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Thema: [CK2/EU4] Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt

  1. #166
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    Duell: Barbarossa und der Löwe

    Diesmal sammelte der Kaiser ein größeres Heer für Italien, in dem sich auch die Herzöge Heinrich von Baiern und Konrad von Staufen befanden. Ende 1136 erreichte das Heer die Ronkalischen Felder bei Piacenza, von dort ging es weiter nach Süden. Heinrich der Stolze bewegte sich durch die Toskana, sammelte dabei Innozenz II. auf, marschierte an Rom vorbei und kam nach Benevent. Lothars Heeresteil benutzte den Weg an der Adria entlang nach Apulien. Roger II. erkannte seine Unterlegenheit und bot dem Kaiser Verhandlungen und Geiseln an. Lothar aber überschätzte seine Möglichkeiten und wollte bis nach Sizilien vordringen.

    Da widersetzten sich seine Soldaten und Heerführer und beschuldigten den Papst, dass er Lothar so weit treibe. Der Kaiser ließ sein Heer wieder nach Norden in Gang setzen, nachdem er die Verhältnisse in Süditalien politisch „geordnet“ hatte. Dieses Konzept ging aber nicht auf. Kaum war der Kaiser außer Reichweite, rückte Roger II. wieder in Süditalien vor und eroberte die ganzen strittigen Gebiete zurück. Sogar der Papst fiel ihm dabei im Juli 1139 in die Hände. Er wurde erst freigelassen, nachdem er Rogers Königreich anerkannt hatte.

    Lothar III. erlebte das schon nicht mehr. Die Strapazen dieses langen Kriegszuges forderten ihren Tribut. Als das Heer Tirol erreicht hatte, wurde Lothar schwer krank und starb Ende 1137 in einer Bauernhütte.



    Auf dem Sterbelager übergab er die Reichsinsignien seinem welfischen Schwiegersohn Heinrich dem Stolzen, dem er auch sein Sachsen anvertraute und den er sich als Nachfolger wünschte. Die Situation ähnelte also frappierend jener zwölf Jahre zuvor, als Heinrich V. starb und seinen staufischen Schwiegersohn Friedrich von Schwaben als seinen Nachfolger wünschte. Würde auch der Welfe Heinrich der Stolze bei der Königswahl scheitern wie damals Staufer Friedrich?

    Heinrich der Stolze trug seinen Beinamen nicht zu unrecht, und Stolz im Sinne von Anmaßung ließ jene Zurückhaltung, jenes Fünkchen standesüblicher Demut vermissen, die auch Herzog Friedrich 1125 zuvor gefehlt hatte. Nicht als Wähler betrat der Welfe Heinrich den Wahlort, sondern um sich wählen zu lassen.

    Die folgenden Ereignisse sind übrigens auch der Inhalt des jüngst erschienen Romans von Sabine Ebert „Schwert und Krone“, dessen erster Teil „Meister der Täuschung“ den Zeitraum von 1137 bis 1147 abdeckt, beginnend mit dem Tod Lothars III. am 4. Dezember 1137 und dem Nachfolgestreit zwischen dem Staufer Konrad III. und dem Welfen Heinrich der Stolze. Ich habe das Buch momentan zur Hälfte durchgelesen, es ist recht unterhaltsam. Na ja, auch die üblichen Liebesgeschichten und die mich eher ermüdende Beschreibung der höfischen Garderobe sind Teil des Ganzen, aber es werden auch die anderen Fürsten und deren politischen Motive gebührend dargestellt. Die Reihe ist auf zehn Bücher angelegt, der zweite Teil – weiter ab 1147, Barbarossa wird schwäbischer Herzog – kommt zum 2017er Weihnachtsgeschäft raus.
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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  2. #167
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    Duell: Barbarossa und der Löwe

    Der erste Staufer auf dem Thron - Konrad III. (regierte 1138-1152)

    Es gab Kräfte im Reich, denen diese Machtballung missfiel, und auch in Rom, in der Umgebung von Innozenz, beobachtete man die Ereignisse mit Sorge, der Kardinallegat, der der Wahl beiwohnte, griff entsprechend lenkend in die Wahl ein. Wahlleiter wurde, da der Stuhl des Mainzer Erzbischofs gerade vakant war (Adalbert war 1137 gestorben), der päpstliche Vertraute Albero von Trier. Er stand den Staufern nahe. Die deutschen Fürsten wurden zu Pfingsten (Mai) 1138 zur Wahlversammlung geladen, es kam auf Betreiben Alberos aber bereits im März zu einem Treffen einer kleineren Zahl von Fürsten, die den Staufer Konrad zum König wählten. Gekrönt wurde er am korrekten Ort in Aachen, aber mit einer Ersatzkrone, weil sich die Reichsinsignien in der Hand von Heinrich dem Stolzen befanden.

    Dass diese Königswahl irregulär verlaufen war, betonen die Zeitgenossen einhellig. Ihre Vorverlegung entgegen der offiziellen Einladung nach Mainz verhinderte das rechtzeitige Eintreffen eines großen Teils der Wähler aus den Herzogtümern Heinrichs. Trotzdem erhielt Konrad III. nach seiner Krönung von vielen Fürsten die nachträgliche Zustimmung und Anerkennung. Der neue König und der hintergangene Herzog Heinrich verhandelten über Dritte, schließlich übergab der Welfe die Reichsinsignien. Den Huldigungseid wollte er aber nicht leisten, bevor er nicht mit seinen beiden Herzogtümern Sachsen und Baiern bestätigt würde. Dies lehnte der neue König aber ab und argumentierte, niemand könne Herzog über gleich zwei Herzogtümer sein. Konrad III. schaltete auf Konfrontation, verhängte die Reichsacht über Heinrich und entzog ihm schließlich beide Herzogtümer.

    Konrad III. spielte Verwandte gegeneinander aus, indem er den askanischen Vetter Heinrichs des Stolzen, dem Markgrafen Albrecht dem Bären (links), Sachsen verlieh. In Baiern setzte er seinen Halbbruder, den Babenberger Leopold IV. (rechts), als Herzog und seinen Halbbruder Otto als Bischof von Freising ein.



    Heinrich der Stolze war noch nicht besiegt, er ließ Albrecht vertreiben und wusste sich in Sachsen gegen das königliche Heer zu behaupten. Doch erholte er sich offenbar nicht mehr von diesem tiefen Sturz: Heinrich der Stolze starb depressiv am 20. Oktober 1139, erst 30 Jahre alt. Man munkelte angesichts der Umstände natürlich auch, dass beim Tod des Herzogs Gift im Spiel gewesen sein könne. Sein Sohn, Heinrich der Löwe, war zu dieser Zeit zehn oder elf Jahre alt.



    Doch selbst in dieser Notlage waren die Welfen stark genug, sich gegen die königlichen Ansprüche zu behaupten. In Sachsen vertrat vor allem die Kaiserin Richenza (im folgenden Bild rechts unten, Richenza von Northeim) die Sache ihres Enkels und erreichte 1142 seine Anerkennung als Herzog von Sachsen.



    Auf Baiern erhob Welf VI., der jüngere Bruder des verstorbenen Stolzen, Anspruch und nahm sich das Recht der bewaffneten Selbsthilfe, als er beim König kein Gehör fand. Es kam zu einigen Kämpfen, von denen die Belagerung der Burg Weinsberg 1140 der bekannteste ist. Dort erwies der Staufer Konrad III. seine herrscherliche Milde angeblich dadurch, dass er den Bitten der Frauen in der Burg entsprach und ihnen den freien Abzug mit allem, was sie tragen könnten, erlaubte. Diese trugen daraufhin ihre Männer aus der Burg und retteten so deren Leben. Die Kämpfe um Weinsberg sind historisch, hinsichtlich der List sind Zweifel erlaubt, da Ähnliches zu häufig in Sagen berichtet wird.

    Der König behielt bei aller Konfrontation immer die diplomatische Lösung im Blick und erreichte einen Kompromiss mit den Welfen. Das Herzogtum Sachsen übertrug Konrad III. auf einem sehr gut besuchten Hoftag 1142 nun Heinrich dem Löwen, nachdem Albrecht der Bär auf seine Herzogswürde verzichtet, dafür aber seine anderen Besitzungen, vor allem die Mark Brandenburg, zurückerhalten hatte. Auch über Baiern musste neu entschieden werden, denn dort war Leopold IV. im Oktober 1141 überraschend gestorben. Da er keine Nachkommen hinterließ, folgte ihm sein Bruder Heinrich II. Jasomirgott als Markgraf von Österreich und Herzog von Baiern nach. Und nicht nur dies: Der König verheiratete direkt in Frankfurt Gertrud, Tochter des früheren Kaisers Lothar und die Witwe von Heinrich dem Stolzen (und somit die Mutter von Heinrich dem Löwen) mit Heinrich Jasomirgott.



    Damit war der Verzicht des Löwen auf Baiern besiegelt. Durch die Eheschließung seiner Mutter mit dem neuen Herzog trat an die Stelle der Gegnerschaft zu den Babenbergern die Verwandtschaft mit ihnen. Der Friede blieb durch diese Heirat aber nicht dauerhaft gesichert, denn Gertrud starb schon ein Jahr später im Kindbett.

    Die Ansprüche von einem waren vom König noch nicht berücksichtigt worden. Der Onkel des Löwen, Welf VI., machte Konrad III. wie dem neuen Baiernherzog Heinrich Jasomirgott* weiterhin beträchtliche Schwierigkeiten und bildete auf Jahre einen Unruheherd.

    Aber auch Heinrich der Löwe stellte alles andere als einen verlässlichen Partner des staufischen Königs dar. Lehrstück für Heinrichs ebenso zielstrebige wie skrupellose Politik ist sein Verhalten in der Frage des Stader Erbes im Jahre 1144, als der Bremer Dompropst Hartwig als letzter Überlebender des Stader Grafengeschlechts den gesamten Besitz der Familie erbte. Hartwig machte einen eigenartigen Handel: Im Einvernehmen mit dem König versprach er der Kirche Hamburg-Bremen die Übertragung seines Besitzes, wenn er zum nächsten Erzbischof dieser Kirche erhoben würde. Heinrich der Löwe widersprach diesem Handel und reklamierte Stade für sich selbst: Ihm habe der von Dithmarscher Bürgern erschlagene Rudolf von Stade vor seinem Tod seinen Besitz versprochen. Der König bestellte ein Schiedsgericht, dessen Vorsitz die beiden Kontrahenten innehaben sollten: Heinrich den Löwen sowie den von dem Handel begünstigten Erzbischof Adalbero von Hamburg-Bremen.

    *Über den obskuren Namen "Heinrich Jasomirgott" habe mich jahrelang gewundert. Erst neulich habe ich endlich die Erklärung gefunden, als ich für diese Story in einem Buch gelesen hatte, dass es Historiker im 19. Jahrhundert waren, die ihm diesen Beinamen verpasst haben. Dieser Heinrich soll seine Ausführungen nämlich ständig mit dem Satz beendet haben "Ja, so wahr mir Gott helfe".
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  3. #168
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    Albrecht der Bär.
    Das war der erste Sterne-General, den man als HRR bei Medieval Total War bekomme hat.

  4. #169
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    Daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern!
    Ich hatte mal daran gedacht, vielleicht eine nostalgische Story mit C&C1 zu schreiben, natürlich mit der Fraktion Nod. Aber Medieval 1 wäre mit dem HRR doch auch etwas... was meint Ihr? Da müsste ich glatt mal auf Steam gucken, ob es das dort gibt und ob es Windows10-fähig ist.
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  5. #170
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    Von der CD aus mit Windows 8.1. funktioniert es bei mir nicht.
    Falls du Medieval 1 mal spielst, dann aber bitte mit dem Addon Vikings Invasion, da erst damit der Rollenspielaspekt dabei war, dass die Charakter sich entwickeln konnten. Im Grundspiel war das meine ich noch relativ determiniert.

  6. #171
    Sie/Er/Whatever Avatar von Fimi
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    Zitat Zitat von Mark Beitrag anzeigen
    *Über den obskuren Namen "Heinrich Jasomirgott" habe mich jahrelang gewundert. Erst neulich habe ich endlich die Erklärung gefunden, als ich für diese Story in einem Buch gelesen hatte, dass es Historiker im 19. Jahrhundert waren, die ihm diesen Beinamen verpasst haben. Dieser Heinrich soll seine Ausführungen nämlich ständig mit dem Satz beendet haben "Ja, so wahr mir Gott helfe".
    "La majestueuse égalité des lois, qui interdit au riche comme au pauvre de coucher sous les ponts, de mendier dans les rues et de voler du pain." - Anatole France

    Zitat Zitat von Fonte Randa Beitrag anzeigen
    Manchmal kann ich Fimi verstehen...
    Zitat Zitat von Kaiserin Uschi Beitrag anzeigen
    Ja, aber das ist nur ein Grundgesetzbruch, aber kein Verfassungsbrauch. Bring das mal vors Bundesgrundgericht ;)

  7. #172
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    Duell: Barbarossa und der Löwe

    Das Gremium trat zusammen – und der Löwe nutzte diese Gelegenheit, um Erzbischof Adalbero und Propst Hartwig gefangenzunehmen. Ersterer kam erst wieder frei, als er – alt und rasch von der Haft zermürbt - sich den Ansprüchen des Löwen gefügt hatte. Hartwig musste seine Freiheit mit einem teuren Lösegeld erkaufen. Nichts verlautet davon, dass König Konrad in irgendeiner Weise gegen die eklatante Rechtsverletzung des 16jährigen Herzogs eingeschritten wäre.



    In seinem Herzogtum Sachsen machte der Löwe einige Anordnungen rückgängig, die sein Vorgänger Albrecht getroffen hatte. Vor allem brachte er nördlich der Elbe den treuen welfischen Grafen Adolf wieder zurück nach Holstein. Für den dabei verdrängten Grafen Heinrich von Badwide schuf der Löwe eigens die neue Grafschaft Ratzeburg (im Spiel nur ein Bistum). Graf Adolf errichtete unweit der Stelle eines früheren Fürstensitzes der Wenden an der Trave den Markt Lübeck und rief Westfalen, Friesen und Leute vom Niederhein herbei, um das Siedlungsgebiet zu festigen.



    Als dann die Mutter von Heinrich dem Löwen starb, endete die Ehebande zwischen dem Welfen und dem Babenberger Heinrich II. Jasomirgott. Der Löwe erhob nun unverzüglich wieder Anspruch auf das Herzogtum Baiern. Dem König standen also drei Fürsten gegenüber, die Baiern haben wollten: Heinrich der Löwe, dessen Onkel Welf VI., und Heinrich Jasomirgott. Die Entscheidung wurde unterbrochen durch die Nachricht vom Fall von Edessa, dem christlichen Fürstentum im Heiligen Land. Die ganzen Eroberungen des Ersten Kreuzzugs standen auf dem Spiel.



    Der neue Papst Eugen III. (1145-1153) beauftragte den wortgewaltigen Bernhard von Clairvaux mit dem Werben für einen Zweiten Kreuzzug, und der hatte Erfolg damit. Neben dem französischen König Ludwig VII. sagten auch König Konrad III. und Welf VI. ihre Teilnahme zu. Auch der Neffe des Königs zählte zu den Kreuzrittern: Friedrich Barbarossa. Er war just der neue Herzog von Schwaben geworden, nachdem sein Vater Friedrich II. von Schwaben im April 1147 gestorben war. Und bevor sie alle aufbrachen, ließ Konrad III. seinen zehnjährigen Sohn Heinrich im März 1147 auf einem Reichstag in Frankfurt zum König wählen. Der Zweite Kreuzzug wurde kein Erfolg, Edessa konnte nicht dauerhaft zurückerobert werden. Konrad III. kehrte 1149 nach Deutschland zurück, bis dahin blieben die offenen Probleme im Reich sozusagen eingefroren.



    Nur die sächsischen Fürsten mit ihrem welfischen Herzog meinten, es sei doch widersinnig, zu einem Glaubenskrieg in das Heilige Land aufzubrechen, da sie doch mehr Ungläubige und Götzendiener gleich vor der Tür hätten. Diese Auffassung wurde populär, auch wenn es wohl weniger um die Ausbreitung des christlichen Glaubens ging als vielmehr um ganz profanen Landgewinn in den slawischen Gebieten. Man freute sich auf den Heiligen Krieg gegen die Heiden und war sich des Erfolges sicher, weil man dort bedenkenlos die Armbrust einsetzen konnte. Die Verwendung dieser Schnellschießwaffe gegen Christen hatte erst einige Jahre vorher das Laterankonzil von 1139 unter Bannandrohung verboten. Gegen die Heiden war aber alles erlaubt, weil man sich dabei in Übereinstimmung mit dem Kampf Gottes gegen die Gewalt Satans glaubte. Als man den Gedanken eines speziellen Kreuzzugs gegen die heidnischen Wenden Bernhard von Clairvaux vortrug, erklärte er sich rasch damit einverstanden. Kraft seiner päpstlichen Vollmachten erklärte Bernhard, dass alle, die an dem Kreuzzug über die Elbe gegen die Wenden teilnähmen, ebenso Ablass von ihren Sünden erhalten würden wie die Kreuzfahrer in das Heilige Land. Die Wenden sollten – das war die Bedingung für den Ablass – entweder gänzlich bekehrt oder gänzlich vernichtet werden. Bei einer nur teilweisen Erfüllung dieser Aufgabe sollte der Ablass hinfällig werden.

    Rund sechs Wochen, nachdem die Kreuzfahrer zum Heiligen Land aufgebrochen waren, sammelten sich bei Magdeburg die Ostlandfahrer. Die Wenden hatten von dem Vorhaben bereits erfahren und waren erstaunt, dass sie nun wegen ihres Glaubens mit Feuer und Schwert überzogen werden sollten. Sie hatten doch längst friedliche Missionare der Christen bei sich aufgenommen. Graf Adolf von Holstein hatte sogar ein Freundschaftsbündnis mit dem Obodriten Niklot geschlossen. Das alles sollte nun vorbei sein? Niklot rüstete sich, um dem Angriff der Deutschen zuvorzukommen und landete mit seinen Männern von zahlreichen Schiffen vor Lübeck und zog sich nach schweren Zerstörungen mit reicher Beute wieder zurück.

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  8. #173
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    Duell: Barbarossa und der Löwe

    Unter der Führung des Löwen ritten die Deutschen schleunigst nach Norden gegen Dobrin am Schweriner See, der Hauptfestung der Obodriten. Niklot taktierte militärisch geschickt und nötigte seinem Gegner Verhandlungen auf. Die Obodriten versprachen dabei, nicht mehr ihren Göttern zu huldigen, sondern sich christlich taufen zu lassen. Niklot erneuerte sein Freundschaftsbündnis mit Adolf und verpflichtete sich zu regelmäßigen Tributzahlungen an Heinrich den Löwen. Damit war die Oberherrschaft des Welfen über das Gebiet der Obodriten gesichert und man sah den Zweck dieses Kreuzzuges als erreicht an. Das war aber nur Augenwischerei. Es war mehr Schrecken als christliche Überzeugung verbreitet worden. Was friedliche Missionare vorher in mühevoller und gefährlicher Kleinarbeit erreicht hatten, war in kurzer Zeit zerstört worden. Herzog Heinrich hat der Kreuzzug zweifellos beträchtlichen Gewinn gebracht, und das war für ihn die Hauptsache.



    Schon ein Jahr später zog der Löwe gegen die eigenwilligen Dithmarscher an der Westküste von Holstein. Heinrich gab vor, er wolle sie für die Ermordung des Stader Grafen Rudolf bestrafen, dessen Erbschaft er so rücksichtslos an sich gebracht hatte. Ironischerweise zwang er den in dieser Sache übervorteilten Bremer Erzbischof Adalbero sowie den Dompropst Hartwig, ihm dabei zu helfen. Heinrichs Schützling Adolf konnte anschließend wieder in seiner Grafschaft Holstein uneingeschränkt herrschen.

    Als Erzbischof Adalbero im August 1148 in Bremen starb, wurde der Dompropst Hartwig tatsächlich sein Nachfolger. Herzog Heinrich konnte das nicht recht sein und er behinderte die Arbeit des neuen Kirchenfürsten nach Kräften, damit er nicht stärker würde. Der Löwe wies darauf hin, dass schon sein Großvater, Kaiser Lothar III., zu seiner Zeit als sächsischer Herzog das Recht zur Einsetzung von Bischöfen innehatte. Hartwig gegenüber verweigerte Heinrich die Zahlung des Zehnten. Die von Hartwig eingesetzten Bischöfe hatten deshalb keinerlei Einkünfte und konnten deshalb kaum Aktivitäten entfalten. Einem Missionar der Slawen gegenüber äußerte sich ein Anhänger des Löwen zutreffend: „Weder der Kaiser noch der Erzbischof kann Euch helfen, wenn mein Herr dagegen ist.“ Die Investitur war ein klar königliches Recht. Aber Konrad III. war im Heiligen Land und Herzog Heinrich eignete sich dessen Recht an. Das Glück brachte dem Löwen weiteren Machtzugewinn, weil der Obodritenfürst Niklot die ihm benachbarten Stämme unterwarf. Weil Niklot ein Vasall des Löwen war, fielen diese Gebiete mittelbar in den Herrschaftsradius des Welfen.

    Heinrich heiratete zu dieser Zeit (1148/49) Clementia von Zähringen. Sein längst ausgeprägter pragmatischer Sinn ließ ihn hoffen, dass er durch diese enge Verbindung mit dem im Südwesten des Reiches ansässigen Geschlecht die Staufer sicher in die Zange nehmen könnte. Die Zähringer waren ebenfalls nicht gut auf die Staufer zu sprechen, seit der junge Friedrich Barbarossa im Frühjahr 1146 in ihr Gebiet eingefallen war, Zürich besetzt und wochenlang im Breisgau arg gehaust hatte.



    König Konrad kam im Frühjahr 1149 vom Kreuzzug zurück. Erreicht hatte man praktisch nichts. Immerhin hatte der König eine Zusammenarbeit mit dem byzantinischen Kaiser vereinbart, um die expandierenden Normannen, die sich in und um Süditalien und Nordafrika festgesetzt hatten, im Zaum zu halten. In das Lager ausgerechnet der Normannen hatte sich Welf VI. abgesetzt und erhielt dort von König Roger reichlich Geld, damit er Konrad III. im Reich weiter unter Druck setzen konnte. So ist es nicht überraschend, dass schon wieder allerorten in den süddeutschen Landen gekämpft wurde, als König Konrad heimkehrte. Dem ging es aber gar nicht gut, aus dem Morgenland hatte das Heer der Kreuzfahrer die Lepra und Aussatz mit eingeschleppt. Für den kranken König war es vorteilhaft, dass sich die beiden Welfen Heinrich und Welf um das Herzogtum Baiern zankten. Das war die Situation, als Heinrich der Löwe Anfang 1151 auf einem in Ulm einberufenen Hoftag des Königs erschien. Selbstherrlich nannte er sich bereits „Herzog von Baiern und Sachsen von Gottes Gnaden“. Den Sprung nach Baiern wagte der Löwe dann aber doch nicht: Zu riskant wäre es für ihn gewesen, mit seinem Heer nach Süden zu ziehen, während sich so mancher sächsische Fürst, den er in den vergangenen Jahren düpiert hatte, offen zeigte für eine Zusammenarbeit mit dem staufischen König. Alle drei Parteien belauerten sich in der Folge monatelang gegenseitig.

    Da drohte der Löwe in seinem Herzogtum Sachsen plötzlich zwischen die Mühlsteine zu geraten. Graf Hermann von Winzenburg war zusammen mit seiner Gemahlin von Ministerialen des Hildesheimer Bistums ermordet worden. Da keine männlichen Erben vorhanden waren, gerieten sich Herzog Heinrich und Albrecht der Bär um die große Hinterlassenschaft des Winzenburgers am Westrand des Harzes in die Haare. Den jahrelangen Krieg gegen Albrecht finanzierte Heinrich, indem er seinen Grafen Adolf gemeinsam mit Niklot zu den Stämmen im Osten schickte, wo sie eine „ungeheure Summe Geld“ erpressten.



    König Konrad war so sehr mit dem Knatsch mit und zwischen den Welfen beschäftigt, dass er bis dahin nicht einmal eine Romfahrt in Betracht hatte ziehen können. Das nahm er nun allmählich in die Hand, die Lage dort war günstig dafür. Papst Eugen III. hatte Probleme mit seinen Römern und den Normannen in Süditalien. Aber das Schicksal schlug gegen den König zu: Im Spätsommer 1150 starb sein Sohn und gekrönter Nachfolger Heinrich, er wurde nur zehn Jahre alt. Nun sollte eilig der zweite Sohn Friedrich zum Mitkönig gekrönt werden. Doch bevor beides – die Königskrönung des Sohnes und seine eigene Kaiserkrönung in Rom – stattfinden konnte, starb Konrad III. im Februar 1152 am Wechselfieber, das er vom Kreuzzug mitgebracht hatte.



    Konrads Sohn Friedrich war da noch so jung, dass die deutschen Fürsten angesichts der vielen ungeklärten Probleme im Reich eine Regelung der Nachfolge vorzogen, die keine langjährige Vormundschaftsregelung nötig machte. Sie übergingen den kleinen Königssohn, vielleicht sogar auf Wunsch seines Vaters, und erhoben den „Eckstein“ zwischen den streitenden Familien der Staufer und Welfen, den schwäbischen Herzog Friedrich Barbarossa.

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  9. #174
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    Duell: Barbarossa und der Löwe

    Duell: Friedrich I. Barbarossa (regierte 1152-1190)

    a) Heinrich der Löwe verzichtet auf die Königskrone

    Friedrich Barbarossa und Heinrich der Löwe gehörten der jungen Generation an, die den grausamen Bruderkrieg des Investiturstreits nicht mehr mitgemacht und deren Interessenlage sich verschoben hatten. In jungen Jahren hatte Barbarossa offenbar ein gutes Verhältnis zu Welf VI. und es gibt Anzeichen, dass er im Zusammenhang mit der Weinsberger Fehde 1140 mit den Welfen sympathisierte. Nach dem Tod seines Vaters übernahm Barbarossa das Herzogtum Schwaben 1146 und war gut darauf vorbereitet worden. Er war gewiss ein selbstbewusster Fürst, immerhin der Neffe des Königs. Auf seine Nachfolge konnte er sich damals jedoch gar nicht so große Hoffnungen machen, immerhin hatte der König einen eigenen Sohn Heinrich, der dann aber 1150 jung starb.

    Als Edessa gefallen war, wollte Barbarossa seinen Onkel, den König, auf dem geplanten Zweiten Kreuzzug begleiten. Das geschah zum Missfallen seines Vaters, Herzog Friedrich II. von Schwaben, der bereits schwer erkrankt war und dem König verübelte, Barbarossa nicht von seinem Entschluss zum Kreuzzug abzuhalten. Der Grund lag bald offenbar: Friedrich II. starb und sein Sohn begleitete für die Dauer von zwei Jahren auf den riskanten Feldzug in das Heilige Land. Während dieser Zeit musste der Mainzer Erzbischof das Herzogtum kommissarisch leiten. Aber Barbarossa kehrte wohlbehalten zurück, im Gegensatz zum erkrankten König, der dann Anfang 1152 starb.



    Konrad III. soll sich auf dem Sterbebett dafür ausgesprochen haben, seinen Neffen Barbarossa seinem achtjährigen Sohn Friedrich gegenüber bei der Thronfolge zu bevorzugen. Am 4. März 1152 traten die deutschen Fürsten während der Fastenzeit in Frankfurt zusammen, um darüber zu entscheiden. Die Wahlempfehlung des toten Königs hatte gewiss Gewicht, aber es gab ja noch den sächsischen Herzog Heinrich den Löwen, der sich Hoffnungen auf die Krone machen konnte wie 15 Jahre zuvor sein Vater. Wie es Barbarossa gelungen ist, seinen Vetter Heinrich den Löwen von der Kandidatur abzuhalten, ist nicht überliefert. Doch die Eintracht, die in der Folgezeit bestand, lässt eine Absprache zwischen den beiden vermuten, und die hohe Machtstellung, die danach dem Welfen eingeräumt wurde, spricht ebenfalls dafür. In späterer Zeit verwendet man in diesem Zusammenhang den Begriff der „Wahlkapitulation“ und meint damit Versprechungen und Zugeständnisse, die der Kandidat vor seiner Wahl abgab, um mögliche Gegner zufriedenzustellen und für sich zu gewinnen. Viele Maßnahmen des jungen Königs Friedrich Barbarossa deuten darauf hin, dass er dazu bereit war, und ein Blick auf die ersten Regierungsmaßnahmen kann dies bestätigen.



    Barbarossa dürfte mit dem Löwen vereinbart haben, dass dieser das Herzogtum Baiern erhalten solle. Zudem gab es vermutlich eine Abgrenzung in Interessengebiete: Süddeutschland war die Sphäre des Königs, in Norddeutschland sollte der Welfe walten können. Zum Beispiel sollte er dort eigenständig Bischöfe einsetzen dürfen - ein Privileg, das sonst klar dem König zustand. Der Löwe benutzte sein vom König bestätigtes Sonderrecht der selbständigen Investitur von Bischöfen bald, als es um die Besetzung des neu gegründeten Bistums Ratzeburg ging. Nicht zuletzt belieh Barbarossa den Löwen mit der Reichsvogtei Goslar, die mit ihrem Silberbergbau sehr hohe Einnahmen brachte. Welf VI. dürfte von Barbarossa mit der Aussicht auf den Erhalt der Mathildischen Güter in Norditalien gelockt worden sein (damit hatte der König diesen umtriebigen Quälgeist endlich vom Hals). Und Herzog Berthold IV. von Zähringen, Schwager Heinrichs des Löwen, sollte Stellvertreter des neuen Königs in Burgund und in der Provence werden.

    Nach diesen Weichenstellungen ging die Wahl glatt über die Bühne, auch die Krönung in Aachen wurde zügig durchgeführt. Barbarossa ließ dem Papst gegenüber seine Wahl anzeigen sowie Verhandlungen zu einer baldigen Kaiserkrönung in Rom aufnehmen.



    Mit Eugen III. kam der König im März 1153 zu einem Vorvertrag, in dem Barbarossa u.a. die päpstliche Genehmigung zur Scheidung von seiner Gemahlin erteilt wurde. Offiziell wurde zu nahe Blutsverwandtschaft als Begründung genannt, tatsächlich dürfte der König die Trennung aber angestrebt haben, weil seine Frau ihm keinen Sohn gebar. Für den bevorstehenden Romzug war Barbarossa nun auf den Welfen mit seinen Rittern angewiesen. Der Staufer durfte den Welfen also auf keinen Fall vergrämen, denn zwingen konnte er ihn zur Begleitung nach Italien auf keinen Fall, einen „Auslandseinsatz“ gab das Lehnsrecht nicht her.

    Heinrich der Löwe verspürte verständlicherweise den heftigen Drang, den König an sein Versprechen bezüglich der Belehnung mit dem Herzogtum Baiern zu erinnern. Der König hatte es bei Welf VI. ja mit Tuszien vorgeführt, dass es ging. Für Barbarossa war es gar nicht so leicht, seine Zusage einzulösen, denn er musste Baiern erst einmal von Herzog Heinrich II. Jasomirgott freibekommen. Der Babenberger war über dieses Ansinnen natürlich alles andere als erfreut, und so suchte der König nach Wegen und Mitteln, die Sache abzuwenden.



    Die übrigen Reichsfürsten sahen es mit zwiespältigen Gefühlen, wie der Staufer den Babenberger um sein Herzogtum Baiern bringen wollte. Hatte der neue König vielleicht noch mehrere solche Veränderungen vor? Dann musste jeder damit rechnen, dass er einmal betroffen sein würde.

    Anfang Oktober 1154 war es dann soweit, dass Barbarossa mit den Heereskontingenten seiner Fürsten nach Italien aufbrechen konnte. Das Ziel war Rom, die Kaiserkrönung durch den Papst. Auch Heinrich der Löwe war dabei. Der Heerzug machte Halt in Norditalien. Mailand, die mächtigste der lombardischen Städte, bot Barbarossa wohl 4.000 Mark Silber für ein Privileg, aber vor dem königlichen Gericht wollten die stolzen Konsuln trotz mehrmaliger Aufforderung nicht erscheinen. Barbarossa erklärte deshalb über Mailand die Reichsacht. Einige kleinere verbündete Städte konnten rasch überwältigt werden. Am 17. April 1155 setzte sich Barbarossa in Pavia, der alten Hauptstadt der Langobarden (siehe das erste Kapitel mit Karl dem Großen), die Eiserne Krone des italienischen Königreichs selbst aufs Haupt. Es war ein klares Zeichen der deutschen Vormachtstellung im römisch-deutschen Reich, dass nur die deutschen Fürsten den deutschen König wählen konnten, dass dieser aber mit seiner Wahl einen Anspruch auf die italienische und burgundische Krone ohne Wahlrecht der dortigen Fürsten hatte. Weiter ging es nach Süden Richtung Rom.

    Dort saß seit einigen Monaten Hadrian IV. auf dem apostolischen Stuhl und er nahm sich vor Barbarossa in Acht. Bei ihrer ersten Begegnung nahe Rom erwartete der Papst vom König den Marschalldienst (Stratordienst), wie ihn auch Lothar III. gegenüber Innozenz II. geleistet hatte. Aber der Staufer wollte sich auf keinen Fall als päpstlicher Steigbügelhalter betätigen, denn im Lateran existierte ein Bild von Lothars Marschalldienst und eine Legende dazu, in der der deutsche Kaiser als Vasall des Papstes bezeichnet wurde. Ein Lehnsmann des Papstes wollte Barbarossa nicht sein, denn er sah Kaiser und Papst als gleichberechtigt an. Friedrich war nur bereit, dem Papst die Füße zu küssen, was er auch tat. Hadrian IV. sah sein Misstrauen bestätigt und verweigerte Friedrich den Friedenskuss. Die beiden trennten sich schon nach kurzer Zeit wieder, jeder vom anderen tief enttäuscht. Erst Verhandlungen der Begleiter glätteten die Wogen. Als die päpstliche Seite versicherte, dass man in dem Marschalldienst nur eine traditionelle Ehrenbezeigung und keinerlei Anerkennung einer Vasallität des Königs sähe, wurde die Zeremonie am nächsten Tag vor den Augen des deutschen Heeres nochmals inszeniert.

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    Duell: Barbarossa und der Löwe

    Angekommen in Rom folgte der nächste drohende Eklat: Die römischen Bürger boten Barbarossa die Kaiserkrone aus ihren Händen an, für den Preis von 5.000 Pfund Gold. Dieses Ansinnen ärgerte Friedrich, doch er benutzte die Gelegenheit, die Römer vor dem Papst und den Kardinälen darauf zu verweisen, dass ihm die Kaiserkrone als Erbe seiner Vorfahren zustehe und er sie deshalb weder zu kaufen noch vom Papst als Lehen zu nehmen brauche. Auf der päpstlichen Seite vernahm man solche Ansichten des Staufers nicht gerade gern. Und die Römer waren sowieso beleidigt.

    Um Unruhen zu vermeiden, vollzog man die Kaiserkrönung rasch und in aller Heimlichkeit am 18. Juni 1155, einem Samstag. Natürlich wurden die Römer trotzdem auf die Vorgänge aufmerksam, bald kam es zu Aufruhr in der Stadt. Die Krönung war da schon vollzogen, Barbarossa weilte wieder vor den Toren Roms. Um den Papst zu beschützen, marschierte Barbarossa mit seinen Soldaten in die Stadt und machte den Aufstand nieder. Am Ende des Tages gab es etwa 800 Tote, ein wenig gelungener Festtag für den Staufer.

    Danach hatten die Deutschen wenig Laune, wie ursprünglich geplant weiter nach Süditalien zu ziehen, um dort die Normannen in die Schranken zu weisen. Die Sommerhitze und Krankheiten im Lager förderten die Kriegsmüdigkeit. Auch Heinrich der Löwe hatte es inzwischen eilig, wieder über die Alpen in sein Sachsen zurückzureiten. Eine ganze Reihe von Fürsten bedrohte sein Herzogtum. Der Bremer Erzbischof Hartwig hatte bereits seine Burgen rüsten lassen und Kontakte mit anderen Fürsten aufgenommen, die ebenfalls Gegner der Welfen waren. Also, Hartwig können wir uns schon mal als einen der Gegner des Löwen merken.



    Der Abzug der Deutschen machte für den Papst die Situation nicht gerade einfacher, Hadrian IV. war eingeklemmt zwischen den römischen Bürgern und den Normannen. Die Byzantiner boten ihm Hilfe an und verlangten als Gegenleistung feste Stützpunkte in Süditalien. In einer Seeschlacht behielten dann aber die Normannen die Oberhand und Hadrian IV. musste einen Frieden mit ihnen schließen, in dem er Wilhelm I. mit dem Königreich Sizilien (das Süditalien beinhaltete) belehnte. Nun, die Kirche hatte im Konstanzer Vertrag von 1153 den deutschen König zum Kampf gegen die Normannen verpflichtet und paktierte nun selbst mit ihnen. Dass ein solches Verhalten des Papstes den Konstanzer Vertrag zu Fall bringen musste, war klar.

    Als die Romfahrer zurück in Deutschland waren, erinnerte Heinrich der Löwe seinen Vetter Barbarossa natürlich wieder an die versprochene Übergabe des Herzogtums Baiern. Im Oktober 1155 lud der Kaiser tatsächlich nach Regensburg, aber der Babenberger erschien dort nicht: Er war nach wie vor nicht bereit, sein Baiern ohne Kampf aufzugeben. Aber der Kaiser war nicht mehr gewillt, die Sache länger zu verzögern und übergab Baiern in einer feierlichen Sitzung des Reichstags an den Welfen. Der 26jährige Heinrich war nun der weitaus mächtigste Fürst des Reiches, sein Verzicht auf die Krone seines Großvaters hatte sich ausgezahlt. Die reale Macht war Heinrich wichtiger als der Glanz der Krone, zudem konnte er als Herzog freier agieren als ein König, der dem Reich verpflichtet war und zwischen den Interessen der Fürsten lavieren musste.

    Den Anspruch auf Baiern musste der Löwe jetzt noch tatsächlich gegen Jasomirgott durchsetzen, aber zunächst musste er nach Sachsen zurück, um sich um Hartwig zu kümmern. Heinrichs Leute hatten den Erzbischof von der Rückkehr in seine Kirchenprovinz abgehalten, so konnte der Herzog sich der Güter des Erzstifts bemächtigen, die Münze beschlagnahmen und in Bremen nach Belieben walten. Von seinen Einnahmen abgeschnitten, war Hartwig zur Unterwerfung gezwungen. Der Löwe gewährte ihm nun die Rückkehr nach Bremen, behielt die Fäden aber in der Hand.

    Am 10. Juni 1156 trafen der Löwe und Barbarossa wieder wieder, und zwar auf der Hochzeit des Kaisers in Würzburg. Der Staufer hatte sich drei Jahre zuvor ja von seiner ersten Gattin scheiden lassen, jetzt heiratete er Beatrix, die Erbin von Burgund (im Spiel ist das die Grafschaft Bourgogne). Durch diese Verbindung gewann Friedrich die unmittelbare Herrschaft über Hochburgund und die Provence mit den wichtigen Alpenpässen, die von dort nach Italien führten. Es waren also strategisch relevante Straßen für den Kaiser.

    Für den September 1156 hat Barbarossa wieder einen Reichstag nach Regensburg einberufen. Er war nun auch mit dem Babenberger Jasomirgott handelseinig geworden, dass das Herzogtum Baiern an den Welfen übergeben werden konnte. Die Vereinbarung wurde auf den Wiesen vor Regensburg in einer feierlichen Zeremonie demonstriert. Jasomirgott überreichte dem Kaiser sieben Fahnenlanzen und gab damit das Herzogtum Baiern symbolhaft zurück. Barbarossa händigte die Lanzen Heinrich dem Löwen aus, der gab dem Kaiser wieder zwei Fahnenlanzen, die die Mark Österreich symbolisierten und die sodann vom Staufer dem Babenberger zurückgegeben wurden.

    Damit wurde also die Mark Österreich in ein selbständiges Herzogtum unter Jasomirgott verwandelt. Der Babenberger erhielt für sein Herzogtum eine Reihe bedeutender Privilegien (bekannt unter dem Namen „privilegium minus“), die den Neid und die Forderung nach Gleichstellung der anderen Fürsten provozieren mussten. Unter anderem wurde dem Österreicher übrigens auch die weibliche Erbfolge für sein Herzogtum verbrieft, und bei Erbenlosigkeit hatte der österreichische Herzog gegenüber dem König ein Vorschlagsrecht für den Nachfolger. Der Kaiser machte 1156 gefährliche Zugeständnisse, die seine ohnehin schwache Zentralmacht weiter reduzieren und zur Hoheit der Länder führen mussten. Das neue Herzogtum lag außerhalb der Verfügungsgewalt des Königs, der entscheidende Schritt zur Lösung Österreichs vom deutschen Reich war getan.

    Heinrich der Löwe hatte nun zwei Herzogtümer in seiner Hand und war unzweifelhaft der mächtigste Fürst im deutschen Reich. Sein Augenmerk galt weiterhin dem Ausbau seiner Macht im Norden, ganz so, wie es auf die vermutete Absprache mit Barbarossa schließen lassen kann. Ein Feldzug 1156 gegen die Friesen gelang dem Löwen aber nicht, nicht nur wegen der Waffenhilfe der Dänen zugunsten der Friesen. Aus den Sümpfen Frieslands hatte sich schon manche fremde Armee mit Mühe und Not zurückziehen müssen, schmachvoll und sieglos, froh, mit dem Leben davongekommen zu sein. Im Jahr darauf ritten der Löwe und der Kaiser wieder zusammen, es ging dieses Mal nach Osten. Der polnische Herzog Boleslaw IV. weigerte sich, die Lehnshoheit Barbarossas anzuerkennen und Tribut zu leisten. Mit einem stattlichen Heer, in dem der Kaiser sowohl Heinrich als auch seine sächsischen Widersacher – wie Albrecht den Bären, Erzbischof Hartwig und den Magdeburger Bischof Wichmann – vereinte, überschritt man gemeinsam die Oder. Die Polen gaben sich Mühe, das Vorankommen und die Versorgung des feindlichen Heeres zu erschweren, aber schon nach sechs Wochen musste Boleslaw aufgeben. Er leistete Huldigung und versprach 300 Ritter für Barbarossas nächsten Italienzug zu stellen. Barbarossa hatte da noch eine Rechnung mit Mailand offen, mindestens.

    Heinrich brach unterdessen nach Baiern auf, um sich nun auch um sein neues Herzogtum zu kümmern. Es ging wie so oft bei ihm um wirtschaftliche Angelegenheiten, um Geld. An dem Übergang über den Lech ließ er zur Kontrolle des Salzhandels die Landespurg errichten, später als die Festung Landsberg bekannt. Zerstören ließ er dagegen die Brücke über die Isar bei Föhrung, damit der Salzhandel dort zum Erliegen kam und die dort erwirtschafteten Zölle nicht weiter dem Bischof von Freising zuflossen. Der war zwar ein Onkel des Kaisers, aber seine Beschwerde nützte trotzdem nichts, der Löwe genoss offensichtlich einen Sonderstatus. Eine kaiserliche Urkunde vom 14. Juni 1158 bestätigte dem Löwen die Markt-, Münz- und Zollrechte an dessen eigenen Isar-Übergang und gestand dem Bistum Freising lediglich ein Drittel der Erträge zu. Dieses erhaltene Dokument gilt als die Gründungsurkunde von München. Denn an der neuen Isarbrücke des Löwen bildete sich diese Stadt heraus.

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    Duell: Barbarossa und der Löwe

    Auf einem Hoftag im Oktober 1157 erhielt Friedrich I. Besuch von zwei päpstlichen Legaten aus Rom. Einer von ihnen war der Kanzler Roland, der später zu Papst Alexander III. gewählt werden sollte. Jedenfalls trug dieser Roland eine Beschwerde des Papstes vor, es ging um die Gefangennahme des Erzbischofs von Lund, dem Oberherrn der nordischen Kirche. Das war zu Lasten der Kirche von Hamburg-Bremen gegangen und darauf hatte der Kaiser sozusagen reagiert. In dem Beschwerdebrief erinnerte der Papst provokativ an die Wohltaten, die dem Kaiser in Rom bereitet worden waren. Zur Bezeichnung dieser Wohltaten wurde in dem Schreiben das Wort beneficia verwendet - und das übersetzte der neue kaiserliche Kanzler, der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel mit dem Wort Lehen. Diese Interpretation hieß nichts anderes als, das Reich sei vom Papst als Lehen empfangen worden. Barbarossa fühlte sich mit Sicherheit an die Sache mit dem Steigbügeldienst erinnert. In die empörte Versammlung schrie der päpstliche Gesandte Roland hinein, von wem denn der Kaiser Rang und Macht habe, wenn nicht vom Papst. Darauf wollte ihn Otto von Wittelsbach (siehe folgendes Portrait) erschlagen, was Barbarossa zu verhindern wusste. Zwar lenkte der Papst in einem zweiten Schreiben ein und bedauerte das Missverständnis, aber die Stimmung war im Keller.



    Im Sommer 1158 wollte der Kaiser mit einer großen Streitmacht nach Italien, um Mailand in die Knie zu zwingen. Er hatte sich dazu von vielen deutschen Fürsten Gefolgschaft schwören lassen, ebenso vom Herzog von Polen und dem König der Ungarn. Aber der Staufer beging den großen Fehler, mehrere Gegner seines welfischen Vetters wie den Bremer Erzbischof Hartwig von der Teilnahme an seinem zweiten Italienzug freizustellen. Als Herzog Heinrich davon erfuhr, entschloss er sich, mit nur wenigen Soldaten zur Heerschau nach Augsburg zu reiten. Das Gros seiner Streitkräfte sollte in Sachsen bereitstehen, damit Hartwig trotz des kaiserlichen Friedensgebots nicht auf dumme Gedanken käme. Entsprechend enttäuscht blickte Friedrich I. auf die Zahl der Männer, die der so mächtige Herzog und Vetter ihm da mitbrachte. Heinrich klagte über die Gefährdung der Ostgrenze durch die unruhigen Obodriten und bat den Kaiser schließlich ebenfalls um die Befreiung vom Italienzug. Barbarossa blieb nichts anderes übrig, da der Löwe ihn doch bereits vor vollendete Tatsachen gestellt hatte, waren die sächsischen Streitkräfte doch zuhause geblieben. Aber man vereinbarte, dass Heinrich unverzüglich nachkommen solle, wenn der Kaiser ihn in Italien benötigen würde.

    Heinrich nutzte die gewonnene Zeit dafür, den Ausbau der von ihm gegründeten Stadt Lübeck voranzubringen. Um hier einen neuen Handelsknoten zu schaffen, der es sogar bis in EU4 rüber schafft, zeigte sich der Löwe für seine Verhältnisse ungewöhnlich großzügig, was die Stadtrechte betraf. Er verzichtete auf die übliche Grundsteuer, gestattete den Lübeckern das Gründen von Genossenschaften und setzte den eben im 12. Jahrhundert in Flandern aufgekommenen Spruch „Stadtluft macht frei“ in die Tat um. Der uralte Herrenanspruch „Luft macht eigen“ hätte ihn berechtigt, die Unfreien, die in seiner Stadt, in seiner Luft lebten, nach einem Jahr zu seinen Eigenmännern zu bestimmen. Statt dessen gab er ihnen die persönliche Freiheit!



    Barbarossa war zu dieser Zeit wie erwähnt in Italien, wohin er zunächst seinen Kanzler Reinald von Dassel sowie den Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach als seine Diplomaten hingeschickt hatte. Einige norditalienische Städte kooperierten danach mit dem Kaiser, andere wie Mailand und Crema befestigten ihre Mauern, weil sie den formulierten Machtanspruch der Deutschen nicht akzeptieren wollten. Aber Barbarossa belagerte Mailand dieses Mal erfolgreich, er hatte jetzt deutlich mehr Soldaten dabei. Im November 1158 konnte der Kaiser in Norditalien einen Reichstag einberufen, auf dem er die politische und wirtschaftliche Macht in der Region in seinem Sinne sortierte. Er ging dabei jedoch über das hinaus, was er den Mailändern bei ihrer Kapitulation sowieso als Zumutungen aufgezwungen hatte. Die Mailänder fühlten sich vom Kaiser getäuscht und verraten und rüsteten erneut für den Kampf. Wegen des nahenden Winters hatte Barbarossa jedoch einen Großteil seiner Truppen nach Hause entlassen, also rief er wie vereinbart nach seinem Vetter, dem Löwen, er solle mit Verstärkung in Italien erscheinen.

    Als dann noch im Heerlager von Lodi ein Attentat auf den Kaiser verübt wurde, machte Barbarossa ernst mit Mailand. Um das verbündete Cremona zu stärken, konzentrierte er sich auf das feindliche Crema. Dort trafen die Truppenverstärkungen ein, die Heinrich der Löwe und dessen Onkel Welf VI. nun anführten.



    Um die Stadtmauern von Crema zu überwinden, hatte Friedrich I. einen riesigen Holzturm mit 18 Metern Höhe bauen lassen. Der Kampfgeist der Belagerten, die vor dem Schließen des Belagerungsringes noch rechtzeitig Verstärkungen aus Mailand erhalten hatten, war aber ungebrochen. Weiber und Kinder innerhalb der Stadt verspotteten den Kaiser, es werde ihm ebenso ergehen wie dem sieglosen Lothar, der 1132 seine Belagerung der Stadt schmählich hatte abbrechen müssen. Die Belagerung dauerte schon drei Monate und verbitterte beide Seiten. Einen Ausfall der Verteidiger, bei dem diese einige Wurfmaschinen der Belagerer zerstörten, nahm Barbarossa zum Anlass, vier Gefangene aus der Stadt öffentlich in Stücke hacken zu lassen. Die Bürger von Crema antworteten ihrerseits mit dem Erhängen von vier deutschen Gefangenen, sichtbar auf der Stadtmauer. Nach vier Monaten Belagerung reichte es dem Kaiser. Diese kleine Stadt zeigte ihm noch immer die Stirn und blamierte ihn – vierzig Bürger und sechs Ritter ließ der Staufer nun hinrichten und der Holzturm kam zum Einsatz. An der Vorderfront und den Seiten des Turmes ließ er Körbe anbringen, in die Geiseln und Gefangene gestellt wurden. So sollten die Verteidiger von Crema davon abgehalten werden, gegen den Turm etwas zu unternehmen, da sie doch mit jedem Steinwurf und mit jedem Brandpfeil ihre eigenen Leute in Gefahr brachten. Aber sie schätzten das Risiko der Vernichtung ihrer Stadt höher ein als den Verlust ihrer Angehörigen – und zerschossen den Turm.



    Ohnmächtig vor Wut übten sie danach Vergeltung und richteten eine Reihe deutscher Gefangener auf dem Stadtwall hin. Ständig ging der Schrecken der gegenseitigen Hinrichtungen so weiter.

    Das Jahr 1160 brach an, die Belagerung dauerte schon sieben Monate! Mit einem zweiten großen Turm wurde jetzt ein weiterer Angriff auf die Mauern der Stadt unternommen. Die Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach und Konrad bei Rhein gingen mit auf das Belagerungsgerät. Bei dem Angriff kamen die beiden mit einigen Männern wohl auf die Stadtmauer, aber die Verteidiger kämpften nicht weniger tapfer und mit allen Mitteln. Sie rissen einige der Angreifer mit langen Haken von der Mauer herunter, und es gelang ihnen mit Steinen aus sieben Wurfmaschinen, den Belagerungsturm so zu beschädigen, dass dessen Fallbrücke unbrauchbar wurde. Mit Steinen, Schwertern, Lanzen und Stangen konnten sie die todesmutigen Angreifer schließlich von der Mauer vertreiben. Crema hatte wieder heldenhaft standgehalten!



    Die Verteidiger von Crema waren inzwischen am Ende ihrer Kräfte. Unter Vermittlung des Bischofs von Aquileia ließen sie den Kaiser wissen, dass sie nicht gegen ihn die Waffen ergriffen hätten, sondern nur gegen die mit ihm verbündeten Cremonesen, mit denen sie schon lange Jahre im Streit lagen. Dem Kaiser wollten sie sich ergeben, nicht aber ihren Erbfeinden. Barbarossa sicherte den Bürgern von Crema freien Abzug zu, kündigte aber die anschließende Zerstörung ihrer Stadt an. Sie hatten keine andere Wahl mehr: Am 26. Januar 1160 kapitulierten sie vor dem Staufer.
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  12. #177
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    Duell: Barbarossa und der Löwe

    In dieser Zeit ist Hadrian IV. am 1. September 1159 gestorben. Die Papstwahl brachte ein Schisma zwischen dem bereits erwähnten, bisherigen päpstlichen Kanzler Roland (Alexander III.) und Oktavian von Monticelli, der sich den Name Viktor IV. zulegte (im Spiel: Clemens III.) und der Barbarossa wohlgesonnen war. Ein Konzil in Pavia sollte Klärung bringen, welcher Kandidat denn nun der rechtmäßige Papst sei. Die Mehrheit der Kardinäle hatte übrigens Kanzler Roland/Alexander III. gewählt, den Barbarossa nach der Geschichte mit dem Beschwerdebrief aber nicht anerkennen wollte. Gegen den Kaiser stellten sich die Könige Ludwig VII. von Frankreich und Heinrich II. von England, die Alexander III. als rechtmäßigen Papst ansahen.



    Alexander und Viktor belegten sich natürlich bald gegenseitig mit dem Bann. Nur zehn Tage nach dem Fall von Crema begann das Konzil in Pavia, auf dem Barbarossa den Vorsitz innehatte. Alexander III. weigerte sich als echter Gregorianer, auf einer vom Kaiser einberufenen Versammlung zu erscheinen. Frankreich und England waren entsprechend auch nicht in Pavia vertreten, die Deutschen und das oberitalienische Episkopat war weitgehend unter sich. Und selbst da erhielt Barbarossa keine geschlossene Unterstützung. Die deutschen Fürsten, auch Heinrich der Löwe, wollten die Sache in der Schwebe halten, falls man den Kaiser beizeiten mal mit der Papstsache unter Druck setzen wollte. Viktor IV. wurde unter fragwürdigen Bedingungen als Papst anerkannt, das Schisma wurde dadurch beileibe nicht beendet. Alexander III. belegte Barbarossa für sein Verhalten mit der Exkommunikation und schimpfte, der Staufer regiere sein Reich wie ein Tyrann, er habe mit der eigenmächtigen Einberufung eines kirchlichen Konzils die Spaltung der Kirche gefördert. Friedrich I. reagierte darauf gelassen: Alexander sei ein Usurpator auf dem Heiligen Stuhl, sein Bann daher ohne Belang.

    Gegen Mailand, das noch immer Widerstand leiste, setzte Barbarossa nun Rainald von Dassel ein, den er seit 1159 zum Erzbischof von Köln und Erzkanzler von Italien erhoben hatte. Der war ein Kämpfer, der jeden Widerstand gegen seinen Herrscher brechen wollte. Rainald hegte einen unversöhnlichen Hass gegen Mailand, wo ihn die Einwohner mit Steinen beworfen hatten, als er die Wahl der Stadtspitze überwachen wollte. Er setzte alles daran, den Stolz der reichen lombardischen Metropole zu brechen.



    Nachdem im Frühjahr 1161 Truppenverstärkungen aus dem Reich eingetroffen waren, begann die Belagerung und die völlige Verwüstung des Umlands von Mailand. Friedensangebote hintertrieb Rainald, weil er die bedingungslose Unterwerfung zum Ziel hatte, die nach fast einem Jahr Belagerung schließlich erreicht war. Die gesamte Einwohnerschaft wurde in Dörfer umgesiedelt und die Großstadt mit Ausnahme der Kirchen zerstört. Sofort brach der Widerstand der verbündeten Städte zusammen, die einer ähnlichen Bestrafung entgehen wollten. Mit den hier geraubten Reliquien der Heiligen Drei Könige, die er 1164 nach Köln bringen ließ, und der von ihm 1165 initiieren Heiligsprechung Karls des Großen begann Rainald eine wahre Propagandaschlacht um die vom Papst bestrittene Amtsheiligkeit seines kaiserlichen Herrn.

    Nach der Eroberung Mailands 1162 und der Unterwerfung der Lombardei schien alles im Sinne des Kaisers zu laufen. Nach dem Tod des Gegenpapstes Viktor IV. 1164 sorgte Rainald von Dassel dafür, dass mit Paschalis III. sofort ein neuer Gegenpapst aufgestellt wurde (im Spiel: auf Clemens III. folgt Leo X. als Gegenpapst).

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  13. #178
    Sie/Er/Whatever Avatar von Fimi
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    Hm, da merke ich doch wieder, dass ich beispielsweise über Barbarossas Zeit echt nicht viel weiß
    "La majestueuse égalité des lois, qui interdit au riche comme au pauvre de coucher sous les ponts, de mendier dans les rues et de voler du pain." - Anatole France

    Zitat Zitat von Fonte Randa Beitrag anzeigen
    Manchmal kann ich Fimi verstehen...
    Zitat Zitat von Kaiserin Uschi Beitrag anzeigen
    Ja, aber das ist nur ein Grundgesetzbruch, aber kein Verfassungsbrauch. Bring das mal vors Bundesgrundgericht ;)

  14. #179
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    Duell: Barbarossa und der Löwe

    CK2 lässt sich zwar auch mit weniger Wissen zum Mittelalter spielen, mit mehr lässt es sich aber mehr genießen, finde ich (dafür ja diese Story). Bei Stellaris dagegen fehlt mir das Gerüst aus vertrauten Namen, Gegnern, Ereignissen und Orten, auf dem ich meine Sandkastenwelt aufbaue.


    b) Heinrichs Kämpfe gegen die Wenden

    Heinrich der Löwe war da bereits aus Italien nach Sachsen zurückgekehrt, weil er von dem Wortbruch Nikolts und seiner Obodriten vernommen hatte. Er ließ sich vom dänischen König Waldemar aus erster Quelle darüber berichten, die beiden Fürsten vereinbarten sogleich einen Rachefeldzug. Wie schon 1147, griff Niklot zum überraschenden Gegenangriff und attackierte Lübeck. In höchster Not wurde dort die Brücke mit der Kette hochgezogen und die wendischen Angreifer in den Graben geworfen. Der Löwe beorderte schnellstens weitere Besatzung in die Stadt.



    Was folgte, war ein Feldzug der Sachsen, den man nur als Bestrafung der Wenden bezeichnen kann. Nachsicht gab es nicht und die Gefangenen wurden fast durchweg gehängt. Niklot ließ auf seinem Rückzug die eigenen Burgen wie die Mecklenburg in Brand stecken, um sie nicht in die Hände des Löwen fallen zu lassen. Erst zwischen den Wäldern und Sümpfen in den östlichen Gebieten seines Landes machte Niklot halt und setzte sich an der Warnow in der Burg Werle fest. Täglich kam es zu Kämpfen, wenn die sich gegenseitig belauernden Kundschafter aufeinanderstießen. Niklot selbst beteiligte sich daran wie seine Söhne Pribislaw und Wertislaw (im folgenden Bild eingerahmt). Der alte Fürst Niklot legte sich eines Tages in der Nähe des herzoglichen Lagers mit einer Schar seiner Getreuen in einen Hinterhalt, um die Eindringlinge zu überfallen. Aber die Sachsen hatten von seinen Absichten Wind bekommen. Sie schickten ihm ein paar Trossknechte als Lockvögel vor die Nase, die scheinbar Futter für die Pferde holen sollten. Niklot stürzte sich auf sie und wollte den ersten mit seiner Lanze durchbohren. Der trug jedoch unter seinem weiten Arbeitskittel einen Harnisch, an dem Niklots Waffe knirschend abprallte. Ein Schrei des Entsetzens entfuhr Niklot – die Falle, die er hatte stellen wollen, war über ihm selbst zugeschlagen. Rings um die Schar der Obodriten erhoben sich die Deutschen, es gab kein Entrinnen mehr. Ein kurzes, aber erbarmungsloses Gemetzel war das Ende. Niklots Leiche wurde der Kopf abgeschlagen und im Triumph im Lager des Löwen gezeigt.



    Die Söhne Niklots verbrannten nun auch die Burg Werle und zogen sich weiter ostwärts zurück. Mit Hilfe der Dänen eroberte Heinrich der Löwe bald auch Rostock und Pribislaw und Wertislaw mussten sich dem Herzog ergeben. Der reagierte mit einer Mischung aus Härte und Kompromiss: Einerseits schickte er Präfekten und Bischöfe in das Land der Obodriten, um dort wirksame Kontrolle auszuüben. Andererseits nahm er die beiden Söhne Niklots in seine Huld auf und belehnte sie erneut mit dem Land um Werle, Rostock und Schwerin. Die Obodriten konnten sich jederzeit wieder erheben, also musste der Löwe Politik betreiben. Leicht war das Los der Beherrschten weiterhin bestimmt nicht: Der Welfe stand längst in dem Ruf, nicht nur ein strenger, sondern auch ein geldgieriger Herrscher zu sein, der immer und überall, wo es nur ging, Abgaben eintreiben ließ, damit er seine Kriegszüge finanzieren konnte.

    Am 23. November 1162 ließ sich Heinrich der Löwe von seiner Frau Clementia von Zähringen scheiden. Aus der Ehe war eine Tochter und ein Sohn entsprossen, der Junge war jedoch bald nach der Geburt gestorben. Da also kein männlicher Nachfolger vorhanden und wohl auch keiner mehr zu erwarten war, ließ sich der 33jährige Herzog trotz glücklicher Ehe von der tüchtigen Clementia trennen. Angeblich hat Barbarossa ihn zu diesem Schritt animiert, und wenn dies zutrifft, dann beabsichtigte der Kaiser wohl, Zähringer und Welfen insgesamt auseinanderzubringen, weil ihm die Verbindung dieser beiden Dynastien stets gefährlich werden konnte. Der Gegenpapst, der ohnedies zu einem Schattendasein verurteilt war, gab den notwendigen Dispens für die Scheidung. Begründet wurde sie mit zu naher Verwandtschaft der Eheleute, was natürlich Unsinn war. Direkt darauf meldete Gunzelin von Schwerin, Heinrichs Statthalter bei den Obodriten, ihm den erneuten Aufstand der beiden Niklot-Söhne Pribislaw und Wertislaw.



    Der Winter machte diesen Feldzug schwieriger als den vorherigen. Die zugefrorenen Sümpfe ermöglichten andererseits einen zügigen Vormarsch nach Werle, wo Heinrich die Belagerungstechniken, die er in Italien vor Crema kennengelernt hatte, anwendete. Wertislaw war in der Burg eingeschlossen, Pribislaw lag in der Umgebung auf der Lauer und ließ jeden Sachsen niedermachen, der unvorsichtigerweise das Lager verließ. Aber die Mauern der Burg begannen unter den Stößen der Rammböcke zu wanken. Geschockt von der neuen Technologie-Stufe der Belagerungsgeräte ihrer Feinde, erschien Wertislaw im Zelt des Herzogs und warf sich ihm zu Füßen. Heinrich nahm ihn gefangen und stellte dem zweiten Bruder Pribislaw so harte Friedensbedingungen, dass dieser passen musste. Als Heinrich im März 1163 das Wendenland wieder verließ, nahm er deshalb Wertislaw als Geisel mit und warf ihn in Braunschweig in den Kerker. Die Gefängnisse der damaligen Zeit waren meist dunkle, kalte Verliese, in denen oft das Wasser stand und in denen der Eingeschlossene mit Kröten, Schlangen und Ungeziefer aller Art seine Tage und Nächte ohne Bett und sonstige Einrichtung zubringen musste. Heinrich der Löwe ließ in seiner Aufmerksamkeit zunächst von den Wenden ab, denn er musste sich vor einer drohenden Fraktion in seinem sächsischen Stammland hüten.

    Am 17. Februar 1164 brach ein Unwetter über Norddeutschland herein, wie es nur alle hundert Jahre einmal vorkommt. Während dieses Sturms tauchte überraschend Pribislaw mit seinen Obodriten vor Mecklenburg auf und rief der Besatzung der Festung zu: „An mir und an meinem Volk wurde arge Gewalttat verübt, ihr Männer. Wir sind von den Euren aus unserer Heimat vertrieben und unseres väterlichen Erbes beraubt worden. Ihr selbst habt dieses Unrecht noch vermehrt, da ihr in unser Land eingefallen seid und Burgen und Dörfer besetzt habt, die unser Erbe sind. Wir lassen euch nun die Wahl zwischen Leben und Tod. Wollt ihr die Burg öffnen und unser Land wieder herausgeben, dann werden wir euch friedlich mit Weib und Kindern und aller Habe ziehen lassen. Wenn ein Slawe etwas entwenden sollte, das euch gehört, so werde ich es doppelt ersetzen. Wollt ihr aber nicht abziehen, sondern diese Burg hartnäckig verteidigen, so schwöre ich euch, dass ich eich alle mit dem Schwert erschlagen werde, wenn uns Gott und der Sieg hold sind!“

    Die Garnison beantwortete das Angebot mit einem Angriff – und wurde bis auf die letzte menschliche Seele niedergemacht. Nach diesem überraschenden Erfolg zog Pribislaw mit den Seinen vor die nicht weit entfernte Burg Ilow. Weil der sächsische Statthalter Gunzelin vor Ort war, wagten die Slawen innerhalb der Festung nicht zu rebellieren, die Tore blieben verschlossen. Pribislaw merkte, dass er hier kein so leichtes Spiel haben würde wie in Mecklenburg und zog deshalb am nächsten Tag wieder ab. Dafür sahen in der Folge Malchow und Quetzin keine Möglichkeit, sich gegen das wendische Heer zur Wehr zu setzen und übergaben ihre Burgen an Pribislaw.

    Im Juni 1164 überschritt Heinrich der Löwe mit einem großen Heer die Elbe. Verwüstend und schonungslos gegen alle Wenden Vergeltung übend, zog er durch die Priegnitz nach Malchow. Die Slawen hatten dort die Burg geräumt, als sie vom Nahen der Deutschen erfahren hatten. Heinrich ließ nun demonstrativ den aus Braunschweig mitgebrachten gefangenen Wertislaw, den Bruder Pribislaws, in Malchow aufhängen, um so den Slawen zu zeigen, dass er mit allen Mitteln gegen die Friedensbrecher vorgehen werde. Pribislaw zog sich nach Demmin zurück und verhandelte mit den Pommernherzögen Kasimir und Bogislaw eine Allianz. Für Heinrich war klar, dass er bis nach Vorpommern ziehen musste, wenn er einen Frieden erzwingen wollte. Während sein Heer die Festung Demmin belagerte, zeigte sich Pribislaw bereit, über seine Unterwerfung zu verhandeln. Das war so einigen Fürsten auf Heinrichs Seite nur recht. Doch am 6. Juli 1164 überfiel Pribislaw das Lager der Deutschen und metzelte unter den überrumpelten Belagerern den Grafen Adolf von Holstein nieder. Das war die Rache für den Tod von Wertislaw. Die Wenden fingen bereits an, das Lager zu plündern, als Graf Gunzelin mit einigen hundert Rittern Verstärkung eintraf und über die siegestrunkenen Wenden herfiel. Es sollen 2.500 Mann gewesen sein, die Pribislaw bei diesem Gegenschlag verlor.

    Heinrich der Löwe brach über den Verlust seines getreuen Grafen Adolf in Tränen aus. Obwohl er den Schauenburger im Streit um Lübeck hart bedrängt hatte, war der Graf in seiner Treue nicht wankend geworden. Nun musste der Sieg genutzt werden, wenn er nicht wieder verlorengehen sollte. Und das wollte der Löwe bestimmt nicht. Mit seinem Heer nahm er die Verfolgung der Feinde auf, die ihre Festung Demmin niedergebrannt hatten, um sie nicht in die Hände der Deutschen fallen zu lassen. An der Mündung der Peene traf er auf seinen Verbündeten, den dänischen König Waldemar, der mit seiner Flotte vor Usedom angelegt hatte. Verbündeter ist wohl nicht die richtige Bezeichnung, denn sie waren ebenso Konkurrenten. Waldemar sah nämlich Wolgast als begehrenswerte dänische Kolonie an.

    Es ist nicht ganz klar, was die beiden besprochen haben, denn Heinrich verabschiedete sich ziemlich plötzlich und zog sich über die Elbe zurück: In Braunschweig war eine byzantinische Delegation eingetroffen, die Heinrich offenbar erwartet hatte. Waldemar kümmerte sich selber um die Reste der Slawen, die infolge der Verwüstungen ihrer Äcker von einer Hungersnot heimgesucht wurden und scharenweise zu den Pommern und Dänen flohen. Schutz erhielten sie dort nicht, sie wurden von ihnen erbarmungslos als Sklaven an Polen, Sorben und Böhmen verkauft. Der Däne Waldemar sollte der große Gewinner dieses Feldzugs werden, denn er führte nun die Verhandlungen mit den Wenden und Pommern: Neben Pribislaw nahmen auch die pommerschen Herzöge Kasimir und Bogislaw den christlichen Glauben an und ließen sich taufen. Obgleich alle drei formell Vasallen/Tributpflichtige des Löwen waren, war der dänische Einfluss auf Demmin (auf dem Bild Dymin) und Pommern gleichwohl gestiegen. In Wolgast setzten sich die Dänen fest.



    Was es mit der Botschaft des byzantinischen Kaisers Manuel I. an Heinrich den Löwen auf sich hatte, kann leider nur vermutet werden. Weil Barbarossa in Italien das normannische Reich unterwerfen wollte – wodurch er noch stärker in Konkurrenz zu Byzanz getreten wäre - wird sich Manuel nach vorbeugenden Möglichkeiten umgesehen haben. Die früheren Reibereien zwischen Welfen und Staufer waren ihm selbstverständlich gut bekannt, und so konnte sich Manuel unschwer ausrechnen, dass der ebenso stolze wie mächtige Herzog Heinrich trotz aller vordergründigen Freundschaft zum Kaiser ein anderes Verhältnis hatte als irgendein gewöhnlicher Vasall. So ist es wahrscheinlich, dass Manuel den Versuch gemacht hat, die bei Heinrich latent vorhanden antikaiserlichen Tendenzen zu fördern und für sich zu nutzen. Es gab ja immerhin das Vorbild Welfs VI., der sich für die Interessen Rogers II. von Sizilien gewinnen ließ und Konrad III. seinerzeit durch ständige Plänkeleien vom Zug nach Italien abgehalten hatte.

    Aber bei der Ankunft der byzantinischen Gesandtschaft in Braunschweig war die Gefahr für das süditalienische Normannenreich und damit auch für Manuel in Konstantinopel durch ein anderes Ereignis schon weitgehend gebannt. Der kaisertreue Papst Viktor IV. war 1164 gestorben und Barbarossa schwankte einen Augenblick, ob sich durch diese günstige Gelegenheit das Schisma beendigen ließe. Sein Kanzler Rainald von Dassel machte diese Erwägungen obsolet, denn er ließ umgehend einen neuen Gegenpapst wählen, der den Namen Paschalis III. annahm. Barbarossa entschloss sich im Herbst 1164, über die Alpen nach Deutschland zurückzukehren. Spätestens nachdem Venedig ihm die weitere Unterstützung versagte, gab es für den Kaiser in der Lombardei vorläufig nicht viel zu gewinnen.
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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

  15. #180
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    Duell: Barbarossa und der Löwe

    c) Krieg in Italien, Ärger in Sachsen

    Heinrich der Löwe konnte sich zu dieser Zeit mal wieder als mindestens ebenbürtig mit seinem kaiserlichen Cousin ansehen. Während Barbarossa in Italien wenig erreicht hatte, war dem Herzog der Sieg über die Slawen gelungen. Freilich gab es für den Welfen einige Widerwärtigkeit in seinem sächsischen Herzogtum zu überwinden: Graf Heinrich von Arnsberg in Westfalen hatte seinen jüngeren Bruder nach langem Streit gefangengesetzt und im Kerker elend verhungern lassen, um sich das Erbe des Familiengutes ungeschmälert einverleiben zu können. Der Löwe und die Kirchenfürsten von Köln, Minden, Münster und Paderborn belagerten und zerstörten daraufhin die gräfliche Burg, und der Graf musste ins Exil gehen. Aber die Rechnung des Herzogs ging noch nicht auf, denn der Arnsberger vermachte seine Güter der Kölner Kirche, und mit dem Erzbischof von Köln, dem hochfahrenden Rainald von Dassel, wollte der Löwe deshalb doch keinen Streit anfangen. Der Einfluss von Köln in sein sächsisches Gebiet hinein war weiter gewachsen.

    Ausgerechnet mit dem Löwen sowie mit Dassel besprach der Kaiser eine wichtige diplomatische Mission, die 1165 stattfinden sollte. Der Kanzler sollte an den englischen Königshof gehen und mit seinem politischen Geschick den englischen Herrscher Henry II. von der Gefolgschaft Papst Alexanders III. abbringen. Dazu sollte er dem englischen König ein Angebot für die Ehe zweier seiner Töchter mit dem im Juli 1164 geborenen ersten Sohn des Kaisers sowie mit Herzog Heinrich dem Löwen unterbreiten. Eine zweifache eheliche Verbindung zwischen England und dem Reich.

    In England saß Henry II. seit 1154 auf dem Thron, er ist der Ausgangspunkt der Dynastie der Plantagenet, deren Wurzeln im französischen Adel sowie der Abstammung von William dem Eroberer liegen. Williams Sohn und Nachfolger Henry I. (1100-1135) hatte an legitimen Erben zuletzt nur seine Tochter Matilda, also bestimmte er sie zu seiner Nachfolgerin. Matilda musste ihren Anspruch dann aber gegen ihren Cousin Stephen de Blois verteidigen, ein Jahrzehnt des englischen Bürgerkriegs, das als The Anarchy in die Geschichte einging. Es gab hierbei soviel Verrat und Seitenwechsel, dass es Vorlage für eine eigene Staffel Game of Thrones sein könnte. Am Ende einigte man sich darauf, dass Stephen de Blois den Thron erhielt, Matildas Sohn Henry später aber sein Nachfolger werden würde. So geschah es dann auch, und Henry II. erhielt nach Stephens Tod 1154 die englische Krone. Und das ist der Wechsel zu den Plantagenet, Henry war zugleich normannischer wie französischer Abstammung:


    (mit dem gelben Pfeil unten Mitte ist jene Tochter Matilda markiert, die Heinrich der Löwe zur Braut erhielt. Rechts neben ihr Richard, der spätere König Löwenherz)

    Der Plantagenet Henry II. war einer der reichsten Fürsten des Abendlandes, neben England gehörten ihm die Ländereien seiner Eltern in Frankreich: Anjou, Tourraine und die Normandie. Damit nicht genug, hatte ihm die Heirat mit Eleonore von Aquitanien 1152 auch noch Poitou, die Gascogne und Guyenne gebracht. So war rund die Hälfte Frankreichs, vor allem seine Küsten, unter der Herrschaft des englischen Königs. Für den französischen König Louis VII. war es nur ein schwacher Trost, dass Henry II. formell sein Vasall für jene Gebiete war. Real war der Plantagenet der Herrscher und womöglich in der Lage, Louis' formelle Oberhoheit zu beseitigen. Verständlich, dass der französische König ständig in Angst vor einem Coup seines englischen Kollegen lebte. Ein englischer Bund mit dem römisch-deutschen Kaiser konnte diese Angst nur schüren.



    Rainald von Dassel traf im April 1165 am Hof des englischen Königs in Rouen ein. Henry II. empfing ihn voller Ehren und lobender Worte über den Kaiser, aber er war eben auch als wendiger Polit-Taktiker bekannt. Die Verlobung zwischen Henrys neunjähriger Tochter mit Barbarossas neugeborenem Sohn Heinrich (später: Heinrich VI.) war schnell unter Dach und Fach. Auch die Verlobung zwischen Matilda und dem Löwen war für ihn nützlich.



    Dann ging es an die Sache mit dem päpstlichen Schisma, da hatte Rainald von Dassel einen wichtigen „Türöffner“ bei dem Plantagenet. In England tobte seit einigen Monaten nämlich ein Kirchenstreit, weil der Erzbischof von Canterbury und Primas des englischen Espikopats, Thomas Becket, sich weigerte, die vom König erlassenen Konstitutionen zu erfüllen. Darin wollte der König die Überstellung der weltlichen Gewalt über die Kirche klarstellen. Thomas Becket hatte wegen des Streits England im November 1164 verlassen und war nach Frankreich geflüchtet, wo sich auch schon Papst Alexander III. aufhielt. Rainald von Dassel war der Vertreter des Gegenpapstes, ein Zusammengehen mit Henry II. bildete also eine Front gegen Frankreich und Exil-Papsttum.



    Mit Thomas Becket ging es übrigens so weiter: König Henry II. verhandelte jahrelang mit ihm und Papst Alexander, ohne dass Fortschritte erreicht werden konnten. Becket kehrte im Dezember 1170 gleichwohl in sein Erzbistum Canterbury zurück, wo er von der Bevölkerung begeistert empfangen wurde. Dem englischen König war Becket derart ein Dorn im Auge, dass er sich in Anwesenheit von vier Rittern zu der Bemerkung hinreißen ließ: „Wer befreit mich von diesem Priester?“ Die Ritter interpretierten diese Äußerung als Mordbefehl, den sie am 29. Dezember 1170 in die Tat umsetzten: Sie schlugen Thomas Becket in dessen Kathedrale mit einem Schwert die Schädeldecke ab. Der Vorwurf, Urheber dieses Verbrechens zu sein, machte Henry II. als Bundesgenossen des Kaisers unmöglich.

    Aber zurück zu dem Stand von 1165: Mit diesem diplomatischen Ergebnis (dem Bund mit England) im Gepäck eilte Dassel von Rouen nach Würzburg zurück, wo er die deutschen Fürsten davon zu überzeugen versuchte, dass Henrys Umschwenken die Unterstützung auch von über 50 englischen Kirchenfürsten auf die Seite des Gegenpapstes bedeutete. Bei den deutschen Herren war der sarkastische Rainald von Dassel nicht sonderlich beliebt. Aber seine flammende Ansprache, in der er die Überwindung des Schismas in Aussicht stellte, zeigte Wirkung: Der Kaiser selbst gab als erster das öffentliche Versprechen ab, Alexander III. niemals als Papst anzuerkennen und weder ihm noch seinem Nachfolger Gefolgschaft zu leisten. Heinrich der Löwe tat es dem Kaiser gleich, andere Fürsten wie der schwäbische Herzog des oder der Mainzer Erzbischof zogen es vor, die Versammlung rasch zu verlassen. Der schwäbische Herzog Friedrich IV. war übrigens der Sohn des früheren König Konrad III., der 1152 wegen seines zu jungen Alters in der Thronfolge übergangen worden war. Er war aber immer noch ein mächtiger Reichsfürst und stand bis zur Geburt von Barbarossas Sohn in der Thronfolge ganz oben.

    Mit seinem Abreisen aus Würzburg hatte sich Friedrich IV. wohl kaum bei Barbarossa empfohlen, für Heinrich den Löwen eine Chance zum Aufstieg in der Adelshierarchie des Reiches. Der Kaiser hatte sich jetzt endgültig auf den Gegenpapst festgelegt, beigelegt war die Sache durch den Hoftag in Würzburg jedoch nicht. Aber schon Anfang 1166 schwenkte der Löwe doch wieder zur Seite von Alexander III. um. Grund dafür war der Streit zwischen dem Kaiser und der Salzburger Kirche. Nach dem Tod des alten Erzbischofs Eberhard hatte die Salzburger Domherren ihrem neuen Erzbischof Konrad zur Auflage gemacht, sich im Kirchenstreit auf die Seite von Alexander zu stellen.



    Barbarossa dagegen verlangte von Konrad, entweder den Gegenpapst Paschalis anzuerkennen oder aber das Salzburger Erzbistum zurückzugeben. Da aber trat Heinrich der Löwe als Fürsprecher des Erzbischofs auf und erwiderte mit Nachdruck, dass Konrad das Erzbistum rechtmäßig besitze, da er kanonisch gewählt worden sei und auch dreimal beim Kaiser um die Erteilung der Regalien ersucht habe. Barbarossa wurde unsicher, aber die Sache musste geklärt werden, wenn er seine eigene Würzburger Anordnung nicht in Misskredit bringen wollte. Spätestens jetzt zeigte sich, in welche Sackgasse sich der Staufer manövriert hatte. Da eine Vermittlung nichts brachte, musste Barbarossa über Konrad und die anderen Salzburger Kleriker die Reichsacht verhängen, ihre Lehen einziehen und schließlich auch den Krieg gegen die Salzburger erklären.
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    Geändert von Mark (03. Juni 2017 um 11:14 Uhr)
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    Und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und mitten im Frieden wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten allen Fürsten.

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