Boudicca blätterte weiter im Buch der mysteriösen Propheten. Alles hatte man in Reimform verfasst und viele Worte darin kannte sie nicht. Dann stieß sie auf folgenden Zeilen:
Bin nie zufrieden,
es gibt kein Ziel,
gibt kein genug,
ist nie zu viel!
"Diener... der du immer noch so aussiehst wie deine Vorgänger, herrje altert denn hier überhaupt niemand... Lass unseren Spähern eine Nachricht zukommen. Sie sollen einen Wettbewerb austragen. Wer die wertvollsten Dinge auf seinen Erkundungsreisen aufspürt, wird... göttlich... belohnt!"
Und so wetteiferten Guckfix und sein ehemaliger Lehrling Guckfix der Jüngere fortan um Schätze und die Gunst ihrer Herrscherin.
"Tja, damit führt Guckfix mit 100:55 Goldstücken."
"Immerhin hat der Jüngere noch den Späher des Persers gefunden."
"Wir werden sehen, was dieser Fund wert ist."
"Übrigens steht der neue Späher Godot in Bibracte bereit."
"Na endlich! Dann werden wir sofort noch mehr Land entdecken!"
"Wir können nicht."
"Wieso nicht?"
"Wir warten auf Godot."
"Ah!"
"Wir warten auf Godot."
Sauber vorgelegt und verwandelt.
Müssten deine zwei Späher aber dann nicht Estragon und Wladimir heißen.
Wenn es intelligentes Leben im Universum gibt, sind wir bestimmt die Einzigen mit bedrucktem Klopapier!
Laut war es geworden die letzten Stunden im Palast des erstaunlichen kleinen Keltenreiches.
"...weshalb wir vernünftig sein müssen! Wir müssen laufen lernen, bevor wir fliegen können!"
"Und ich sage nochmal, diese Zeilen des Heiligen Buches sind eindeutig! Da, seht sie Euch doch endlich einmal an, Berater!"
Stein um Stein
mauer ich dich ein!
Stein um Stein,
ich werde immer bei dir sein!
"Ohne Brot können die Leute nicht essen, geschweige denn schwere Steine schleppen!"
"Sollen sie Kuchen essen! Es ist der Wille des SID, dass wir dieser Geschenke habhaft werden."
Alle anderen im Palast, allen voran der gute alte Ceres (auch wenn Boudicca sich seinen Namen selbst nach 350 Jahren noch nicht gemerkt hatte), waren wohlweislich in Deckung gegangen. Mangels Wissen um die Keramik standen im Thronsaal derzeit nur ausgestopfte Biber, die beim Herunterschmeißen kaum Schaden davontrugen. Aber die Herrscherin konnte sie mit solcher Präzision werfen, dass man ernsthaft überlegte neue Kriegstechnik einzuführen, welche auf Biber-Ballistik beruhte.
Irisch Pizza wich lässig dem letzten Geschoss aus und versuchte seine Stimme zu beruhigen.
"Meine Herrin, unsere Späher berichten täglich, wie groß die Welt ist und wie viel Arbeit vor uns liegt. Wir brauchen eine solide Basis."
"Aus Stein! Wir werden damit ein Monument für die Ewigkeit errichten um die Herrlichkeit des SID zu preisen. Ende der Debatte!"
Da Boudicca nichts mehr zum Schmeißen hatte, beruhigte auch sie sich wieder.
"Sobald unser Volk stark genug im Glauben ist, sollen sich unsere fähigsten Köpfe dieselben zerbrechen wie sie mit Steinen ebendies vollbringen können."
Alle Anwesenden brauchten einen Moment, um den letzten Satz gedanklich auseinander zu nehmen.
Irisch Pizza zog anerkennend eine Braue hoch. Vielleicht wusste diese Frau ja doch, was sie tat.
"So, wo waren wir vor einigen Stunden stehengeblieben, Berater?"
"Wir wollten uns den Zustand der Stadt genauer betrachten. Das Volk wächst und gedeiht. Wir haben ganz neue Möglichkeiten, Projekte in Angriff zu nehmen. Um Eure Steine irgendwann auch von fähigen Leuten abbauen zu lassen, sollten wir uns darauf konzentrieren, genau diese Leute auszubilden."
"Ja ja, die Mühlen des Alltags. Kümmert Euch darum!"
Als Irisch Pizza gegangen war und sich Ceres und die anderen langsam wieder näherten, schaute Boudicca etwas verlegen auf den Boden um sich.
"Ach... und sammelt die Biber wieder ein."
Geändert von Irisch Pizza (24. Februar 2015 um 21:31 Uhr)
Boudicca, Klügste und Schönste in SIDs Reich, und ihr unverzichtbarer Berater Irisch Pizza, hatten es sich zur Angewohnheit gemacht, auf den Erfolg von Guckfix und Guckfix dem Jüngeren zu wetten.
Irisch Pizza sah in dem Jüngeren enormes Potential und hatte die nächsten Jahrhunderte auf ihn getippt. Warum auch immer die Dörfer nach dem Betreten auf wundersame Weise verschwanden (und nur eine auffällig unauffällige Mauer zurückließen), hatte er doch großes Geschick darin gezeigt, den Dorfbewohnern vorher all ihr Gold abzuknüpfen.
Gerade erst war Guckfix der Jüngere einmal mehr von seinen Touren zurückgekehrt und hatte dem Berater seinen neuesten Fund gezeigt. Ein weiteres Dorf, weit im Norden der bekannten Welt. Sicher warteten dort weitere Goldmünzen darauf von penibel zählenden Händen in die Schatzkisten des Palastes zu wandern.
Zufrieden und siegessicher schlenderte Irisch Pizza nun zum Thronsaal. Dort würde die Herrscherin gerade Guckfix empfangen.
Als er die beiden sah, konnte er eine gewisse Verlegenheit in ihren Gesichter ausmachen.
"Tja, die Runde geht an Euch, Berater."
Dieser folgte ihrem Blick zu Guckfix, der, peinlich berührt, seinen "Fund" halb hinter sich verbarg.
Doch Irisch Pizzas Augen weiteten sich.
"Führt mich sofort zu der Stelle, wo ihr das gefunden habt!"
"Aber mein Herr, dort gibt es nur noch mehr davon. Ein alter Mann stellt sie her."
"Führt. Mich. Hin."
Guckfix schaute unsicher zu Boudicca, doch diese zuckte nur mit den Schultern.
...
Zwei Tage später standen Irisch Pizza und Guckfix wieder im Palast. Bei ihnen ein alter schmutziger Mann.
Der Berater holte tief Luft und zeigte auf den Alten.
"Dieser Mann... ist Steinmetz!"
Boudicca, größte und einzige Herrscherin, die die keltische Welt je gesehen hatte, sprach folgenden bedeutsamen Worte:
"Irgendwie vertraut wirkender Diener, mit dem ich bei Gelegenheit mal ein ernstes Wörtchen über seinen Stammbaum reden muss, bring mir etwas Wasser, ich bin völlig erschöpft!"
"Ceres, meine Herrscherin..."
"Wie?"
"Ach, schon gut... *seufz* Ich bringe Euch sofort Euer Wasser."
Ermattet sank Boudicca auf einen Stuhl. Seit über 400 Jahren führte sie den Stamm der Kelten zu Ruhm und Ehre. Doch, wenn sie ganz ehrlich war, hatte sie bisher überhaupt nichts erreicht. Man war ein gottesfürchtiges Volk, dessen Gott niemand kannte. Man hatte wertvolle Ressourcen im Reich, doch wusste nichts über ihre Nutzung oder hatte keine Fachkräfte, um etwas auszubeuten. Nicht mal einen ordentlichen Religionskrieg konnte sie führen.
I. Probleme?
"Kannst du laut sa...."
Die Worte blieben ihr im Hals stecken. Noch während sie sich herum drehte, hörte sie, wie ein Holzkrug und anschließend ein Kelte auf dem Boden landete und hingebungsvoll betete (der Kelte, nicht der Holzkrug).
Boudicca erschrak, als sie auf die Quelle der Stimme blickte. Eine ihr wohlbekannte goldene Statue stand dort. Und sie schien größer zu sein als das letzte Mal.
Boudicca unterdrückte den Impuls, sich ebenfalls zu Boden zu werfen, sondern senkte nur ehrerbietig den Kopf.
"Großer SID..."
II. Du Hast Dein Volk Wohl Auf Den Rechten Pfad Des SID Geführt. Lass Mich Dir Nun Eine Größere Perspektive Geben. Auf Dieser Welt Leben Zwölf Völker.
"Du meinst zwölf Stämme?"
III. Ja, Aber Dieser Ausdruck Ist Geschützt.
"Wer sind die zwölf?"
IV. Das Bedeutendste Volk Sind Die Kelten. Ein Weiteres Hast Du Bereits Kennengelernt."
"Diese Perser."
V. Ja. Ihr Anführer Ist Klug Und Gefährlich. Doch Dir Werden Schlimmere Begegnen. Einige Sind Die Ursache Meiner... Schwierigkeiten.
"Sie werden zermalmt im Glanze deines Goldes, oh SID."
VI. Dein Volk Muss Sich Reinigen Von Überkommenen Ritualen Und Zweifeln. Lasst 25 Jahre Der Freude Ausrufen!
"Was sollen wir in dieser Zeit tun?"
VII. ...NICHTS!
Geändert von Irisch Pizza (24. Februar 2015 um 17:51 Uhr)
Die Geschichtsschreiber hatten einige Mühe in dem 25 Jahre währenden Chaos den Überblick zu behalten. Plötzlich schien es keine Regeln mehr zu geben, keine Ordnung, außer die, sich SID hinzugeben. Viele Freigeister tauchten auf, landeten auf dem Scheiterhaufen und stifteten viel Unruhe*.
Als die 25 Jahre vergangen waren, trat ein neues Keltenreich hervor, fester im Glauben als je zuvor und mit nur einem bescheidenen Ziel seiner Existenz: den SIDismus bis in den hintersten Winkel der Erde zu tragen. Koste es, was es wolle.
"Erzähler?"
Ähm, ja?
"Schön, dass wenigstens einer den Überblick behält."
* - nicht unbedingt in dieser Reihenfolge
Komm her,
bleib hier,
wir sind gut zu dir.
Komm her,
bleib hier,
wir sind Brüder dir.
"Kühnste aller Herrscherinnen?"
"Hm?"
"Um nochmal auf das Problem mit dem Essen zurückzukommen..."
"Herrje, was haben die Leute nur gegen Kuchen?"
"Ihnen fehlen die Zutaten."
"Oh."
"Ich habe die Weisen gebeten, sich Gedanken über diese hohen Gräser im Süden zu machen. Womöglich könnten wir viel mehr Leute damit satt bekommen."
"Die tattrigen Alten von der morschen Bank sollen das tun?!"
"Aber nein, natürlich nicht."
"Gut."
"Wir haben ihnen eine neue Bank spendiert!"
...
"Hm, interessant."
"Was gibt es, Berater?"
"Wir haben die Neugier des Persers geweckt."
"Das Streben zu SID wird ihn hergeführt haben!"
"Zweifellos. Aber so schnell?"
"Das ist wahr. Weshalb sind unsere Späher nicht so fähig? Was machen die eigentlich den ganzen Tag?! Ich will diesen Mann dort draußen!"
"Wie stellt Ihr Euch das vor?"
"Die Bewohner an den Grenzen sollen ihm von unserer großartigen Kultur berichten. Und lasst durchsickern, dass er Chef-Späher werden kann!"
"Das wird den anderen nicht gefallen..."
"Ihr haltet doch so viel von Guckfix dem Jüngeren. Dann soll er das Land der Perser aufspüren! Kann nicht so schwer zu finden sein, irgendein unkultivierter Landstrich im Norden."
"Ich werde es ihm auftragen."
Geändert von Irisch Pizza (25. Februar 2015 um 19:07 Uhr)
Im Palast der Königin zu SIDs Gnaden.
"Ihr habt tatsächlich ein Talent, die Späher zu motivieren. Guckfix steht vor dem nächsten dieser mysteriösen Dörfer, Godot wurde endlich mal in freier Natur gesichtet und Guckfix der Jüngere..."
"Ja?"
"...hat die Grenzen der Perser gefunden!"
"Hinterwäldler, sag ich doch!"
Boudicca laß die Zeilen noch ein drittes Mal:
Sie rief mir Worte ins Gesicht,
die Zunge Lust gestreut.
Verstand nur ihre Sprache nicht,
ich hab es nicht bereut.
Das konnte ja heiter werden.
Im Stillen zählte sie die Sekunden herunter bis plötzlich Ceres erschien und meinte:
"Meine Herrin. Ihr habt hohen Besuch."
"Das dachte ich mir. Sie soll eintreten!"
"Sie?!"
"Oh..."
"...und diese kleinen Anstecker, die Ihr da überall tragt. Es ist die Farbe des SID. Sicher ein gutes Zeichen für die Zukunft. Übrigens soll Frieden herrschen!"
Kaum hatte der Franzose den Saal verlassen, wandte sich Boudicca grimmig zu Irisch Pizza.
"1000 Jahre? Ziemlich dumm von ihm, uns nur einen so kurzen Zeitraum der Waffenruhe anzubieten. Dieses Frankenreich... die Späher sollen es finden! Leute mit so langen Nasen sollten auffallen. Berater, wen schätzt Ihr gefährlicher ein?"
"Derzeit sollten wir uns vor beiden in Acht nehmen..."
Geändert von Irisch Pizza (25. Februar 2015 um 18:46 Uhr)