In einer Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) heißt es jetzt: „Die Geschichte vom Kaffee als Flüssigkeitsräuber beruht auf einem Irrtum.“ Die Empfehlung, zu jeder Tasse Kaffee ein Glas Wasser zu trinken, sei entstanden, weil eine Studie falsch interpretiert worden sei. Im Rahmen dieser Studie verzichteten zwölf Freiwillige zunächst fünf Tage lang auf jeden Kaffeegenuss. Am sechsten Versuchstag trank dann jeder der Teilnehmer mehrere Tassen Kaffee. Die anschließenden Untersuchungen ergaben: Durch den Kaffeekonsum hatte die so genannte Gesamtkörperwassermenge der Versuchsteilnehmer um bis zu 1,6 Prozent abgenommen. „Diese Abnahme stellt jedoch nicht zwangsläufig eine Verschlechterung der Flüssigkeitsversorgung dar“, betont jetzt nachdrücklich die DGE.
Entscheidend: Versorgung innerhalb der Zellen
Wasserverlust – laut DGE kein Problem? Um diese Aussage nachvollziehen zu können, bedarf es eines tieferen Blicks in den menschlichen Körper. Rund drei Viertel des im Körper enthaltenen Wassers befinden sich innerhalb der Körperzellen, im so genannten Intrazellularraum. Im Extrazellularraum, also außerhalb der Zellen, ist das restliche Körperwasser untergebracht. Entscheidend für eine hinreichende Flüssigkeitsversorgung des Menschen sind die Veränderungen innerhalb der Zellen. Kommt es hier zu einer Wasserabnahme, wirkt sich das sofort empfindlich auf die Körperfunktionen aus. Flüssigkeitsverluste werden aber zunächst vom Extrazellularraum ausgeglichen. Kleinere Versorgungsschwankungen in diesem Bereich führen zunächst nicht zu relevanten Folgen im Organismus.
Auch die durch Koffein ausgelösten, vorübergehend erhöhten Harnausscheidungen betreffen lediglich den Extrazellularraum. Der Wassergehalt im sensiblen Intrazellularraum wird also bei mäßigem Kaffeekonsum nicht beeinflusst. Die Flüssigkeitsversorgung der Zellen wird erst bei massiveren Versorgungsengpässen in Mitleidenschaft gezogen.
Warnsysteme im Körper
Außerdem reagiert der Körper auf jede Form von Flüssigkeitsverlust mit Gegenmaßnahmen. Um nicht noch mehr Wasser zu verlieren, reduziert der Organismus zunächst die Urinproduktion. Gleichzeitig erzeugt das Gehirn ein Durstgefühl, um dadurch zu erreichen, dass getrunken und das verlorene Wasser wieder zugeführt wird. Mit oder ohne Kaffee: Im Normalfall ist der Wasserhaushalt 24 Stunden nach einem Engpass wieder im Gleichgewicht. Bei regelmäßigem Kaffeekonsum fällt der harntreibende Effekt des Koffeins übrigens schwächer aus.
Kaffeeverzehr zählt mit
Das Fazit der Experten: Kaffee leistet einen Beitrag zur täglichen Flüssigkeitszufuhr. Er kann wie jedes andere Getränk in die Flüssigkeitsbilanz mit einbezogen werden. Als Durstlöscher ist Kaffee dennoch wenig geeignet – wegen seiner anregenden Wirkung auf Herz und Kreislauf. Hier sind Mineral- und Trinkwasser und andere kalorienarme Getränke, wie Schorlen aus Fruchtsaft und Wasser sowie Früchte- und Kräutertees, die bessere Alternative.
Rund vier Tassen Kaffee pro Tag sind unproblematisch, betont die DGE, und meint damit eine Gesamtkoffeinmenge von circa 350 Milligramm. Zu bedenken ist dabei natürlich, dass der Koffeingehalt eines Kaffees je nach Sorte, Röstverfahren, Zubereitungsform und Dosierung sehr stark schwanken kann. Wer mag, kann das besagte Glas Wasser zu seinem Kaffee natürlich weiterhin trinken.