Die Korrektion hat dem Land geholfen, der Schifffahrt haben die Korrektionsmaßnahmen nicht geholfen. Die Schifffahrt ist im Zuge der Korrektion, man kann sagen „auf der Strecke geblieben“. Um der Schifffahrt zu helfen, brauchte es erst noch die jetzt folgenden Regulierungsarbeiten, die Max Honsell vorgeschlagen hat.
Auch nachdem alle Durchstiche der Korrektionsmaßnahmen fertig waren, war die Rheinschifffahrt nach Basel immer noch für lange Jahre eingestellt. Eine nennenswerte Schifffahrt nach Basel entwickelte sich erst nach 1918 und in den darauf folgenden Jahren, also grob vierzig Jahre und mehr nach dem Ende der Korrektionsmaßnahmen.
Vor den Korrektionsmaßnahmen wurde, wie überall, auch in der Wasserwildnis oberhalb Speyers getreidelt. Hier fehlten allerdings belastbare Leinpfade. Treidelpferde brauchen festen Grund unter den Hufen um ihre Zugkraft zu entwickeln. „Am Rossmörder“ so hiess noch 1968 beispielsweise eine Sandbank am Rhein, schräg gegenüber von Freistett. Ohne Leinpfade blieb nichts anderes übrig, als die Schiffe mit Menschenkraft gegen den Strom zu ziehen. 24 Treidelknechte pro Zug waren üblich, teilweise ist aber auch von 80 bis 100 Mann die Rede, die vor die Treidelzüge gespannt waren. Die Schiffe konnten dabei allenfalls 125t transportieren, weiter oben am Rhein sogar nur noch 90t. Solche kleinen Ladungen machten es sicher sehr schwer, mit ihrem Ladungslohn genügend Treidelknechte zu bezahlen. 1880, bei den ersten Gedanken zu Kohletransporten mit Dampfern nach Straßburg, hatte man demgegenüber 900t Ladung pro Kahn im Sinn. 1904, bei der ersten Schleppzugfahrt nach Basel fuhr man mit 300t Ladung.
Durch die Korrektionsmaßnahmen ist die ohnehin schon kräftige Strömung am Oberrhein verstärkt worden. Ohne Leinpfade und damit ohne die Hilfe von Pferden war jede Veränderung der Strömungsgeschwindigkeit zu viel. Die Verhältnisse waren auch so schon extrem, die Treidelschifffahrt stand vor dem Aus. Die Bergschifffahrt auf dem Rhein wurde eingestellt. Man muß dazu verstehen, dass Straßburg immerhin rd. 50 m höher liegt als Speyer, und dass es von Straßburg aus dann noch einmal stattliche 110 Höhenmeter hoch geht bis nach Basel.
Ab 1834 etablierte sich demgegenüber auf einem frisch fertiggestellten Seitenkanal des Rheins, dem Hüninger Kanal, eine rege Schifffahrt zwischen Straßburg und Basel. Die Strecke benützt im ersten Stück von Straßburg aus den Rhein-Rhone Kanal. In Mühlhausen zweigt dann der Hüninger Kanal ab. Hüningen mit einem Kanalhafen liegt direkt vor Basel. Die Strecke hat von Straßburg aus 52 Schleusen. 1837 und 1840 gab es jeweils einen Liniendienst mit Dampfschiffen nach Basel, beide Dienste benützen für die Talfahrt den Rhein, für die Bergfahrt den Seitenkanal. Beide Liniendienste wurden aber nach kurzer Zeit wieder eingestellt.
Ausser diesem Verkehr gab es auf dem Rhein höchstens noch lokalen Baustellenverkehr. Der wurde nach 1880 sogar stärker. Damals wurden die Steine, mit denen die Uferdämme unterhalb Straßburgs befestigt sind, aus Steinbrüchen in Arzweiler geholt, das ist ein Ort in den Vogesen, er liegt am Rhein-Marne Kanal, ca. 30 km westlich von Straßburg.
Die starke Strömung am Oberrhein verlor allerdings umso mehr an Bedeutung, je leistungsfähiger die Dampfantriebe wurden. Die Feuerung wurde besser, das heißt, die Kohle wurde besser ausgenutzt. Gleichzeitig haben die Kessel höhere Drücke zugelassen. Mehr Kraft stand zur Verfügung bei gleichem Kohleverbrauch. Auch die Schaufelradantriebe haben die Kraft besser ins Wasser gebracht durch bewegliche Schaufelblätter. Die beweglichen Blätter standen auf ihrem Weg durch das Wasser jetzt praktisch immer senkrecht. Mit solchen stärkeren und wirksameren Antrieben konnte man auch an die Befahrung des Oberrheins denken, auch bei der kräftigen Strömung dort, die sich aus dem großen Höhenunterschied und aus den Korrektionsmassnahmen ergab. Der Zustand von Leinpfaden und die Zugkraft von Menschen würden dann keine Rolle mehr spielen.
Jetzt trat das zweite Problem des Oberrheins in den Vordergrund: Das Flussbett war sehr unstabil und trotz ausreichender Wassermenge zu flach um als Fahrwasser für geladene Schiffe zu dienen. Kein Wunder: was sich vorher über die Breite der Rheinebene abgespielt hatte, spielte sich jetzt in der Breite zwischen den Korrektionsdämmen ab. Der Rhein bildete auch zwischen den Korrektionsdämmen einen ständigen Wechsel von Schleifen zur einen und zur anderen Seite, einen ständigen Wechsel von Sandbänken und von tiefen Rinnen. Durch den verkürzten Weg seit den Zeiten vor der Korrektion war die Strömungsgeschwindigkeit jetzt allerdings stärker. Die Verlagerung und die Verschiebung der Rinnen, Sandbänke und Schwellen hat sich genauso abgespielt wie vor der Korrektion, nur entsprechend schneller.
Die ständige Veränderung, die fehlende Lagestabilität des Flusses war dabei noch nicht das größte Problem. Das eigentliche Problem waren die sogenannten Übergänge im Flusslauf. Wie bei jedem Bach im Kleinen, so formt sich auch im Großen beim frei im Kiesbett fließenden Rhein jeweils in den Strömungskurven durch das schneller fließende Wasser eine tiefere Rinne. Sobald die Strömung nach der Kurve ihre Richtung ändert, an den Übergängen von einem Bogen in den nächsten Bogen, wird die Fliessgeschwindigkeit langsamer und es bildet sich an dieser Stelle durch die entsprechend stärkeren Ablagerungen jeweils ein flacheres und breiteres Flussbettprofil. Diese Stellen sind die Übergänge. Dort ist schon bei mittleren Wasserständen die Wassertiefe gering.
In der Praxis hiess das für die Schifffahrt, schon bei mittleren Wasserständen war der Rhein für Frachtschifffahrt nicht zu gebrauchen. Frachttransport braucht tiefes Wasser, um konkurrenzfähig zu sein. Im Rhein floss aber das an sich ja ausreichend vorhandene Wasser in einem Bett ab, das an den Übergängen zwar breit, aber ohne Tiefgang war. In den zwölf Jahren 1895 bis 1907, als man versuchte, wenigstens die Schifffahrt nach Straßburg in Gang zu bringen, war der Oberrhein während 43% des Jahres wegen fehlendem Tiefgang nicht befahrbar. Das war ein ganz entscheidender Punkt gegenüber der Eisenbahn, die ja ständig verfügbar war. Basel war seit 1840 an das Eisenbahnnetz angeschlossen. Hier hatte die Rheinschifffahrt selbst mit starken Dampfantrieben keine Perspektive.
Um 1880 sah man sich deswegen vor der Kontroverse: sollte man vielleicht den Seitenkanal nach unten verlängern oder wäre es besser, den vorhandenen Rhein auszubauen?