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Thema: [Semi-Blog] Die Ghalerie

  1. #886
    Im Monsterland
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    Achtes Abenteuer, zweite Staffel

    Hallo, Leute.
    Die Idee kam spontan und weil ich eigentlich schon längst hätte losgemusst, schreibe ich kurz und schnell: Ich teile zum ersten Mal ein Abenteuer auf, indem ich euch jetzt erst einmal jenen Teil präsentiere, der eigentlich noch in die letzte Geschichte hätte fallen sollen. Fragen beantworte ich gerne, Anmerkungen von meiner Seite aus haben aber noch Zeit bis zum Abspann.
    Keep your eyes on me, now we're on the edge of hell.

  2. #887
    Im Monsterland
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    Freya in: Im Dunkelwald

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    Freya
    Zwischen den Jahren, das weißt du, liegen die Namenlosen Tage – jene Zeit, die nach dem Glauben der Zwölfen von dem dunklen Gegengott an der schwächsten Stelle zwischen Leidenschaft und Pflicht in das Jahr gepresst wurden – und du bist gut vorbereitet. Du sitzt in deinem Herbergszimmer, befühlst deine neue Tracht und versuchst, die Geräusche aus dem Nebenraum zu ignorieren, ohne dabei allzu lautstark zu bereuen, dass du es warst, die Corsaia direkt neben sich unterbrachte. Du magst deine neue Rüstung, du musst sie auch mögen. Sie entstand aus der Verzweiflung heraus, die sich nach deinem Geburtstag deiner bemächtigte, als du nämlich entschiedest, noch bis zum Fest der Dämonenschlacht hier zu verweilen, Lilim sich aber mit Corsaia die Zeit vertrieb und Brig-Lo nicht mehr hergab als schon die Monate zuvor. Du wandtest dich an Marcin, doch da du ihm nicht dein Leid klagen konntest, sprachest du von deiner Rüstung, diesem schlichten wattierten Waffenrock mit Schweineborstenfütterung, getrockneten Flecken und notdürftigen Flicken, der mit deiner Robe zum warm war, besonders jetzt in der drückenden namenlosen Hitze, und noch mit deinem Rucksack verbunden zur Katastrophe wurde und der einstige Magier nickte, denn er kennt Elfen in Brig-Lo und Punin und wenn du bereit wärst, mehr zu bezahlen, dann würdest du sehr glücklich werden. Du blicktest für einen Moment in dein Herz, fühltest die Verzweiflung, dachtest an deinen Tsatag und entschlossest, dass du es dir wert wärst. Das Geld hattest du nun wirklich, schon weil du eine Reihe von Tränken verkauftest, und was dich schützt, das macht dich stark.
    Du wirst glücklich. Du wartest zwei Wochen, verbringst einen Nachmittag mit einem Halbelfen aus Punin (der den Titel „Meister“ anstatt der einfachen Berufsbezeichnung eines Schneiders bevorzugt) und bezahlst eine Summe, für die du in Teshkal ein Pferd bekommen könntest, doch als die Lieferung eintrifft, da fallen etwa die Hälfte der nagenden Zweifel von dir ab; er leistete wirklich gute Arbeit. Als du jetzt in deinem Zimmer sitzt, probierst du wieder einmal die Rüstung an – ein kleiner Verstoß gegen dein Versprechen dir selbst gegenüber, sie erst im neuen Jahr zu tragen – und fragst dich, wie du darin wohl aussiehst: Zunächst der Gambeson, ein gepolsterter Stoffpanzer, der nun gleich einem Amazonenpanzer die Arme und Schultern freilässt und auch am Rücken weniger aufträgt, dann die ebenso schulterfreie Robe, in Wahrheit ein auch rückenfreies Kleid mit der Möglichkeit, direkt an den Panzer angegürtet zu werden, dann die Jacke, in deren Ärmel die Polsterstücke eingewebt wurden, die der Rüstung sonst fehlten und zuletzt den Rucksack mit dem verstärkten Rückenpolster – so teilte sich ein sperriges Objekt auf und lässt dir die freie Wahl, wo du Luft und wo du Schutz haben willst, eine kluge Lösung. Eine Kappe mit eher symbolischem Wert vervollständigt die Kombination und wird dich nicht vor wirklichen Gefahren, wohl aber vor Unfällen schützen, wobei ein Spalt am Hinterkopf deine Haare entweichen lässt. Ein Meister dachte mit, bemerkst du, ehe du in der Betrachtung des Materials versinkst, echter elfischer Bausch in wechselnden Farben und verschiedenen Formen, streichelnd weich an der Kutte, robust und zäh bei der Jacke, sanft wechselnd von dem Rotbraun des Herbstlaubes an Kappe und Kragen bis zum Grün der Jacke, bläulich an der Kutte und nahe dem Boden braun werdend, doch allesamt ausgebleicht, um wenigstens den guten Willen gegenüber dem Codex Albyricus anzudeuten – für ein Großteil des Landes wird dieses Reisegewand ausreichen, denkst du dir, und in die Stadt des Lichts wolltest du ohnehin nicht. Ja, denkst du dir, du bist bereit, für ein neues Jahr und auch für namenlose Tage. Weg mit dem neuen Gewand, dessen Zeit wird noch kommen.

    In der Nacht schläfst du friedlich. Ein Sturm zieht auf, doch du hältst die Herde sicher.

    Es klopft. Du wachst auf und sprichst kurz mit der Wirtin des Selindian Hal, in dem du seit Monaten haust. Sie spricht noch einmal die Warnung aus, die du auch schon vor Tagen erhieltst: Heute drehen die Novadis durch, also solltest du besser im Haus bleiben. Du befolgst den Rat, tanzt mit Mada, gehst noch einmal deine Ausrüstung durch und fragst dich, wie du diesen Rucksack noch etwas leichter bekommen könntest… und verdammt, warum musstest du diesen angeblich glücklich vergebenen Krieger auch neben dir unterbringen?

    Der Blitz schlägt ein und richtet Verwüstung in der Herde an. Du riechst verbranntes Fleisch und eine Stimme lacht. Eine Gestalt steht auf dem Felsen, den Magierstab drohend errichtet, und sie sieht kein Land und keine Schafe, sondern ganz allein dich.

    Die Hitze ist wirklich drückend. Hast du genügend Wasservorräte? Du kauftest ja noch auf dem Wochenmarkt ein, doch da dies alle taten, kletterten die Preise. Du hieltest dich zurück. Ach, warum besitzt Lilim nur immer noch dein Buch, du könntest die Zeit doch ebenso gut noch mit Ritualplanungen verbringen.

    Sein Blick durchsticht dich und du fühlst dich nackt. Wie kannst du entkommen? Das ist kein Pelz, unter dem du schwitzt, sondern deine Bettdecke. Du sortierst dich noch, als du die Gestalt in der Tür wahrnimmst, Lilim mit einer Kerze: „Deine Schreie machen mir Angst, kleine Rahja.“, sagt sie, „Komme doch zu uns. Cor meint, er wird auch mit uns beiden fertig.“ Du sprichst Verwünschungen und drehst dich weg, ohne ihren weiteren Worten zu lauschen. Dir war nie bewusst, wie sehr du diesen Krieger hasst.

    Wie zum Güldenen kamen Ratten hier herein? Sie nagen an deinen Vorräten und stören sich nicht einmal daran, dass du erwachst. Du schnappst nach deinem Magierstab und schlägst auf sie ein, weil du es nicht wagst, zu zaubern. Das vertreibt sie.
    Sie müssen über Nacht erschienen sein und fielen über alles her, was nur ansatzweise nahrhaft wirkte, selbst deine Bettdecke weist Bissspuren auf. Den Rest des Tages verbringst du mit Nadel und Faden, um von deiner Garderobe zu retten, was noch zu retten ist, zumindest ließen sie aber dein neues Gewand in Ruhe.

    Der Magier zieht ein Buch und liest darin, auch wenn er dadurch den Blick von dir nimmt, fühlst du dich noch nackter: Er liest nämlich dein Reisebuch. Besonders das Bild von dir vorne im Einband scheint es ihm anzutun.

    Lilim schenkte dir zum Tsatag ein Satz Boltankarten, die sie wie sie sagte einmal einer Zahori abkaufte. Du legst dir Patiencen. Sechs Fürsten, zwölf Zauberer, zwölf Krieger, dazu siebenmal sechs Elemente… der klassische profane Inrah-Satz, abgegriffen und noch mit handgezeichneten Bildern geschmückt. Bei deinem ersten Durchblättern bliebst du bei dem Magier des Feuers hängen… das könntest du sein, und tatsächlich, das Bild zeigt eine Frau mit langen, flammend roten Haaren.

    Du blätterst weiter. Der Magier des Eises, ein Mann in fellverbrämter Kutte mit langen Haaren, einem entschlossenen Blick und drohend erhobenem Stab, blickt zurück und lacht. „Ich bin hier“, sagt er, „und was immer du auch tust, du kannst dich meinem Griff nicht entziehen.“

    Bist du wirklich einfach so eingenickt? Das ist durchaus möglich, denn du erhieltest nicht viel Schlaf. Drüben ist es still, dafür entlädt sich draußen tosend und stürmend ein Sommergewitter; du könntest also nicht raus, selbst wenn die Welt dort draußen in Ordnung wäre. Du seufzt. Du brauchst dringend eine Beschäftigung für Gewitter- und Erholungstage, doch es muss eine sein, die weder Magie noch gefährliche Gegenstände beinhaltet. Du könntest doch Stricken lernen, das wäre doch ein guter Vorsatz für das neue Jahr.

    Der Sturm legt sich, auch der Eismagier verschwand. Du blickst noch einmal auf den Felsen und bringst dann wieder deine Herde zusammen. Die Gefahr wurde ausgestanden, im Boron kann unbeschadet geschlachtet werden.

    Es ist soweit. Endlich kannst du aus deiner Truhe das teure Gewand herausnehmen und es langsam, fast zeremoniell anlegen. Eine nach unten verschobene Rüstung, eine dies überdeckende Kutte, eine Jacke mit starken Ärmeln, eine Kappe und ein noch ungefüllter Rucksack, als Gewand eine Einheit, als Kunstwerk sicher eine Pracht. Ein einfaches Seil soll nun gürten, deine Stiefel es vollenden… beides noch aus Andergast, also bist du nur fast neu. Es klopft und du öffnest der Wirtin. „Frau Freya, haben Sie die Tage gut überstanden?“ Du nickst. „Unten im Saal wartet eine Botin auf Sie. Sie möchte sie sprechen.“ Natürlich. Knarrende Stufen führen dich nach unten, auf den letzten Schritten bist du allein. Du öffnest die Tür und sie wartet: Glänzendes schwarzes Haar in ganz ebenmäßigem Schnitt, feine, fremde Gesichtszüge, unergründliche Augen und schwarz gewandet wie in einer Ordenstracht; halb auf dem Tisch sitzend, doch nun sich erhebend. Deine schon auf der Zunge liegende Grußformel entgleitet dir, fast wie jede Kontrolle, als ihre Augen dich erfassen, und du kannst nur stammeln: „Mineda“.
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    Geändert von Ghaldak (12. April 2011 um 11:40 Uhr) Grund: So schnell rutscht man wieder in die Ich-Form...
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  3. #888
    Im Monsterland
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    Wasserstand

    Servus, Leute.

    Lasst euch etwas mitteilen: Ich habe wieder festes Internet. Zur Erinnerung: Als ich ging, sah das Storyforum noch so aus.

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    Erwartet bei mir jedoch keine großen neuen Sprünge, denn der Schuh drückt nicht bei der Netzzeit, sondern der Zeit generell.
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  4. #889
    Im Monsterland
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    Freya
    Mineda bedeutet Ärger, das weißt du genau. Sie ist eine Attentäterin der Hand Borons, eine der gefährlichsten Meuchlerinnen der Welt und eine Mörderin, und du bist eine Kampfmagierin – hier steht eine Amateurin einem Profi gegenüber, doch da du sie siehst, denkst du dir, kann es nicht so schlimm sein. Du glaubst es dir nicht wirklich, denn auch ‚nicht so schlimm’ kann schlimm bedeuten.
    Sie sagt nichts, also schließt du hinter dir die Tür und trittst an sie heran. „Warum bist du hier?“, fragst du in die gewonnene Zweisamkeit. Lasse dir deine Angst nicht anmerken, zeige deine Stärke – du bist nicht hilflos, wirklich nicht. „Ich bin bereit, zu sprechen“, sagt sie, „doch nicht zu erzählen. Du siehst furchtbar aus. Lass mich dich baden, wie ich es früher einmal tat.“ Mineda gehörte zu der Verschwörung, die du vor Jahren in Andergast aufdecktest. Bei eurer letzten Begegnung rettetest du ihr das Leben – doch was bedeutet das für sie?
    Deine Starre nimmt dir die Entscheidung. Sie nimmt dir deinen Stab aus der Hand, ohne dass du Widerstand leistest, du gehst Jacke und Panzer verlustig... und du kannst dich immer noch nicht entscheiden, ob sie als Freund oder Feind hier ist. Der Waschzuber, den du kennst, scheint zumindest ihr Angebot zu bestätigen. „Ich brachte dir Wasser aus der Andra mit. Du darfst dich ganz wie zuhause fühlen.“ Eine kleine Phiole klarer Flüssigkeit entleert sich in einen großen Bottich. Du bist nackt. Ihre Hände geleiten dich.
    „Möchtest du reden?“ – „Was? Worüber?“ – „Worüber du möchtest. Verrate deine Freunde, wimmere, drohe, wonach dir ist.“ Ein Schwamm wird ins Wasser getaucht und fährt über deinen Rücken. Du fühlst nicht nur Weiches, sondern auch etwas Hartes, Kaltes. „Tötest du mich dann nicht?“ Die Frage ist so lächerlich, dass sie sie gar nicht beachtet. Minedas Finger erinnern dich an Lilims, sie war schon immer eine ausgezeichnete Dienerin.
    Das Schweigen brennt. „Wie ist es eigentlich…“, beginnst du, doch stoppst. Sie wollte nichts erzählen, also frage sie nicht nach deiner Heimat. Frage sie auch nicht nach Al’Anfa. „… auf Maraskan? Ist es eine Reise wert?“ Ja, du bist eine Avesjüngerin. Das ist unverfänglich. Du hörst an ihrer Stimme, wie sie milde lächelt. „Allemal, denke ich. Es ist eine Heimat, die ich nie kennen gelernt habe, doch ich spitze die Ohren, wann immer ich Neues höre, und freue mich ganz besonders über Sinoda.“ – „Ja, das kenne ich.“ Schweige lieber, ehe du auf Andergast kommst. „So viele Orte, an denen mein Herz hängt, und ich kann mich nicht entscheiden, ob Brig-Lo nun dazugehört. Warst du schon einmal hier?“ Gerettet. „Ein Pilgerziel und eine kleine Siedlung inmitten von Gräbern, ein Borontempel im Zentrum, sonst wenig Belang. Garnison und Baronin stehen nicht unbedingt auf einer Seite, vier Gaststätten, darunter zwei Orte, in denen man übernachten kann… nein, ich war hier noch nie.“ Warum zählt sie es auf? Natürlich, klar, sie lässt dich wissen, dass sie echt ist… und erst jetzt fällt dir ein, dass du das nicht als gegeben hättest nehmen sollen. „Kennst du denn einen Ort, den ich unbedingt einmal bereisen müsste?“ Sie drückt plötzlich keinen Kopf herab und du schreist auf, ehe du merkst, dass sie nur deine Haare ins Wasser taucht. „Ja“, flüstert sie noch und schweigt dann.
    Du hörst das Wasser, sein stetiges Geräusch ist alles, woran du dich klammern kannst. Du suchst jede ihrer Bewegungen zu verstehen und verkrampfst bei jeder ihrer Berührungen, was, da bist du sicher, Mineda nicht verborgen bleibt. Du blickst sie an und ihr Gesicht ist eine Maske; sie lässt dich nicht wissen, ob sie mit dir zufrieden ist oder nicht. „Was denkst du gerade?“, schießt es aus dir heraus, ehe du überlegen kannst und schämst dich sofort dafür. Sie antwortet dir nicht. „Ich jedenfalls denke und hoffe…“ – „Ich weiß“, fällt sie dir ins Wort. Was wie ein Ansatz für dich klingt, erweist sich aber als endgültig, denn ihr Schweigen wagst du erst einmal nicht zu brechen.
    „Erhebe dich und siehe mich an“, sagt sie schließlich. „Ich bin deinetwegen hier. Ich habe hier zwei Nachrichten für dich. Wähle eine.“ Aus den Untiefen ihres Gewandes muss sie, als du nicht hinsahst, zwei versiegelte Pergamentrollen herausgeholt haben, die sie dir nun anbietet. Du stehst nackt in der Wanne und erschrickst vor ihrem Blick. „Was enthalten sie?“ – „Wähle.“ Sie hält nicht den Abstand, den du wünschst und ist dir in ihren schwarzen, einer Ordenstracht gleichenden Gewändern viel zu nahe. Du zögerst. „Und wenn…?“, beginnst du, ohne weiter zu sprechen, da sie dich auch so versteht, was sie dir genauso unbewegt wie zuvor beantwortet: „Du kannst auch beide nehmen oder keine. Ich werde nicht erzählen.“ Klar, sie fällt ihre Entscheidungen nach deinen, doch sie teilt sie dir nicht mit. Was bleibt dir übrig? Du nimmst den linken, die unwahrscheinlichere Möglichkeit, doch ehe du hereinblicken kannst, nickt sie. „Auf Wiedersehen, Firlina. Mögen sich unsere Wege noch vor Rethon kreuzen.“ Sie geht und du blickst ihr nach; ein kluger Zug, fährt es dir durch den Kopf, denn nackt kannst du sie schwer verfolgen.
    „Wer war sie?“ Eine Stimme erspart es dir, zwischen Pergament und Kleidung eine Entscheidung zu treffen, und du wendest dich um: Corsaia steht mit gespanntem Kurzbogen in einer Ecke, den Pfeil noch auf die Stelle gerichtet, an der Mineda so eben verschwand. Er lacht, als du erschrickst. „Willst du mich ins Grab bringen?“ – „Im Gegenteil, Fräulein, im Gegenteil – ich hätte dich gerettet, wenn dir wirklich Böses drohte. Wer war sie? Du hattest Angst vor ihr.“ – „Mineda. Ein… Dämon aus früherer Zeit. Ich frage mich, was sie wohl wollte.“ – „Dann sehe nach, was sie dir mitteilte.“
    Du öffnest den Verschluss der Dose und wirst kreidebleich, als dir etwas entgegen schießt: Es ist ein dünnes Lederband, am unteren Ende ein Anhänger, und dessen Gestalt gleicht der einer kleinen schwarzen Hand.
    Geändert von Ghaldak (13. April 2011 um 09:35 Uhr)
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  5. #890
    Im Monsterland
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    So, genau eine Woche später geht es weiter - kein Zufall, wie ihr erahnt. Ich bin heute eigentlich nicht in Schreiblaune, also fiel der Abschnitt etwas kürzer und wohl auch schlechter aus, als ich es plante.
    Teil 3 wird folgen und dann hoffentlich auch das eigentliche Abenteuer beinhalten.
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  6. #891
    Im Monsterland
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    Freya
    Du schreist – aus Hilflosigkeit, aus Schmerz, aus Ohnmacht. Du lässt das Pergament sinken und antwortest auf Corsaias stumm fragenden Blick: „Das ist ein Brief von meiner Mutter. Sie bittet mich, ein Erbe für sie aus Nostria abzuholen. Dieses Monster, diese Wahnsinnige, wie kann sie nur…“
    Corsaia legt dir eine Decke um die Schultern. „Es ist ja wirklich genug, wenn sie hier einfach auftaucht und mich bedroht, aber kann die nicht meine Mutter da raushalten? Wenn sie ihr nur ein Haar krümmt, dann bringe ich sie eigenhändig um, das ist versprochen.“ Deine Wut lässt Corsaia unbewegt. „Ich ersäufe sie eigenhändig in der Ingval. Ich…“ – „Was wirst du tun?“
    Du seufzt und zuckst mit den Schultern: „Was kann ich tun? Ich gehe nach Nostria und hoffe, dass Mineda sich dann mit mir zufrieden gibt.“ – „Und deine Mutter?“ – „Verbleibt in Andergast. Mehr als beten kann ich nicht… Moment, richtig. Kannst du mir helfen?“ Er gab dir diese Weile, denn er wollte, dass du es aussprichst. „Ich kann, mein Fräulein, und ich täte es gerne, doch ich habe meinen Preis. Bist du gewillt, fürs Nehmen auch zu geben?“ – „Ja, klar. Wie viel…?“ – „Doch nicht so. Ich mache mir nichts aus Geld. Ich brauche es nicht und wenn ich es brauche, nehme ich es mir.“ – „Nein“, sagst du und ziehst die Decke fester um dich. Dazu wärst du wirklich nicht bereit… obwohl… was wäre ein Opfer vor Rahja gegen das Leben deiner Mutter? Du magst sie doch, trotz allem, oder? Ja, ich bin mir sicher.
    Corsaia lächelt, ehe du etwas sagen kannst, und du fürchtest, er könnte dich durchschaut haben: „Also bitte, wie könnte ich das verlangen, ich bin vergeben und treu. Nein, ich meine ein Objekt, eine Tat, eine Hilfe… jetzt oder später. Wärst du dazu bereit?“ Du nickst. „Madhlen Idra y’Arthuro, eine Albernierin in den Dreißigern mit roten Haaren, zu finden in Andergast-Stadt. Bitte hole sie da raus und bringe sie wohin, wo es sicher ist.“ – „Dela, nahe Havena. Dort wartet Takea, meine große Liebe, in einer kleinen Hütte. Dort treffen wir uns wieder, wenn wir zurück sind. Und, Freya.“ – „Ja?“ – „Solltest du vor mir erscheinen, sage ihr bitte, dass es mir gut geht. Wir sahen uns das letzte Mal, ehe Rolat uns trennte.“ Du nickst. Was sollst du sagen? Du sitzt leider jetzt in seinem Boot.
    Erkennt er deinen inneren Zwist? Wahrscheinlich nicht. „Und was ist, wenn ich auf Mineda treffe? Soll ich sie auch gleich ausschalten?“ Die Frage gefällt dir irgendwie nicht. „Weiß nicht“, sagst du ehrlich, „musst du wissen.“ – „Über ein bisschen Training würde ich mich freuen. Übrigens, du schuldest mir ja auch noch einen versprochenen…“ – „Nicht jetzt, Corsaia.“ – „Schade.“
    „Was geht denn hier vor?“ Ihr wendet euch beide um und seht Lilim in der Tür stehen. Corsaia fühlt sich nicht ertappt. „Wir planen. Freya wurde gerade von einer Attentäterin heimgesucht.“ – „Ach, diesmal von keinem Magier?“ – „Nein… oder?“ Blicke ruhen auf dir. Du schüttelst den Kopf. „Schade. Da bleibt wirklich kein Spaß für mich.“ – „Aber Cor, konntest du sie denn abwehren?“ – „Allerdings. Ich stand so mit meinem Bogen, sie vollends im Visier und hatte den Pfeil gespannt. Sie konnte gar nicht…“ – „Ach…“
    Du entfernst dich langsam aus dem Mittelpunkt und kleidest dich an, ohne die Freude an deinem sündhaft teuren neuen elfischen Reisemagiergewand wieder zu finden. Du brauchst Zeit, um alles zu verkraften. Es geschah einfach zuviel.
    „Bist du denn beim Jahrestag noch da?“ – „Wie könnte ich nicht? Ich gab einer wundervollen Dame mein Versprechen und es gilt. Freyas Mission kann ruhig bis Rondra warten.“ Alte, doch treue und zuverlässige Stiefel. Dreckskerl. „Bist du eigentlich auch ein Turnierkämpfer? Ich würde dich so gerne hoch zu Ross erblicken.“ – „Das ist mir zu profan. Ich kämpfe nur in Regeln, wenn mir wirklich langweilig ist, und dann…“ Immerhin weißt du jetzt Bescheid. Du musst auf Corsaia warten. Plane dein Eintreffen in Nostria so, dass Mineda sich entscheiden muss und einer von euch in Sicherheit reisen kann. Du kannst noch im Praios in Nostria sein, doch damit ist sicher, dass das nicht eintritt. Treue Stiefel. „Rahjalein, was bist du eigentlich noch hier? Ich habe gehört, du wärst schon aufgebrochen?“ Lilim reißt dich aus deinen Gedanken: „Ich werde bald aufbrechen, doch… Moment, woher?“ – „Deine Dienerin teilte es mir mit, sie sagte, dich zögen dringende Familiengeschäfte. Ich gab ihr dein Buch mit.“ – „Was?“ – „Ich weiß ja nicht, wann du zurückkommst und ob ich dann noch da bin.“
    Autsch, Mineda, das tat weh. Damit weiß dein Feind alles über deine Magie, deine Rituale und… was hast du noch herein geschrieben? Nichts Persönliches, oder? Ein Bild im Einband… beschämend, aber nicht vernichtend. Du erschrickst vor dem klugen Zug. Wie lange musste dich die Attentäterin vorher beobachtet haben?
    „Ist gut, Lilim“, sagst du, weil dir alles reicht, „Ich breche heute noch auf. Feiert schön das neue Jahr, auf mich wartet die Pflicht in Nostria.“

    Der Weg führt dich wieder auf den Yaquirstieg und nach so langer Zeit musst du dich erst wieder daran gewöhnen, über Stunden hinweg einen schweren Rucksack zu haben. Du planst mit Übernachtungen in den Raststationen, mistetest noch in Brig-Lo deine Taschen aus… und bist trotzdem schnell erschöpft. Am ersten Tag erreichst du wenig, weil du erst viel zu spät loskamst, der zweite fällt schwer, der dritte ebenso, dass du am vierten rastest und deinen Beinen eine Pause gönnst, während dein Kopf arbeitet und Pergament die fehlenden Seiten ersetzt. Dabei bemerkst du deinen Fehler, wanderst den fünften Tag und schlägst dich am sechsten bei leichtem Regen in die Büsche, denn heute ist Tag der Mada, der erste Erdtag im Praios und – wenn man durch die Wolken blicken könnte – Vollmond, heute möchtest du dich endlich dem Stein, seinen Ladungen und dem Pergament widmen, auf dem steht, was passieren sollte. Du findest einen kleinen Bach, der zum Yaquir führt, traust dich lange Zeit nicht, ihn zu überqueren, doch als du dir endlich ein Herz fasst, überschätzt du die Furt, gleitest aus und wirst mitgerissen. Hilflos strampelst du im Wasser, ehe du endlich zum Stehen kommst und du schnell mit durchnässten Stiefeln und intakter Garderobe am Ufer stehst. Immerhin, denkst du dir, die neue Rüstung hat ihren ersten Belastungstest bestanden.
    Die Stiefel fühlen sich furchtbar an, und weil es deine Füße nicht gleich wieder hineinzieht, denkst du dir, dass du genauso gut jetzt zaubern kannst. Du wartest also auf die nächste regenarme Weile, breitest deine neue Decke auf dem nassen Stein aus, verfluchst ausgiebig deine beim Wassergang unlesbar gewordenen Notizen, kramst nach Stein, greifst nach Stab und beginnst: Stein in die Hand nehmen, kreisen lassen, Worte sprechen und hoffen, dass die Aussprache keine Rolle spielt: „Lethum Tjorcanis“, Rattenkopf über Holzkugel am Stabende halten und… Kraft, verdammt noch mal, rein mit dir da, halte auf, Stab, nimmt die jetzt, nicht wieder abgeben, verdammt, Glypthe, du sollst doch… genau, genau in die Öffnung, so will ich es haben, so kann ich es haben, und nein, Stab, die Magie bitte behalten und nicht unten rausgeben, einfach gleichmäßig in dir verteilen und auch nicht nach oben stopfen und… ach, nur ein Blitz… zum Glück, verdammtes Wetter, verdammtes… ach, ist es jetzt vorbei?
    Du bist fertig. Vollends geschafft packst du alles wieder zusammen und hoffst, dass sich die Nach- und Nebenwirkungen in Grenzen halten. Magie kann manchmal richtig schön sein, doch viel zu oft gleicht sie der Situation, die eintritt, wenn drei oder vier Töpfe gleichzeitig überkochen wollen.

    Der geschäftige Yaquirstieg wartet auf dich, doch als du wieder aus dem Gesträuch trittst, fallen dir zwei Gestalten ins Auge, einfach weil sie von deinem Erscheinen ebenso wie vom Regen keine Notiz zu nehmen scheinen. Eine Frau mit roten Haaren wirkt der Resignation nahe, während sie von einem stämmigen Mann getröstet wird – Bauern offensichtlich. „Den Zwölfen zum Gruße“, rufst du, nachdem du keine Zweige mehr auf deiner Jacke siehst, und reißt sie aus der Starre. „Was ist?“ – „Kann ich Euch helfen?“ – „Wer bist du?“ – „Freya, reisende Heldin. Willkommen oder nicht?“ – „Wie könnten wir…“ – „Lass sie doch, vielleicht kann sie ja wirklich… Nun, unser kleiner Sohn Jobst wurde vor zwei Tagen entführt; da kam gegen Abend dieser unheimliche, alte Kerl… er hatte lange Haare und Fingernägel und trug Widderhörner auf dem Kopf. Er legte fünf Dukaten auf den Tisch, sagte, das sei für unseren Sohn und zerrte ihn dann mit sich. Ich wollte ihn aufhalten, doch ich sprang wie wild umher… seitdem habe ich unseren Sohn nicht mehr gesehen. Nur ein Holzfäller sah ihn noch eine Meile südlich von hier. Würden Sie sich dessen annehmen?“
    Du denkst kurz nach und sprichst aus, was dir durch den Kopf fährt: „Für mich klingt es nach einem Druiden. Ich möchte nichts versprechen, aber ich werde ihn suchen und sehen, was ich für euch erreichen kann.“ – „Habt Dank… und mögen die Zwölfe Euch beistehen.“

    Du gehst. Du hast Zeit, denkst du dir, und warum solltest du nicht mal wieder etwas Heldenhaftes tun – mal etwas anderes als die Söldneraufträge und Jagten nach mehr persönlicher Macht. Das Wetter scheint auch gut, der Wald nicht wirklich gefährlich… was ist schon dabei? Du hältst inne, pflückst eine wunderschöne blaue Blume vom Wegesrand und steckst sie dir hinter dein Ohr. Das wird schon etwas werden.
    Pfade warten. Da ist eine Hütte. Da ist ein Bär, der auf dich zustürmt und den du mit einem Paralys in eine hübsche steinerne Statue verwandelst. Du gehst ans Fenster und kannst doch nichts darin erblicken, also trittst du ein… Fehler. Ganz dummer Fehler. Du stürzt ins Nichts, als dich der Boden verrät und dir eine verschwimmende Sicht das Bewusstsein raubt. Als du dich schließlich erhebst, ohne zu wissen, wie viel Zeit verging, liegst du im Gras, doch dein Gewand veränderte sich – statt deiner Rüstung trägst du nun lebendes Gewächs um dich herum. Du springst auf, wagst es jedoch nicht, es fortzureißen. Zum Glück ist dein Zauberstab noch dabei.
    Die endlos weite Graslandschaft fühlt sich für dich nicht echt an. Aufgeklebt wirkende Punkte bedecken den Himmel, während du dich in Richtung der einzigen Anomalie bewegst, die du ausmachen kannst: Einen Berg. Fuß geht vor Fuß, ganz einfach und automatisch, und du bewegst dich ohne jede Anstrengungen. Zwerge mit Flügeln flattern an dir vorbei und bewerfen dich mit Äxten, ehe du sie mit Zaubern verscheuchst. Der Berg wird immer sonderbarer, denn schon bald offenbart er sich dir als eine riesige Festung… und zwar nicht Andergast-Riesig und auch nicht Wehrheim-Riesig, sondern Riesig-Riesig… graue, schieferne Mauern, als sei es aus einem Fels herausgeschnitzt worden wie ein Nussknacker aus einem Ast, die bis in die schwarzen Wolken reichen. Ob es an der Magie liegt oder an verborgenen Blicken hinter den engen Schießscharten, kannst du nicht sagen, doch es fröstelt dir und du fühlst dich unweigerlich an den Bach erinnert. Im Schatten der Mauern, in dem die Sonnenwärme verschwindet, wird es nur noch kälter. Das schweinsäugliche Gesicht im Bronzetor spricht dich an, kaum dass du nahe genug herangetreten bist. „Wanderer, der du nicht die Wege der Luft beschreitest, dein Weg durch das Labyrinth wird dir nur Leid, Durst und Hunger bringen; schließlich wird sich der Tod deiner bemächtigen. Doch gebe ich jedem eine Möglichkeit, diesen Irrgarten der Täuschung zu durchschauen! Löse dieses Rätsel, teile mir die Antwort mit. Sei jedoch sicher, die richtige Antwort zu haben! Ansonsten bist du des Todes. Höre nun das Rätsel: Der es macht, der braucht es nicht, der es kauft, der will es nicht, der es braucht, der weiß es nicht. Was ist es?“
    Du blickst das Gesicht an. Langsam reicht es dir, denn bei all den Belastungen, die gerade auf dich warten, fehlt dir nun wirklich jede Lust, dich auch noch auf so einen Unsinn einzulassen. „Geh’ sterben!“, fauchst du das Tor an, reißt an der Klinke und trittst hindurch.
    Schwärze bleibt dir vor den Augen, bis du dich daran gewöhnst. Der Boden des Burginneren besteht aus feinem Sand, in dem die Knochen von Abenteurern liegen, denen es schlechter als dir erging, doch du tappst hinein in die Leere und fühlst dich plötzlich von Kerkergittern beengt. Was ist geschehen? Warst du doch zu vorschnell? Nein, stellst du fest, denn nicht du bist gefangen, sondern alles andere… und darunter auch ein alter Druide. Er liegt sterbend in seinem Dreck. „Der Junge... mein Zögling... Verantwortung. Rette ihn! Die Spinnenanbeter ... die Zwerge ... beim Baum! Falsche Richtung!“ Damit ergreift er dein Handgelenk und umklammert es. Er gibt etwas an dich weiter… aber gut, du bist hier fertig. Du drehst dich um und gehst einfach.
    Bei der Burg im Rücken inmitten der klaren grünen Ebene fühlst du dich besser, wenn auch nicht zufrieden, und diesmal gehst du schnurstracks in die andere Richtung – hin auf das Aufgeklebte, denn nur das kann ein riesiger Baum sein? Du bist so sehr auf die Umrisse fixiert, die du anstrebst, dass du gar nicht bemerkst, wie ein riesiges Untier mit Armen gleich einer Gottesanbeterin von drei Schritt Höhe vor dir aus dem Boden bricht. „Visibili“, rufst du und gehst einfach daran vorbei.
    Am Baum sammeln fliegende Zwerge allerlei Unrat und Gerümpel, um daraus ein Nest zu formen. Du siehst sie dir eine Weile an und entdeckst schließlich Jobst unter ihnen, weshalb du schnell handelst: Du rennst, solange deine Unsichtbarkeit noch währt, greifst den rothaarigen Jungen am Arm und machst dich auf. Hinter dir erheben sich zwar die Zwerge, als du ihre Kreise störst, doch dir macht es nichts aus und du rennst. Sie haben dich fast erreicht, als du durch den Boden brichst. Diesmal jedoch befindest du dich einfach nur unter den Wurzeln in einer Höhle, wo zwei katzenköpfige Spinnen auf dich warten. Sie krabbeln auf dich zu und diesmal denkst du dir, dass du deine Mächte sparen kannst, schwingst deinen Stab und schlägst zu, während du nur aus den Augenwinkeln bemerkst, wie die Flügelzwerge in Scharen durch das Loch brechen.

    Du erwachst auf einer Wiese, einen rothaarigen Knaben im Arm. Was zwischen dem Kampf und diesem Moment geschah, kannst du nicht mehr sagen, doch du weißt, dass du schon wirrer geträumt hast. Etwas geschah, das du nicht verstehst und – wenn du ehrlich bist – auch nicht verstehen musst, doch am Ende ging alles gut aus und das zählt. Eine Familie kam wieder zusammen… und du musst weiter nach Nostria.
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  7. #892
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    Nachbesprechung

    Lange... lange und qualvoll.

    Beginnen wir einfach mal bei dem Grund für meine (sicher im Text absolut durchscheinende) Genervtheit: Ich hatte das Abenteuer probegespielt, doch da eine Markierung schlecht gesetzt wurde, kannte ich den Hauptteil nicht und hatte keine Ahnung von dem Alice im Wunderland-Murks... nein, nicht dass die Geschichte wirklich schlecht wäre, doch in meine Erzählung passt sie an der Stelle nicht wirklich herein. Ich ging von einem unkomplizierten Rettungsabenteuer aus und hatte es mir auch gewünscht.
    Ich habe die Hälfte der seltsamen Begegnungen einfach rausgekürzt.

    Der andere Grund ist der: Freya ist eine Zauberin und das bedeutet zweierlei - sie wird niemals eine vernünftige Waffe und niemals eine vernünftige Rüstung besitzen. Setzt man ihr drei Banditen mit Lederpanzer und Kurzschwert in den Weg, so wird sie daran unweigerlich scheitern, wenn ich nicht zu irgendeinem Deus ex Machina-Zauber greife... und wenn ihr euch nun den Text durchlest, dann stellt ihr fest, dass es allein einen einzigen Kampf gab, in der ein solcher nicht angewandt wurde - bei den Spinnen. Die waren besiegbar. Sonst sah sie in diesem Abenteuer kein Land und hätte es auch nie sehen können.

    Kommen wir zu den direkten Nachwirkungen: Ich ignoriere ganz einfach mal ihr drittes magisches Schwert, die goldene Klinge "Greifenfeder" (ja, ihr merkt die aufsteigende Qualität), sacke die Heiltränke kommentarlos ein und bedanke mich für die beiden permanenten Lebenspunkte durch den Druiden.
    Ich ignoriere auch die Tatsache, dass eigentlich ihre Kleidung nun von einem feinen Laubmuster durchzogen ist, welches Naturvölkern imponiert. Dazu war ihre Kleidung einfach zu teuer.

    250, also 313, Abenteuerpunkte. Ich möchte sie für die Sonderfertigkeit "Rüstungsgewöhnung I: Gambeson" ausgeben, die ihr eigentlich genauso starkes neues Gewand eleganter wirken lässt, und muss noch einen Fehler ausbügeln: Freyas Stab ist mit Thorwalschen Runen verziert, doch kann sie diese nicht lesen. Ich nutze eine Hand voll Erfahrungspunkte, um diese Schrift auf einen Wert von 4 zu bringen; so kann sie zwar nicht flüssig lesen, jedoch weiß sie nun, was sie tut.
    Ihr Patzer bei der Wildnisleben-Probe beschert ihr eine spezielle Erfahrung, die ich gleich nutze. Ein einzigartiges Ritual führt auch in dieser Hinsicht zu Erkenntnis, weswegen ich den RK-Wert anhebe.
    Da nun punktetechnisch nichts mehr geht, hebe ich noch ihre Ausdauer um zwei Stufen an - ich spiele zwar eigentlich ohne sie, doch ich will ja auch nicht, dass sie mir gleich welcher Spielleiter um die Ohren haut (und außerdem sind diese Punkte genau wie Lebens- und Astralpunkte am Anfang noch sehr günstig).

    ps: An alle, die wissen wollen, was Freyas frische neue Panzerung kostete, es waren genau...

    Achtung Spoiler:
    268 Dukaten und 4 Silbertaler


    Zum Vergleich: Ein einfacher Gambeson kostet 4 Dukaten, ein einfaches Kleid davon ein Zwanzigstel... das Gezahlte entspricht ziemlich genau dem Wert einer Ritterrüstung.
    Geändert von Ghaldak (21. April 2011 um 17:35 Uhr)
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  8. #893
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    Neuntes Abenteuer

    So, eines erledigt, das nächste steht an. Ich werde vermutlich morgen früh damit beginnen, kann aber noch nicht versprechen, wie weit ich über Ostern komme. Was ich aber jetzt schon einmal tun kann, ist die Zusammenfassung.

    Was bisher geschah:
    Nachdem die Zauberin Freya das erste Jahr ihres Abenteuerlebens abschloss und am Ende sogar den Meisterkämpfer Corsaia kennenlernte, brachte ihr der Neujahrtag ein Schockerlebnis in Gestalt der Attentäterin Mineda: Diese überbrachte ihr zusammen mit einem Todesversprechen eine Nachricht ihrer Mutter, die sie nach Nostria führt und ihr ein Erbe verspricht. Während sie nun mit Corsaia einen Handel abschloss und diesen dafür gewann, ihre Mutter aus der Gefahrenzone herauszuholen, kommt sie der Nachricht nach und bricht auf nach Nordwesten.

    Wie ihr wisst: Ich halte mich ansonsten mit Erklärungen recht weit zurück, was aber nicht heißt, dass ich nicht gerne zweiseitige Monologe zu einem Thema verfasse. Wenn ihr also Fragen habt oder Erläuterungen wünscht, sprecht es aus.
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  9. #894
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    Freya in: Täuschung

    Bild

    “Liebste Firlina.

    Ich hoffe, es geht dir gut und du vergibst mir, dass ich im Trubel der Tage und wie ich denke auf deinen Wunsch nicht versuchte, dich schon vorher zu erreichen. Die Welt der hohen Herren ist etwas, was ich nicht verstehe, weshalb ich sie dir nicht erklären kann, doch an Travias Seite wird alles sicher gut enden. Der Grund für diesen Schrieb mag dich überraschen, profan wie er ist, und doch kann ich mich an niemanden mehr wenden:
    Mein Bruder Aedin Tsael ui Gwaihin, gebunden vor Travia mit einer Nostrierin, starb im letzten Jahr zu Nostria an der Blauen Keuche, und da Tsa ihm keine Kinder schenkte, bleibt niemand als ich, an den dessen Hinterlassenschaften fallen können. Ich jedoch kann in dieser ernsten Stunde Andergast nicht verlassen.
    Kann ich dich darum bitten, dich dieser Sache anzunehmen? Ich habe sonst niemanden.

    An die Herren in Nostria:
    Ich bevollmächtige die Tochter meines Gatten, Firlina di Arthuro-Galahan, in meinem Sinne hinsichtlich des Erbes meines Bruders Aedin Tsael ui Gwaihin zu entscheiden.

    Alles Liebe, Firlina, ich hoffe, wir sehen uns bald wieder.
    Madhlen Idra y’Arthuro, geborene ni Gwaihin“
    -- aus einem von einem von einem Straßenkind in Ragath gefundenen und versiegelten Brief


    „Grüß die Zwölfe.“
    „Grüß die Zwölfe, was kann ich für Euch tun?“
    „Ein Bier und am Besten ein paar Neuigkeiten. Ich verbrachte das letzte halbe Jahr in einem Nest.“
    „Dann seid Ihr hier richtig. Der erste Bericht gilt natürlich der Kaiserin. Wusstet Ihr, dass unsere Rohaja, Enkelin unseres Göttlichen Hals, als erste Dame auf dem Thron seit Tausend Jahren gekrönt wurde? Leider hat ihr schurkischer jüngerer Bruder in Almada diesen Schritt nachgemacht, weil er sich nicht damit abfinden konnte… ich hoffe nur, dass daraus kein Krieg erwächst so wie in Albernia.“
    „In Albernia herrscht Krieg?“
    „Ja, wusstet Ihr das nicht? Die Königin Invher wollte sich unserem Verweser Jast Gorsam aus den Nordmarken nicht beugen – was ich sehr gut verstehen kann – und landete deshalb unter Acht. Leider marschieren da die Truppen… aber sie können schon bald zum Stillstand kommen, denn unsere neue Kaiserin ist die Tochter von Invhers Schwester. Seid Ihr Albernierin?“
    „Ich habe dort für wenige Jahre gelebt, doch ich mag das Land.“
    „Ich dachte… bei Ihren Haaren.“
    „Die Farbe ist nicht echt.“
    „Ganz unter uns: Ich glaube ja, der Herr Königinnengatte übt da einen schlechten Einfluss aus, das ist ja dieser Kriegstreiber Romin. Wenn der wohl nicht Kuslik haben kann… und auch sonst nichts… will er wohl ein freies Albernia wollen.“
    „Romin Galahan, Sohn der Kusmina?“
    „Allerdings. Kennen Sie ihn?“
    „Als ich ihn das letzte Mal sah, war ich noch ein Kind. Ich gehöre zum Haus Galahan, musst du wissen.“
    „Mein Beileid… bei dem, was vor Vinsalt geschah.“
    „Warum, was…?“
    „Naja, nach dem Tod der Amene…“
    „Den Göttern sei’s gedankt.“
    „… zog Romin mit einer Flotte gegen Kuslik, nahm die Stadt ein…“
    „Jaaaaaa.“
    „… marschierte gegen Vinsalt und versiebte es dann auf die dilettantischste Art und Weise. Er verlor einige Kämpfe, kehrte dann mit einem Teil seiner Truppe nach Albernia zurück, um seine Gattin nicht fallen zu sehen und nahm die Auslöschung des Rests seiner Truppen hin. Es tut mir Leid, Fräulein, doch was von Eurem Haus noch lebt, das ist bis auf alle Zeit verfemt.“
    „Eine Schande. Ich hätte so gerne die Heimat wieder gesehen.“
    „Kann man nichts machen, doch unter uns: Gareth steht schon bald Vinsalt an Schönheit nichts mehr nach. Es braucht nur noch etwas Zeit, weil die Schäden der Schlacht über den Wolken…“
    „Bekomme ich noch ein Bier? Ich muss den Schock verdauen.“
    „Natürlich, Fräulein.“
    „Weißt du denn etwas über die Lage in Andergast? Ich habe gehört, da steht etwas an.“
    „Andergast? Nein, darüber hörte ich nichts. Nichts, seitdem die Thronfolger starben wie die Fliegen.“
    „Armer Efferdan.“
    „Genau.“
    „Ich nehme hier ein Zimmer. Können Sie mir sagen, wie ich morgen Gareth umgehen kann? Ich möchte nicht zuviel Zeit verlieren.“
    -- gehört in einem Rasthaus an der Reichsstraße VI nahe Gareth


    „Großmeister Sarpedon überbrachte durch eine Agentin einen Befehl: Die Magierin Freya di Arthuro-Galahan, die die Stadt Havena im Efferd passieren wird, sei zu erlegen. Ausdrücklich betont er aber durch fremden Mund, dass dies erst bei ihrem zweiten Besuch eintreffen solle, nicht schon bei ihrem ersten möglichen Aufenthalt in einigen Tagen.“
    -- Eintrag in einem an dunklem Ort gelagerten dunklen Buch


    „Es wurde gebetet, die Magierin Freya betreffend – Hofmusica der Kaisermutter Vesta di Baltari. Die Spende genügt den Ansprüchen, trotzdem mahnt Herr Boron zur Ruhe. Zuerst muss erfahren werden, ob die Kaiserinmutter selbst Kenntnis hiervon hat.“
    -- Interner Vermerk, in Punin nur für wenige Augen bestimmt


    „Magierin Freya betrat das aufständische Gebiet. Als lizenzierte Gildenmagierin gab es keinen Grund, ihr dies zu verweigern, und auch ihr Schwert blieb bei ihr, da sie den zuständigen Gardisten davon überzeugen konnte, der Codex Albyricus verbiete ihr nicht das Tragen einer standesgemäßen Waffe, sondern nur das Schwingen. Den Truppen sei Vorsicht geraten, denn sie ist eine gebürtige Galahan und mag als solche Ärger bedeuten.“
    -- Schnipsel aus dem großen Haufen entsorgter nordmärkischer Verwaltungsdokumente


    „Freya? Die kleine Firlina? Seltsam, da hört’ man so lange ihren Namen nicht und auf einmal… vor keinem Mond war sprach ich mit einer Dienerin über sie und erzählte ihr von Jannis und ihr. Was hat sie denn angestellt, dass ihr Befehl habt, sie bei Sichtung sofort zu erschießen?“
    -- Baderin Dittlinde im Gespräch mit einem Kunden von der Garde


    „Deshalb bete ich zu allen Göttern, die sich meiner annehmen wollen: Beschützt die kleine, tapfere Firlina. Verzeiht mir, ihr Hohen, was ich im Begriff bin, zu tun.“
    -- ein Gebet, gehört in der Andergaster Burg


    „Ja, ich werde den Winter wieder zu Hause in Grangor verbringen, bei Mutter und Katze. Da wartet auch eine Zauberin auf mich, die mir Briefe schreibt und mir ihre Liebe versichert. Ich mag sie ja auch – ich meine, wir sind gute Freunde – aber so? Jetzt weiß ich nicht, was ich mit ihr tun soll.“
    „…“
    „Sehr witzig. Ich wünschte, ich wüsste, was ich ihr sagen kann… oder schreiben, denn sie wartet schon seit einem halben Jahr auf einen Brief.“
    -- gehört in der Kriegerschule zu Neersand


    „Werte Herrin, bitte helft uns doch. Wir sind von blutrünstigen Orks überfallen worden. Ihr seht ehrbar und hilfsbereit aus, sie können noch nicht weit sein.“
    „Was…“
    „Meinen Vater haben sie getötet, es waren drei, wir hatten keinen Geleitschutz, da der Weg eigentlich sicher war… Mein Name ist Alrik und das ist meine Schwester Dana. Wir sind erst sechzehn Jahre alt und können uns nicht gut verteidigen; ich konnte die Orks gerade noch davon abhalten, meine Schwester zu schänden, doch unsere Wertsachen nahmen sie mit. Ich biete Ihnen die Hälfte des Geldes, wenn Sie die Orks töten. Ohne das Geld sind wir verloren.“
    „Ich bin nur eine Kampfmagierin, doch ich werde sehen…“
    „Macht Euch schnell auf den Weg, die Orks können noch nicht weit sein. Sie sind in westlicher Richtung in den kleinen Hain verschwunden.“
    „Gut, gut, ich bin schon unterwegs…“
    -- gehört in Albernia


    „Schon bald müsste sie hier eintreffen. Ich hoffe mal, Mineda versprach nicht zuviel; ich wünsche mir wirklich mal einen echten Gegner und kein hilfloses Opfer… und trotzdem wird sie zu Boden gehen, im besten Gareth-Stil. Ich hoffe, sie schreit und jammert dabei… das sind mir die Liebsten. Arme kleine Freya, von deiner eigenen Familie verraten, doch mache dir nichts draus, es geht für dich vorbei.“
    -- Selbstgespräch eines Magiers


    „Oooh. Karnickel gut.“
    „Aaah. Sehr gut.“
    „Oooh. Gut gefangen.“
    „Aaah. Gut gekocht.“
    „Tairach sicher stolz.“
    „Gravesh sicher auch.“
    „Was? Wer…?“
    „Ergebt euch, ihr Orks, oder spürt meinen Zorn.“
    „Bist lustig. Wir haben Säbel.“
    -- Unterbrochenes Tischgespräch zweier Orks


    „Wer bist du, rote Magierin, und welchen Weg schlägst du ein? Ich freue mich auf dich. Komme bitte noch vor ihm.“
    -- Selbstgespräch einer Elfe in Dela beim Betrachten einer Kristallkugel


    „Bitte, du uns nichts töten. Wir hier nur wohnen und kleiner Karnickel essen. Wir können Karnickel auch bezahlen, wenn es dein Karnickel war.“
    „Lass mal. Ich habe gehört, ihr habt hier eine Kutsche überfallen?“
    „Wir? Nie.“
    „Langsam glaube ich auch nicht daran. Miese Kerle. Kannst du deinen Freund versorgen?“
    „Huh?“
    „Lass mal, ich mache schon. Und wenn nächstes Mal eine Frau nur mit euch reden will, dann nehmt sie beim Wort, einverstanden?“
    -- gehört mitten in der Heide


    „Was hältst du eigentlich von Freya?“
    „Sie ist ängstlich, sehr gehemmt, hält sich immer zurück, auch wenn sie glaubt, das Chaos zu leben. Ich denke nicht, dass sie weiß, was sie will.“
    „Denkst du, sie kommt wieder?“
    „Wahrscheinlich, doch wahrscheinlich nicht mehr in diesem Jahr.“
    „Es ist so schön mit dir, Lilim, wenn du eine Magierin von Gewicht wärst, würde ich dich gar nicht mehr verlassen.“
    „Mach dir nichts draus, hier heißt es, Tsa zu leben. Hier herrscht immer ein Kommen und Gehen.“
    -- gehört zu Brig-Lo


    „Du bist echt eine blöde Kuh, Freya… Warum hast du es nicht mit einem Zauber geregelt, so wie sonst auch immer? Arrgh, ich hoffe wirklich, dass meine Kraft noch reicht, mich selbst zu heilen, nachdem ich mich um die Orks kümmerte. Danke, neue Rüstung… das tat trotzdem weh.“
    -- Geflüster in den Wind eines Rösleins auf der Heide


    „Was ist das? Hmm, ich sehe mal besser…Entschuldigung, wollte nicht stören… Auaaaa.“
    -- Gleiches Röslein, gleiche Heide, nur andere Stelle.


    „Ah, da sind Sie wieder. Sie sehen furchtbar aus. Haben das die Orks getan?“
    „Nein, das war… vergesst es. Ich frage mich nur: War an eurer Geschichte eigentlich auch ein einziges Wort wahr?“
    „Was meinen Sie?“
    „Ich meine gar nichts, doch der Ignisphaero in meinem Zauberstab flüstert mir zu, dass die Orks alles andere als gefährliche Banditen waren… und der kennt sich mit Menschen aus. Was also haben die Laiendarsteller zu dieser Bühnennummer zu sagen?“
    „Wir haben nur…“
    „Ja, ich habe mir wegen euch ein blaues Auge eingefangen, also: Höre ich da irgendeinen Grund, weswegen ich meinen Frust nicht an den dankbarsten Adressaten abliefern sollte?“
    „Na gut… also, wir wurden nicht überfallen und der Wagen liegt schon seit Jahren hier. Wir dachten nur, wir könnten Euch benutzen, um etwas Gold von den Orks zu ergaunern… aber wir sind wirklich sechzehn Jahre alt, also war wirklich nicht alles gelogen.“
    „Erzählt das der Garde. Mitkommen.“
    -- gehört in Albernia


    „Freya, ich hoffe, du hast gelernt, Vergangenes zu begraben. Sicher, du hast schon einmal deine Heimat aus fremden Klauen gerettet, doch diesmal ist alles anders. Denke neuer. Denke frischer. Auf alten Pfaden wirst du nur den Tod finden, wie ihn schon viele vor dir fanden.“
    -- Worte eines Fälschers aus Ragath

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  10. #895
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    Nachbesprechung

    Dieses Abenteuer war genauso kurz, wie es sich las, und ging damit angenehm schnell zu Ende. Zur Beuteverteilung:

    80 AP Grund * 1,25 + 10, weil sie die Thorwaler beim Liebesspiel störte + 10, weil sie die Orks verschonte. Macht zusammen 120. Das ist nicht viel, geht aber in Ordnung.

    Ich lege ihr endlich, um ihre Kampffähigkeit zu steigern, eine Spezialisierung ihres Stab-Kampftalents für Zauberstäbe zu und erhöhe ihren Wert beim Zauber Balsam um eins... und wenn ich jetzt noch nach dem letzten Abenteuer Sinnenschärfe steigere, bin ich auch schon am Ende meiner Punkte. Passt.

    ps: Ja, ich verwendete für sie einen Trench-Spruch.
    pps: Stufe 8.
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  11. #896
    Im Monsterland
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    Zweistellig

    Servus, Leute.

    Ich werde morgen wahrscheinlich mit dem nächsten Teil beginnen, wann ich ihn aber vervollständigen kann, vermag ich nicht zu versprechen. Ich erledige allerdings schon einmal die Vorbereitung... oder den Pflichtteil, wie man's nimmt.

    Was bisher geschah:
    Die Kampfmagierin Freya wird von der Attentäterin Mineda, die sie aus einer gemeinsamen Geschichte kennt, in Brig-Lo aufgesucht und nach Nostria gelockt, ohne zu wissen, welche und wie viele Stricke die Maraskanerin bereits spannte, und während sie den Krieger Corsaia in die Heimat schickte, erfährt sie wenig Beruhigendes: In zwei ihrer drei Heimaten marschieren Soldaten, nur in Andergast, woher Mineda kam, erscheint alles noch gespenstisch still.
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  12. #897
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    Freya in: Vogelfrei

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    Der Weg zur Grenze
    Kurz nach Alberias Grenze bestieg ich eine Kutsche und ließ mich für ein paar Münzen schnell durchs Land tragen, denn ein Fehler zwang mich zur Eile: Hatte ich noch an das Gesagte geglaubt, dass das große nostrische Ritterturnier unter Yolande in den Efferd verschoben wurde, damit die Streiter beider Reiche daran teilnehmen konnten, belehrte mich der Junker von Kyldenburgh eines Besseren: Dieser Plan wurde war lange besprochen, doch niemals umgesetzt. Ich konnte also nicht einfach bis Mitte Efferd die Zeit vertrödeln und mich dann in den Horden von Schauenden und Streitern in Sicherheit wähnen, sondern musste mich beeilen, um mit etwas Glück noch die letzten Tage zu erhaschen. Nahe Havena, nur einen Katzensprung von der Grenze entfernt, holte doch auch diesen meiner Pläne die Realität ein: Menschen flohen in Gruppen und Scharen nach Albernia, einem Kriegsland. Ich fragte nach und nachdem ich darauf verzichtete, mein Siegel vorzuzeigen, erhielt ich auch Antwort: Es herrschte Krieg. Andergast marschierte und hatte in zwei Schlachten den großen Feind an den Rand des Zusammenbruchs gebracht.
    Konnte dies ein Werk König Efferdans sein? Sicher nicht. Auch kam Mineda frisch aus Andergast… hier konnte ich nur das Schlimmste befürchten und auf das Beste hoffen. Sollte ich deshalb auch nach Nostria reisen, damit ich nicht in Andergast eingreifen konnte, oder verbargen sich dahinter andere Gründe… und sollte ich es denn tun? Ja, entschied ich nach kurzem Überlegen, denn was auch hier geschah, sah ich mir besser mit eigenen Augen an. Es würde nur alles schwieriger werden.
    Ein um meine Hand gewickeltes Stück Tuch verbirgt mein Siegel, dann fühle ich mich gleich sicherer. Verdammt, warum habe ich diese Infiltrationskurse nur so oft geschwänzt? Okay, ja, da wusste ich schon, dass ich niemals als Agentin in einem „generischen potentiell feindlichen Staat mit einer… sagen wir… Lage im Südwesten“ eingesetzt werden wollte und außerdem gab es da schon Jannis in meinem Leben… ach, mehr können die mir sicher auch nicht gesagt haben. Wenn mich jemand fragt, dann bin ich Freya ni Arthuro aus Albernia und das Rot meiner Haare ist echt... und zum Glück trage ich ja auch nicht mehr diesen in Andergast gefertigten Gambeson, der könnte auch auffallen. Soll ich vielleicht noch bei Dela vorbeigehen und die Elfe bitten, meine Sachen zu verwahren, damit ich nicht noch als Zauberin Aufmerksamkeit auf mich ziehe? Nein, dazu ist es nun zu spät. Blöder Stab, der sich nicht als Wanderstab vermitteln lässt, blödes eindeutiges Gildensiegel… wären Handschuhe eigentlich besser als dieser Notfallverband? Nein, keinesfalls, die wirken dann sehr schnell gewollt, vor allem bei meinem Gewand. Blöder Jannis, blöder Kurs, echt, saudumme Freya; da bleibt mir nichts als es zu riskieren und das Beste zu hoffen.

    Ich bezahle einen Bauern, der mich in aller Stille über die Grenze bringt: Da die Nostrier gerade zu beschäftigt damit sind, die Eindringlinge im Nordosten aufzuhalten, geschieht das ohne Probleme und ich weiß, dass ich nur den leichtesten Teil hinter mich brachte. Tage der Wildnis warten auf mich, in denen mein Proviant nicht reicht und mir in einem Bach meine Seife davonschwimmt. Ich freue mich also nach drei Tagen über die Taverne „Zum Wildschwein“ in einem nostrischen Vorort. Ein Bad, eine warme Mahlzeit, ein paar Bier und ein warmes Bett warten und es könnte alles so schön sein, wäre da nicht der betrunkene nostrische Söldner, der herüber zu meinem Tisch wankt. „Na, du dreggige Sau? Was schaust’n so? Willst du Schläge… oder sollen wir Schweinkram machen?“ Verdammt, ich muss ängstlicher wirken, als ich dachte, der Beutegeruch muss penetrant sein. Ich wundere mich selbst über meine Antwort: „Küss Boron, du Scheißkerl.“

    Auaaaa, verkneife ich mir zu sagen, als ich die Formschönheit des Kneipenbodens bewundere und nur der Wirt, der den Söldner vor die Tür setzt, mich vor Schlimmeren bewahrt (endlich einmal ein netter Mann), das blaue Auge wollte doch gerade wieder verschwinden. Mit dem guten Gefühl, die Ermahnung zur Vorsicht gerade noch zur rechten Zeit erhalten zu haben, erreiche ich Nostria am nächsten Tag zur Mittagszeit und: Was für ein Anblick. Die Stadt selbst kannte ich ja noch nicht, doch was ich in Andergast über sie hörte, spornte meine Phantasie an: Die Hauptstadt des alten Erzfeindes, zur Wendolyn-Zeit herausgeputzt, durch die Blaue Keuche gegen Ende meiner Akademiezeit zur Geisterstadt geworden, nun von einer Unzahl an Bewaffneten in ein künstliches Leben versetzt. Ich bemerke die Schützen mit ihren mannhohen Langbögen auf den Mauern spähen, das Aufgebot der in Nostria so zahlreichen Freibauern, während das, was von der Landbevölkerung verfügbar war, sich mit der Ausbesserung der alten, doch in den letzten Jahren verwahrlosten Stadtmauer beschäftigt, während die Stadtgarde jeden kontrolliert, der die Stadt betreten möchte – eine lange Schlange, in die ich mich einreihe, ist die Folge.
    Was geschieht hier? Die Nostrier bereiten sich auf einen Ansturm, doch nicht auf eine Belagerung vor: Das Andergaster Heer muss bereits recht nah herangerückt sein, doch da jedes Zeichen von Rittern auffällig fehlt, muss die Königin zusammen mit der Marschallin von Sappenstiel die Stadt verlassen haben, um das vordringende Heer auf den Weiten der Wiesen, einem für Andergaster ungewohnten Gelände, in einer offenen Feldschlacht zu schlagen. Warum ich das so genau einschätzen kann? Nun, ich schwänzte nicht alle Kurse, selbst mit Jannis nicht, und die Nostriaken wären sicher unangenehm überrascht, wenn sie erfahren würden, wie genau die Andergaster Kampfmagierakademie ihr Heereswesen kennt; schließlich arbeiten wir eng mit unseren Streitern zusammen.
    Am Ende der Schlange danke ich meiner Mutter im Stillen, dass die den Staat Andergast in keinem Wort erwähnte, kann bei Verweis auf meinen Stand auch mein Schwert behalten (zum Glück fragen sie nicht nach, denn sicher würde meine Argumentation sie nicht so ohne Weiteres überzeugen) und betrete, Phex für seinen Beistand dankend, die Stadt. Ich halte inne, denn es ist wahr: Nostria ist wunderschön.
    Ich lasse den Blick streifen, bewundere die breiten, gepflasterten und geraden Straßen, die so deutlich mehr meinen Erinnerungen an Kuslik denn dem Schlamm Andergasts gleichen, die hohen, backsteinbraunen Häuser mit ihren prachtvollen Fassaden und dabei die stillen Narben; Nostria schreit nicht und erschlägt einen nicht, sondern lädt zum Entdecken ein, ein still ausgesprochenes Angebot, von gesuchtem Glanz und traurigem Verfall zu lauschen. Ich wandere strikt auf das Zentrum zu, lasse den Blick schweifen und gebe mir das Versprechen, nach dem Krieg der Stadt einmal genügend Zeit zu widmen. Ich werde an meinem Ziel nicht fündig, doch irre ich auch nicht, denn da ich aus dem Süden komme und nach Norden muss, ging ich keinen Schritt zuviel: Ein Passant verweist mich auf die „Räuberhöhle“ auf dem Kasmyrinsplatz direkt an der Tommel, den ich nach einigen Irrungen (die Straßen sind zwar gerade, doch für Nichteinheimische kaum zu durchschauen – ein weiteres Angebot), auch finden kann: Allein die Inschrift über der Pforte und die kleinen, mit ihrem Messingglanz golden wirkenden Königsfiguren im Stein der Mauer lassen mich wissen, dass ich beim Nostrischen Uffiz richtig bin. Ich trete ein.
    „Sie wünschen?“ – „Ich bin wegen einer Erbgeschichte hier.“ – „Da müssen Sie zu Herrn Berlind; Zimmernummer 714. Das ist im dritten Stock auf der rechten Seite. Sie können Ziffern lesen?“ – „Natürlich.“ – „Gut. Nehmen Sie besser die linke Wendeltreppe – und bei der den zweiten Ausgang, davon nicht verwirren lassen. Mit der rechten kann es schwierig werden.“ – „Hmm, ja. Danke.“
    … „Die spinnen doch, die Nostrioten.“…
    „714, hmm…“ – „Herein?“ – „Herr Berlind?“ – „Nein, der sitzt in Zimmer 714, das ist Zimmer 71-4. Gehen Sie am Besten den Gang zurück, halten Sie sich halbrechts und betreten Sie das Treppenhaus… dort sollte sich zu dieser Stunde die Putzmagd Selinde aufhalten, die Sie zu zum richtigen Raum führen kann… außer natürlich, das Dach leckt mal wieder, doch ich sehe, Sie tragen festes Schuhwerk.“ – „Hmm, gut.“
    … „Verdammte Nostrioten.“…
    „Ja, das ist schon Zimmer 714, doch Herr Berlind trinkt gerade Tee mit den Herren von der Gutverwaltungsaufsichtbehörde. Versuchen Sie es dafür im zweiten Kellergeschoss, erreichbar mit den Treppen 4, 44 und 44-4. Nun entschuldigen Sie bitte, ich muss zu meiner Arbeit zurück, dieses Dach gibt einfach keine Ruhe.“
    … „Jaja, schon gut, ich mag die Nostrier. Die Stadt ist toll, die Leute sind toll und dieses Bauwerk ist auch toll. Darf ich nun endlich?“…
    „Die Gutsaufsicht? Nein, die hat seit der Praiosstunde geschlossen, das ist ein Privileg der Terrasten. Das weiß doch der Herr Berlind auch, komisch… der wird doch wohl nicht schon wieder der Empfangsdame nachstellen?“ – „Und wie komme ich zu der?“ – „Ich weiß nicht, ich bin noch neu hier. Fragen Sie am Besten einfach am Empfang nach.“
    … „Was mache ich eigentlich hier?“…
    „Ja, Moment…“ – „Ach, da habe ich vorhin also wirklich meinen Namen gehört. Ich dachte schon.“ – „Herr Berlind?“ – „Eben der. Wollen wir uns nicht zu den Schmarotzern der Zollaufsicht gehen und da einen Tee trinken? Die haben den besten.“ – „Nein, ich bin froh, an einer Stelle zu sein, von der aus ich wieder herausfinde. Ihr Keller ist aber einer…“ – „Allerdings, auf diesen sind wir richtig stolz. Er wurde immer weiter ausgebaut und inzwischen ist er wohl der längste derische Fluchtstollen und führt außerdem trockenen Fußes unter der Tommel durch… oder nassen Fußes in sie hinein, aber die Treppen sind eigentlich gekennzeichnet.“ – „Sehr schön.“ – „Was führt Sie denn nun zu uns?“ – „Ich komme wegen dem Tod des Bruders meiner Mutter, Aedin Tsael ui Gwaihin. Ich soll für sie das Erbe abholen… Moment… hier.“ – „Mein Beileid. Er war ein guter Mensch, ich kannte ihn sogar.“ – „Ich nicht. Ich hatte mit der Familie meiner Mutter nie viel zu tun.“ – „Schade, wirklich. Zanya, kannst du aus meinem Büro die passende Kassette holen? Aedin von Gwaihin.“ – „Mache ich. Kümmerst du dich solange um neue Besucher?“ – „Klar. Ich erzähle ihnen vom Keller, bis du wieder da bist.“…
    „Ich wünschte, ich könnte Ihnen etwas anbieten, doch der Eicheltee wird Ihren Erwartungen wirklich nicht entsprechen. Hatten Sie denn eine gute Reise?“ – „Weitestgehend, ja. Ich komme ganz frisch aus Brig-Lo. Da hat mich der Brief erreicht.“ – „Sie sind geeilt, um Nostria zu besuchen, solange es noch steht?“ – „Nicht wirklich, ich erfuhr erst kurz vor der Grenze davon… naja, vom Krieg. Steht es wirklich so schlimm?“ – „Wissen Sie, in meiner Position glaubt man den Augen mehr als den Ohren. Unsere Herren scheinen die Sache so zu sehen und hoffen jetzt auf ein Wunder vor der Hauptstadt wie die Garether einst beim Kampf gegen Fran. Ob es eintritt, wissen nur die Götter, doch eines weiß ich sicher: Wenn die Mauern brechen, dann wird es richtig hässlich werden. Den Andergastern kann man alle Scheußlichkeiten zutrauen.“ – „Meinen Sie?“ – „Natürlich. Nach über tausend Jahren.“
    Wenig später kehrt die Empfangsdame zurück und ich drehe mich zu ihr um, als ich ihre Spieglung in Berlinds Monokel erblicke. In ihrer Hand führt sie eine mit rotem Samt überzogene Schatulle, die sie auf den Tresen legt und unter Berlinds Aufsicht öffnet. „Ich verlese“, sagt der Beamte, „Ein Buch ‚Die Kunst des Kampfes’. Ein Zierdolch. Ein Lederbeutel, gefüllt mit 42 Dukaten.“ – „Entschuldige, hierin finden sich nur 34 Dukaten.“ – „Dann müssen meine Aufzeichnungen falsch sein. Ich wiederhole: Ein Beutel, gefüllt mit 34 Dukaten. Eine aus Ebenholz geschnitzte Figur eines Elefanten. Ein Silberring mit einem Smaragd. Das wäre alles. Ihre Unterschrift und die Bevollmächtigung bitte.“ Ich verkneife mir den Ärger und zeichne ab. „Brauchen Sie eine Bestätigung für Ihre Frau Mutter?“ Ich nicke – ein fünf Silbertaler teures Nicken. „Einen schönen Tag noch.“
    Als ich das Rathaus verlasse, brach der Nachmittag schon seit einigen Stunden herein und ich entscheide mich, den Tag in aller Ruhe ausklingen zu lassen, um morgen in aller Schnelle mit möglichst viel Sonnenlicht zu reisen. Dabei lockt der Nostrische Hof, das erste Hotel der Stadt, schön nah und sicher nicht mit Gardisten angefüllt… ein Gedanke, ein reizvoller Gedanke, ein Drängen und ein schließlich ein Zerren, bis ich nachgebe… und es hat ganz sicher nichts damit zu tun, dass ich gerade mehr Geld bei mir in der Tasche trage, denn das gehört ja eigentlich nicht mir und ich habe auch so genug. Es fühlt sich ungewohnt an, die wirklich edelsten Stufen zu beschreiten und dabei nicht mehr die mahnende Stimme zu hören, die an die Schulden aus der Akademiezeit erinnert, denn mit dem Verkauf meiner Heil- und Manatränke bin ich finanziell mehr als saniert. Für eine Nacht erwartet mich nun gutes Essen, weiches Zimmer und untertänigstes Personal, wie es den höchsten Gästen des Staates zusteht – und sogar ein Schneider, der sich der Schnitte in meinem Reisegewand annimmt, die die Orksäbel verursachten –, doch andere Stimmen verhindern die wahre Freude: Da ist die, die mich ermahnt, nicht mit dem Prassen anzufangen, und da ist die, die mir einen Artikel aus dem nostrischen Kurier vorliest:
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  13. #898
    Im Monsterland
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    Flüchtlinge vogelfrei

    Die Kaiserin von Nostria und sein Berater entschuldigen sich bei der Bevölkerung. Der Beschluss den sie vor 3 Wochen verkündeten ist keine Tyrannei sondern ein Schutz der Bevölkerung. Hier noch einmal ihr Beschluss: .Und so bleibe ein jeder Unfreie, eine jede Unfreie auf dem Land, an das er oder sie gebunden ist. Nicht Wetter noch Naturgewalt, nicht Krieg noch Vernichtung können einen Menschen von seinem vor Praios dem Götterfürsten geschworenen Eid entbinden. Leibeigene, die das 12. Lebensjahr erreicht haben, mögen sich unverzüglich und direkt bei ihrem Lehnsherren oder ihrer Lehnsherrin melden. Dort werden sie in Landwehren eingeteilt, die dem Aufrechterhalten von Recht und Ordnung dienen. Wer sich seinem vor Praios geschworenen Eid widersetzt und widerrechtlich seine Heimatstadt in einem Umkreis von 30 Meilen verlässt, gilt als vogelfrei.
    Der Adel sei aus all diesen Gründen aufgefordert, seinen rechtmäßig auf Reisen befindlichen Eigenleuten gültige Papiere mitzugeben. Wer ohne gültige Dokumente aufgegriffen wird gilt fürderhin als vogelfrei. Kein Freier oder Unfreier darf ihm Obhut
    gewähren noch die Flucht erleichtern. Wer dies trotzdem tut, gilt ebenfalls als vogelfrei.
    Allein durch Gehorsam und Pflichterfüllung können wir Menschen in dieser harten Zeit überleben.
    Verfasst vom kaiserlichen Berater


    Die haben den Verstand verloren, fährt es mir durch den Kopf, die Nostrier müssen wirklich vor dem Kollaps stehen. Das ist Irrsinn, ebenso wie diese Rangerhöhung zur Kaiserin, und wenn das wahr ist… ja, dann wird meine Reise wieder schwieriger. Ich spreche mit den Dienern des Hotels und die nicken: Es ist kein Witz. Der Stadt ist auch im medizinischen Sinne irregeworden.
    … Was werden sie dann mit einer Andergaster Kampfmagierin machen, wenn sie sie finden, fährt es mir durch den Sinn. Das ist nicht gut. Ich muss hier weg. Ade, Nostria, du schöne Stadt… ich gehe lieber noch einkaufen, denn immerhin benötige ich noch Vorräte. Dann verlasse ich diesen Ort und halte mich wieder südlich. Ich habe eben den Ort mit dem netten Wirt hinter mir gelassen und wandere auf dunklen Pfaden durch den Wald, als ich eine penetrante Stimme vernehme: „Heda, Fräulein. Habt Ihr ein paar Münzen, die Ihr entbehren könnt?“ Ich kann mein Erschrecken soweit zügeln, dass ich nicht vom Baumstamm falle, den ich gerade überklettern muss, doch bei den auf mich zielenden gespannten Bögen hält sich meine Freude darüber in Grenzen: Drei Wegelagerer vor mir, vier – wie mir ein kurzer Blick verrät – hinter mir, da hilft mir auch kein Ignisphaero. „Ein paar schon, aber auch ein paar Zauber. An wie viele denkt Ihr denn?“ Der Sprecher, ein Wieselgesicht, grinst spitzbübisch: „Wie bei einer Brücke: Zwei Gold für jedes Bein… und für jeden Arm… und eines für jeden Finger. Das macht zusammen zwanzig – oh, verzeiht, wir dummen Bauern vermögen ja nicht zu rechnen.“ Zwanzig Dukaten für eine Passage bei einer Zauberin? Das ist… ach, zu bezahlen. Ich greife langsam in meine Tasche, ziehe den ererbten und durch den Hotelaufenthalt spürbar leichter gewordenen Beutel heraus und werfe ihn ihnen zu. Das Grinsen wird breiter: „Habt Dank für die milde Gabe, Fräulein, doch habt Ihr auch an den Tempelzehnt gedacht? Ich wüsste da eine Möglichkeit… Ihr gehört doch zur Rahjakirche, nicht wahr?“ – „Ja, zu den Säbeltänzern. Ignisph…“ In diesem Moment erstarre ich, weil alles in Bewegung gerät: Der Anführer wird von einem Pfeil getroffen und sein Kopf zerrissen, in einem Hagel sterben auch seine Getreuen vor mir, während mir ein Gurgeln verrät, dass es den Schurken in meinem Rücken nicht besser ergeht. Ich steige schnell vom Baum und greife nach meinem im Dreck liegenden Beutel. Was auch kommt, das ist meins.
    „Ja, wen haben wir denn da? Erhebt Euch doch.“ – „Corsaia?“, frage ich, doch als ich mich erhebe, merke ich, dass ich falsch lag: Ich erblicke sechs Männern in langen grünen Mänteln, die sich mit Kurzschwert und Bogen der Banditen entledigten und nun sichergehen, dass sie alle tot sind. „Habt keine Angst“, sagt einer von ihnen mit einer angenehmen Stimme, „Es wird alles gut werden.“ Ich verhindere nicht, dass er sich mir nähert und denke noch, dass er mein Haar bloß von Zweigen befreien möchte, bis er die Augenbinde zuzieht. Ich schreie auf, doch lasse zu, dass sie mich für eine knappe Stunde durch den Wald führen. Als ich das Augenlicht zurückbekomme, befinde ich mich mitten in einer Siedlung mit einem Dutzend in den Wipfeln verborgenen Baumhäuser, aus deren Höhen mit einige Männer und Frauen kurz zuwinken. „Willkommen in der Stadt der Freiheit“, spricht der Anführer zu mir, dessen langes blondes Haar, dessen ebenmäßige Züge, die tiefblauen Augen und der noch im Wachsen begriffene Schnurrbart mir ebenso imponieren, „Na, gefällt sie dir? Erlebe sie erst einmal von innen und komme mit ins Haupthaus.“ Es folgt eine kurze Kletterpartie über eine Strickleiter, die mich sehr bald in eine Hütte in den Höhen führt. Fasziniert betrachte ich das Schnitzwerk in den Wänden, diese einzige Verzierung mit Firun, Phex, Praios und Ingerimm über Jägerszenen, während der Anführer erzählt: „Verzeiht mir den rauen Weg, doch ich bin sicher, auch Sie verstehen die Gründe. Nach den letzten Jahren… und ganz besonders nach meiner eigenen Geschichte… möchten wir unsere Freiheit nicht wieder verlieren. Ingvalion Kasparbald Kasmyrin mein Name, Prinz und rechtmäßiger Herrscher zu Nostria, hätten nicht die drei Jahre in einem dunklen Verließ der Marschallin zu Sappenstiel die Geschichte von mir ferngehalten. Das Glück war mir hold, als Räuber auf meinem Weg zur Hinrichtung für Tumult sorgte, doch was ich vorher erfuhr, brachte mich dazu, nicht an das andere Ende der Welt zu fliehen. Am Abend vor den Ereignissen kam die Marschallin Rondriane von Sappenstiel selbst an mein Kerkerloch und lachte: Ich solle noch wissen, was um mich herum geschähe, spottete sie, denn nun sei sie meiner überdrüssig. In Andergast erheben sich Aufrührer, mit denen sie Kontakt aufnahm, und wenn sich die Bürger in Nostria scharen und den Heeren des Feindes nach Nordosten geschleift werden, würde damit auch die Königin verschwinden und allein sie könne herrschen. Dann weichten zwei Königreiche vor der Macht des Schwertes. Allein, zu ihrem Unglück überlebte ich und werde nun alles tun, damit dies nicht eintritt. Ich werde meine Verwandte retten, die Verräterin der Krone stürzen und mein Land von den Andergastern säubern und Ihr… Ihr seid eine Magierin, doch keine der Dualisten mit den strahlend weißen Roben. Ich habe Euch gerettet und bewunderte Euren Mut bei Eurer Unterlegenheit. Wollt Ihr Euch mir anschließen?“
    Diese ehrlichen blauen Augen… nein. Nein, verdammt. Denke nach. Efferdan wurde gestürzt oder sitzt in der Patsche, Yolande erwartet etwas ähnliches und irgendeine Gruppe, zu der Mineda gehört, wird sich erheben… nein, das kann ich nicht zulassen. Für Efferdan, für Andergast, für einen neuen Frieden – selbst bei Verzicht auf einen Sieg. „Firlina di Arthuro-Galahan, Verwandte des Königs Efferdan, Kampfmagierin zu Andergast. Wenn es Euch nicht stört…“ – „Wie sollte es, das ist wundervoll. Lasst uns gemeinsam für den Frieden zwischen unseren Landen eintreten, die durch den Krieg so viel verloren.“ Ich nicke. Ja, er spricht mir aus der Seele. „Komm zu mir, Bürgerin der Stadt der Freiheit.“ Er beugt sich herüber, um mich zu küssen, geschickte Lippen, verdammt schweigsamer und sich niemals meldender Rufus und… „Nein“, sage ich. Schweren Herzens schlucke ich den kessen Spruch herunter, der eigentlich schon auf meinen Lippen lag, bringe ihn auf Abstand und bitte um ein Quartier. Im letzten Augenblick warnte mich eine innere Stimme, die nicht Rufus gehörte, sondern… ich weiß es nicht. Vielleicht erinnert er mich zu sehr an einen zehn Jahre jüngeren Corsaia. „Wie du willst“, sagt er mir einer unterdrückten Wut, die mich mein Stimmchen loben lässt, „Dann mache dir in der Nacht Gedanken darüber, wie wir mit dem Rest dieser Banditen fertig werden, denn für unseren Freiheitskampf brauchen wir den ganzen Wald für uns.“
    Der Morgen dämmert viel zu früh und ich weiß, dass ich nun nicht mehr zurück kann. Kasparbalds Lächeln kehrte zurück und ohne jeden Makel in seiner Freundlichkeit frühstückt er mit mir. Ich merke sehr schnell, dass es im Lager außer mir keinen Zauberer gibt und wundere mich doch, wie schnell die Freiheitskämpfer mich bei dem Prinzen an der Spitze akzeptieren. Ich spreche aus, woran ich in der Nacht dachte und fühle mich zugleich mit jedem Wort schmutzig: „Ich würde erforschen, wo deren Lager liegt, und sie dann mit einem Feuerkreis ausräuchern. Bei dem ausbrechenden Chaos wären sie leichte Beute für Eure Pfeile.“ Kasparbald hört mir aufmerksam zu und nickt, doch mich beschleicht der Verdacht, dass ihm wohl jeder meiner Pläne gefallen hätte. Streiter bereiten sich vor, während wir unser Mahl beenden, und ich spreche es aus: „Mein Prinz, bei all meinen Erlebnissen blieb ich eine Abenteurerin und wurde nie zur Mörderin. Es gefällt mir nicht, nun gegen sie vorzugehen. Gibt es keinen Weg, sie zu überzeugen?“ – „Ich fürchte nicht. Glaubt mir, ich empfinde ähnlich, doch Ihr habt sie erlebt. Was hätten sie mit Euch angestellt, wären wir nicht eingeschritten? Es wäre zum Kampf gekommen und Menschen wären gestorben. Wenn Ihr jedoch mögt, dann bleibt hier im Lager und bewahrt Eure Kräfte. Ich bin sicher, die Männer werden es verstehen, wenn ich Euch zur Bewachung des Dorfes einteile.“ Er meint es ernst, das sehe ich, und mich verlässt der Mut. „Ja, bitte“, sage ich und fühle mich elend.
    Kurz vor Mittag rücken sie aus, weshalb ich in einer Geisterstadt zurückbleibe. Ich hänge den Gedanken nach, klammere mich manchmal an meine „Wache schieben“-Aufgabe, ehe ich einsehe, dass ich mich selbst belüge und mit der Strickleiter von Hütte auf Boden oder andersherum wechsele. Was mache ich eigentlich hier? Hat dieser ganze Kampf denn überhaupt etwas mit mir zu tun? Oder besser: Spielt Mineda da etwa mit rein? Sie steht, soviel ist sicher, auf der Seite der Aufständischen und damit auf der der Marschallin von Sappenstiel... oder? Das ist es, was das Stimmchen meinte und was mich stört: Der Marschallin entgleitet zufälligerweise ein wichtiger Gefangener und die wohl beste Meuchlerin in diesen Gefilden lässt es geschehen… das passt nicht. Mineda will, dass er lebt, und wahrscheinlich wollte sie mich auch mit ihm zusammenbringen. Da stellt sich die Frage: Wozu? Was nützen Kämpfer für die alte Ordnung einer Aufständischen… oder ist sie das gar nicht? An dieser Stelle musst du das Handtuch werfen und die Rauchsäulen am fernen Horizont betrachten: Du kannst dem Prinzen nicht pauschal vertrauen, ebenso wenig wie du es bei Mineda oder der Marschallin kannst. Solange du aber nicht weißt, wer auf welcher Seite steht, kannst du nur eines tun: Du kannst und musst verhindern, dass sich die Dinge schnell entwickeln, denn nur die Zeit verschafft dir Klarheit. Es geht alles so furchtbar schnell.
    Glückliche Menschen kehren zurück und reißen mich aus meinen Gedanken: Die Banditen wurden ausgelöscht, doch von uns starb kein Einziger und nachdem ich mich von meinen Schuldgefühlen anstecken ließ und mit meiner Kraft die Verwundeten versorgte, ließen sie mich doppelt hochleben: Als Taktikerin und als Heilerin. Ein großes Fest schließt sich an und ich bin Kasparbald dankbar, als er mich zu sich bittet – die Menge begann schon, mich als neue Königin zu feiern. (Von Andergast? Von Nostria? Beide Gedanken gefallen mir nicht.) „Freya, es ist vollbracht, doch lass uns die Form wahren: Gab es irgendwelche besonderen Vorkommnisse?“ Ich schüttele den Kopf und setzte mich zu ihn, zwei verlorene Gestalten am Boden der Anführerhütte, während von draußen die Geräusche dringen. „Nein, mein Prinz, die Abwesenheit der Kämpfer wurde nicht genutzt.“ – „Dann lassen wir uns nun ihre Anwesenheit vergessen. Sie sind fröhlich, denn sie hätten alle tot sein können, und sie danken Boron für den neuen Tag. Verstehst du das?“ – „Natürlich. Auch ich war schon in ausweglosen und gefährlichen Situationen.“ – „Auge im Auge mit dem Tod und das für eine längere Zeit? Ich weiß nicht, ob ich dir das glauben kann.“ Ich gebe mich geschlagen. „Da habt Ihr auch Recht. Ich kenne die Gefahr sehr gut, doch bislang verflog sie immer nach einigen Tagen. In langfristigen Kämpfen…“ – „Wir können morgen alle sterben.“ – „Was?“
    Vorsichtig greift Kasparbald nach meiner Hand. „Der große Schlag steht an, Freya, früher als irgendjemand hätte vermuten können. Wir werden uns in Fässern verbergen und uns als Weinhändler verkleidet in das Feldlager schleichen, ehe dann die Männer aus den Fässern springen und die Marschallin töten. Es kann mich töten, es kann dich töten, doch solange Yolande lebt, wird das Gute triumphieren. Bist du bereit, zusammen mit mir dein Leben zu riskieren?“ Er will ‚verlieren’ sagen, das weiß er und das weiß ich. Das ist furchtbar und doch hat er Recht. Ich sehe in seine Augen, diese Meere, und weiß, dass er dazu bereit ist. Bin ich es auch? Nein, verdammt noch mal, aber es bleibt uns nichts übrig, wenn wir das Böse nicht gewinnen lassen wollen. Ich darf jetzt nicht mehr denken, ich muss meinen Gefühlen vertrauen und auf das Beste hoffen.
    Nein, sagt mein Herz, halt. Ja, mein Prinz, ich weiß, wie du dir das jetzt und den Rest des Abends vorgestellt hast, doch das wird nichts werden. Ich bin nicht deine Gefolgsfrau, sondern eine reisende Magierin, die hier darauf aufpasst, dass am Ende nicht die Maraskanerin lachend aus dem Gebüsch hüpft. Ich werde nicht unter dir dienen und sicher auch nicht unter dir liegen. „Ich komme mit, doch ich möchte, dass du etwas weißt: Es gibt schon einen Mann in meinem Leben und ich bin treu.“ – „So?“ – „Ja, er heißt Rufus und lässt sich im Bornland zu einem Krieger ausbilden. In einem Jahr wird er fertig sein und dann wollen wir zusammen Abenteuer bestreiten.“ – „Ein glücklicher Mann. Weißt du, ich bin früher selbst oft auf Reisen gewesen, ließ das Prinzenleben in Nostria zurück und bereiste unerkannt das Land, Salza, Havena, sogar nach Andergast. Ich lernte viele wichtige Leute kennen, vergnügte mich mit Frauen… ja, zu meiner Schande, mit einigen… und hörte Kriegern und Zauberern zu, wenn sie ihre Geschichten erzählten. Ich begleitete Händler und wollte wirkliche Abenteuer erleben, doch so sehr ich auch suchte, wollte mir Aves diesen Wunsch nicht erfüllen. Ich zog mein Rapier nie im Kampf. So gesehen beneide ich nicht nur deinen Mann, sondern auch dich. Was hast du denn schon erlebt?“ Die Frage kannte ich und wenn sie mir von jemandem gestellt wurde, den ich mochte, erzählte ich gerne von Kurkum. Diesmal lag mir eine andere Erinnerung näher und ich wechselte die Geschichte. Prinz Kasparbald war nicht irgendwer. „Ich wurde mal auf einer Burg in einen Mordfall verwickelt, da kannte ich Rufus noch nicht lange. Wir retteten die Tochter, wurden von dem Baron eingeladen und erlebten dann eine Bluttat mit. Wir suchten lange, doch war das Ergebnis schockierend: Der Baron wurde schon vor einer langen Zeit von einem Gestaltwandler ersetzt, der nun dessen aufgab und Rufus’ annahm. Er konnte mich täuschen und um ein Haar wäre alles verloren gewesen; es war der echte Rufus, der mich rettete, und des Monsters Überheblichkeit.“ Der Prinz hört mir zu, ein angenehmer Genosse. „Ich weiß“, sagt er, als ich nichts mehr anfügen möchte, „wie es ist, wenn die Menschen, denen man vertraut, sich gegen einen wenden; so war es auch bei Rondriane. Ich kenne sie, seit ich ein Kind war, wir haben oft zusammen gespielt und später gefochten und wenn ich Liebeskummer hatte, dann konnte ich zu ihr kommen und fand Rat oder Trost. Hätte man mich gefragt, ob ich ihr zutrauen würde, dass sie mich bei günstigster Gelegenheit festsetzt, unter Tage einsperrt und am Ende zu töten bereit ist, dann hätte ich das klar verneint, selbst eine Woche noch nach meiner Verhaftung. Ich dachte so lange, sie sei so edel, weil sie Nostria jederzeit hätte erobern können, doch es nicht tat, und nun verstehe ich, dass sie nur darauf wartete, es ohne Bürgerkrieg zu tun. So geht das Idol meiner Kindheit. Rondriane…“ – „Romin…“, füge ich seufzend hinzu. Er legt seinen Arm um mich, was ich zulasse und genieße. So weit darf er gehen.
    Am nächsten Morgen sind wir schnell bereit: Ein Wagen, am Abend geleerte Fässer, ein Pferd und vier todesmutige Männer, Gerion, Ugdalf, Pagol und Fingorn. Alles wartet auf Kasparbald, der zu spät erscheint und dessen roten Ringe unter den Augen davon künden, dass er nach meinem Rückzug noch mit einer Flasche Wein und den Göttern an den Wänden auf seine Heldentaten anstieß. Unwillig nimmt er die Händlerkluft entgegen, die genauso wie mir gereicht wird, und nur ungern lasse ich Stab und teures Gewand im Lager zurück. Bald schon muss ich merken, dass der Prinz der Klügere von uns beiden war, denn während ich den Wagen lenke und nervös auf jede Kleinigkeit achte, schläft er. Nichts passiert, doch die Fahrt zieht sich. Werde ich so auch einmal Boron entgegenreisen?
    Die Marschallin besitzt ein Landgut nahe der Front, wohin uns der Weg führt. Wir sehen die Bauern auf den Äckern und lassen sie links liegen, zielen das Herrenhaus an und werden von den Wachen aufgehalten. „Was wollt ihr?“ Klingt meine kusliksche Zunge noch überzeugend? Das heißt es, zu probieren. „Wir sind Weinhändler und bieten das edelste Blut der Reben dem edelsten Blut des Landes. Ist euer Herr da?“ – „Lasst sie passieren, ich nehme mich ihrer an. Händlerin, Ihr müsst weit gereist sein, und wenn Ihr es wert seid, so will ich Ehre mit Ehre vergelten. Zeigt, was Ihr habt.“ Das ist sie, Rondriane von Sappenstiel. Schwarze, ergrauende Haare in einem Pagenschnitt, blassblaue Augen und ein Wappenrock… und exakt die gleichen Züge wie auf dem Bild in der Akademie. Ich zucke zusammen und danke es Kasparbald, der das Kommando übernimmt: „Jetzt.“
    Das Getümmel entwickelt sich so schnell, dass man kaum nachkommt. Was sich mir an Wachen in den Weg stellt, das versteinere ich einfach, denn wenn diese erwachen, dann sind wir längst weg. Keuchend sitze ich schließlich in dem holpernden Wagen und weiß gar nicht mehr, was geschah, doch die heitere Stimmung meiner Gefährten lässt mich etwas ahnen: Wir waren erfolgreich. Das ist… erleichternd, weniger schlimm als befürchtet und irgendwie… seltsam, unwirklich.
    Eine weitere Feier lasse ich mit Kasparbald in luftiger Höhe sitzend an mir vorbeigehen, während wir uns unterhalten. „Ich ziehe weiter“, sage ich, um die Last von meinem Herzen zu nehmen, und der Prinz nickt: Er wusste es bereits. „Was wird nun geschehen?“ – „Die Andergaster stehen noch vor Nostria, das gilt es aufzuhalten, doch wenn unsere Streitmacht nicht von einer Verräterin befehligt wird, können wir diese Schlacht sogar gewinnen. Ich werde schon bald nach Nordwesten aufbrechen, doch dann nicht als Attentäter, sondern als Prinz, und die Andergarstigen werden laufen, wenn sich Nostria aus den Fluten erhebt.“ Ich schüttele den Kopf. „Nicht die Andergaster, sondern die Aufständischen. Ich werde nämlich ebenfalls laufen… und zwar nach Norden, um auch dort alles in Ordnung zu bringen.“ – „Das wirst du schaffen, denn die Götter werden dir beistehen. Danke, Freya.“ – „Mein Prinz.“ – „Doch ehe du uns verlässt, möchte ich dir etwas schenken. Dies hier, diese Flöte, schnitzte ich selbst während meiner Jahre im Kerker. Nimm sie und trage damit mein Lied auch in nördliches unterdrücktes Land.“ – „Habt Dank, ich habe auch etwas für Euch, nämlich… ähhm… diese Ebenholzfigur gehörte zu dem Erbe, das mich erst hierher führte, und ich denke, meine Mutter legt auch keinen so großen Wert auf sie. Stelle sie auf deinen Kamin, denn ich kann jetzt nichts von Elefanten erzählen.“ – „Das macht nichts. Das musst du nicht. Gehe zurück in dein Land und rette die Anständigen und bist du dann deines Kriegers überflüssig, kehre zu mir zurück. Du weißt, dass ich dich will.“ Das trifft. „Danke, ich… ähhm… fühle mich… ähhm… geehrt.“ – „Als Hofzauberin“, rettet er sich und mich, „als Hofzauberin natürlich.“ – „Alrik?“ – „Ja?“ – „Was?“ – „Ähhm, nein.“ – „Häh?“ – „Ich meine, möchtest du ein Glas Wein? Ich hab’ noch guten.“ – „Liebfeldischen?“ – „Nein, nur Almadischen. Ein echter Pichelstein.“ – „Das ist keine Auszeichnung.“ – „Hier schon.“ – „Nämlich, wo ich herkomme, serviert man einer Dame nur dann einen Pichelstein, wenn man sie loswerden will.“ – „Du möchtest doch gehen, nicht?“ Er lacht und ich lache und der blöde Rufus weiß gar nicht, wie viel ich für ihn erleide.
    Am nächsten Tag breche ich auf, zurück nach Süden. Ich will in Albernia rasten, um von dort meiner Mutter zu schreiben und vielleicht den Weg nach Grangor abzukürzen. Was auch immer Minedas Plan war und ob er aufging, kann ich nicht sagen, doch ich kenne mein nächstes Ziel: Ich werde ihre Warnung in den Wind schlagen und mich dieses Staates selbst annehmen. Die Elfe von Dela, dann Corsaia, Überwintern in Grangor und dann, wenn ich weiß, wie es steht, zurück zum Ursprung. Das ist doch ein Plan.
    Geändert von Ghaldak (27. August 2011 um 00:02 Uhr)
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  14. #899
    Im Monsterland
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    Am Ende von Nummer 10

    Ja, ihr könntet es gemerkt haben: Ich habe meine ganze Kampagne (oder zumindest die Eröffnung) auf dieses Abenteuer aufgebaut. Dazu reizt allein schon die Eröffnung: „Dein Held zieht es nach Nostria, während die Andergaster marschieren.“ Mit anderen Worten: Die Prämisse ist für Freya eigentlich so ungeeignet, dass ich eine Möglichkeit finden muss, sie wahr zu machen.
    Da ich das Abenteuer aber nur bis zum Auftauchen der Räuber gelesen hatte, wurde ich später etwas freier. Ausgiebiger kommentiere ich das aber nur auf Anfrage.

    Zur Belohnung: 200 AP, da die Edition passt, wird da nicht rummultipliziert, doch ehe ich sie ausgebe, wende ich mich dem Buch zu, welches ein beliebiges Kampftalent um zwei Punkte steigert (und zwar ganz direkt und ohne Umwandlung in Spezielle Erfahrungen, da die Edition passt). Ich hatte hier eigentlich anderes gehofft, doch wieder einmal zündete eine Fähigkeit nicht.
    Ich möchte nun diese Punkte nutzen, um gemäß 4.1-Regeln den Nachteil „Vorurteile: Nostrier“, den ich eigentlich nicht mag und nur durch die Akademie aufgedrückt bekam, um 2 Punkte zu senken. Ich muss auch noch einen weiteren Fehler ausbügeln, denn bei ihrer Überarbeitung vergaß ich den Vorteil „Ortkenntnis: Andergast (Stadt)“. Den kaufe ich nun dazu, wodurch die 200 Punkte wieder genau verschwinden.
    Schade, doch diesmal ging es schnell.
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  15. #900
    Im Monsterland
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    Staffelhalbzeit

    Drei Abenteuer vergingen, doch für Freya blieb unter dem Strich wenig übrig: Sie erwarb eine nutzlose Sonderfähigkeit, eine nutzlose Gabe und baute zwei Punkte eines nutzlosen Nachteils ab - da blieb eigentlich kein Raum mehr für große Sprünge. Es geht wohl erst einmal auch nicht anders weiter, denn diese Staffel steht wirklich unter keinem magischen Stern. Andererseits werden auch die Punkte teurer - für die gleiche Zahl an Abenteuerpunkten bemerkt man weniger Verbesserung. Auch das ist Fakt und tut sicher weh. Sie wächst nicht mehr so spürbar.

    Schlage ich den Bogen: Was bisher geschah.
    Krieg bricht aus, als sich eine Verschwörergruppe losschlägt, die die alte Feindschaft zwischen Andergast und Nostria nutzen möchte, um die Macht über beide Staaten zu erlangen - Teil davon ist die Attentäterin Mineda, die die Kampfmagierin Freya dazu bringt, nach Nostria zu reisen, wo sie erst ein Erbe antritt und schließlich auf Prinz Kasparbald von Nostria und die von ihm geführte Rebellentruppe trifft, der sie sich anschließt; gemeinsam mit ihm verübt sie ein Attentat auf die nostrische Heeresführerin Rondriane von Sappenstiel. Der Staub legte sich noch nicht, da bricht sie wieder auf, um im albernischen Örtchen Dela auf Corsaia zu treffen und hoffentlich dort ihre Mutter zu treffen.

    Soviel zum Hintergrund, doch wann ich wieder schreiben kann, steht in den Sternen (das kann ich nur an bei mir so rar gewordenen freien Tagen). Es geht weiter, das ist sicher, doch rechnet nicht mit einem festen Termin.
    Geändert von Ghaldak (27. August 2011 um 00:02 Uhr)
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