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Thema: Schatten über dem Steinkreis

  1. #76
    anarchische Grünhaut Avatar von Kermit
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    Schon als Valerius in den Flügel einbog, der ihre Unterkunft beherbergte, kam ihm Saturnius aufgeregt entgegen. Er zog Aulus in einen behaglichen kleinen Leseraum, eine Gäste-Bibliothek sozusagen. Abgesehen von ihnen war niemand hier.
    „Ich war beim Papst!“
    Aulus seufzte. Diese religiöse Begeisterung würde er wohl nie verstehen.
    „Er war sehr interessiert an dieser Geschichte von der Himmelsschale. Wir haben zusammen überlegt, wie diese nutzbringend für die Missionierung der barbarischen Gebiete einzusetzen wäre und wie gleichzeitig die standhaften Jünger Jesu auf die Suche nach der Schale zu schicken, ohne allzu sehr die Aufmerksamkeit ungebetener Gäste zu erregen.“ Saturnius grinste und seine Wangen waren vor Aufregung gerötet. Aulus rutschte ein wenig tiefer in den Sessel und erwartete eine theologische Elegie. Er dachte mit Schaudern an die Kämpfe der Gruppierungen der Kirchen, Orthodoxe, Arianer, Nestorianer, Monophysiten, Manichäer und wie sie alle hießen. Er vertrat da keine feste Meinung und verstand auch zuwenig von derlei theologischen Spitzfindigkeiten. Der oströmische Verbindungsoffizier erzählte ihm einmal, dass in Konstantinopel zur Zeit heftig darüber gestritten werde, ob die Engel Männer oder Frauen seien. In Gedanken schüttelte er den Kopf. Als ob keine dringenderen Probleme anständen! In der Hinsicht ähnelte er von der Einstellung her seinen noch immer zahlreichen heidnischen Mitbürgern, die ihre Hochburgen vor allem in Spanien und Gallien besaßen. ‚Ich glaube, ich muss ein wenig raus aus der Stadt.‘ dachte er.
    „Joseph von Arimathia!“ deklamierte Saturnius, breitete seine Arme aus und schaute Valerius erwartungsvoll an.
    Aulus schaute ihn verdutzt an.
    „Wie, was?“ fragte er verständnislos.
    „Als der Herr auf Golgatha am Kreuz hing,“ deklamierte Saturnius feierlich und ging wie ein Redner in der Basilika auf und ab, „stachen die Soldaten ihm in die Seite, um zu sehen, ob er wirklich tot sei. Dabei floß Blut aus dem Leib des Herren. Dieses Blut fing Joseph von Arimathia in dem Kelch auf, mit dem Jesus das letzte Abendmahl feierte, und barg in ihm diese kostbare Reliquie. Dieser Kelch, den er den Gral nannte, begleitete ihn auf seinen weiteren Reisen, die ihn schließlich bis nach Massilia brachten. Angeblich ist er dort verstorben und seine Gebeine wurden in der Stadt begraben. Bald wurden seine heiligen Gebeine als Reliquien in weite Teile der Welt verbracht, um die Verbreitung des wahren Glaubens zu fördern. ... Wie der Gral abhanden kommt, muss der Papst noch ein wenig ausgestalten ... wie findest du das?“ Er drehte sich grinsend zu Aulus um.
    Der schaute ihn eine Weile nur blöde mit offenem Mund an.
    „Ihr habt euch das ausgedacht?“ fragte er schließlich.
    „Gut, nicht wahr? So wird das wahre Ziel verschleiert, aber viele Christen werden sich leidenschaftlich auf die Suche nach dem Gral machen. Und der Missionierung wird ein wundertätiger Kelch ebenfalls hilfreich sein. Die Barbaren stehen auf so etwas.“
    „Die Leute werden es für bare Münze nehmen. Stell dir vor, das wahre Geheimnis geht verloren, dann werden in tausend Jahren noch Menschen nach einem Gral suchen, der gar nicht existiert!“
    Saturnius winkte lässig ab.
    „In tausend Jahren werden bestimmt viele Leute diese weinselige Ausgeburt Platons für bare Münze nehmen und überall nach Atlantis suchen.“
    „Nein, mein Lieber, so blöd wird nun wirklich keiner sein, aber eure Geschichte ist zu dicht an der Realität dran. Das ist gefährlich, wenn sich die Sache verselbständigt.“
    „Es kann nur unserer Sache dienen.“
    Aulus gab sich geschlagen.
    „Meinetwegen, dafür habe ich auch etwas.“
    Er zog das Bruchstück der Himmelsschale, der wahren Himmelsschale, hervor und hielt es Saturnius hin. Dessen Augen weiteten sich, er griff nach der Bronze mit beiden Händen und sank dabei ehrfürchtig in die Knie.
    „Das ist nicht der Gral!“ scherzte Aulus, aber Saturnius war von dem Gegenstand zu ergriffen, um darauf zu reagieren.
    „Es ist also wirklich wahr,“ hauchte er.
    „Natürlich, hast du nicht daran geglaubt? Viel Blut ist dafür vergossen worden, als letztes das deines Sekretärs. Hast du auch deine Kontakte hier in der Stadt bemüht?“
    „Alle sind abgereist, in den Süden.“ Was haben die Isisdeppen gesagt?“
    Aulus beglückwünschte sich innerlich, dass er den Tempel aufgesucht hatte. Saturnius hätte bestimmt nichts aus dem Ägypter herausgekriegt. Er brachte den Freund auf den neuesten Stand.
    Saturnius sprang erregt auf und begann wieder im Raum herumzulaufen.
    Also, Rom haben wir, Massilia und Nova Karthago dürften kein großes Problem sein, da kann der Papst seine Kirchenleute hinschicken. Karthago ist schon schwieriger, da sind so viele Heiden, da werden die Priester das Schalenstück nicht so ohne weiteres rausrücken. Der Osten ist da wesentlich problematischer.
    Bleibt noch Hibernia. Wie kommen wir da ran? Wir müssen mit dem Kaiser sprechen, komm mit!“
    Er drehte sich gar nicht mehr um, sondern stürmte aus dem Raum. Aulus seufte tief und rappelte sich auf. Wenn sich Saturnius einmal festgebissen hatte, gab es für ihn kein Halten mehr. Aber er stimmte im Stillen seinem Freund zu. Hibernia war das erste Ziel, wie damals ... . ‚Komisch, wie sich die Geschichte wiederholt‘, dachte er noch und eilte Saturnius hinterher.
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    Zitat Zitat von Des Pudels Kern Beitrag anzeigen
    Zitat Zitat von Der Falke Beitrag anzeigen
    Weil so weit ich weiß sind in D auch Lügen meistens von der Meinungsfreiheit erfasst.
    Man kann dich auf diesen Nebensatz durch "weil" Konjunktion reduzieren, Falke. Immer wenn son Ding vom Stapel läuft, weiß selbst der nachsichtigste Leser, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, sich zurückzulehnen, kurz in sich zu gehen und wichtige andere Tagesgeschäfte zu evaluieren. Mir fiel beispielsweise plötzlich ein, dass ich schon seit geraumer Zeit mal einen abseilen wollte, ohne abzukneifen.

  2. #77
    eet smakelijk Avatar von corcampus
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    Au
    Jetzt hast Du den Gral verwurstet.
    Mal auf eine ganz neue Art....

    Kennst Du Peter Berling?
    Wahlweise auch "Der Heilige Gral und seine Erben" von Lincoln, Baigent und Leigh?
    Res severa verum gaudium

  3. #78
    anarchische Grünhaut Avatar von Kermit
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    Wobei verwurstet nicht das Wort ist, das ich verwenden würde, eher, sagen wir ... implementiert oder integriert.
    Das wollte ich mir nicht nehmen lassen. Als BI mit den Gralsrittern rauskam, drängte sich das förmlich auf. .
    Ich glaube den ersten Berling, war das nicht "Die Kinder des Gral" oder so ähnlich, habe ich mal begonnen, war mir aber irgendwie zu schwülstig, weit bin ich da nicht gekommen. Das zweite kenne ich nicht. Die Gralsgeschichte soll eher eine Anspielung auf Indiana Jones III sein.









    Und natürlich durfte der Verweis auf Stones Atlantis-Thread nicht fehlen.
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    Zitat Zitat von Des Pudels Kern Beitrag anzeigen
    Zitat Zitat von Der Falke Beitrag anzeigen
    Weil so weit ich weiß sind in D auch Lügen meistens von der Meinungsfreiheit erfasst.
    Man kann dich auf diesen Nebensatz durch "weil" Konjunktion reduzieren, Falke. Immer wenn son Ding vom Stapel läuft, weiß selbst der nachsichtigste Leser, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, sich zurückzulehnen, kurz in sich zu gehen und wichtige andere Tagesgeschäfte zu evaluieren. Mir fiel beispielsweise plötzlich ein, dass ich schon seit geraumer Zeit mal einen abseilen wollte, ohne abzukneifen.

  4. #79
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    Zitat Zitat von Kermit


    Und natürlich durfte der Verweis auf Stones Atlantis-Thread nicht fehlen.
    [/I]
    WAT WAT WAT...

    Öhm ... Wie war das mit dem Schutz geistigen Eigentums.

  5. #80
    anarchische Grünhaut Avatar von Kermit
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    Es gibt ihn noch!
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    Zitat Zitat von Des Pudels Kern Beitrag anzeigen
    Zitat Zitat von Der Falke Beitrag anzeigen
    Weil so weit ich weiß sind in D auch Lügen meistens von der Meinungsfreiheit erfasst.
    Man kann dich auf diesen Nebensatz durch "weil" Konjunktion reduzieren, Falke. Immer wenn son Ding vom Stapel läuft, weiß selbst der nachsichtigste Leser, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, sich zurückzulehnen, kurz in sich zu gehen und wichtige andere Tagesgeschäfte zu evaluieren. Mir fiel beispielsweise plötzlich ein, dass ich schon seit geraumer Zeit mal einen abseilen wollte, ohne abzukneifen.

  6. #81
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    Zitat Zitat von Kermit


    Es gibt ihn noch!
    Allerdings.

    Und wir werden hier ganz groß hier auftrumpfen, wenn der Medi 2 rauskommt.

    Denn es wird noch mehr Fans als ohnehin bei RTW geben, und das Unterforum wird nur so brummen.

  7. #82
    anarchische Grünhaut Avatar von Kermit
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    Ich hoffe, ich bin bis dahin durch ...
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    Zitat Zitat von Des Pudels Kern Beitrag anzeigen
    Zitat Zitat von Der Falke Beitrag anzeigen
    Weil so weit ich weiß sind in D auch Lügen meistens von der Meinungsfreiheit erfasst.
    Man kann dich auf diesen Nebensatz durch "weil" Konjunktion reduzieren, Falke. Immer wenn son Ding vom Stapel läuft, weiß selbst der nachsichtigste Leser, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, sich zurückzulehnen, kurz in sich zu gehen und wichtige andere Tagesgeschäfte zu evaluieren. Mir fiel beispielsweise plötzlich ein, dass ich schon seit geraumer Zeit mal einen abseilen wollte, ohne abzukneifen.

  8. #83
    Registrierter Benutzer Avatar von flame
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    ... sonst wird die Himmelsscheibe eben noch von den Kreuzritten gesucht.

    Dann aber bitte als Gral, und wenn er gefunden wir ist es leider kein Kelch sondern eben eine Scheibe.

    Weiter so Kermit! Tolle Story.

    Gehört die Story nicht besser ins Story-Forum? Da finden dass dann auch noch weitere Leser.

  9. #84
    anarchische Grünhaut Avatar von Kermit
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    „Ich bin immer noch der Meinung, dass ihr dieser Schale zu viel Aufmerksamkeit widmet. Ich bin sicher, ihr werdet bitter enttäuscht sein, wenn ihr alle Teile gefunden und die Schale wieder zusammengesetzt habt.“
    Der Kaiser ging an den Tisch mit dem frischen Obst und ließ sich einen Apfel reichen.
    „Aber ich habe euch mit der Aufgabe betreut und ich werde mein Wort halten. Wenn ihr unbedingt wollt, könnt ihr nach Britannien abreisen. Aber erwartet nicht zu viel, alle schweren fußtruppen sind abgezogen worden und verstärken die Rheingrenze. Lediglich euer Freund LuciusVolcatius Tullus Britannicus ist mit einigen schweren sarmatischen Reitern dort geblieben – befehlswidrig, wie ich leider sagen muss. Nun, da ich Britannien wissentlich geschwächt habe, ist mein Arm dort kurz. Gebt Lucius neue Order, er ‚darf’ euch bei eurem Abenteuer helfen. Ich gebe euch Vollmachten mit, soviele Truppen als nötig auszuheben.“
    Valentinianus ließ sich schwer in seinen Sessel sinken.
    „Wenn ihr Erfolg habt – gut, wenn nicht, seht zu, dass ihr halbwegs heil da raus kommt. Die Vandalen, so berichten unsere Späher, werden bald ins ehemalige Dakien einfallen. Ich möchte jetzt kein Gote sein.“
    Er biß krachend in den Apfel und blickte zur Palastdecke.
    Aulus und Saturnius standen nur stumm und eingeschüchtert im Zimmer.
    „Leptis Magna rebelliert, wusstet ihr das? Und die Honoratioren in Karthago haben mir eine Botschaft geschickt, dass sie sich außerstande sehen, der Lage Herr zu werden.“
    Der Kaiser schüttelte resigniert den Kopf, doch plötzlich sprang er auf und schleuderte den Apfel mit aller Kraft an die Wand.
    „Erbärmliche Feiglinge! Werden ja noch nicht einmal mit diesen Alis in der Wüste mit ihren Döner-Spießen fertig! Ich werde ihre Steuern verdoppeln, nein verdreifachen!“
    Er hielt kurz inne und sah die beiden Himmelsschalenjäger an.
    „Was wollt ihr noch hier? Auf nach Britannien!“



    Das Pferd wurde langsam müde.
    Nachdem sie bei Colonia Agrippina den Rhein überquert und im Kastell Deutz das letzte Mal ihr Pferd gewechselt hatte, war sie auf sich allein gestellt. Sie hatte alle Siedlungen gemieden, bis sie die ersten Nebenflüsse der Elbe erreichte. Dort suchte sie die Gastfreundschaft einzelner Gehöfte von Freibauern auf. Die Odalshöfe der reichen Clanchefs von Franken, Chatten und Friesen mied sie weiterhin. Erst in ihrer Heimat war sie einigermaßen sicher.
    Nicht nur ihr Pferd war müde, auch sie selbst war am Ende ihrer Kräfte. Zwei Tage noch, schätzte sie, dann würde sie den heimatlichen Strom erreichen. Ihrer Erinnerung nach müsste sie genau die Stelle erreichen, wo ein Fährmann seine Dienste anbot. Sie grinste mit vor Schmerz zusammengebissenen Zähnen.
    Diese hochnäsigen Römer! Alles was jenseits des Limes lag war für sie Entwicklungsland. Sie konnten sich diese fremde Welt gar nicht vorstellen, eine Welt, in der ein Fährmann weitab von der nächsten Siedlung darauf wartete Reisende überzusetzen. Und keinem würde es einfallen ihn auszurauben oder zu ermorden.
    Verbrecher gab es nur in der ‚Zivilisation’. Hier in Germanien überlebten sie nicht lange genug.
    Sie hörte Wasser plätschern. Dann stieg ihr der Geruch von Feuer in die Nase. Nach ein paar Schritten tauchte aus den Büschen das Fährhaus auf, so wie sie es von früher her noch kannte. Nichts hatte sich verändert. Das Pferd trottete zur Vorderseite des Hauses und blieb dort stehen. Gudrun stieg mit letzter Kraft ab. Sie hörte noch, wie die Tür quietschend aufging, dann verlor sie das Bewusstsein.



    „Gaius, schau mal, Massilia ist in Sicht!“
    Saturnius schaute kurz von der Reling hoch beugte sich dann aber wieder schnell über die Bordwand. Die ganze Überfahrt war er seekrank gewesen, obwohl allerbestes Wetter geherrscht hatte. Aulus war froh, dass sie Saturnius’ Protesten zum Trotz den Schnellsegler genommen hatten. Die Liburne steuerte geradewegs auf den Hafen zu und Aulus schickte die Sklaven nach ihrer Reiseausrüstung. Die Fahrt quer durch Gallien war anstrengend genug, auch wenn die Straßen hervorragend ausgebaut waren. Aulus wunderte sich wie sein Freund die ungleich ruppigere Überfahrt über den britannischen Kanal überhaupt überstanden hatte.
    Sobald die Klampen belegt waren, verließen die beiden Sondergesandten das Schiff. Dank ihres herausragenden Status war die Organisation ihrer Weiterreise ein Kinderspiel. Ein komfortabler Reisewagen mit vier vorgespannten Pferden beförderte die beiden sicher und zügig an die gallische Nordküste, ihr Anhang musste mit offenen Wagen vorlieb nehmen. Als sie Avaricum erreichten, trafen sie auf Eilboten.
    „Die Picten haben den Hadrianswall durchbrochen! Britannien wird von Invasoren überschwemmt!“
    Viel mehr war aus den Boten nicht herauszubekommen, außer dass Eburacum belagert wurde und weitere Truppen noch weiter südlich unterwegs waren.
    „Wir müssen uns beeilen. Wir dürfen nicht zu spät kommen. Wie sollen wir denn nach Hibernia kommen, wenn die Kelten in Londinium sitzen?“
    „Das werden wir sehen, wenn wir da sind. Wenn ich wüsste, wo sich Lucius aufhält, wäre mir wohler. Bedenke, die Boten sind eine Weile unterwegs gewesen, und wir werden mindestens die doppelte Zeit brauchen wie sie.“
    „Auf Wiedersehen du schöne Rast. Wir fahren unverzüglich weiter!“



    Die grauen Klippen kamen langsam näher.
    Saturnius bekam natürlich nichts davon mit, der war seekrank wie üblich.
    Bald konnte man auch den Wellenbrecher des Hafens von Dubre ausmachen. Einige kleinere Schiffe lagen im Hafen. Was Aulus stutzig machte, waren die vielen Menschen, die die Kais bevölkerten. Soviel Verkehr kannte er nur aus Ostia und Alexandria. Aber hier im Norden?
    Als sie näher kamen, wurde schnell klar, dass es sich um Flüchtlinge handelte. Die Bewohner der britannischen Provinzen versuchten, sofern sie dazu in der Lage waren, nach Gallien zu fliehen.
    Sobald das Schiff angelegt hatte, versuchten die verzweifelten, auf das Deck zu gelangen. Die Militär- und Hafenpolizei konnte die Menge nur mit Mühe unter Kontrolle halten.
    Die beiden Freunde mussten sich von ihrem eigenen Gefolge einen Weg durch die Menge bahnen lassen.
    Im Emporium beim Hafenkommandanten erfuhren sie die ganze bittere Wahrheit: Londinium war gefallen, praktisch die gesamte Insel war unter Kontrolle der Kelten. Wenige konnten Widerstand leisten und es war nur eine Frage der Zeit, wann auch die Südküste besetzt wurde.
    „Unser Kaiser hat in seiner unermesslichen Weisheit beschlossen uns unserem Schicksal zu überlassen. Aber es gibt noch Widerstand. Der Edle Mabon Molmutius hat eine Armee mit Veteranen und kampferprobten germanischen Söldnern nördlich von Londinium zusammengezogen. Die Kriegsherren Lucius Britannicus und Uther Pendragon haben sich ihm angeschlossen. Sarmatische schwere Reiter stehen unter ihrem Befehl. In großen Scharen haben sich ihm die christlichen Mönche der Insel angeschlossen.“
    „Mönche?“
    „Ja, sie suchen einen heiligen Gral und sind bereit für ihn zu sterben. Sie erhoffen sich für diese gottgefällige Tat einen Platz im Himmelreich.“
    Der Präfekt, selber an seiner Stirnnarbe als Mithrasanhänger zu erkennen, zog eine Grimasse.
    „Seit die Christenverfolgungen ausbleiben, ist es schwer, ein Märtyrer zu werden.“
    Wäre der wütende Blick von Saturnius nicht gewesen, hätte Aulus laut gelacht, so blieb es bei einem schiefen Grinsen. Die Motivation durch den Gral diente ihnen ja am meisten. Sie ließen sich den Weg zum Lager der Rebellen zeigen und machten sich auf den Weg.



    .
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    Zitat Zitat von Des Pudels Kern Beitrag anzeigen
    Zitat Zitat von Der Falke Beitrag anzeigen
    Weil so weit ich weiß sind in D auch Lügen meistens von der Meinungsfreiheit erfasst.
    Man kann dich auf diesen Nebensatz durch "weil" Konjunktion reduzieren, Falke. Immer wenn son Ding vom Stapel läuft, weiß selbst der nachsichtigste Leser, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, sich zurückzulehnen, kurz in sich zu gehen und wichtige andere Tagesgeschäfte zu evaluieren. Mir fiel beispielsweise plötzlich ein, dass ich schon seit geraumer Zeit mal einen abseilen wollte, ohne abzukneifen.

  10. #85
    anarchische Grünhaut Avatar von Kermit
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    Als sie aufwachte, empfingen sie Gerüche, die sie an ihre Kindheit erinnerten.
    Sie lag auf einem Bett in einer kleinen Kammer eines Holzhauses.
    Ein großes Fenster, mit einer Schweinsblase bespannt, ließ ausreichend Licht ein um die Umgebung wahrzunehmen. Die Wände aus massiven Baumstämmen waren zum größten Teil mit groben Teppichen behängt, alles in allem wirkte es sehr gemütlich. Der kleine Kamin war nicht in Betrieb, aber frische Holzscheite lagen bereit.
    Gudrun schob die Decke zurück und setzte sich auf. Sie seufzte tief. Sie war in Sicherheit, die Flucht war geglückt. Da sie keine Ahnung hatte, wie lange sie geschlafen hatte, stand sie schnell aber vorsichtig auf und öffnete die feste Tür.
    Sie gelangte in einen großen Raum mit hoher Decke. Der riesige Firstbalken schwebte gute 5 Meter unter der Decke. Die Einrichtung ließ erkennen, dass der Raum trotz der Größe keine repräsentative, sondern private Funktionen erfüllte. Haufenweise Decken und gut gepflegte Felle auf dem Boden und den zahlreichen Sitzmöbeln rund um einen großen offenen Kamin ließen schon beim reinen Anschauen erkennen, dass sich hier gut Entspannen lässt. Die fellbespannten Fenster waren weit zu einem Innenhof geöffnet und ließen die milde Frühlingsluft in den Raum. Dem Licht nach schien es gerade Mittag zu sein.
    Ein Mann, der in einem der bequemen Sessel gesessen hatte, stand bei ihrem Eintreten auf. Sein Haar war dunkelblond und fiel ihm offen über die Schultern, der Bart war sorgfältig in Zöpfen geflochten. Für sein eindeutig junges Alter, schätzungsweise 19 oder 20, war der Bart erstaunlich lang. Er teilte sich und ließ ein breites Grinsen sehen:
    „Willkommen daheim, Schwesterherz! Wie ich sehe, ist dir dein Studienaufenthalt im fernen Rom gut bekommen. Du bist schöner als je zuvor. Allerdings scheist du eine grauenvolle Heimreise gehabt zu haben. Oder hast du dir ein Wettrennen geliefert?“
    „Horsa, jetzt erkenne ich dich! Deine lose Zunge hat dir also noch niemand rausgerissen? Verzeih, dass ich so begriffsstutzig war, aber als wir uns das letzte Mal gesehen hatten, warst du drei Köpfe kleiner, dein Schädel glattrasiert und es wollte absolut kein Flaum um dein Kinn wachsen. So bist selbst du noch zum Mann geworden?“
    Horsa legte den Kopf in den Nacken und lachte lauthals.
    „Immer noch bleibst du keine Antwort schuldig. Du warst mit eine gute Lehrmeisterin. Wir alle waren froh und erstaunt, als den Fährmann dich mit einem Knecht hierher brachte. Du hast drei Tage durchgeschlafen, so erschöpft warst du. Das Pferd mussten wir notschlachten.
    Richard, unser neuer König, ließ dich in diesen luxuriösen Räumen unterbringen. Sie stehen dir während deines Aufenthaltes zur Verfügung. Ich gehe dann mal los und sage Bescheid, dass du aufgewacht bist. Ich schicke Dienstmädchen, die dir ein anständiges aber leichtes Essen bringen werden, danach lasse ich das Badewasser anheizen, damit du wieder wie eine anständige Sächsin aussiehst.“
    Das Bad erinnerte Gudrun an den Grund ihrer Flucht.
    „Ich muss unbedingt den König sprechen, ich habe etwas von großer Bedeutung erfahren.“
    „Wenn du diese Schriftrollen meinst, die bei dir waren, auf die ist er schon neugierig. Wie du weißt, sind wir nicht sonderlich geübt im Lesen und Schreiben, und Latein ist auch nicht unbedingt unsere Stärke. Wir konnten nicht viel entziffern und noch weniger verstehen. Du hast Glück, denn der König gibt heute ein großes Fest für die Geburt seiner jüngsten Tochter. Das wird einige Tage dauern und alle Edlen des Reiches werden teilnehmen.“
    „Du mir berichten, was in all der Zeit vorgefallen ist, in Rom sind die Nordlande ein unbedeutender weißer Fleck auf der Landkarte, und keine Kunde dringt von hier dorthin.“
    „Dazu wird noch Gelegenheit sein. Ich war bei manchem Kampf dabei, und so vieles, was des Erzählens wert ist, wirst du heute auf dem Gastmahl hören.“
    „Jetzt machst du mich neugierig, ich warte voller Ungeduld auf den Abend.“
    Horsa ging das Angekündigte in die Tat umsetzen. Währenddessen aß Gudrun hungrig und voller Hast ein reichhaltiges kaltes Mahl aus in Milch und Wasser gequollenen Körnern, Käse und Obst. Ein leichtes Bier in einem großen Tonkrug löschte ihren Durst. Kaum war sie einigermaßen satt, da erschienen drei Mägde um sie zum Badehaus zu begleiten. Dort stand eine dampfende Wanne bereit. Gudrun genoss das Bad ausgiebig und ließ sogar zweimal heißes Wasser nachgießen. Völlig aufgeweicht, aber träge und zufrieden ließ sie sich neu einkleiden und verbrachte den Nachmittag mit angenehmen Dösen und Blättern in den gestohlenen Unterlagen.
    Dann war es soweit.
    Sie wurde von zwei Mägden zur großen Langhalle geführt, die bereits von Feuern und Leuchtern hell erleuchtet wurde. Der Raum fasste etwa 600 Gäste, und alles war bis auf den letzen Platz belegt und war von Lärm und Gelächter erfüllt.
    Gudrun wurde ein Platz an der Tafel des Königs zugewiesen, eine große Ehre. Entsprechend begegneten ihr die übrigen Gäste mit dem gebührenden Respekt. Sie kannte nicht viele Gesichter, die der Frauen schon gar nicht, aber außer der Familie des Königs waren auch nicht viele anwesend. Horsa war ebenfalls an ihrem Tisch platziert, neben ihm eine auffallend schöne junge Frau, die kostbar gekleidet und noch kostbarer geschmückt war. Gudrun hatte praktisch kein Geschmeide angelegt, eine Hofdame hatte ihr neben den Kleidern zwar auch noch jede Menge Spangen, Ketten und Ringe zur Auswahl geschickt, doch war Gudrun unwohl, fremden Schmuck zu tragen. Bis auf zwei Schulterspangen und eine schlichte Kette hatte sie alles mit Dank wieder zurückgeschickt.
    Außer Horsa erkannte sie nur Rodulf den Hohen und den König selber. Rodulf war ein Vetter Gudruns und Horsas. Er lächelte freundlich, als er sie sah und prostete ihr zu. Gudrun griff ihren Becher, ließ ihn füllen und prostete zurück. Die übrigen Herren am Tisch schienen alle weitgereist zu sein, viele Krieger waren darunter, die von Schlachten gegen die Friesen und Chatten berichteten. Und von den Franken, die weiter südlich wohnten.
    Mit denen war noch kein Krieg ausgefochten worden, doch diejenigen, die sie kannten, sprachen mit Hochachtung von ihnen. Begierig hörte Gudrun zu und fragte oft nach, da sie so lange in der Sklaverei gewesen war. Die Becher wurden immer wieder mit leichtem Bier nachgefüllt, Brot und Obst standen auf den Tischen und alle bedienten sich reichlich.
    Dann ging eine große seitlich gelegene Tür auf und eine ganze Heerschar trug eine schier endlose Zahl von Kesseln herein. Achtundvierzig mit Eicheln gemästete Schweine dampften, verzehrfertig tranchiert, in ihnen. Weitere Küchenhelfer trugen Tröge mit Blutwurst. Der Reihe nach gingen sie die Tische ab und füllten den Gästen auf, auf dass keiner zu kurz käme. Gudruns Nachbar zur Linken schnallte den Gürtel auf um von vornherein völlig bereit zu sein. Bald darauf türmten sich Fleisch und Wurst auf ihren Tellern und eine gute Weile lang wurde nun nicht viel geredet, weder am Tisch des Königs, noch an den anderen. Zum Braten wurde nun das hervorragende königliche Starkbier aufgetragen, und mitten im Kauen wurde das Festeseen des Königs gerühmt und die kleine Prinzessin, die der Anlass für den Schmaus war, gerühmt.
    Als der erste Eifer des Essens vorüber war, setzten langsam wieder Gespräche ein, und ihr Nachbar, der sich als Athanaric Hesassohn vorstellte, erkundigte sich nach Gudruns Wohlergehen:
    „Wir haben erfahren, dass heute ein ganz besonderer Gast unter uns weilt, der unter dramatischen Umständen zu uns stieß. Wollt ihr uns von eurer heldenhaften Flucht berichten?“
    Die Umsitzenden horchten auf und zeigten lebhaftes Interesse, auch der König und seine Familie schauten auffordernd herüber. Nun war ihr großer Augenblick gekommen. Sie trank dem König zu und schaute in die Runde:
    „Großer König der Sachsen, Edelleute, Krieger und Frauen, nachdem mich die verräterischen Chatten vor sieben Jahren an die Römer verkauft hatten, brachte ich unwürdige Tage als Sklavin in Rom zu. Auch wenn das Leben dort nicht zu hart war, denn ich war persönliche Sklavin in einem vornehmen Haushalt, dachte ich all die Zeit nur daran wieder in die Heimat zurückzukehren. Lange Zeit war aber an ein Entkommen nicht zu denken und ich scheute das große Risiko, denn mein Herr war ein enger Vertrauter des Kaisers der Römer des Westens.“ Ein leises Raunen ging durch die Reihen. „Vor einigen Tagen jedoch erschien ein Freund meines Herren, der aus dem umkämpften Britannien zurückkehrte, zusammen mit einem keltischen Sklaven, der Träger einer eigenartigen Saga war.“ Inzwischen war es totenstill in der Halle geworden, fast alle hatten das Essen eingestellt und versuchten soviel wie möglich von der Rede mitzubekommen. Nun erzählte Gudrun die Geschichte Tarans von der Himmelsschale in allen Einzelheiten, so wie sie selbst sie sich all die Tage immer wieder eingeprägt hatte, sowie ihren Entschluss mit den wichtigen Dokumenten zu fliehen. Die Schilderung des Raubes löste schallendes Gelächter aus, die Schnelligkeit ihrer Reise auf dem Kurierweg erstaunen und Hochachtung. Ihre Klugheit bei der Wahl ihres Fluchtmittels und ihre Kondition auf dem Pferd gerühmt. Die kleinen Anzüglichkeiten, die Tage zuvor bereit Saturnius fallenließ, tat Gudrun mit vor Stolz geröteten Wangen gleichgültig ab. König Richard hob den Krug und brachte einen Trinkspruch auf sie aus.
    „Die Kelten sind Schwächlinge! Sie hatten göttlichen Beistand bitter nötig. Wie groß mag die Macht der Schale erst sein, wenn wirkliche Krieger sie in ihren Händen halten.“
    Die Halle jubelte ihm zu.
    „Wir werden die nächsten Tage das weitere Vorgehen beraten. Eine Expedition nach Britannien ist eh schon bereit. Da können wir gleich dort anfangen zu suchen, wenn es sein muss, bis nach Hibernia.“ Wieder erhob sich brausender Jubel.
    „Mein Schwiegersohn Horsa wird gleichzeitig gegen die Frisen zu Felde ziehen und sie endgültig unterwerfen.“
    Überrascht schaute gudrun ihren Bruder an. Das hatte er ihr verschwiegen. Horsa grinste und zeigte dabei kurz seine Zungenspitze. Noch ganz von der Hochstimmung ihres Vortrages berauscht ließ sie ihm diese kleine Frechheit durchgehen. Stattdessen prostete sie seiner Begleiterin zu. Sie ahnte jetzt, welche Hofdame ihr den Schmuck zur Verfügung gestellt hatte. Bei genauerem Hinsehen, entecjte sie, dass die Ohrringe, die die Königstochter trug, ebenfalls bei der Leihgabe zur Auswahl gelegen hatte, oder doch ziemlich ähnliche. Dieser Gunstbeweis rührte sie. Diese Heirat war offensichtlich nicht arrangiert gewesen. Zmal man den Töchtern in dieser Hinsicht einen ganz eigenen Sinn nachsagte, soviel wusste sie noch, und dass selbst der König sich dagegen als machtlos erwiesen hatte.
    Der König sprach Horsa nun direkt an. „Er hat trotz seiner jungen Jahre schon überdurchschnittlich viel Kampferfahrung und wird den Feldzug glänzend beenden. Soviel Geschick und Glück ist nicht vielen gegeben. Lasst euch von seinen langen Haaren nicht täuschen. Obwohl ich der Meinung bin, dass lange Haare einen Krieger in der Schlacht schon mehr als einmal Unglück gebracht haben, weswegen es verständige Männer sich stets unter dem Helm aufzubinden pflegen, gibt es nicht viele, die behaupten können, dass ihr langes Haar ihnen das Leben gerettet habe.“
    Geschickt hatte der König Horsa den Ball zugespielt, er lehnte sich schmunzelnd zurück und nahm einen weiteren Schluck Bier.
    Nun bedrängten die Gäste Horsa zu erzählen, was es damit auf sich habe, dass seine Haare ihm sein Fortleben bescherten, und dieser zierte sich nur pro forma, um dann genüsslich seine Geschichte zu erzählen:
    „Ich gehöre zu den wenigen, die gegen die Jüten zogen und nach dem Hinterhalt im Isefjord wieder nach Hause zurückkehrten. Wie ihr wisst, erhob vor zwei Jahren Sigmar von Seeland Vorwürfe gegen unseren König und sagte sich von ihm los. Wir versuchten die Streitigkeit gütlich zu regeln, aber eine kleine Flotte unter Vannius Hesassohn und Hulderic dem Dicken, meinem Onkel, segelte durch den Belt in den Norden, um den Aufstand im Keim zu ersticken.
    Sigmar hatte diesen jedoch schon lange vorher vorbereitet und eine gewaltige Flotte im Isefjord zusammengezogen. Als wir dorhin einbogen, wurden unsere Schiffe schnell umstellt und sofort angegriffen. Ich war auf dem Schiff Hulderics, als der Kampf begann und ziemlich schnell waren wir von feindlichen Schiffen umringt. Bald war das Gedränge der Jüten um uns groß und Hulderic bekam einen Hieb über das Gesicht, der die Nase und das meiste vom Kinn wegnahm. Da hob er die Truhe mit der Kriegskasse auf und sprang mit ihr über Bord. Sein Gefolgsmann Kuonrad ging darauf einen Berserkergang. Ohne Helm und Schild stürmte er auf die Feinde ein und haute mit beiden Händen um sich, eisenfest, bis Sigmars Sohn Hrodger einen Amboß vom Deck aufhob und ihm damit den Schädel einschlug. Wir, die wir auf Hulderics Schiff noch am Leben waren, konnten da nicht mehr viel tun, denn wir waren nur noch wenige und dazu sehr müde. Alle Schiffe außer Vannius’ eigenem, auf dem noch gekämpft wurde, waren schon eingenommen. Wir wurden auf dem Vorschiff zusammengedrängt, zuletzt waren nur noch neun, alle verwundet, übrig und wir konnten weder Hand noch Fuß rühren. Da pressten die Jüten uns zwischen die Schilde und nahmen uns gefangen.Waffenlos führte man uns an Land, und bald kamen auch die letzen, unter ihnen Vannius selbst. Er war von Speer und Schwert gezeichnet, war bleich und sprach kein Wort. Wir mussten uns am Strand auf einen Baumstamm setzen und die Beine wurden uns mit einem langen Strick zusammengebunden. Die Hände aber hatten wir frei. Sigmar befahl, uns sofort zu töten, und Hrodgar, sein Sohn und viele mit ihm kamen um zuzusehen, denn die Jüten waren neugierig, wie Sachsen sich wohl verhielten, wenn es ans Sterben ging. Wir auf dem Baumstamm waren dreißig Mann. Vannius saß als letzter rechts.“
    Horsa zählte nun alle Namen von denen, die er kannte, auf und die Gäste lauschten aufmerksam, denn viele die er nannte, waren bekannte Leute und hatten unter den Zuhörern Verwandte.
    „Nun kam ein Mann mit einer großen zweischneidigen Streitaxt“, fuhr Horsa fort, „und er blieb vor Vannius stehen und sagte: ‚Weißt du, wer ich bin?’ Vannius blickte ihn flüchtig an ohne sich weiter um ihn zu kümmern und antwortete nicht, weil er sehr müde war. Der andere sagte: ‚Ich bin Horta Leira, und du erinnerst dich vielleicht an dein gelöbnis mich zu töten und mit meiner Tochter ins Bett zu gehen.’
    Was er sagte stimmte, denn Vannius war zu Ohren gekommen, dass Hortas Tochter das schönste Mädchen auf Seeland sei und eines der reichsten dazu. ‚Aber jetzt’, sagte Hortar und grinste breit, ‚jetzt sieht es eher so aus, als wenn ich dich töten werde.’ Vannius sagte mit einem Anflug von einem Lächeln: ’Alle Sachsen sind noch nicht tot.’
    ‚Aber sie werden es bald sein’, sagte Hortar, ‚und dafür werde ich selbst sorgen, damit in dieser Sache nichts versäumt wird. Du sollte erst alle deine Männer von meiner Hand sterben sehen und ihnen dann unverzüglich folgen.’ Damit ging er zum anderen Ende des Baumstammes und fing an den Gefangenen die Köpfe abzuschlagen, einem nach dem anderen, so wie sie da saßen. Er hatte eine gute Axt und ging mit Eifer ans Werk, so dass er nie zweimal zuzuschlagen brauchte. Ich denke, die Zuschauer mussten der Meinung sein, dass Vannius’ und Hulderics Mannen sich angesichts des Todes gut hielten.
    Als ich da auf dem Baumstamm saß, fürchtete ich mich wohl kaum mehr als die anderen. Aber es tat mir leid zu sterben, noch bevor ich etwas getan hatte, das des Berichtens wert ist. Daher sagte ich zu Hortar Leira, als er zu mir kam: ‚Mir tut es leid um mein Haar, und ich will nicht, dass es blutig wird.’ Dabei strich ich es vornüber, und Hortars Schager, der hinter ihm ging, trat vor, wand sich mein Haar um seine Hände und sagte zu Hortar: ‚Schlag zu!’ Das tat dieser und im gleichen Augenblick zog ich den Kopf, so schnell ich konnte, zurück, so dass die Axt zwischen mich und den Schwager kam und ihm beide Hände abschlug. Die eine blieb in meinem Haar hängen.“
    Alle in der Halle brachen in großes Gelächter aus, Horsa lachte selbst und fuhr fort:
    „Ihr mögt gut lachen, aber das ist nichts gegen das Lachen der Jüten, als sie Hortars Schwager am Boden rollen und Hortar dastehen und auf ihn niederglotzen sahen. Einige fielen vor Lachen um. Hrodger Sigmarssohn trat vor mich und fragte: ‚Wer bist du?’ Ich sagte: ‚Horsa heiße ich, Hilderic war mein Oheim und alle sachsen sind noch nicht tot.’
    Hrodgar meinte, man merke, dass ich mit Hilderic verwandt sei, und er schenkte mir das Leben.
    Hortar gefiel das aber gar nicht und schrie:’ Soll es nun auf diese Weise gehen? Dann ist es am besten, wenn ich mich mit Vannius beeile.’ Damit hob er die Axt und lief auf diesen zu, der am ende des Baumstamms saß. Aber einer von Vannius’ Männern, der vierte vor ihm, Skarde, schien es nicht Recht, dass Vannius erschlagen würde, noch bevor er selbst an der Reihe war. Er stellte Hortar ein Bein und dieser fiel der Länge nach hin, gerade vor Vannius. Der beugte sich nieder, ergriff die Axt und man merkte ihm keine Müdigkeit an, als er sie Hortar in den Schädel schlug. ‚Das war das halbe Versprechen’ , sagte Vannius, ‚und alle Schachsen sind noch nicht tot.’
    Die Jüten lachten jetzt noch mehr als zuvor und Hrodger fragte: ‚Willst du dein Leben geschenkt haben, Vannius?’
    ‚Das will ich’, sagte Vannius, ‚wenn es für uns alle gelten soll.’
    ‚So sei es’, sagte der Sigmarssohn, und damit kamen wir alle frei. Wir waren zwölf Mann, die lebend vom Baumstamm kamen.“
    Beifall brandete auf und Lobesworte für Horsas Geschichte wurden wurden durch die Halle gerufen, alles redete durcheinander und die Küchenhelfer begannen eine neue Runde Fleisch und Wurst aufzutragen.
    Gudrun sagte zu ihrem Bruder: „Da hast du mit nicht zuviel versprochen. Vannius scheint ein Mann zu sein, der mehr Glück hat, als sonst jemand. Wo ist er nun?“
    „Sein Glück blieb nicht auf halbem Weg stehen. Durch diese Begebenheit war ihm Hrodgar wohlgesonnen und bald suchte er hortar Leiras Tochter auf und fand sie noch schöner als er es sich vorgestellt hatte. Und sie war ebenfalls sehr von ihm angetan und gern bereit ihm bei der zweiten Hälfte seines Versprechens zu helfen. Nun sind sie verheiratet, und in vielen zähen Verhandlungen konnte er mit Siegmar eine gütliche Einigung erzielen. Jetzt lebt er mit seiner Frau auf Seeland und ist zufrieden seinen reichtum zu zählen und seinen Besitz zu verwalten.“
    Gudrun lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Ein kaum gekanntes Glücksgefühl überwältigte sie. Sie sah sich in der großen Halle um und fasste die einzelnen Gäste ins Auge.
    Was für ein Menschenschlag!
    Was war Rom und seine angebliche Zivilisation gegen solche Männer?
    Die Sachsen waren die wahren Herren der Welt und der Menschen auf ihr. Sächsischer Stahl würde die einzelnen Teile der Schale aufspüren, und die göttliche Kraft und sächsische Stärke würden sich vereinen.
    Heute saßen sie hier in dieser Halle, und morgen in der ganzen Welt!
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    Zitat Zitat von Des Pudels Kern Beitrag anzeigen
    Zitat Zitat von Der Falke Beitrag anzeigen
    Weil so weit ich weiß sind in D auch Lügen meistens von der Meinungsfreiheit erfasst.
    Man kann dich auf diesen Nebensatz durch "weil" Konjunktion reduzieren, Falke. Immer wenn son Ding vom Stapel läuft, weiß selbst der nachsichtigste Leser, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, sich zurückzulehnen, kurz in sich zu gehen und wichtige andere Tagesgeschäfte zu evaluieren. Mir fiel beispielsweise plötzlich ein, dass ich schon seit geraumer Zeit mal einen abseilen wollte, ohne abzukneifen.

  11. #86
    anarchische Grünhaut Avatar von Kermit
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    Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle Frans Bengtsson, aus dessen Roman "Die Abenteuer des Röde Orm" die Erzählung mit den langen Haaren entnommen ist.
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    Zitat Zitat von Des Pudels Kern Beitrag anzeigen
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    Man kann dich auf diesen Nebensatz durch "weil" Konjunktion reduzieren, Falke. Immer wenn son Ding vom Stapel läuft, weiß selbst der nachsichtigste Leser, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, sich zurückzulehnen, kurz in sich zu gehen und wichtige andere Tagesgeschäfte zu evaluieren. Mir fiel beispielsweise plötzlich ein, dass ich schon seit geraumer Zeit mal einen abseilen wollte, ohne abzukneifen.

  12. #87
    anarchische Grünhaut Avatar von Kermit
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    Als ich gestern mal wieder weitergespielt habe, ist mir was richtig blödes aufgefallen bei diesem Mod:
    Wenn die Hunnen vernichtet werden, kann ich nicht mehr speichern!
    Ich muss wohl doch noch mal umplanen.

    Was mach ich denn jetzt? Ich kann ja nicht drei Spiele parallel spielen.

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    Zitat Zitat von Des Pudels Kern Beitrag anzeigen
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    Man kann dich auf diesen Nebensatz durch "weil" Konjunktion reduzieren, Falke. Immer wenn son Ding vom Stapel läuft, weiß selbst der nachsichtigste Leser, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, sich zurückzulehnen, kurz in sich zu gehen und wichtige andere Tagesgeschäfte zu evaluieren. Mir fiel beispielsweise plötzlich ein, dass ich schon seit geraumer Zeit mal einen abseilen wollte, ohne abzukneifen.

  13. #88
    Der einzig wahre Falke Avatar von Hawkeye
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    schon zuende...????

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    update 16.08.2019



    Schreibt endlich weiter...


    "Ich habe nach dem Spiel in der Kabine viele verwirrte Menschen getroffen."
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  14. #89
    anarchische Grünhaut Avatar von Kermit
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    Nein, ich muss nur umplanen. Über Karneval habe ich die Sassaniden probieret, die sind aber anspruchslos, weil zu stark.
    Die Hunnen sind jetzt mein Favorit.
    Zwar auch seeehr stark, aber strategisch schwieriger.
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  15. #90
    Der einzig wahre Falke Avatar von Hawkeye
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