was hältst Du fest?“ - „Was lässt Du los?“



    Der fünfte Kreis der Hölle, hier ist der Sumpf Styx der Choleriker und Phlegmatiker. Obenauf zerreißen sich die Zornigen einander in den Fluten, während die Trägen untergetaucht bleiben.

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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  2. #302
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    Am jenseitigen Ufer des Styx bleiben Dante und Vergil zunächst an den Mauern der Höllenstadt Dis hängen, die von den Gorgonen um Medusa bewacht wird. Erst ein herbeieilender Engel ermöglicht den Wanderern den weiteren Weg. Im sechsten Kreis büßen die Ketzer in flammenden Särgen. Im Schatten des Grabmals des Papstes Anastasius II. rasten die Dichter, um sich an den aus der Tiefe emporsteigenden Gestank zu gewöhnen.



    Vergil nutzt die Rast, um Dante den Aufbau der unteren Hölle zu erklären: Der siebte Kreis der Hölle gehört den Gewalttätigen, der achte und der neunte Kreis gehören der Bosheit– voneinander geschieden als allgemeiner Betrug, der im achten Kreis Vergeltung findet, und als Betrug in einem besonderen Vertrauensverhältnis (Verrat), der im neunten Kreis auf dem Grunde der Hölle bestraft wird. Dante fragt, warum die Bewohner des zweiten bis fünften Kreises separat bestraft werden, worauf Vergil auf die Differenzierung von Unmaß, verwirrtem tierischen Trieb und Bosheit durch die aristotelische Ethik verweist.

    Der siebente, achte und neunte Kreis bilden die innere Hölle, deren Eingang von dem Minotauros von Kreta bewacht wird. Hier werden die schlimmsten Sünden bestraft: Gewaltverbrechen, Betrug und Verrat. Der siebte Kreis wiederum ist in drei Ringe unterteilt: Im ersten Ring werden die Gewalttaten an den Nächsten gebüßt. Mörder, Räuber und Verwüster kochen in einem Blutstrom, in den sie immer wieder von Kentauren zurückgetrieben werden, wenn sie versuchen, ihm mehr zu entsteigen, als ihre Schuld es zulässt.



    Je nach Schwere ihrer Tat sind sie unterschiedlich tief in dem Blutstrom eingetaucht. Alexander der Große und der Tyrann Dionysios stecken bis zu ihren Brauen im Strom, während Attila am tiefsten Grund gepeinigt wird. Einer der Kentauren, Nessos, trägt auf Geheiß seines Gefährten Cheiron Dante über den Blutstrom. Selbstmörder (darunter Pier delle Vigne, der Kanzler Friedrichs II.) büßen im zweiten Ring ihre Schuld. Sie müssen als Sträucher und Bäume ihr Dasein fristen, die immer wieder von den Harpyien zerzaust werden, da sie sich mit ihrem Selbstmord selbst von ihrem Körper losgerissen haben – „denn was man selbst sich nahm, darf man nicht haben“.



    Auf ihrem Weg durch das Selbstmörderbuschwerk begegnen die beiden Dichter zwei Seelen, die in ihrem Leben ihren Besitz stückweise verprasst haben und dafür von schwarzen Höllenhunden durchs Dickicht gehetzt und stückweise zerrissen werden. Diejenigen, die Gewalt gegen Gott (Blasphemie), gegen die Natur (Sodomie) und gegen die Kunst (Wucher) verübt haben, büßen im dritten Ring, dessen Boden aus Sand besteht. Die Gotteslästerer liegen ausgestreckt und schreiend auf dem Boden, die Sodomiten laufen ohne Rast und Ruh umher, die Wucherer hocken am Abgrund, wo der dritte Höllenfluss Phlegethon sich in den achten Kreis hinab ergießt, untätig bei ihren Geldsäcken, und auf alle rieseln ständig Feuerflocken herab. Hier begegnet Dante dem Gotteslästerer Kapaneus, aber auch seinem einstigen Lehrer Brunetto Latini sowie drei Florentiner Offizieren.

    Weiter geht es in den achten Höllenkreis, den mit den Betrügern. Er ist in zehn unterschiedliche Gräben unterteilt, jeweils einen für: 1) Kuppler und Verführer wie Iason, die von gehörnten Teufeln ausgepeitscht werden.



    2) Im Gegengraben die Dirnen und Schmeichler, die sich in Kot wälzen. 3) Hier sind die Simonisten (benannt nach Simon Magnus, der den Heiligen Geist kaufen wollte) kopfüber in brennenden Felslöcher gesteckt. Wie ein Beichtvater spricht Dante mit der Seele des Papstes Nikolaus III. (1277-1280), der glaubt, dass sein Nachfolger Bonifatius VIII. (1294-1303) schon in der Hölle angekommen sei. Außerdem prophezeit er die Ankunft Clemens V. (1305-1314) als Sünder. Dante geißelt den Handel mit Kirchenämtern, der die Verweltlichung der Kirche vorantreibt, mit scharfen Worten. 4) Im vierten Graben beobachten Vergil und Dante die Zauberer und Wahrsager, deren Körper so verrenkt wurden, dass ihre Gesichter nach hinten gewendet sind. 5) Der fünfte Graben ist mit kochendem Pech gefüllt, in dem die Bestechlichen büßen. Eine besondere Gruppe von Teufeln holt ihre Seelen und bewacht sie: Wer den Kopf aus der Pechflut steckt, wird mit Gabeln an Land gezogen und dort gefoltert. Dante und sein Begleiter schaffen es, den Teufeln zu entkommen, und gelangen in den sechsten Graben. 6) Dort müssen die Heuchler in schweren vergoldeten Bleimänteln einherschreiten.

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  3. #303
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    Unter ihren Tritten leidend liegen die gekreuzigten Ratsmitglieder der Pharisäer am Boden, darunter Kajaphas, der vor der Jerusalemer Ratsitzung heuchlerisch dazu geraten hatte, Jesus Christus zum Wohle des Staates zu töten. 7) Im siebten Graben werden Diebe und Räuber unablässig von Schlangen angegriffen, durch deren Bisse sie zu Asche zerfallen, um bald darauf wieder auferstehen zu müssen– die ewige Strafe der Diebe. Nicht alle Sünder werden von den Schlangen lediglich gebissen, andere verschmelzen mit ihnen (oder einem Drachen) zu einem ungeheuerlichen Ungetüm. 8) Hinterlistige Berater und betrügerische Räuber büßen, indem sie wie Glühwürmchen in Flammen gehüllt durch den achten Graben schweben. Hier spricht Dante mit Odysseus, der mit Diomedes für die List, durch welche Troja zu Fall gebracht wurde, büßen muss. 9) Im neunten Graben begegnet Dante den Glaubensspaltern und Zwietrachtstiftern, zu denen er auch den Stifter des Islam, Mohammed, und seinen Schwiegersohn Ali zählt. Ein Teufel schlägt ihnen unablässig Gliedmaßen ab und tiefe Wunden.



    10) Im letzten Graben des achten Höllenkreises leiden die Fälscher, Alchemisten und falschen Zeugen unter ekelhaften Krankheiten und fallen in blinder Raserei übereinander her.

    Wie Türme ragen Riesen (Vergil nennt u.a. Nimrod, den König, der den Turmbau zu Babel befahl) am Rande des neunten Höllenkreises empor. Auf Bitten Vergils setzt der griechische Riese Antaeus die beiden Wanderer auf dem Grund des letzten Höllenkreises ab. Dort büßen die Verräter, bis zum Kopf in einen See aus Eis eingefroren: in der Kaina die Verräter an Verwandten und in der Antenora die politischen Verräter. Die Verräter an Tischgenossen sind rücklings in der Tolomea eingefroren, sodass ihre gefrorenen Tränen ihre Augen für immer verschließen.



    Den Sündern in dieser Zone können schon zu Lebzeiten die Seelen vom Körper geschieden werden. In die leblose Hülle schlüpft dann ein Dämon, der sein Unwesen auf der Welt treibt. In der untersten Höllentiefe, der Judecca, liegen vom Eis völlig bedeckt diejenigen Sünder, die ihren Herrn und Wohltäter verraten haben. Und in ihrer Mitte steckt der gestürzte Luzifer im Eis, in seinen drei Mäulern die Erzverräter Judas, Brutus und Cassius zermalmend.



    Vergil nimmt Dante und greift sich das zottige Fell Satans, an dem er zwischen Satan und der Eiswand erst nach unten und, da sie sich ja im Erdmittelpunkt befinden, damit auch nach oben klettert: Nur über Satan selbst sei der Ausweg möglich. Vergil findet in der Wand ein Felsloch, in das sie treten können, und sie kommen über einen Gang in eine neue Hemisphäre. Dante ist verunsichert und erhält von Vergil zur Antwort: An Satans Fell seien sie durch den Erdmittelpunkt gekrochen, das Eis sei weg, Ost und West, Oben und Unten seien nun vertauscht. Über einen Pfad gelangen sie entlang einem Bach zurück zur Lichtwelt, „zu den Sternen“.

    Das Buch möchte ich Euch besonders ans Herz legen, wenn Euch Dichtung nicht völlig abschreckt (ich bin sonst auch nicht Leser von Gedichten). Besorgt Euch aber eine kommentierte Ausgabe, darin werden die erwähnten Personen und Hintergründe direkt bei den Kapiteln erläutert. Steigt ja sonst keiner durch bei den ganzen Personen des Mittelalters. Und nehmt im Zweifel die Ausgabe, in der sich auch die Illustrationen von Gustave Doré befinden, die sind wirklich klasse (neben jenen, die er zu Miltons „Das verlorene Paradies“ gemacht hat).
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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  4. #304
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    Weiter mit der eigentlichen Story -

    Heinrich VII. war über die politische Lage in Italien gut informiert und hatte bereits im deutschen Reichsteil klug auf Ausgleich gesetzt. In Italien präsentierte er sich bewusst als unparteiischer Herrscher und Richter, der vertriebene Guelfen ebenso in ihre Städte zurückführte wie umgekehrt Ghibellinen. Gleichzeitig machte er deutlich, dass er (übrigens als letzter deutscher Monarch) gewillt war, tatsächliche Herrschaft in Italien auszuüben. Dazu gehörte etwa, dass er königliche Stellvertreter (Vikare) einsetzte und diesen das Stadtregiment übertrug. Oder er achtete darauf, dass adelige Territorialherren bei ihm um ihre Belehnung und damit Anerkennung nachsuchten. Außerdem war Heinrich VII. entschlossen, sich die reichen Finanzmittel der italienischen Städte nutzbar zu machen und ihren Reichtum abzuschöpfen. Die von einzelnen italienischen Städten wie Mailand oder Genua für ein Jahr geforderten Leistungen übertrafen bei weitem das gesamte jährliche Steueraufkommen aller deutschen Reichsstädte zusammen!

    Zur Jahreswende 1310-1311 hielt sich Heinrich VII. in Mailand auf, wo er mit der Eisernen Krone der Lombarden gekrönt wurde. Ganz überparteilich, repatriierte er die zuvor verbannten Visconti, womit er natürlich die aktuellen Stadtherren unter Guido della Torre verprellte. Sie zogen es vor, die Stadt nach einem (durch hohe Steuerforderungen ausgelösten) Aufstand zu verlassen und von außen die Stimmung gegen den König zu schüren. Heinrich VII. war gezwungen, teilweise Gewalt gegen die Städte auszuüben, die sich gegen ihn stellten. Cremona und Brescia wurden belagert, erobert und bestraft.



    Ende 1311 hatte Heinrich die gesamte Lombardei unterworfen. Sein eigentlicher Gegner war die Stadt Florenz, doch Heinrichs Heer war bedenklich durch Seuchen und Verluste zusammengeschmolzen. Für die Winterzeit zog sich der König mit gerade einmal 600 Rittern nach Genua zurück, um seine Militärkraft zu reorganisieren.

    Im April 1312 konnte Heinrich VII. wieder aufbrechen, von Pisa ging es südwärts mit dem Ziel Rom (Florenz ließ der König beiseite). Der Einzug in die Stadt musste sich der König mit dem Schwert erkämpfen, denn Rom war in zwei Lager gespalten: Zum einen die königstreuen Colonna, zum anderen die Orsini, die es mit den in Rom eingerückten Truppen des Anjou aus Neapel hielten. Trotz heftiger Kämpfe gelang es dem Luxemburger aber nicht, bis zur Peterskirche vorzudringen. Schließlich wurde Heinrich VII. am 29. Juni 1312 von dem von Clemens V. damit beauftragten Kardinal im Lateran zum Kaiser geweiht. Nach 92 Jahren hatte damit erstmals wieder ein römischer König die Kaiserkrone erlangt!



    Der frisch gekrönte Kaiser kehrte danach nicht nach Deutschland zurück, sondern nahm den Kampf gegen das aufrührerische Florenz und König Robert von Sizilien auf, gegen dessen Truppen Heinrich in Rom im Kampf stand. So rückte der Kaiser im Spätsommer 1312 mit etwa zweitausend Rittern und rund 15.000 Mann Fußvolk in florentinisches Gebiet vor. Dank der finanziellen Unterstützung anderer italienischer Städte, die Florenz scheitern sehen wollten, gelang es Heinrich, deren Truppen im September 1312 in einer Feldschlacht zu besiegen. Trotz ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit zogen es die Florentiner danach vor, sich hinter ihren Stadtmauern zu verschanzen. Heinrich VII. versuchte gar nicht ernsthaft, Florenz zu belagern. Stattdessen eröffnete er gegen den ausdrücklichen Willen des Papstes im Sommer 1313 die Feindseligkeiten gegen den Anjou König Robert, nachdem er diesen zuvor in einem Prozess für seine Feindseligkeiten gegen Kaiser und Reich wegen Majestätsverbrechen abgesetzt und zum Tode verurteilen hatte lassen – natürlich in Abwesenheit von König Robert. Zudem ging Heinrich VII. ein Bündnis mit Roberts Todfeind ein, dem sizilischen König Friedrich III.



    Der Kaiser war entschlossen, Robert von Anjou militärisch auszuschalten. Eine pisanisch-sizilianische Flotte unter dem Kommando Friedrichs, der zum Reichsadmiral ernannt worden war, sollte das Königreich Neapel von See her angreifen, während der Kaiser sich im August 1313 mit rund 4.000 Rittern auf dem Landweg nach Süden aufmachte und Verstärkungen aus Deutschland anforderte. Kurfürst Balduin war bereits im März 1313 nach Deutschland aufgebrochen, um im Sommer zusätzliche Truppen nach Süden zu führen. Der Papst war anscheinend über die bevorstehende Invasion besorgt; er drohte im Juni 1313 jedem, der das Königreich Neapel angreife, mit Exkommunikation. Heinrich zeigte sich davon jedoch unbeeindruckt und setzte die Vorbereitungen fort; dem Papst teilte er mit, der Angriff sei nicht gegen die Interessen der Kirche gerichtet, sondern diene nur der Aburteilung eines Majestätsverbrechers und Reichsfeindes. Vor Beginn der Invasion kam es noch zur Belagerung von Siena, wobei der Kaiser wieder schwer an Malaria erkrankte. Kurz darauf verstarb er am 24. August 1313 in dem kleinen Ort Buonconvento.

    Es kamen bald falsche Gerüchte auf, der Kaiser sei von seinem Beichtvater vergiftet worden, vielleicht sogar im päpstlichen Auftrag. Sein Tod war eine große Erleichterung für Robert von Neapel, der eine Invasion seines Reiches zu befürchten hatte; daher wurde Robert ebenfalls mit den Mordgerüchten in Verbindung gebracht. Hinzu kam, dass im Königreich Neapel durchaus Sympathien für den Kaiser vorhanden waren. Papst Clemens V. machte bald darauf noch einmal deutlich, dass er Heinrichs Vorgehen gegen Robert von Anjou offen missbilligte. Das kaiserliche Urteil gegen Robert wurde vom Papst für ungültig erklärt und das Verbot eines Angriffs auf das Königreich Neapel bekräftigt. Der Kaiser wurde in päpstlichen Gutachten sogar zu einem Vasallen des Papstes degradiert; bezeichnenderweise geschah dies aber erst nach dem Tod Heinrichs.

    Für die Anhänger des Kaisers in Italien war sein unerwarteter Tod eine Katastrophe, wenngleich die Ghibellinen immer noch ein militärisch ernstzunehmender Faktor in Reichsitalien waren. Die politische Lage in Reichsitalien blieb verworren und die Kämpfe zwischen den Kommunen gingen weiter; einige betrieben in der Folgezeit weiterhin eine aggressive Expansionspolitik. Die von vielen erhoffte Stabilisierung der Lage in Italien wurde durch den frühen Tod des Kaisers, der den damaligen Geschichtsschreibern als ein menschlich sympathischer Charakter erschien, zunichtegemacht. Stattdessen gewann die Signorie als Herrschaftsform in den Kommunen Reichsitaliens weiter an Auftrieb. Der Tod Heinrichs bedeutete das faktische Ende der traditionellen kaiserlichen Italienpolitik: Die nachfolgenden Kaiser sollten sich mit deutlich niedriger gesteckten Zielen begnügen und waren damit zufrieden, Gelder in Reichsitalien einzutreiben. Der kaiserliche Herrschaftsanspruch blieb aber bis weit in die Frühe Neuzeit zumindest formal bestehen.

    In Deutschland herrschte nach dem überraschenden Tod des Kaisers zunächst Verwirrung. Die Großen des Reiches hatten mit der Wahl des Luxemburgers keine schlechten Erfahrungen gemacht, ganz im Gegenteil: Heinrich hatte die Rechte der Fürsten geachtet und im Konsens regiert; umgekehrt hatten die Fürsten die kaiserliche Italienpolitik sowie die Erneuerung des Kaisertum aktiv unterstützt. Nun stellte sich die Frage, welcher Kandidat ähnlich handeln und nicht primär eigene Hausmachtinteressen verfolgen würde.
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  5. #305
    Registrierter Benutzer Avatar von Mark
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    Kurzer Blick, wo wir jetzt stehen in der Zeitskala:

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  6. #306
    Hamburg! Avatar von [DM]
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    Keine Ahnung wie oft ich das hier schon geschrieben habe, aber man kann es nicht oft genug betonen.

    Das hier ist ein Traum von einer Story.
    Vielen Dank für deine Mühe.
    Zitat Zitat von Bassewitz Beitrag anzeigen
    Make Byzantium even greater!
    Zitat Zitat von Bassewitz Beitrag anzeigen
    Imperium first, Bedenken second!

  7. #307
    Registrierter Benutzer Avatar von Herbert Steiner
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    Ja, so macht Geschichte wirklich Spass. Schreibst du alle Texte zu 100% selber, wenn ja solltest du Autor werden.

  8. #308
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    Nein, das mache ich natürlich nicht. Ich benutze alle möglichen Bücher als Steinbruch, kürze und formuliere um - und ordne vor allem das Ganze in den Fluss des PC-Spiels ein. Wie ich eingangs dieser Story schrieb: Die Paradox-Titel sind historisch so gut hergerichtet, dass das absolut machbar ist. Die haben bei CK2 bis zum letzten Grafen recherchiert und bei EU4 die passenden Missionen und Scripte eingerichtet, das will ich zeigen. Das "Manko" ist, dass es mit dem Startschuss einer jeden Partie ein Sandkasten ist, in dem halt so gut wie alles möglich ist. Wäre anderenfalls ja auch wenig abwechslungsreich - obgleich ich hier ja ziemlich strikt nach historischer Vorgabe spiele. Das soll es sein: Wie würde eine Partie CK2-EU4 aussehen, wenn sie entlang der Geschichte ablaufen würde?
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  9. #309
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    Drei Familien: Wittelsbach

    Doppelpack: Ludwig von Wittelsbach und Friedrich von Habsburg

    Wie erwähnt kam Ludwig etwa 1282 in München als Sohn des oberbairischen Herzogspaares Ludwig II. der Strenge und Mechthild von Habsburg zur Welt. Nach dem Tod des Vater 1294 folgten er und sein älterer Bruder Rudolf jenem in der Herzogswürde nach. Unter brüderlicher Vormundschaft absolvierte Ludwig zunächst eine standesgemäße Erziehung in Wien zusammen mit dem österreichischen Prinzen Friedrich dem Schönen. Friedrich war sieben Jahre jünger, 1289 als Sohn des künftigen Königs Albrecht I. und Elisabeths von Görz-Tirol geboren. Da Ludwigs Mutter und Friedrichs Vater Geschwister waren, bestand eine enge verwandtschaftliche Beziehung, die beiden Jungs waren Cousins. Ludwigs und Friedrichs Werdegang entwickelte sich auch recht parallel weiter. Ludwig konnte 1301 seinen Anspruch auf die Mitregierung in Oberbaiern durchsetzen, in den Folgejahren seinen Bruder Rudolf immer mehr verdrängen und die Herrschaft in Oberbaiern an sich ziehen.



    Friedrich kam 1306 zur Leitung des Herzogtums Österreich und führte nach dem Mord an seinem Vater 1308 das Haus Habsburg uneingeschränkt. 1313 gerieten Ludwig und Friedrich erstmals aneinander, als es um die Vormundschaft über die drei unmündigen Herzöge in Niederbaiern ging. Nach einem militärischen Gefecht gingen die zwei früheren Spielkameraden getrennte Wege. Ludwig siegte im Kampf um die Vormundschaft und gab nun sowohl in Ober- wie in Niederbaiern den Ton an, während Friedrich sich zurückziehen musste und den Einfluss der Habsburger nicht erweitern konnte.



    In der landesherrschaftlichen Macht war der Wittelsbacher Ludwig damit vom einstmals kleinen Oberbaiern zu den Habsburgern aufgerückt, und einigermaßen gleichwertig steuerten beide 1314 auf die römisch-deutsche Königswahl zu, die seit dem Tod Kaiser Heinrichs VII. im August 1313 anstand.

    Die Wahlverhandlungen hatten sich hingezogen, weil sich die Habsburger Partei um Friedrich den Schönen zunächst mit einer Gegenpartei um König Johann von Böhmen (später Johann der Blinde genannt), dem Sohn des verstorbenen Kaisers aus dem Hause Luxemburg, auseinandergesetzt hatte. Aufgrund von Johanns mangelnder Integrationskraft waren seine Anhänger 1314 auf Ludwig als antihabsburgischen Kandidaten umgeschwenkt.



    Baiern und Österreich standen als Konkurrenten gegenüber. Vor den Toren Frankfurts kam es am 19. und 20. Oktober 1314 zur verhängnisvollen Doppelwahl: Sachsen und Böhmen votierten jeweils zwiespältig und konnten nichts entscheiden. Unstrittig waren dagegen die Kölner und Pfälzer Kurstimmen für Friedrich, die letztere pikanterweise von Ludwigs eigenem Bruder Rudolf als Pfalzgraf. Ebenso unstrittig waren Ludwigs Kurstimmen aus Mainz, Trier und Brandenburg. Mit ihnen besaß er die Mehrheit, doch das Mehrheitsprinzip galt 1314 noch nicht.



    Die beiden Gewählten fühlten sich gleichermaßen legitimiert. Mit unterschiedlichen Kronen wurden Ludwig am 25. November in Aachen, Friedrich am gleichen Tag in Bonn gekrönt. Nur eine militärische Entscheidung konnte das Problem lösen. Der Kampf als Gottesurteil musste die Frage nach dem wahren König beantworten.

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    Drei Familien: Wittelsbach

    Gekämpft, belagert, bedroht und taktiert wurde in der Folgezeit zur Genüge, ganze acht Jahre lang. In mehr oder minder blutigen Aktionen standen sich die Kontrahenten zwischen 1315 und 1320 wiederholt gegenüber, ohne dass es zu einem Ergebnis kam. Friedrich war entschlossener und aggressiver, Ludwig in der Defensive, einen Durchbruch gab es aber nicht. Erst 1322 wurde die Entscheidung unausweichlich. Friedrich, sein militärisch begabter Bruder Leopold und der verbündete Erzbischof von Salzburg stießen von Osten, Westen und Süden her in einem Zangenangriff auf Baiern vor. Ludwigs strategische Lage war prekär, er musste alles auf eine Karte setzen, und das tat er auch. Er stellte sich den Österreichern am Inn mit seinen Truppen entgegen und bot am 28. September 1322 die Schlacht an. Obwohl Leopold noch im Anmarsch war, nahmen die Österreicher den Kampf auf und begingen damit einen kapitalen Fehler. Das aufreibende Gefecht verlief nicht zu ihren Gunsten, Friedrich der Schöne wurde gefangen genommen. Ludwig soll ihn mit den Worten begrüßt haben: „Herr Vetter, wie gern sehen wir Euch hier.“



    Jetzt war der Habsburger das wichtigste Faustpfand in der Hand des Siegers, und wurde in der Oberpfalz festgesetzt. Der Thronkampf war schlagartig erledigt, nicht jedoch die Konkurrenz zwischen Wittelsbachern und Habsburgern. Ludwig IV. musste seinen militärischen Sieg noch in einen politischen ummünzen. Kurz nach seinem Sieg griff er in der gerade freigewordenen Mark Brandenburg zu. Dort war die männliche Linie der Askanier ausgestorben, Ludwig setzte seinen kleinen Sohn Ludwig zum neuen Markgrafen ein. Die gleiche Geschichte also, wie es die Habsburger mit Österreich und die Luxemburger mit Böhmen praktiziert hatten, eine Erschütterung der empfindlichen Machtbalance unter den deutschen Fürsten. Aber er kam damit bei den misstrauischen Fürsten durch.

    Als nächstes heftete Ludwig IV. seinen Blick nach Italien, ganz traditionell also. Dort lagen seit Jahren die Reichsinteressen brach: Sie wiederzubeleben brachte ihm Zustimmung unter den deutschen Fürsten. Aber der König musste mit der Gegenwehr des Papstes rechnen, und der war seit 1316 der energische Johannes XXII. (1316-1334).



    Von Avignon aus maßte sich Johannes an, das Reich in Oberitalien zu vertreten, wer hatte ihm während des jahrelangen Thronstreits dabei auch in den Arm fallen sollen? In Deutschland wohl niemand, aber in Italien widersetzten sich die Visconti (Mailand), die della Scala (Verona) und die Este (Ferrara) dem Papst, der sie natürlich allesamt mit dem Kirchenbann belegte. Als Ludwig sich nun anschickte, in Italien mitzureden, reagierte Johannes XXII. prompt und sprach dem Wittelsbacher die Legitimität ab: Schließlich war seine Herrschaft mit dem Makel der Doppelwahl von 1314 behaftet. Wegen Ludwigs Zusammenarbeit mit den gebannten Italienern forderte der Papst den Wittelsbacher sogar zum Rücktritt auf und sprach 1324 den Kirchenbann auch über ihn aus.

    Der Bann entfaltete seinen beabsichtigten Zweck: In Deutschland hatten Ludwigs Kritiker unter den Fürsten nun ein Druckmittel in der Hand, den König in der Brandenburger Affäre anzugehen. Natürlich verfolgten auch die Habsburger gespannt die Entwicklung. Friedrich der Schöne war zwar noch immer in der Hand Ludwigs, doch offenbar war doch noch nicht alles entschieden. Ludwig erkannte das und ging ihnen entgegen: Das Jahr 1325 galt umfangreichen Verhandlungen innerhalb der deutschen Fürstenhäuser, die der König mit einer ganzen Anzahl ausgleichender Verträge diplomatisch krönte. Inhaltlich hatten sie es in sich, man betrat mit ihnen politisches Neuland: Mit den Habsburgern einigte sich Ludwig IV. auf ein friedliches Doppelkönigtum!



    Die beiden Cousins hatten sich in der Zeit, in der Friedrich der Gefangene des Königs gewesen war, persönlich wieder ausgesöhnt und sich auf diesen ungewöhnlichen und bisher einmaligen Schritt verständigt. Ludwig ließ Friedrich unter der Maßgabe, seine Familie von dem Friedensvertrag zu überzeugen, nach Wien zurückkehren. Seinen Bruder Leopold konnte Friedrich der Schöne jedoch nicht dazu bewegen, Ludwig als König anzuerkennen. So entschied sich Friedrich, sich gemäß seinem Versprechen zurück in die Haft seines Cousins zu begeben (auch die Einlassung des Papstes, der Friedrich von seinem Versprechen gegenüber dem Wittelsbacher entband, änderte nichts daran).



    Der Vertrag, der am 7. Januar 1326 zu Ulm geschlossen wurde, beinhaltete die Anerkennung Ludwigs als König durch die Habsburger. Friedrich der Schöne sollte ebenfalls König werden und die Geschäfte in Deutschland führen, während Ludwig sich in Rom zum Kaiser krönen lassen würde – durch wen auch immer, denn der Papst saß ja in Avignon.

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    Wie oft schon hatte es Könige und Gegenkönige gegeben, aber auf die Idee, ein legales Doppelkönigtum einzurichten, war noch niemand gekommen. Und daran, den Gleichklang mit dem Papst vielleicht gar nicht nötig zu haben, hatte auch noch niemand gedacht. Friedrich kam aus der Haft frei und versprach Hilfe bei der Verteidigung der Reichsrechte gegen den Papst. Das gemeinsame Königtum war in allen Einzelheiten der protokollarischen Fragen geregelt. Listig verkündete Ludwig IV. zudem, er sei zum Verzicht auf die Krone bereit, wenn der Papst an seiner Stelle Friedrich als König anerkenne. Das machte der natürlich nicht, schließlich war der Habsburger jetzt ein Verbündeter des gebannten Wittelsbacher. Ludwig IV. war es gelungen, alle Reichsfürsten gegen Johannes XXII. zusammenzubringen.



    Zum Jahreswechsel 1326/27 brach Ludwig in den Süden auf, um nach Mailand zu ziehen, wo er zusammen mit seiner Gemahlin Margarete am 31. Mai 1327 die lombardische Krone empfing.



    Im Spätsommer ging es weiter über Pisa, das zunächst Widerstand leistete, nach Lucca und Viterbo. Anfang 1328 erreichte Ludwig IV. Rom. Sein Aufenthalt in der Ewigen Stadt wurde zum nächsten Meilenstein in der turbulenten Verfassungsentwicklung dieser Jahre. Bei der am 17. Januar 1328 vollzogenen Kaiserkrönung verzichtete Ludwig nicht nur gezwungenermaßen auf die Mitwirkung des feindlichen Papstes aus Avignon, sondern er drehte den Spieß um. Als der von den Fürsten gewählte und gekrönte König nahm er die Kaiserkrönung als rein säkulare Rangerhöhung entgegen. Schon seine Königswahl hatte er nicht vom Papst bestätigen lassen, bei der Kaiserkrone räumte er ihm praktisch gar keine Kompetenzen ein. Die zeremonielle Krönung sollte zwar traditionell von Geistlichen vorgenommen werden, am besten vom Papst. Aber wenn es mit dem nicht ging, konnten das auch andere tun, wie jetzt die Bischöfe von Castello und Aleria. Wichtig war nur, dass die Kirche nicht als substanzielle Quelle des Kaisertums zum Zuge kam, sondern lediglich die litugische Dekoration lieferte. Die Bürger von Rom jubelten über ihre gestiegene Bedeutung bei der Kaisererhebung, und schworen Ludwig feierlich ewige Treue. Neben dieser geradezu revolutionären Neubestimmung versuchte Ludwig IV. auch Fakten zu schaffen, welche die Entwicklung unumkehrbar machten. Am 18. April 1328 setzte er Johannes XXII. ab, wobei das Argument der Einmischung in die vom Fürstenvotum konstituierte Königs- und Kaiserherrschaft den Papst ins Unrecht setzen sollte. Am 12. Mai veranlasste der Kaiser die Wahl des Franziskaners Petrus von Corvaro zum neuen Papst Nikolaus V., von dem er zu Pfingsten 1328 das kaiserliche Weihezeremoniell noch einmal wiederholen ließ.



    Als der Wittelsbacher 1329 über Pisa, Pavia und Parma den Rückzug nach Deutschland antrat, zerfiel die italienische Gefolgschaft, die er zuvor geschmiedet hatte, rasch wieder. Der freundliche Nikolaus konnte sich gegen den energischen Johannes nicht lange halten, die Römer schwenkten angesichts der neuen Machtverhältnisse rasch um zum Papst nach Avignon. Auch in den norditalienischen Städten kehrten die Machthaber rasch zu den alten Verhältnissen zurück, kaum dass Ludwig über die Alpen abgezogen war. Ende 1329 war Reichsitalien für Ludwig IV. wieder ebenso wenig unter Kontrolle wie vor seinem Romzug. Aber er hatte von dort die Kaiserkrone mitgebracht.
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  12. #312
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    Der Papst wird ausgesperrt

    Wie vom Schicksal begünstigt, holte ihn die Situation des Doppelkönigtums nach seiner Rückkehr nach Deutschland nicht wieder ein, denn schon am 13. Januar 1330 verstarb Friedrich der Schöne und ließ dem Wittelsbacher die ungeschmälerte Alleinherrschaft. Vermutlich hätte Friedrich auch so keinen Ärger bereitet, denn er war in den letzten Jahren kaum am Regieren interessiert gewesen. Und sein Bruder Leopold, den sie das Schwert Habsburgs nannten, war bereits 1326 gestorben. Das Doppelkönigtum war erledigt und wurde als Herrschaftsform nicht wiederbelebt, Ludwig hatte erstmals die gesamte Regierungsgewalt in seiner Hand. Er nutzte die folgenden Jahre, um den erreichten Status mit einer Ausgleichspolitik nach innen wie nach außen zu konsolidieren.

    Mit den Habsburgern suchte er ein Auskommen, um den Frieden im Reich zu sichern. Er machte sie zwar nicht mehr zu Mitkönigen, aber zu Reichsvikaren, also zu Stellvertretern der Krongewalt, und stellte sie damit zufrieden. Die Habsburger wurden ab 1330 übrigens gemeinsam durch die Brüder Albrecht (der Lahme) und Otto (der Fröhliche), beide Söhne des Königs Albrecht I., vertreten:



    • Albrecht I. (1255-1308) – war römisch-deutscher König
    • Rudolf III. (1281-1307) – war König in Böhmen
    • Friedrich I. der Schöne (1289-1330) – war römisch-deutscher Mitkönig
    • Leopold I. das Schwert Habsburg (1290-1326)
    • Albrecht II. der Lahme (1298) – jetzt Herzog von Österreich
    • Heinrich (1299-1327) – war Herzog von Österreich
    • Otto der Fröhliche (1301) – jetzt Herzog von Österreich



    In die gleiche Richtung von Ausgleich und Sicherung zielten die Schlichtungsmaßnahmen zwischen den niederbairischen Herzögen, Ludwigs erwachsen gewordenen ehemaligen Mündeln. Die Beilegung ihrer Streitigkeiten führte in den Jahren 1331/32 zur Teilung Niederbaierns, das erst nach dem Tod der jüngeren Herzöge unter Heinrich XIV. wieder in einer Hand zusammenkam. Nur mit dem Sohn des früheren Kaisers Heinrich VII., dem böhmischen König und Oberhaupt der Luxemburger Johann (der Blinde) kam Ludwig nicht wirklich zurecht. Trotzdem: Es war Ludwig IV. ernst mit seinem Vorhaben, einen umfassenden Frieden im Reich zu stiften, und das gelang ihm auch.



    Auch gegenüber dem Papsttum in Avignon wollte Ludwig IV. die Konfrontation beenden. Da zog er aber eine klare Trennlinie zwischen seinen Positionen bei den Reichsrechten (nicht verhandelbar) und der persönlichen Ebene, wo er zu Zugeständnissen bereit war, um die Lösung des Kirchenbanns zu erreichen. Die Exkommunikation hielt er gleichwohl für unberechtigt, und daraus machte er kein Geheimnis. Ungeniert gründete Ludwig IV. Klöster und ließ sich die Messe lesen, was den Papst natürlich wütend machte – ein Gebannter durfte das nicht. Zwischen Kaiser und Papst gingen die Verhandlungsdelegationen hin und her, aber eines wurde dabei klar: Mit Johannes XXII. war ein Kompromiss nicht zu erzielen, dafür war der alte Mann zu verbissen und machtbewusst. Als Ludwig das einsehen musste, ging er zu einer pragmatischen Taktik über: Er wartete einfach ab, bis dem alten Papst das Zeitliche segnete und hoffte auf einen weniger feindseligen Nachfolger.

    Dieser Moment kam nach dem Tod Johannes XXII., der am 4. Dezember 1334 im Alter von wohl 89 Jahren in Avignon starb. Wenige Wochen später wurde der französische Bischof und Inquisitor Jacques Fournier zu Papst Benedikt XII. (1334-1342) gewählt.



    Der neue Pontifex war tatsächlich konzilianter und Ludwigs Bevollmächtigte standen zwischen 1335 und 1337 mehrfach vor einem Durchbruch bei den Verhandlungen. Aber jedes Mal wurde die Absolution aufgrund geheimer Intervention verhindert: Diese Interventionen kamen vom französischen König. Hinter ihnen stand das Interesse Philipps VI. von Frankreich, Ludwig im Vorfeld des sich abzeichnenden Hundertjährigen Krieges als möglichen Verbündeten des englischen Gegners Edward III. zu diskreditieren. Das Reich sollte unter einem Kirchenbann nicht zur Ruhe kommen, seine politische Handlungsfähigkeit zusammen mit England sollte beeinträchtigt bleiben. Die französischen Einflussnahmen an der Kurie in Avignon hatten Erfolg, Ludwig kam auch unter Benedikt XII. nicht vom Kirchenbann frei.

    Ludwig IV. reagierte verbittert auf diese Instrumentalisierung seines persönlichen Konflikts mit dem Papsttum und konzentrierte Ende der 1330er Jahre seine Kräfte darauf, das Reich verfassungsrechtlich und in seiner Legitimität von der Kirche abzugrenzen. Die bisherigen Geschehnisse – Ludwigs Wahl durch die Kurfürsten ohne Approbation des Papstes, das Doppelkönigtum, die säkulare Kaiserkrönung – wurden gesetzlich formuliert und in unangreifbare Politik umgesetzt. Die Stimmung unter den wichtigen Fürsten im Reich war dafür, keiner der Kurfürsten wollte sich von einem Papst bei seinem Stimmrecht reinreden lassen, zumal dessen Ansehen erheblichen Schaden erlitten hatte: Die Kurie in Avignon war durch Vetternwirtschaft und Prunksucht sowie durch die Abhängigkeit vom französischen König schwer korrumpiert. Die deutschen Bischöfe, die Städte und der Adel verwahrten sich gegenüber Benedikt XII. gegen die unzulässigen Angriffe auf ihren gewählten Kaiser. Die Legitimität des Herrschers sei allein im fürstlichen Votum begründet, die Approbation und Vergabe der Kaiserkrone stehe dem Papst nicht zu, das Imperium stamme unmittelbar von Gott.



    Diese Punkte schrieben die wichtigen Fürsten bei ihrem Treffen in Rhens am 16. Juli 1338 nieder, und zwar in genereller Formulierung, der Name Ludwigs wurde der Grundsätzlichkeit halber in den Dokumenten nicht erwähnt. Die Fürsten bekräftigten ihren alleinig gültigen Wahlakt und den daraus ableitenden Herrschaftsanspruch des Gewählten. Als Lehre aus der Doppelwahl von 1314 setzten sie den Mehrheitsentscheid bei der Königswahl fest. Ein Doppelkönigtum, auch als verabredete Herrschaftsform, sollte es nicht mehr geben. Der zentrale Satz war: „Der mehrheitlich Gewählte ist und heißt wahrer König und Kaiser“. Damit konstituierte sich das Reich in der Hierarchie seiner Herrschaft vollständig selbst, der Papst wurde als Kaisermacher verfassungsrechtlich vor die Tür gesetzt.

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  13. #313
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    Nun waren die Fronten wohl endgültig geklärt. Ludwig IV. ging das von Philipp VI. gefürchtete Bündnis mit Englands Edward III. ein. Der Plantagenet ließ sich von Ludwigs Exkommunikation nicht schrecken, nach den dezidierten Darlegungen über den Status des Reiches war das kein Thema mehr. Er kam Ende August 1338 nach Koblenz zu Verhandlungen und wurde pro forma von Ludwig zum Generalvikar des Reiches in den Gebietes beiderseits des Rheines ernannt. Damit gab er Edward das Recht zum militärischen Aufgebot gegen Frankreich (die rheinischen Fürsten waren für Teile ihrer Besitzungen häufig auch Vasallen des französischen Königs und benötigten einen casus belli, um gegen diesen marschieren zu können). Gegen englischen Sold konnten Truppen aus dem Reich zusammengezogen werden, das Bündnis hatte wegen der meist ausbleibenden englischen Zahlungen dann aber kaum Auswirkungen. Edward III. konnte aus Geldmangel die Allianz nicht aktivieren. Das führte 1341 sogar zu einem abrupten Seitenwechsel des Kaisers und einer Bündnisumkehr zugunsten Frankreichs – der in der Praxis aber ebenso folgenlos blieb wie die Allianz mit England. Ludwig IV. entwickelte keine eigene Haltung im beginnenden Hundertjährigen Krieg.



    Als Benedikt XII. 1342 starb, war klar, dass erneut ein Franzose zum Papst gewählt werden würde. Fast alle Kardinäle waren nämlich Franzosen, das Kollegium fest unter der Kontrolle des König Philipp. Der neue Papst nannte sich Clemens VI. (1342-1352) und führte eine wieder härtere Gangart gegenüber Ludwig IV. und das Reich, die deutschen Geistlichen wurden von ihm unter Druck gesetzt. Jeden Sonntag ließ Clemens den Kaiser bannen und Prozesse gegen ihn führen. Die deutschen Fürsten, auch die Bischöfe, beeindruckte das inzwischen wenig, sie verwiesen den Papst einfach auf die Beschlüsse von Rhens. Die Vertreter des Reiches hielten die Reihen um ihren gewählten Kaiser geschlossen. Ludwig IV. war auf dem Höhepunkt seiner Macht.



    Erstaunlicherweise war es Ludwig IV. selbst, der jetzt auf seine alten Tage den Konsens im Reich aufkündigte. Er schwenkte zu der bekannten Hausmachtpolitik um, was ihm viel an Rückhalt im Reich kosten sollte. Es begann im Frühjahr 1339 in Niederbaiern. Ludwig gelang es, mit dem wegen der früheren Teilungen bislang eher abgeneigten Heinrich XIV. ein Abkommen zustande zu bringen. Heinrichs einziger Sohn Johann sollte Ludwigs Tochter Anna heiraten. Als Heinrich am 1. September 1339 an Aussatz starb, übernahm Ludwig zusammen mit dessen Witwe Margarete, der Tochter Johanns von Böhmen, die Vormundschaft für ihren kleinen Sohn Johann. Doch der Prinz starb ebenfalls schon im darauffolgenden Jahr, mit ihm erlosch die niederbairische Linie. Ludwig IV. zögerte nicht, das heimgefallene Herzogtum als Vormund und naher oberbairischer Verwandter an sich zu ziehen. Die unglückliche Margarete wurde mit böhmischen Besitzungen abgefunden und fortgeschickt. Ludwig vereinigte umgehend Ober- und Niederbaiern zu einem einheitlichen Herzogtum unter seiner Herrschaft.

    Dem rechtlich einwandfreien, aber menschlich hartem Vorgehen gegenüber Margarete folgte Ende 1341, Anfang 1342 der nächste Coup gegen die Luxemburger Dynastie. Er betraf Margaretes Bruder Johann Heinrich, der jüngste Sohn des böhmischen Königs. Johann Heinrich war seit 1330 mit Margarete Maultasch, der Erbtochter von Kärnten und Tirol, verheiratet. 1335 hatte sie nach dem Tod ihres Vaters nur Tirol für sich halten können, Kärnten war an die Habsburger gefallen.



    Ludwig hatte das in der Phase seiner Ausgleichspolitik mit den Fürsten hingenommen, griff nun aber bei Tirol zu. Das Gebiet war strategisch wichtig, denn hier lagen die Pässe, über die man mit einem Heer nach Italien gelangen konnte. Ludwig IV. nutzte den inzwischen bekannten Ehekonflikt zwischen Margarete Maultasch und Johann Heinrich zu einer skandalösen Erwerbspolitik. Margarete wollte sich von ihrem wohl gewalttätigen Mann, der sie von der Regierung ihres eigenen Landes fernhielt, trennen. Offenbar in Absprache mit dem Kaiser sperrte sie ihn im November 1341 aus Schloss Tirol bei Meran aus und ließ auch alle anderen Burgen in der Grafschaft von ihr gegenüber loyalen Gefolgsleuten verriegeln. Der Tiroler Adel erhob sich gegen die Luxemburger Herrschaft und Johann Heinrich musst unter internationalem Gelächter das Land verlassen.



    Was die glücklose Eheverbindung betraf, überging Ludwig dreist die Kompetenz des Papstes und ließ sie kraft seiner kaiserlichen Autorität scheiden. Und im Februar 1342 arrangierte er die Vermählung von Margarete Maultasch mit seinem verwitweten Sohn Ludwig, dem Markgrafen von Brandenburg.

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  14. #314
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    Drei Familien: Wittelsbach

    Damit kam Tirol in die Hände der Wittelsbacher. Der Spott des europäischen Adels über die Luxemburger Blamage wich jetzt der Empörung vor allem der Reichsfürsten über Ludwigs Vorgehen. Von den Luxemburgern schlug dem Kaiser offener Hass entgegen, das war wenig überraschend.



    Bei den anderen wuchs die Sorge, bei nächster Gelegenheit selber ein Opfer solch zweifelhaften Umgangs mit der Macht zu werden. Man war sich einig, dass der Wittelsbacher hier zu weit gegangen war. Die Luxemburger, allen voran Böhmens Johann der Blinde, suchten den Kaiser nun vom Thron zu verdrängen. Sie schürten Zweifel an ihm und konnten viele der Fürsten auf ihre Seite bringen. Ludwigs Position im Reich geriet ins Wanken, seine Macht bröckelte.



    Selbst bei den Gegnern von der Habsburger Dynastie sprach Johann der Blinde vor. Zu dem Gespräch zwischen ihm und Albrecht dem Lahmen in Wien gibt es die Anekdote, wie Johann das Verhandlungszimmer verlassen will: Ohne sein Augenlicht war der böhmische König nicht in der Lage, die Tür zu finden, während der gelähmte Herzog Albrecht II. nicht aufstehen konnte, um seinem Gast den Weg zu weisen. Die beiden lachten herzlich über die skurrile Situation.



    Papst Clemens VI. in Avignon sah die Chance, die Mehrheit der Fürsten von Ludwig zu trennen, und steuerte seit 1344 auf eine Neuwahl im Reich zu. In engem Zusammengehen mit den Luxemburgern protegierte er Karl, den ältesten Sohn Johanns von Böhmen, als Kandidaten für die Krone. Ludwig IV. raffte nun alles zusammen, um mit einer weiteren Steigerung der wittelsbachischen Hausmacht die Wende zu erzwingen. Nach dem Tod seines Schwagers Graf Wilhelm IV. von Holland im September 1345 übertrug er dessen Reichslehen Holland, Hennegau, Seeland und Friesland im Januar 1346 seiner Gemahlin Margarete, einer Schwester des Verstorbenen. Die Erbansprüche der beiden anderen Schwestern, immerhin der Königin von England und der Markgräfin von Jülich, wurden einfach übergangen.



    Das Haus Wittelsbach sollte mit Baiern, der Pfalz, Tirol und Holland zur mächtigsten Dynastie im Reich werden. Doch das änderte nichts mehr daran, dass sich die Dinge gegen Ludwig IV. kehrten. Am 13. April 1346 sprach Clemens VI. die endgültige Verfluchung gegen ihn aus, er wollte den Kaiser wie das antichristliche Biest von der Erde vertilgt sehen. Damit gab er den Fürsten nachdrücklich die Hände frei für eine Neuwahl. Drei Monate später, am 11. Juli 1346, erhoben die drei rheinischen Erzbischöfe (Walram von Köln, Gerlach von Mainz, Balduin von Trier) sowie zwei der weltlichen Wähler (Johann von Böhmen, Rudolf von Sachsen) Johanns Sohn Karl zum neuen römisch-deutschen König (Karl IV.).

    Hinweis: Im Spiel heißt Karl an dieser Stelle noch Wenzel (Wentscheslaw), das war sein ursprünglicher Taufname. Diesen legte er während seiner Zeit in Paris ab und ließ sich auf den Namen Karl firmen, eine Ehrenbezeugung für seinen Mentor, den französischen König Charles IV. de Valois.



    In gewisser Weise schloss sich der Kreis für Ludwig, er fiel wieder in die Zeiten des Gegenkönigtums zurück. Es folgten allerdings keine großen militärischen Auseinandersetzungen, Ludwig und Karl traten nicht gegeneinander an. Die Luxemburger hatten sich mit der Wahl den Königsrang gesichert, um die Nachfolge im Reich brauchten sie sich nicht zu fürchten. Das Ende der Situation konnten sie bei Ludwigs Alter von 64 Jahren abwarten. Nach seinem Tod würden die Wittelsbacher wieder auf den Rang von Landesfürsten zurückfallen, den Luxemburgern unter Karl IV. gehörte die Zukunft. So kam es. Am 11. Oktober 1347 starb Ludwig IV. auf einer in der Nähe des Klosters Fürstenfeld veranstalteten Hofjagd. Vermutlich ein Herzinfarkt ließ ihn vom Pferd stürzen, er war nach wenigen Augenblicken tot.


    … und wie ging es weiter?

    Die riesige Hausmacht, die er vor allem in seinen letzten Jahren aufgebaut hatte, löste sich relativ schnell wieder auf. Bereits zwei Jahre nach seinem Tod begann mit den bairischen Teilungen die Zersplitterung der Stammlande. 1363 ging Tirol an die Habsburger verloren, 1373 Brandenburg an die Luxemburger. Nur in den holländischen Besitzungen konnten sich die Wittelsbacher außerhalb ihrer Stammlande bis 1425 halten. Den großen Ertrag in Ludwigs Herrschaft stellten dagegen die reichsrechtlichen Konzepte dar, die er hinterließ. Die Erprobung eines Doppelkönigtums, die Aufrichtung eines säkularen Kaisertums, die Emanzipation des Reiches von der päpstlichen Gewalt, die Selbstkonstituierung der Konsensherrschaft zwischen Fürsten und König. Das waren absolut bemerkenswerte Positionen, die die Welt vorher noch nicht gesehen hatte. Ludwigs Nachfolger Karl IV. verstand es, daran anzuknüpfen und dafür zu sorgen, dass der Ruhm hierfür nicht mit dem Namen des Wittelsbachers verbunden wurde.
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  15. #315
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    Drei Familien: Luxemburg

    5. Kapitel Spätmittelalter



    Drei Familien: Luxemburg
    Karl IV.



    Karl IV. von Luxemburg
    Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, lebte 1316-1378
    Startdatum: 1. Januar 1337


    Es war im Herbst des Jahres 1346, irgendwo in Deutschland. Einsam, umgeben von nur wenigen Getreuen, sitzt der Luxemburger Karl in der Herberge eines gewöhnlichen Kaufmanns. Karl darf hier nicht auffallen und ist deshalb als gewöhnlicher reisender Händler verkleidet. Es ist das Gebiet, in dem sein Gegner, Kaiser Ludwig der Baier, das Sagen hat. Und Karl hatte sich einige Jahre zuvor von einigen Kurfürsten und mit Unterstützung des Papstes zum Gegenkönig wählen lassen. Doch die Herrschaft des Wittelsbachers Ludwig war seitdem nicht gerade ins Wanken geraten, Karl war in der schwächeren Position. Schlimmer noch: Er hatte seinen Vater Johann von Böhmen nach Frankreich begleitet, um die böhmische Bündnistreue mit König Philippe VI. unter Beweis zu stellen. Die entscheidende Schlacht bei Crecy im August 1346 war für Frankreich und seine Verbündeten zu einem Desaster geworden, der englische Thronfolger Edward hatte überraschend gesiegt. Auf dem Schlachtfeld war nicht nur ein großer Teil des französischen Adels gefallen, auch Karls Vater hatte hier auf heroische Weise den Tod gefunden. Jetzt musste Karl zusehen, schnell nach Prag zu gelangen, um die böhmische Krone seines Vaters für sich und sein Haus Luxemburg zu beanspruchen. Sicher, er war gemäß der Primogenitur der legitime Nachfolger, doch die Herrschaft der Luxemburger in Prag bestand noch nicht lange. Es war also möglich, dass andere Geschlechter nach der böhmischen Krone greifen würden. Eile war also geboten, doch Karl musste ohne militärische Unterstützung von Crecy nach Prag gelangen – und dabei das Gebiet seines Gegners Ludwig durchqueren. Die Aussichten für Karl waren düster in diesen Tagen, es drohte das Ende der Luxemburger Herrschaft nach nur wenigen Jahrzehnten des steilen Aufstiegs.


    1. Der Kronprinz

    Die Vorväter Karls, die Grafen von Luxemburg, zählten zum deutschen Hochadel, in Westdeutschland und Frankreich mannigfach versippt. Karl konnte seine Ahnenreihe stolz bis auf die Karolinger zurückführen, auf jene Gründungsdynastie des Abendlandes, die um 800 aus Frankreich und dem westlichen Deutschland eine Einheit geschaffen hatte. Karls Mutter - im folgenden Bild (1) - war eine Przemysliden-Prinzessin, durch sie reicht die Reihe der Vorfahren Karls bis in das Dunkel der böhmischen Sagenzeit. Der böhmische Großvater Karls, Wenzel II. (2), regierte in Böhmen und Mähren, wurde zum König von Polen gekrönt, und stellte seinem unmündigem Sohn auch noch die ungarische Krone in Aussicht. Das wäre eine Herrschaft über das ganze östliche Mitteleuropa gewesen, die größte Landfläche des christlichen Europa. Karls zweiter Großvater hingegen, Graf Heinrich VII. von Luxemburg (3), war aufgestiegen zur kaiserlichen Würde. So wie der Großvater mütterlichseits nach der größten Landmacht gestrebt hatte, erreichte der andere den höchsten Rang, welchen die Christenheit einem Herrscher verleihen konnte. Nur, gemeinsam haben diese beiden Großväter ihre Kronen nie getragen: als man den Grafen Heinrich von Luxemburg 1308 fast unerwartet zu seinem hohen Amt berief, lag der Przemysliden-König Wenzel II., obwohl beinahe gleich alt, schon mehr als drei Jahre im Grab. Erst mit Karl selbst sollten sich die böhmische Vision von einem östlichen Großreich mit der Kaiserwürde vereinen.



    Freilich wurzeln solche Pläne tiefer. Auch zwei Urgroßväter Karls trugen Kronen und berühmte Namen. Przemyslid Ottokar II. (4), der als goldener König in die Geschichte einging; und Rudolf I. (5), der erste Habsburger auf dem deutschen Thron. Diese beiden waren echte Rivalen zu Lebzeiten, und der Sieger dieses Ringens war durchaus schuld geworden am Tode des Besiegten. Das war im Sommer 1278 gewesen, Ottokar II. verlor nördlich von Wien die Schlacht und sein Leben. Die danach geschlossene Ehe der Kinder sollte diesen tragischen Konflikt überwinden. Gewiss keine problemlose Verbindung, als der Bräutigam Wenzel (2 - Ottokars verwaister Sohn) Jutta (6 - die Tochter Rudolfs von Habsburg) nach Hause führte. In jener Zeit schien das nicht so ungewöhnlich, eine vergleichbare Vorgeschichte vereinigte auch Karls Großeltern von der Vaterseite: Den Grafen Heinrich von Luxemburg (3), der später Kaiser wurde, und Margarete von Brabant (7). Sie war die Tochter Herzogs Johann I. (8), dem Sieger der Schlacht von Worringen nördlich von Köln, zehn Jahre nach der Schlacht zwischen Ottokar und Rudolf, also im Jahre 1288. Der unmündige Sohn des besiegten Luxemburgers (9) sollte danach auch hier durch seine Ehe mit der Tochter des Siegers die Wunden heilen. Alle vier Großeltern Karls wurden nicht besonders alt. Jutta von Habsburg (6) starb nach zehnjähriger Ehe mit 26 Jahren im Kindbett, König Wenzel (2) folgte ihr acht Jahre später. Der Kaiser Heinrich VII. (3) und die Kaiserin Margarete (7) erlagen in Italien 1311 und 1313 den Strapazen eines kriegerischen Romzugs. Sie hatten beide kaum das vierzigste Lebensjahr erreicht.

    Vor seinem Tod legte Kaiser Heinrich VII. aber den Grundstein für die Herrschaft der Luxemburger über Böhmen. Dort waren Wenzel II. und sein einziger Sohn Wenzel III. kurz hintereinander gestorben, so dass die Przemysliden 1306 im Mannesstamm ausgestorben waren. Kaiser Heinrich verheiratete seinen Sohn Johann mit der Schwester des letzten Przmysliden-Königs Wenzel III., sie hieß Elisabeth, und verhalf Johann damit auf den Thron in Prag, zumindest ab 1311.



    Die Böhmen hatten nach der zwischenzeitlichen Herrschaft eines Habsburgers sowie eines Meinhardiners keine Lust, wieder unter die Habsburger zu geraten. Die Böhmen boten lieber den Luxemburgern an, die Prinzessin Elisabeth zu verheiraten und damit die böhmische Krone zu beanspruchen. Heinrich VII. hatte zunächst überlegt, ob er statt des unmündigen Johann lieber seinen Bruder nach Prag schicken sollte. Wer wusste schon, ob sich ein Junge auf den Thron würde halten können? Aber der Kaiser legte vermutlich wert darauf, dass sein persönliches, ganz eigenes Blut, die Herrschaft antritt. Wichtig war, dass die böhmische Krone späteren Nachkommen per Erbrecht, nicht als Reichslehen aus den Händen späterer Kaiser, zufiel. Damit war die Luxemburger Herrschaft besser gesichert.

    Die Böhmen begrüßten es, dass Johann ihr König werden sollte, denn der Junge war zu dieser Zeit erst 14 Jahre alt und damit vermutlich leichter zu lenken – erst recht, als zwei Jahre später sein Vater, der Kaiser, starb. Überhaupt starben zahlreiche Luxemburger zu dieser Zeit, es blieb neben Johann eigentlich nur ein Bruder des Kaisers über, der Trierer Erzbischof Balduin. Alle Hoffnungen der Luxemburger Dynastie ruhten nun also auf den Schultern des jungen Johann. Johann war während seiner Kindheit in Paris aufgewachsen und hatte die französische Hofkultur verinnerlicht, das erklärt seine feste Bündnistreue zu den französischen Königen. Der böhmische Adel ließ sich diese Frankreichpolitik wohl gefallen.

    Als Nachfolger auf dem deutschen Thron kam Johann dagegen nicht in Betracht: Die Kurfürsten wollten die frisch verheilten Wunden zwischen Habsburgern und Luxemburgern, zwischen Wien und Prag, nicht neu aufreißen. Außerdem erschien ihnen der kleine Johann für ihre Interessen zu schwach, der Habsburger Friedrich dagegen zu stark. Man einigte sich auf einen Kompromisskandidaten aus dem Hause Wittelsbach, nämlich auf Ludwig IV. der Baier – jener Mann, dem Johanns Sohn später als Gegenkönig Ärger machen sollte. Im Jahre 1314 aber war der Habsburger Friedrich der Gegenkönig zu Ludwig. Daher standen Luxemburger und Wittelsbacher zusammen gegen das Habsburger Gewinnstreben, das war eine Konstante der deutschen Politik bis in die 1330er Jahre.

    Karl IV. kam am 16. Mai 1316 zur Welt und erhielt ursprünglich den Namen Wenzel. In der Namenswahl lag bereits ein Politikum, es war der Name des böhmischen Przemysliden und Nationalheiligen Wenzel. Er war das dritte Kind von sieben Geschwistern, der erste unter drei Söhnen. Auf dem erstgeborenen Sohn ruhten die großen Erwartungen der Dynastie, die vor allem durch seinen Vater Johann sowie durch dessen Bruder Erzbischof Balduin von Trier in politische Planungen umgesetzt wurden. Das Schicksal des Kronprinzen bestimmte sein Leben schon in den ersten Wochen, als ihn der Vater Johann vom unsicheren Prag weg auf die Feste Bürglitz bringen ließ. Getrennt von seiner Mutter, sträubte sich der kleine Karl gegen die fremde Umgebung. Der Vater brach den Kindstrotz so brutal wie sinnlos: „...aber der Erstgeborene, im vierten Jahr seines Lebens, wurde dort durch zwei Monate in harter Haft im Keller gehalten, so dass er das Licht nur durch eine Öffnung erblickte.“ Karl hat seine Mutter danach wohl nie wieder gesehen, sie lebte wie eine Verbannte im Exil. Ihre Kinder, ihre Trümpfe im politischen Spiel, hatte ihr Gatte Johann ihr eines nach dem anderen entrissen. Karls Verhältnis zum Vater blieb immer kühl, von gegenseitigem Misstrauen geprägt, wen wundert es.



    Mit sieben Jahren wurde Karl 1323 von seinem Vater nach Frankreich geschickt, zur Erziehung in demselben Milieu, das schon die letzten beiden Generationen der Luxemburger zu Herrschern herangebildet hatte. Dort lernte der Junge den französischen König Charles IV. kennen, den er sehr als väterliche Figur schätzte, und zwar so sehr, dass er seinen Taufnamen Wenzel ablegte und sich mit dem Namen Karl firmen ließ. In den böhmischen Chroniken führte man noch einige Zeit den Doppelnamen „Carolus qui et Wenzislaus“, aber der Name Karl setzte sich dann durch.

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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

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