Die Bovaner
Kapitel 108
Einlass
Nachdem Essen begab sich „Strahlendes Element“ zur Nachtruhe. Er verließ das große Gemeinschaftszelt und schritt müde in sein Zelt, dass er sich mit seinem Sohn „Starker Bär“ teilte. Dieser hatte die erste Wache übernommen und würde später seinen Vater zur Zweiten wecken. Es war eng im Zelt überall lagerten Kisten und Proviant, diese wurden auf alle Zelte verteilt damit, falls es zu einem Brand oder zu einem Überfall kam, nicht alles verloren ging.
„Strahlendes Element“ schloss das Zelt und überprüfte dann die wichtigste Fracht, die sie mitgenommen hatte. Dazu öffnete er eine der unteren Kisten und kramte darin, bis er die verschnürte Rolle fand. Vorsichtig holte er diese kostbare Errungenschaft seines Volkes heraus und öffnete langsam die Schnur. Dann rollte er die Pergamentrolle auf und sah sich erneut die Zeichnungen an.
Eine Karte.
Es war eine Karte von ihrer langen Reise, links war ihre Heimatstadt Salamanca dargestellt, dann durch den nördlichen Dschungel, in dem die barbarischen Waldvölker lebten. Rechts im Anschluss folgten die Siedlungsgebiete der Minoer und ihrer Hauptstadt an der Größen Küste. Die Entfernungen zwischen zwei wichtigen Punkten waren genau beschriftet, ebenso wichtige landschaftliche Punkte, wie zum Beispiel ein Berg oder eine Furt durch einen Fluss.
Am Ende der Reise wurde Bovana durch kleine Symbole markiert, die eine Ansammlung von Gebäuden darstellten, dahinter verbarg sich das unbekannte Land.
„Strahlendes Element“ berührte die Karte fast zärtlich, war sie doch ein seltenes und kostbares Gut. Die Herstellung der Karten und die genaue Vermessung wollte man den Bovanern anbieten gegen eine andere Technik, die wiederum die Irokesen nicht kannten.
„Strahlendes Element“ rollte die Karte wieder vorsichtig zusammen, es würden schwierige Verhandlungen werden. Er hoffte nur, dass die Spannungen zwischen den Mitgliedern der Karawane nicht heftiger wurden. Nicht alle Irokesen waren mit dieser Mission einverstanden, ja sie lehnten sie offen ab, obwohl die Ältesten und die Häuptlinge es beschlossen hatten.
Die Zukunft ist ungewiss niemand kann sagen was kommt. „Strahlendes Element“ musste an die Worte des Schamanen seines Stammes denken. „Vier Hirsche“ war ein kluger Mann und dennoch konnte selbst er nicht voraussagen, was die Zukunft bringt.
„Strahlendes Element“ verschnürte die Rolle und legte sich auf seine Schlafmatte, sogleich viel er in einen traumlosen Schlaf.
„Wach auf, Vater!“ ,„Starker Bär“ rüttelte vorsichtig an der Schulter seines Vaters, der die Augen aufschlug.
„Was ist? Ein Angriff?“
„Nein, wir haben Besuch bekommen. Ein Bovaner kam an unser Lager und verlangte den Anführer der Karawane zu sprechen, es sein dringend.“
„Strahlendes Element“ zog sich schnell an und sammelte seine Gedanken.
„Wo ist er jetzt?“
„Er ist im Gemeinschaftszelt, dort wird er bewacht.“
„Gut, ich bin gleich da. Geh!“
„Starker Bär“ war ein wenig enttäuscht, er hatte auf ein Lob gehofft. Mit grimmiger Mine verschwand er.
„Strahlendes Element“ verließ ebenfalls das Zelt und vergas nicht seinen Dolch mitzunehmen. Dann überquerte er das kurze Stück bis zum Gemeinschaftszelt, dort wartete ein alter Mann, der schon viele Sommer gesehen hatte. Doch seine Züge zeigten keine Mühsal oder Anstrengung. Er hatte einen langen Umhang an und trug einfache Sandalen, in der linken hielt er einen schmucklosen Wanderstab.
Nicht ungewöhnlich.
Seine Haut war leicht gebräunt und zeigte die ersten Altersflecken, aber seine grünen Augen sahen jung aus. Es war ein selbstbewusster und stolzer Blick.
„Wolfslauf“ und „Silberstern“ hatten diesen Fremden in ihre Mitte genommen, sie schauten entspannt und doch bereit sofort einzugreifen, sollte der alte Mann etwas verrücktes unternehmen.
„Verstehst du mich?“,
„Strahlendes Element“ verzichtete auf Höflichkeitsfloskeln oder Ähnlichem.
„Ja, ich verstehe dich.“,der Fremde sprach zwar mit einem schwerem Akzent, doch seine Worte kamen flüssig aus seinem Munde.
Innerlich war „Strahlendes Element“ verwirrt und besorgt, dieser Mann verstand wahrscheinlich alles, was sie sagten.
„Wer bist du und was willst du hier?“
„Mein Name ist unwichtig, ich wurde von meinem Herrn geschickt, um euch unbemerkt zu ihm zu bringen.“
„Wer ist dein Herr und warum kommt er nicht selbst?“
„Mein Herr möchte es vermeiden, in der Öffentlichkeit mit euch gesehen zu werden.“
„Antworte, wer ist dein Herr? Oder soll ich nachhelfen?“
Mit einem Wink, griffen „Wolfsblut“ und „Silberstern“ sich die Arme des Bovaners und hielten und fest.
„Ich wurde angehalten es nicht zu verraten, was auch kommen mag. Seid unbesorgt, es ist keine Falle.“
„Warum sollte ich dir Glauben schenken?“
„Weil ich die Wahrheit sage.“
„Strahlendes Element“ verzog sein Gesicht zu einer Grimasse, er hatte schon oft erlabt, dass die vorgegebene Wahrheit relativ war, je nach Sichtweise.
Aber seine Neugier war geweckt, wer wollte mit ihnen reden? Woher wusste dieser, dass sie hier waren?
„Lasst ihn los! Sag mir, warum möchte dein Herr sich mit uns unterhalten?“
„Er hat es mir nicht gesagt.“
„So kommen wir nicht weiter. Sag ihm, deinem Herrn, er soll zu uns kommen, wenn er etwas will.“
„Strahlendes Element“ wollte schon gehen, als der alte Mann seine Stimmer erhob.
„Er kann nicht. Vertraut mit, bitte. Die Zukunft unserer beiden Völker hängt davon ab. Er möchte gerne mit euch reden, er könnte sich auch nehmen, was ihr mit euch führt!“
„Woher,......“,
„Strahlendes Element packte den alten Mann am Umhang und am Hals.
„Sprich, wenn du leben willst, was weiß dein Herr?“
„Ich...bitte,....ich weiß es nicht, er teilt....mir...seine Gedanken nicht mit,...bitte....“
Nur sehr leise und röchelnd kamen die Worte hervor.
„Strahlendes Element ließ von ihm ab und verschränkte die Arme vor sich.
„Also gut, führe mich zu deinem Herrn“,
„Wolfslauf“ und „Silberstern“ wollte protestieren, doch „Strahlendes Element“ wiegelte sie ab.
Er deutete „Silberstern“ mit herauszukommen, er wollte ihm noch ein paar zusätzliche Anweisungen geben, falls er nicht zurückkommen sollte.
Dann holte „Strahlendes Element“ seine Lederrüstung und seinen Helm, dazu das Kurzschwert, er wollte nicht waffenlos in die Nacht hinaus gehen.
„Seid unbesorgt, eure Waffen werdet ihr nicht brauchen.“
„Still“ Was ich mitnehme, entscheide ich.“
„Strahlendes Element“ wollte sich nicht vorschreiben lassen, ohne Waffen loszumarschieren. Der alte Mann ließ sich nichts anmerken, ob er besorgt war oder die Drohung ernst nahm, er wartete ruhig und geduldig bis zum Abmarsch.
Die beiden ungleichen Männer stiefelten in die kühle Nacht hinaus, vorbei an den vielen anderen Nachtlagern, der Reisenden und Händler. Der alte Mann hatte davon abgeraten eine Fackel mitzunehmen, deshalb sah man kaum, wo man hintrat und doch fand der Ältere sicher den Weg zum Stadttor, durch das „Strahlendes Element“ tagsüber hindurchging. Sie erreichten das geschlossene Tor und der Irokese fragte sich, wie der alte Mann in die Stadt kommen wollte. Dieser klopfte nun mehrmals an die dicken Holzbohlen. Die Pausen zwischen den einzelnen Klopfgeräuschen waren unterschiedlich lang. Dann wartete der Fremde geduldig. „Strahlendes Element“ hielt es kaum noch aus, wenn sie jemand sehen würde. Doch das wurden sie erlöst, als das Tor langsam mit einem Quitschen und Knarren langsam geöffnet wurde, nur einen Spalt, doch zum Eintreten reichte es gerade.
Sie huschten beide schnell durch den Spalt und das Tor rumpelte wieder zu.
Nun waren sie in der Stadt......