Chaire, werter Leser, wer immer du auch sein und wann immer du diese Zeilen lesen magst.
Dies ist die Chronik des Herrscherhauses der Seleukiden, der treuen Verweser des wahren Erbes unseres großen Königs Alexanders.
Dessen Traum von einem geeinten Kosmos, in dem Ost und West unter der sanften Hegemonie der griechischen Kultur friedlich und fruchtbar miteinander leben können sollten, zerbrach mit seinem frühen Tod und mit ihm sein Reich.
Zurück blieben die Reste, um die sich seine Generäle balgten, derweil bereits die Aasgeier sich um sie scharten, um sich ihren Teil der Beute zu sichern.
Von Osten und Nordosten drängen Armenier, Parther und Ponter heran, alle mit einer halbgaren Bildung, und meinen, nur weil makedonische und griechische Soldaten ihre Frauen und Töchter geschwängert haben hätten sie Anrecht auf Aufnahme in den Kreis der Edlen, die um die Nachfolge des einzig wahren Herrschers wetteifern.
Die Griechenstädte haben sich zu einem Bund zusammengeschlossen, einzelne Städte sich gar für unabhängig erklärt, auch wenn das makedonische Kernland da sicher anderer Ansicht sein dürfte.
Das größte Übel aber lauert im Süden.
Die Dynastie der Ptolemaier wurde von verbrecherischen Nilschlammkreaturen gestürzt. Die Priester der alten dämonischen Gottheiten Ägyptens erkoren einen wackeren aber tumben Soldaten zum neuen Pharao eines neuen ägyptischen Reiches.
Der Funken der hellenischen Vernunft versinkt im Sumpf alten Irrglaubens. Dämonen und Zauberer regieren einen Landstrich, der reich und fruchtbar ist wie kaum ein zweiter.
Die Jahre des Krieges lasteten schwer auf dem Herrschaftsgebiet der Seleukiden. Mit wechselndem Erfolg wurde gestritten.
Der alte Herrscher Seleukos starb nach einem heftigen Streit mit seinem Sohn über den weiteren politischen Kurs, als er aus Wut und Trotz nicht eingedenk seines hohen Alters von 87 Jahren die Dienste seiner ... die Römer nennen sie Fellatrica ... im Übermaß in Anspruch nahm.
Ah ja, die Römer!
Noch so ein emporgespültes Volk, dass nach der Weltherrschaft greift. Wie gut, dass die Lenker dieses Staatswesens so zerstritten sind. Noch besser, dass sie – noch – weit im Westen herrschen, und am allerbesten, dass sie ein begehrliches Auge auf die Schätze Karthagos geworfen haben. Mögen sie daran ersticken!
Und mögen die Wilden aus dem Norden ihnen ein weiteres „vae victis“ entgegenschleudern!
Die Geschicke des seleukidischen Reiches liegen nun in der Hand des Strategen Antiochos.
Mein Name lautet Iosua Sosigenes Makkabaios, Hofschreiber und Chronist zu Antiochia, der Perle der Levante. Mein Bericht beginnt im Jahre 270 vor dem errecjneten Jahr des Heiles.
Das Land liegt danieder, die meisten Städte der verbliebenen 6 Provinzen können nur als Ortschaften bezeichnet werden. Es fehlt an Straßen und Handelsmöglichkeiten und vor allem an qualifizierten Soldaten. Die Infrastruktur muss mühsam aufgebaut werden.
Antiochos weiß um diese Dinge und teilt diese Ansicht mit seinem Sohn und Erben Aristarchos. Im Stillen verflucht er seinen langlebigen Vater, der uneinsichtig alle Ressourcen des Landes seinen stümperhaften Feldzügen opferte. Antiochos zählt mittlerweile 60 Jahre, und er weiß, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt, das Ruder noch einmal herumzureißen.
Im Traum erschien ihm der alte Held aller Griechen, Achilles, und sprach zu ihm den Orakelspruch: „Ein mit Gold beladener Esel übersteigt die mächtigsten Mauern.“
Aus diesem Grund verzichtet Antiochos auf eine Aufstockung des Militärs, statt dessen werden Diplomaten ausgebildet und Straßen und Märkte gebaut. Ein Teil der Bauernmilizen wird sogar aufgelöst um Reichtum und Wohlstand zu mehren.
Innerhalb eines Jahres strömen aus Antiochia und Seleukia Diplomaten in alle Himmelsrichtungen aus, gebildet in guter sophistischer Tradition, von ihren Lippen tropfen Honig und Wein, von ihren Fingern Goldstatere.
Dennoch wird mit Hochdruck an dem Aufbau einer fähigen Reiterei gearbeitet, denn wo viel Gold ist, sind die nicht fern, die es auch gerne besäßen.
Leider stirbt Antiochos nach nur zwei Jahren Regentschaft.
Allzu lange hatte ein unfähiger Vater sich an Leben und Macht geklammert und dem fähigen Sohn verweigert seine Fähigkeiten zu entfalten.
Er war jedoch auch in dieser Hinsicht vorausschauend und hat seine Söhne in die Regierungsarbeit eingebunden.
Sein Sohn und Erbe und neuer Herrscher, Aristarchos, kann auf die Erfahrungen und Pläne des Vaters bauen.
Handelsverträge mit allen Nachbarn, also mit Ägypten, Pontus, Parthien und Griechenland werden geschlossen.
Diese sind allerdings so lukrativ, dass mit einer baldigen Intervention der Nachbarn zu rechnen ist. Dunkle Wolken drohen am Horizont ... .