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Thema: Die Geschichte der mongolischen Großkhane in ihrer Zeit von Jean Mabillon

  1. #1
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    Die Geschichte der mongolischen Großkhane in ihrer Zeit von Jean Mabillon

    Hier werden in unregelmäßigen Abständen kurze Lebensbeschreibungen verschiedener Persönlichkeiten aus der mongolischen Geschichte eingestellt.

  2. #2
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    Ögedei Khan war der zweite Herrscher des mongolischen Reiches. Sein Geburtsjahr kann mit Hilfe einer Schenkungsurkunde aus Karakorum auf das Jahr 1189 christlicher Zeitrechnung datiert werden. Ögedei wurde bereits um 1218 von seinem Vater zum Nachfolger erkoren, obgleich er zwei ältere Brüder hatte. Als Kronprinz nahm er an mehreren Feldzügen teil und blieb nach seiner Herrschaftsübernahme ein gefürchteter Kriegsherr, war zugleich aber ein milderer Mann als seine Brüder, wie mehrere Beispiele zeigen.

    Ögedeis Herrschaft währte von 1227 bis 1249 und war von vielen Eroberungen in Europa, im Orient und im Fernen Osten geprägt. Für die späteren Generationen wurden vor allem einige Einrichtungen bedeutsam, die der Großkhan oder einer seiner Beamten erdacht hatte. Dazu gehören die Reichspost, die – allerdings noch ungeordnete und daher oft sehr bedrückende – Steuererhebung, der Ausbau Karakorums zur ersten Hauptstadt des Reiches und die noch gänzlich von Unterworfenen getragene Einführung einer schriftkundigen Verwaltung, der auch wir viele wichtige Erkenntnisse entnehmen konnten. Die bedeutendste Quelle für die Bezahlung der gewaltigen Heere und die Prachtentfaltung des mongolischen Adels blieb jedoch die Beute aus den unterworfenen Ländern.

    Die wichtigste Errungenschaft seiner Herrschaftszeit war gewisslich eine gerechte Regelung der Thronfolge, die über viele Jahrhunderte Bestand haben sollte und auch in unseren Tagen noch gilt. So gelang es ihm trotz des frühen Todes seines ältesten Sohnes, die Herrschaft im Frieden an einen Nachfolger – seinen Neffen Batu – zu übertragen. Heute hat Ögedei bei den Mongolen ein ehrenvolles Angedenken, obgleich seine Linie als ausgestorben gilt und sein heidnisches Grabmal an einem unbekannten Ort errichtet wurde.
    Geändert von Jon Snow (14. November 2023 um 13:48 Uhr)

  3. #3
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    Batu I., ein Enkel des großen Dschingis von dessen ältestem Sohn Dschötschi und ein Neffe des vor ihm regierenden Großkhans Ögedei, schien mit der Zurücksetzung und dem frühen Tod des Vaters jede Gelegenheit zur Machtübernahme verloren zu haben. Eine Reihe von (aus seiner Sicht) günstigen Todesfällen, die Thronfolgeregelung von 1242 und die schwere Niederlage des letzten noch lebenden Sohnes Ögedeis in Nordchina brachten den Großkhan aber dazu, seinen Neffen als Nachfolger einzusetzen.

    Die Übernahme der Regierung nach Ögedeis Tod im Jahr des Herrn 1249 verlief mühelos, da die Brüder Batus hinter ihm standen. Er lohnte es ihnen mit bedeutenden Landgeschenken, der Übertragung wichtiger Feldzüge und einer ehrenvollen Behandlung. Besonders Berke, dessen Ambitionen man in Karakorum gefürchtet hatte, wandelte so rasch seinen Sinn und stand Batu und dessen Sohn Sartaq treu zur Seite.

    In den letzten beiden Jahren seiner kurzen Regierung (1249-1255) wurde er von Sartaq recht stark beeinflusst und übernahm auf dessen Ratschlag mehrere europäische Titel, darunter im Jahr des Herrn 1253 auch das Kaisertum, das in unseren Tagen den Deutschen zukommt. Batu soll auf dem Sterbebett den christlichen Glauben angenommen haben, wie ein junger Hofkaplan öffentlich bezeugte. Seine letzte Ruhestätte fand der Großkhan in der Krypta der Thomaskathedrale zu Karakorum. Sartaq I. dachte später darüber nach, die Gebeine seines Vaters nach Sarai zu holen, entschied sich aber schließlich aus Pietät dagegen.
    Geändert von Jon Snow (14. November 2023 um 13:48 Uhr)

  4. #4
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    Sartaq I., ein Urenkel des Welteroberers Dschingis, kam im Jahr des Herrn 1225 zur Welt. Es war lange umstritten, ob der erste Khagan seinen Urenkel noch gesehen hat, doch eine gute Beschreibung des Hofbeamten Yelü Chucai im Archiv von Almaliq zeigt, dass Batu Khan den kleinen Knaben nur wenige Monate nach der Geburt zu seinem Urgroßvater brachte und von ihm einen Segen erbat. In seiner Kinder- und Jugendzeit erlebte Sartaq die Eroberungen des Großkhans Ögedei und nahm auch selbst mit seinem Vater Batu an einigen Schlachten teil. Dabei bewährte er sich als guter Stratege, was die Thronfolge seines Vaters begünstigt haben soll.

    Auch die anscheinend gesicherte Nachfolge sprach in den letzten Jahren Ögedeis für Batus Herrschaftsübernahme. Sartaq hatte nämlich 1244 und 1248 von seiner Frau Gulnaz zwei gesunde Söhne (Tohtu und Timur) geschenkt bekommen. Als Batu I. 1249 wirklich Großkhan wurde, machte er Sartaq zum Kronprinzen und achtete sehr darauf, dass seine Brüder ein gutes Verhältnis zu ihrem Neffen aufbauen konnten. Besonders Berke, mit dem Sartaq den großen Feldzug nach Europa unternahm, schätzte ihn und stärkte ihm bei der Thronfolge einige Jahre später den Rücken. Dazu trug wohl auch bei, dass Berke und Sartaq 1254 gemeinsam die christliche Taufe empfangen hatten.

    1255 übernahm der 30jährige schließlich die Regierung, wobei ihn seine Onkel und Brüder nach Kräften unterstützen. Daher konnten die Eroberungen in Europa, Indien, dem Orient und Ostasien fortgeführt und mit der Unterwerfung der Song 1269 abgeschlossen werden. Der „lange“ Kuriltai von 1270 bis 1272 stellt nach Meinung vieler Gelehrter den Übergang zur Konsolidierung des Reiches dar: Steuererhebung und Verwaltung sollten nunmehr mit größerer Ordnung vorgenommen werden und weniger bedrückend sein, indem man das Satrapenamt einführte und die eroberten Länder in Provinzen einteilte. Einige Historiker zweifeln jedoch an dieser Überlegung, da doch Sartaqs Onkel Orda just zu dieser Zeit noch rücksichtslos die Ostseeländer unterwarf und viel Beute nach Karakorum schickte. Dennoch zeigen die Urkunden dieser Zeit, dass sich etwas veränderte. Die Ablage von Akten in der 1274 gegründeten neuen Hauptstadt Sarai ist trefflicher und von weit besserer Qualität als das einigermaßen ungeordnete Archiv zu Karakorum.

    Zu dieser Zeit sorgte der älter werdende Großkhan sich vor allem um seine Nachfolge. Dabei hatte er große Furcht, die beiden sehr unterschiedlichen Söhne würden sich entzweien oder gar um die Herrschaft Krieg führen. Die beiden waren wahrlich von ganz anderem Charakter: Der grüblerische Tohtu schloss nur wenige Freundschaften, die dann aber stets für das ganze Leben zu halten pflegten, während Timur die Menschen leicht für sich gewann, sich aber in vielen Fällen auch Hass zuzog, nicht zuletzt den Zorn gekränkter Ehemänner. Bei Hofe wurde etwa darüber gespottet, dass Timurs erste uneheliche Tochter 1264 sogar einige Monate vor Tohtus erster ehelicher Tochter zur Welt kam.

    Sartaqs Befürchtungen wurden jedoch nicht Wirklichkeit, denn Tohtu und Timur schätzten einander sehr. Als der Großkhan seinen Ältesten 1289 mit eigenen Eroberungen in Südindien beauftragte, handelten die Brüder einmütig und mit großem Erfolg. Die von beiden Heeren gemeinsam eroberte Hafenstadt Melaka ist noch in unseren Tagen eine wichtige Metropole des Reiches. Als der 76jährige Großkhan 1301 schließlich entschlief, konnte Tohtu ohne jede Anfechtung die Herrschaft übernehmen. Sartaq fand seine letzte Ruhe in der Marienbasilika zu Sarai an der Seite seiner Frau Gulnaz.
    Geändert von Jon Snow (20. November 2023 um 22:05 Uhr)

  5. #5
    Wolf im Krokodilpelz Avatar von Mongke Khan
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    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    Möngke Khan (*1384) war ein Jugendfreund des späteren Großkhans Negübei und galt als dessen rechte Hand, nachdem dieser den Thron übernommen hatte. Schon als Kinder und Jugendliche waren die beiden unzertrennlich, und Möngke soll Negübei sogar einmal bei einer Elchjagd im hohen Norden das Leben gerettet haben. Möngkes Familie führte sich auf Dschingis Khans jüngsten Sohn Tolui und dessen Töchter und Söhne zurück, von denen der Älteste ebenfalls den Namen Möngke trug. Inzwischen konnte man zwar nicht mehr auf den Gewinn des Thrones hoffen, doch blieb man stets ein sehr angesehenes und wohlhabendes Hochadelsgeschlecht und zudem verwandtschaftlich eng mit den Sartaqiden verbunden. Der junge Möngke galt daher als angemessener Umgang für den Kronprinzen.

    Da Negübei sehr jung an die Macht gelangte, fürchteten viele Adlige, dass er die Toluiden in ungerechter Weise bevorzugen werde, um dem Freund zu gefallen. Diese Angst zerstreuten die beiden halben Knaben jedoch mit erstaunlicher Klugheit. Möngke erhielt kein Amt, das ihm vom Alter und Rang her nicht zustand, so dass ihm sein Einfluss kaum verargt werden konnte. Nach Negübeis Tod selbst schwer erkrankt, zog Möngke sich schließlich 1411 nach Europa zurück, wo er viel Land erwarb und wo seine Familie bis in unsere Zeit verblieb. Die Khane von Schwaben, die Herzöge von Burgund und einige kleinere Adelsgeschlechter im Südwesten Deutschlands können sich auf ihn zurückführen.
    Geändert von Jon Snow (12. Oktober 2023 um 22:39 Uhr)

  6. #6
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    Tohtu I., der fünfte Großkhan, regierte nur sehr kurz (von 1301 bis 1304), spielte aber in der Zeit als Kronprinz eine wichtige Rolle. Man kann sein Leben nicht ohne das seines Bruders Timur beschreiben, den man „den Seefahrer“ nennt. Die heutigen mongolischen Großkhane führen sich sämtlich auf diese beiden so unterschiedlichen Männer zurück, die doch ein sehr harmonisches, brüderliches Miteinander pflegten. Der 1244 geborene Tohtu war eher ruhig und zurückhaltend, manchmal sogar etwas schwermütig. Seine erste Ehefrau Khulan, die er 1263 heiratete, liebte der Kronprinz von ganzem Herzen. Die beiden bekamen vier Töchter (Saruul 1264, Ujvara 1266, Thuy 1267, Ayelet 1269) und einen Sohn (Sartaq 1271) geschenkt. Der als Nachfolger seines Vaters in Betracht gezogene Sartaq litt jedoch Zeit seines Lebens an Blutarmut und starb bereits in seinem 20. Lebensjahr.

    Der 1248 geborene Timur war ein begeisterter Reiter und mitreißender Redner und konnte die Menschen gut für sich einnehmen. Auch in Liebesdingen kostete er das Leben aus. Als zwischen 1264 und 1266 drei uneheliche Töchter des jungen Prinzen zur Welt kamen, sah sich Sartaq I. zu einem Machtwort gezwungen. Timur musste heiraten, doch er gewann das Herz der damals als „schönste Frau des Reiches“ bezeichneten Fürstin Zarina von Twer für sich. Die Ehe war anfangs recht glücklich, und den beiden wurden nicht weniger als sieben Kinder geschenkt, die zwischen 1267 und 1277 zur Welt kamen.

    Die Sorge des Großkhans Sartaq, der sich im Alter allmählich zu einem echten Patriarchen entwickelte, galt stets der Einheit zwischen den Söhnen. So verfügte er, dass Tohtus Sohn eine der Töchter Timurs heiraten solle. Die 1271 geborene Iolani hatte von Kindheit an eine enge Beziehung zu ihrem Cousin, doch da sie gut zwei Monde älter als er war, erschien dem Großkhan eine Ehe unschicklich. Daher nötigte er seine Söhne, den kleinen Sartaq mit der nächstjüngeren Tochter Timurs zu verloben, der 1273 geborenen Amynta. Diese schätzte ihren schwächlichen Cousin nicht besonders, und da ihr Aussehen bald dem ihrer Mutter zu gleichen begann, glaube sie auf eine weit bessere Partie hoffen zu dürfen. Großkhan Sartaq aber war unerbittlich, und 1287 mussten die beiden halben Kinder sich das Jawort geben – eine Ehe, aus der nach den Worten des großen Gelehrten Vladimir von Nowgorod nur ein Gutes entsprang, nämlich der spätere Großkhan Putraq.

    Auch auf die Ehe Timurs und Zarinas begann ein Schatten zu fallen. Der leichtlebige Prinz pflegte auf seinen Entdeckungsfahrten seit 1277 zahlreiche Liebschaften, aus denen zehn oder mehr uneheliche Kinder hervorgingen, was die Prinzessin mit Recht verletzte. Timurs militärische Erfolge sorgten jedoch dafür, dass seines Vaters Kritik eher milde ausfiel, obwohl der sittenstrenge Großkhan solches eigentlich nicht guthieß. Der Prinz durfte sogar mehrere Nachkommen legitimieren und mit Gütern in den eroberten Gebieten ausstatten, wo viele ihrer Kindeskinder noch heute eine wichtige Rolle spielen. Zarina musste auch noch weitere Unglücksfälle verkraften, denn zwei ihrer Söhne und zwei ihrer Töchter gingen schon früh in die Ewigkeit ein. Ihr ältester Sohn Sartaq wuchs ihr daher besonders ans Herz.

    1299 heiratete der verwitwete Kronprinz Tohtu die viel jüngere Inara aus altindischem Adel, die als ebenso schön wie ehrgeizig galt. Doch als Sartaq I. 1301 das Zeitliche segnete, weilten Tohtu, Inara und Timur noch in den neu eroberten Gebieten. Daher übernahm Zarina in Sarai die Regierung des Reiches, bis Tohtu 1303 schließlich dort eintraf. Im selben Jahr starb sein Bruder Timur, und Inara kam in Täbris mit Zwillingen nieder. Anfang 1304 segnete auch Tohtu selbst das Zeitliche und wurde in der Marienbasilika zu Sarai beigesetzt.
    Geändert von Jon Snow (14. November 2023 um 13:50 Uhr)

  7. #7
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    Sartaq II. wurde 1304 mit 35 Jahren neuer Großkhan, doch die Luft Sarais schwirrte nur vor Gerüchten. Der Heimgang des Großkhans Tohtu und ihres stets untreuen Ehemannes Timur schienen für Khagana Zarina zu vorteilhaft, um auf natürlichem Wege zustande gekommen zu sein. Zarinas ehrgeizige Schwägerin Inara sah sich um ihre Hoffnungen betrogen, an der Seite des Großkhans herrschen zu können. Als sie mit ihren kleinen Zwillingssöhnen Ende 1304 in Sarai eintraf, war bereits alles entschieden und der Sohn ihrer Rivalin regierte das Reich. Die Thronfolge entsprach zwar durchaus den Abmachungen Timurs und Tohtus – Sartaq I. war über die zweite Ehe des Kronprinzen nicht erfreut und nahm ihm daher das Versprechen ab, nach seinem Herrschaftsantritt Timurs ältesten Sohn zu designieren – doch Inara mochte die Hoffnung gehegt haben, ihren Gatten im Laufe der Zeit für eine Änderung der Thronfolge gewinnen zu können.

    Sartaq II. entfloh den Spannungen der Hauptstadt und entschied sich, eine der letzten noch nicht unterworfenen Regionen der bekannten Welt zu erobern. Sein Mittelmeerfeldzug war zunächst sehr erfolgreich, doch in Südfrankreich und Spanien verhärtete sich der Widerstand der einheimischen Herrscher. Besonders die Kalifen erwiesen sich als zähe Gegner. So blieb der Großkhan deutlich länger in Südwesteuropa als ursprünglich geplant, während sich die Spannungen in Sarai immer mehr verschärften. Zarina und Inara sammelten Verbündete, und es entstanden zwei verfeindete Fraktionen. Dazu kam, dass der kinderlose Großkhan kurz vor seiner Abreise auf Wunsch des Reichsadels (und gegen den Widerstand seiner Mutter) seinen kleinen Cousin Sartaq – den älteren der beiden Zwillingssöhne Inaras – als Nachfolger designiert hatte. Damit standen nun die Mutter des Großkhans Sartaq und die Mutter des Kronprinzen Sartaq an der Spitze von zwei rivalisierenden Adelsgruppen, die beide mit „ihren“ Anführerinnen nach der Macht strebten. Als Sartaq II. 1311 plötzlich verstarb, drohte daher ein Bürgerkrieg. Der Leichnam des Großkhans wurde von seinen Begleitern durch Auskochen transportfähig gemacht – eine Praxis, welche die Päpste später verboten – und in Sarai an der Seite seines Onkels, seines Vaters und seines Großvaters in der Marienbasilika beigesetzt.
    Geändert von Jon Snow (14. November 2023 um 13:50 Uhr)

  8. #8
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    Sartaq III. war bei seiner Thronbesteigung erst acht Jahre alt, so dass eine Regentschaft nötig wurde. Da die Witwen Tohtus I. und Timurs des Seefahrers sich misstrauisch beäugten, blieb nur der betagte Patriarch Efehan von Sarai als Vermittler übrig. Er übernahm den Vorsitz des Kronrates, zu dem außerdem je vier Vertreter jeder Seite gehören sollten. Die Regierung war aber von Beginn an handlungsunfähig, da beide Fraktionen andauernd über die ungeklärten Todesfälle der letzten Jahre stritten und sich in Sachfragen kaum mehr einigen konnten.

    Dies zeigte sich besonders bei der Wahl eines Kronprinzen. Die ehrgeizige Inara sah ihren zweiten Sohn Kebek als „natürlichen“ Nachfolger des Bruders an. Da beide aber dasselbe Alter hatten, widersprach Zarinas Fraktion einer solchen Lösung vehement. Sie plädierte für einen erfahrenen Khan, der dann später immer noch auf seine Ansprüche verzichten könne. Zarina schlug mehrfach ihren jüngeren Bruder Togahan vor, der aber nur wenig Anklang beim Reichsadel fand.

    Als 1313 der „Kindkhan“ Sartaq schließlich überraschend starb – natürlich wieder begleitet vom Verdacht eines Giftmordes – war daher noch kein Kronprinz benannt worden. Sartaq III. fand seine letzte Ruhe in der Krypta seines Vaters und Großvaters und seines gleichnamigen Vorgängers (und Cousins) in der Marienbasilika zu Sarai.
    Geändert von Jon Snow (14. November 2023 um 13:51 Uhr)

  9. #9
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    Kebek I. und Timur I. waren über ihre Väter miteinander verwandt und wurden ähnlich wie ihr Vorgänger Sartaq III. als Kinder zu Großkhanen erhoben. Ihre Lebenswege waren bis dahin aber ganz unterschiedlich verlaufen. Kebek I. war als jüngerer Zwillingssohn Tohtus I. und Inaras 1303 in Täbris geboren worden und in Sarai bei seiner Mutter aufgewachsen. An der „Herrschaft“ seines Bruders hatte er regen Anteil genommen, wobei er in den Berichten dieser Zeit manchmal auch als etwas neidisch beschrieben wird. Als der Kuriltai sich 1313 in zwei Fraktionen spaltete, wählten die „Tohtuiden“ ohne Gegenstimme den aus ihrer Sicht naheliegenden Kandidaten zu ihrem neuen Großkhan. Seine Anhänger kontrollierten den größeren Teil des Reiches, nämlich Europa, Westasien und den Vorderen Orient.

    Der „timuridische“ Teil des Reichsadels hatte keinen so offensichtlichen Kandidaten, da kein ehelicher Sohn Timurs mehr lebte. Schließlich überwand Zarina ihren Stolz und fand eine überraschende Lösung: Der jüngste der unehelichen, aber legitimierten Söhne Timurs des Seefahrers wurde als Timur I. zum neuen Herrscher gewählt. Der 1301 geborene Timur hieß bis zu seiner Thronbesteigung Axeu und wuchs auf einem Gut einige Reitstunden von Sarai entfernt bei seiner leiblichen Mutter auf. Da die Timuriden sich vor allem auf den Reichsadel des Ostens stützten, blieb die Kritik christlicher Kleriker an der Erhebung eines unehelichen Kindes nahezu wirkungslos. Beide Seiten hatten daher die nötigen Machtmittel, um sich zu behaupten. Das Reich litt in der Folge unter zahlreichen Revolten einheimischer Potentaten und unter den Operationen der Heere, die im Namen beider Großkhane ohne Erfolg die militärische Entscheidung suchten.

    Kebek I. und Timur I. regierten beide während ihrer ganzen Herrschaftszeit nicht selbst. Zur Zeit Sartaqs I. hatte man die vorher regional höchst unterschiedlich gehandhabte Praxis bei der Volljährigkeit für den (männlichen) Reichsadel vereinheitlicht. Knaben konnten nun auf dem Kuriltai nach ihrem 18. Geburtstag offiziell für volljährig erklärt werden, was in der Praxis auf eine Zeitspanne zwischen dem 19. und 21. Lebensjahr hinauslief und zugleich die adligen Männer zweier Jahrgänge mit dem Großkhan verband. Dieser übernahm es nämlich in aller Regel, die Symbole der Volljährigkeit (ein Pferd, einen Bogen und einen Zhada) in einer gemeinsamen Zeremonie im Namen der Familien zu verleihen. Timur hätte demnach ab 1319/20 für volljährig erklärt werden können, doch Zarina sorgte dafür, dass der letzte Kuriltai im Osten etwas früher stattfand, um ihm keinen Anteil an der Herrschaft überlassen zu müssen. Kebek I. wäre ab 1321/22 im richtigen Alter gewesen, doch Mitte 1322 hatten sich beide Fraktionen schon auf eine gütliche Lösung des Thronkonflikts verständigt und einen gemeinsamen Kuriltai für 1323 einberufen.

    Da keine Seite imstande war, die jeweils andere mit Gewalt zu unterwerfen – eine Erfahrung, die sich bei den späteren Reichsteilungen wiederholen sollte – und die beiden „mannhaften Witwen“ Inara und Zarina Ende 1321 und Anfang 1322 verstorben waren, war aus Sicht des Adels eine friedliche Einigung geboten. Besonders die Khane aus rebellierenden Regionen forderten ein Ende des Bürgerkrieges und eine Unterwerfung der Aufrührer. Die Fraktionen verständigten sich darauf, keine Entscheidung über die Legitimität der Großkhane zu treffen. Stattdessen sollten Timur und Kebek auf dem Kuriltai in der Reihenfolge ihres Lebensalters für volljährig erklärt werden und danach sofort zugunsten von Putraq I. abdanken. Dieser Enkel Tohtus I. und Timurs I. war für beide Fraktionen akzeptabel, und die rivalisierenden Großkhane erklärten wie geplant ihren Thronverzicht zu seinen Gunsten.
    Geändert von Jon Snow (15. März 2024 um 14:46 Uhr)

  10. #10
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    Putraq I. kam 1288 als Sohn Sartaq Khans, des Sohnes von Kronprinz Tohtu aus erster Ehe und der dritten Tochter Timurs des Seefahrers, der wunderschönen Amynta, zur Welt. Seine Eltern waren damit Cousin und Cousine und seine Großväter Brüder. Die Ehe stand nicht unter einem guten Stern, da Prinzessin Amynta ihren schwächlichen Gemahl nicht schätzte und dieser eine viel engere Bindung zu ihrer Schwester Iolani hatte, die seine intellektuellen Interessen teilte. Bei Putraqs Geburt lebten die Eheleute bereits weitgehend getrennt, und der kränkliche Sartaq starb nur wenige Jahre später im Frühjahr 1291. Da Großkhan Sartaq I. seiner Enkelin eine zweite Ehe verweigerte, zog diese sich auf ihre Güter zurück, wo sie sich mehr und mehr spiritistischen Praktiken zuwandte. Nur fünf Jahre später kam sie bei einem schweren Brand um, den sie während einer Geisterbeschwörung angeblich selbst entfacht hatte. Der damals achtjährige Putraq lebte bereits seit 1292 bei seiner Tante Iolani und hatte seine Mutter schon seit mehreren Jahren nicht mehr gesehen, blieb also recht gefasst. Iolani sorgte dann auch für eine hervorragende Ausbildung des Knaben, der sogar einige Semester an der Universität von Sarai eingeschrieben wurde, was damals für Angehörige der Dynastie noch ungewöhnlich war. Seine Volljährigkeit erlangte Putraq erst auf dem Kuriltai von 1311, da in den Jahren des Mittelmeerkrieges mehrere Versammlungen vertagt worden waren. Als Großkhan erließ er dann ein Gesetz, das die frühestmögliche Verleihung der Volljährigkeit auf den 17. Geburtstag vorverlegte und bei einem Ausfall von Kuriltai Sonderregelungen vorsah, so dass niemand mehr über sein 20. Lebensjahr hinaus auf den Erwachsenenstatus warten musste. Putraq selbst profitierte aber sogar von seiner langen Unmündigkeit, da er an der Bildung zweier Adelsfraktionen in Sarai nicht beteiligt war und so auch nicht ins Visier von Meuchelmördern geriet.

    Als die Spannungen in Sarai unter Sartaq III. zunahmen, sorgte Iolani dafür, ihren Neffen aus der Schusslinie zu bringen, denn sie fürchtete einen Mordanschlag einer der Fraktionen auf den möglichen Prätendenten. Kurz vor Sartaqs Tod gelang es ihr schließlich, Putraq in die Satrapie Narwa versetzen zu lassen, wo er zwischen 1313 und 1322 als Ansprechpartner für die der Tributpflicht unterworfenen finnischen Stämme fungierte. Da die Tribute zunächst an den Satrapen von Narwa geliefert wurden, musste der junge Adlige selbst nicht Position für eine der zwei Fraktionen beziehen, als diese eigene Großkhane ausriefen. So konnte Putraq im Sommer 1322 als möglicher Kompromisskandidat beider Adelsgruppen erscheinen, wofür vor allem seine Tanten Saruul, Iolani und Ayelet mit all ihrem Ansehen eintraten.

    1323 wurde Putraq schließlich vom Kuriltai in Karakorum zum Großkhan gewählt. Als erste Reichsadlige huldigten ihm seine beiden Vorgänger Kebek I. und Timur I. samt ihren engsten Vertrauten. Der neue Herrscher versuchte sofort, Milde und Großzügigkeit zu zeigen. Adlige beider Seiten erhielten enteigneten Besitz in der jeweils anderen Reichshälfte zurück und es wurden in Härtefällen auch Entschädigungen gezahlt. Da Putraq I. Zugriff auf das Reichsgut, den Besitz der 1319 erloschenen Linie Ögedei Khans und viele Eigengüter der Tohtuiden und Timuriden hatte, konnte er sich solche Großzügigkeit leisten und sogar seine Vorgänger mit reichen Apanagen bedenken. Auch seine finnischen Freunde, die sehr unter Eindringlingen aus dem Süden litten, gingen nicht leer aus: 1324 wurde Nordfinnland dem mongolischen Schutz unterstellt und der Satrapie Nowgorod zugeordnet. Die Gemeinden vor Ort behielten aber fast alle Nutzungsrechte am Land und seinen Naturreichtümern. Putraq demonstrierte andererseits auch die nötige Härte, wenn er abgefallene Gebiete und säumige Tributstaaten eroberte und meist unter Verlust bisheriger Privilegien wieder ins Reich integrierte.

    1331 kontrollierten die Mongolen schließlich wieder den Besitzstand aus der Zeit Sartaqs III. und in Europa, Nordafrika und Indien sogar einige zusätzliche Provinzen. Das Reich erschien endgültig saturiert, doch zwei Entdeckungen sorgten für die letzte große Expansionsphase des Großkhanats: 1333 stießen arabische Seefahrer auf die ozeanische Inselwelt, und neun Jahre später entdeckte eine Flotte von den kurz zuvor eroberten Putraqinen aus die Neue Welt, die später als Amerika bekannt wurde. Die Eroberung des Kontinents, die Ausweitung der ursprünglich zur Sicherung der Seewege besetzten Gebiete in Afrika und in Europa und der wirtschaftliche Aufschwung steigerten Macht, Reichtum und Ansehen des Großkhans in ungeahnte Höhen. Da Putraq I. weiterhin ein sehr großzügiger Herrscher blieb, gelang es, das riesige, stetig wachsende Reich zu stabilisieren und den Reichsadel aller Regionen an Sarai zu binden. Auch Putraqs Familie profitierte von der Freigiebigkeit des Großkhans: Neben seiner Tante Iolani und ihren Schwägerinnen wurde auch die Familie seiner ersten Ehefrau Dena reich bedacht. Dena kam 1288 in der Nähe der späteren, auf Initiative von Kronprinz Ögedei geplanten Hauptstadt Dagomys zur Welt und wuchs nach dem Tod der Eltern seit 1296 bei ihrem Onkel und ihrer Tante in Sarai auf. Dort lernte sie Putraq auf einer Tanzveranstaltung im Frühjahr 1301 kennen, und die Jugendlichen freundeten sich allmählich an, wozu wohl auch eine ähnliche Kindheitserfahrung beitrug. 1307 wollten die beiden sich schließlich das Jawort geben, und Putraqs Tante Iolani sorgte trotz der noch ausstehenden Volljährigkeit des Prinzen für eine Erlaubnis Sartaqs II. Da die elternlose Dena nicht über eine dem Rang ihres Bräutigams angemessene Mitgift verfügte, sprang Iolani ebenfalls in die Bresche und stattete sie mit den nötigen Besitztümern aus. Der Ehe entstammten drei Söhne und vier Töchter, die aber nicht alle das Erwachsenenalter erreichten. Nach drei in der Hauptstadt geborenen Töchtern erblickte der spätere Kronprinz Ögedei 1315 in einem nordfinnischen Dorf das Licht der Welt. Dort wurden auch die anderen beiden – jedoch früh verstorbenen – Söhne und eine weitere Tochter namens Chellebaya geboren.

    Als Putraqs erste Ehefrau Dena im Jahr 1324 überraschend das Zeitliche segnete, heiratete der Großkhan nach dem Ablauf der Trauerzeit im folgenden Herbst die 1305 geborene, also deutlich jüngere Hochadlige Arbesa Thestiara, von der er weitere zwölf Kinder geschenkt bekam und die ihn um ein halbes Jahr überlebte. Die Familie des Großkhans wurde häufig als ein Vorbild der Harmonie, der Gerechtigkeit und der väterlichen Autorität dargestellt, und tatsächlich lebten die meisten Kinder und Enkel Putraqs relativ friedlich bei ihm zusammen, bis sie eigene Familien gründeten. Nach dem Tod seines ältesten Sohnes Ögedei im Jahre 1374, der ihn sehr traf, wählte Putraq Khan mit Tughluk überraschend einen jungen Khan aus der Enkelgeneration als designierten Nachfolger aus, obwohl dessen Vater Nambuq noch lebte. Die Gründe dafür wurden nie bekannt, es heißt aber, der Großkhan habe befürchtet, dass „ein alter Mann der Nachfolger eines alten Mannes“ werde, denn der 1326 geborene Ilgur und sein zwei Jahre jüngerer Bruder Nambuq gingen schon auf das 50. Lebensjahr zu, und die übrigen Söhne Putraqs waren bereits verstorben.

    Am 28. Oktober 1384 entschlief der greise Großkhan schließlich in West-Taman, wohin er sich für den Winter zurückgezogen hatte. Er wurde gemäß seinem Testament in Jerusalem bestattet und vom Volk bald als Heiliger verehrt. Seit der offiziellen Heiligsprechung im Jahre 1391 ist sein Gedenktag der 29. Oktober (da der 28. 10. ein Apostelfest beherbergt), der in Rom, Sarai, Dagomys und zahlreichen Städten des mongolischen Reiches als hoher Festtag begangen wird. 1418 wurden Putraqs Reliquien nach Dagomys gebracht.
    Geändert von Jon Snow (04. Februar 2024 um 22:35 Uhr)

  11. #11
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    Tughluk I. war ein Enkel Putraqs I. und der älteste Sohn von Nambuq Khan und seiner Frau Fei. Er wurde 1359 geboren und wuchs zusammen mit seinem nur wenig jüngeren Bruder Kabul im elterlichen Palais in Sarai und – nach der Verlegung der Hauptstadt – seit 1367 in Dagomys auf, in welchem später auch alle seine jüngeren Geschwister lebten. Putraq bestand nämlich darauf, dass seine Kinder und Enkel gemeinsam im Palast und bei der Reichsarmee erzogen wurden. So sollten sie eine freundschaftliche Bindung zueinander entwickeln, um später in Eintracht herrschen zu können. Außerdem konnte Putraq auf diese Weise ihre Erziehung aus der Nähe überwachen und nach seinen Idealen gestalten. Tughluk ragte dabei schon früh heraus, so dass sein Großvater ihn besonders schätzte.

    1374 wurde der junge Mann zwei Jahre früher als üblich für volljährig erklärt. Kurz zuvor war Kronprinz Ögedei verstorben, und zur Überraschung des Reichsadels schlug der Großkhan noch auf demselben Kuriltai seinen Enkel als designierten Nachfolger vor. Selbstverständlich dachte niemand daran, die Entscheidung Putraq Khans zu kritisieren, aber unter den Söhnen Ögedeis, die einige Jahre älter als Tughluk waren, kam doch ein gewisser Unmut auf. Zudem wusste niemand, wie lange der bereits 86-jährige Monarch noch leben würde, und Tughluk war natürlich noch nicht auf dieses hohe Amt vorbereitet worden. Der Großkhan aber verlor keine Zeit und bildete den wissbegierigen jungen Kronprinzen mit Hilfe von hervorragenden Hofbeamten und Gelehrten in allen Bereichen der Regierungskunst, der Militärkunde und der modernen Wissenschaften aus. Es wurde später gesagt, niemand sei jemals besser vorbereitet Herrscher aller Mongolen und Uiguren geworden als Tughluk Khan.

    Zehn Jahre später verstarb Putraq I., und Tughluk trat unangefochten die Nachfolge an. Zwar wurde hinter vorgehaltener Hand gesagt, dass der junge Herrscher nicht die Herzenswärme seines Großvaters habe, niemand bestritt aber seine Eignung für das Amt. Zu seiner Zeit kam die Eroberung Amerikas und Afrikas offiziell zum Abschluss, auch wenn im Inneren beider Kontinente noch bis weit ins 15. Jh. hinein Kämpfe ausgefochten wurden und einige sehr unzugängliche Regionen niemals ganz kontrolliert werden konnten. Die Gründung von zehn – später zwölf – Großsatrapien im Jahr 1391 wird von vielen Gelehrten als Übergang zur eigentlichen mongolischen Weltherrschaft angesehen, und die Urkunden der Großkhane in Dagomys scheinen diese Einschätzung zu bestätigen, denn ihre Zahl nimmt nun nochmals deutlich zu und sie erfassen wirklich die Länder des ganzen Erdenrunds.

    Ein wichtiges Anliegen war Tughluk die Religionspolitik. Schon 1385 verbot er den Übertritt getaufter Christen zu einem anderen Glauben, und für viele Klöster übernahm er persönlich die Schirmherrschaft, wenn dort ein wahrlich frommes geistliches Leben geführt wurde. Es sind aus seiner Regierungszeit sehr viele Urkunden in den Klöstern Europas und Westasiens zu finden, welche Privilegien des Großkhans bestätigen.

    Kronprinz Tughluk heiratete 1382 die 1366 geborene polnisch-mongolische Adlige Yasmina Theodora. Die beiden führten nach Berichten aus dem damaligen Hofadel eine tadellose Ehe. Ein Jahr nach der Hochzeit wurde den Eheleuten der erste Sohn Negübei geboren, doch hernach erlitt Yasmina Theodora mehrere Fehlgeburten, die sie mit großer Tapferkeit ertrug. Erst ein Jahr vor Tughluks Tod kam sein zweiter Sohn Yunus zur Welt. Der Großkhan erlag in der Blüte seiner Jahre überraschend einer Fieberkrankheit und wurde als erster Herrscher in der neu geweihten Erzengelabteikirche der Kartäuser zu Dagomys beigesetzt, in der später fast alle seine Nachfolger ihre letzte Ruhe fanden.
    Geändert von Jon Snow (20. November 2023 um 22:08 Uhr)

  12. #12
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    Negübei I. (*1383) musste schon recht früh den Thron übernehmen, nachdem sein Vater im 44. Lebensjahr plötzlich einer Erkrankung erlegen war. Der junge Herrscher hatte ein großes Interesse an der Neuen Welt, deren Eroberung zu seinen Lebzeiten offiziell abgeschlossen worden war, was er als Kind sehr intensiv wahrnahm. Erst viel später begriff er, dass die Zeremonie, der er 1393 staunend beigewohnt hatte, nur einen symbolischen Einschnitt in der Geschichte Amerikas darstellte und die Kämpfe gegen viele Stämme noch andauerten. Dennoch reifte in Negübei schon damals der Wunsch, als Kronprinz im Auftrag des Vaters diese neuen Satrapien persönlich aufzusuchen.

    Der frühe Tod Tughluks machte dieses Vorhaben zunichte, denn der junge Herrscher musste zunächst versuchen, die Spannungen aus seines Vaters Zeit zu mäßigen, was ihm durch eine tolerantere Vorgehensweise im religiösen Bereich auch glückte. So glaubte er Anfang 1406, sich endlich seinen großen Traum erfüllen zu können. Der überraschende Tod seiner Ehefrau Ariungaa im Frühsommer 1406 und die Einwände des Reichsadels wegen der Kinderlosigkeit Negübeis verzögerten die Abreise zwar erneut, doch der Großkhan ließ sich nicht beirren. Er designierte seinen Bruder Yunus zum Nachfolger und bestimmte einen Kronrat unter Leitung seiner Mutter Yasmina Theodora und seines Onkels Kabul Khan, der während der Reise die Geschäfte führen sollte.

    1407 machte Negübei sich schließlich auf den Weg. Die Huldigungen von Adel und Volk bei seinen Stationen auf der Reichsstraße zwischen Sarai und Taschkent ließen sein Herz höher schlagen, wie er in einem Brief an seine Mutter schrieb, der in einem Krakauer Stadtkloster erhalten geblieben ist. Da es immer wieder zu Krankheitsfällen kam, ging es aber nur recht langsam voran, und Ende 1409 traf es auch den Großkhan selbst. Er sank aufs Krankenlager, von dem er sich nicht mehr erhob. Da er 1410 auf einem Landgut bei Taschkent das Zeitliche segnete, fand er auch dort seine letzte Ruhestätte. Die kleine Dorfkirche St. Leo nördlich der Reichsstraße beherbergt noch heute seinen schlichten Steinsarg und pflegt liebevoll sein Andenken.
    Geändert von Jon Snow (14. November 2023 um 13:55 Uhr)

  13. #13
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    Yunus I. war ein Urenkel des heiligen Putraq und wurde 1401 geboren. Sein Vater Tughluk I. und sein deutlich älterer Bruder Negübei I. starben früh, so dass er das Amt des Großkhans bereits als Minderjähriger übernehmen musste. Er galt als ruhiges Kind und kam besonders mit Pferden gut zurecht. Als Junge hing er sehr an seiner Mutter und an seinem Onkel Kabul und war in der Öffentlichkeit recht schüchtern.

    Auf dem Kuriltai von 1418 wurde Yunus Khan für volljährig erklärt, ergriff anfangs aber nur sehr selten die politische Initiative. Neben seiner Mutter und seinem Onkel Kabul wurde der politische Erzieher Marek Khan einer der wichtigsten Ratgeber des jungen Herrschers, der von einem starken Bewusstsein für die Würde seines Amtes und die ruhmvolle Geschichte des Reiches durchdrungen war. Die besonders ehrenvolle Stellung Marek Khans bei Hofe hing auch mit der Verbindung zum Heiligen Putraq zusammen, die durch ihn gegeben war. Yunus Khan war ein besonders treuer Verehrer seines Urgroßvaters und ließ sich von Marek häufig Geschichten aus dessen Leben erzählen. Manche Höflinge sagten gerade in den Anfangsjahren seiner selbständigen Herrschaft hinter vorgehaltener Hand, der vaterlos aufgewachsene Khan lasse sich „von den Toten eher leiten als von den Lebenden“.

    Dennoch hatte Yunus einen wachen Blick für die nötigen Veränderungen, die das Reich für die Zukunft sichern würden. Neben seinem Onkel, seiner Mutter und Marek Khan wirkten daher auch mehrere jüngere Mitglieder des Reichsadels seit 1418 als wichtige Berater des Großkhans mit. Angeführt wurde die manchmal als „Reformpartei“ bezeichnete Gruppe von Yunus‘ Cousine Alina, die für ihn wie eine große Schwester war, da sie seit seinem fünften Lebensjahr mit ihrem Vater Kabul in seiner Nähe gelebt hatte. Zu den Reformern wurden außerdem Großsatrap Khalid Khan von Sarai, der stellvertretende Vorsitzende und spätere Vorsitzende des „Großen Kriegsrats“ Urus Khan, der gelehrte Leiter der Hofkanzlei Bulat von Prag und der junge Großsatrap Kublai Khan von Kiew gezählt, welcher später Erster Minister wurde. Nach der Heirat des Großkhans im Jahr seiner Volljährigkeit rechnete man auch seine Frau Samira (*1403), die aus einem südrussisch-mongolischen Adelsgeschlecht stammte, zu der informellen Gruppe.

    Mehrere Krisen in Westeuropa und Nordafrika beanspruchten aber bald die Aufmerksamkeit des Großkhans und seiner Berater, und auch wenn das Reich stets gestärkt und meist größer daraus hervorging, blieben die in einem so gewaltigen Herrschaftsgebiet ohnehin nur schwer durchzusetzenden Reformvorschläge meist in einem frühen Stadium stecken. Nach dem aus Gesundheitsgründen unabdingbar gewordenen Weggang Marek Khans, der 1430 von Yunus den wohlverdienten Ruhestand erbat, wurde Khalid Khan für gut zwei Jahrzehnte zum fast allein bestimmenden Mann bei Hofe, zumal er Yunus` Cousine Alina (mit den ihm eine enge Freundschaft und nach hartnäckigen Gerüchten auch eine Liebesbeziehung verband) hinter sich wusste. In dieser Zeit übertrug der Großkhan seinem Ersten Minister viele Aufgaben, die nach 1450 wieder auf mehrere Schultern verteilt wurden. Zwar blieb Yunus Khan auch in dieser Zeit gut informiert und behielt bei den wichtigen Fragen der Reichspolitik die letzte Entscheidung, doch viele Gelehrte sehen in dieser Zeit den Beginn der Tätigkeit einer eng vernetzten „Hofkamarilla“, die im späten 15. Jh. die Politik des Reiches bestimmte. Dennoch gelang es zu Yunus‘ Zeit, das gewaltige Reich weiter zu stabilisieren, unwirtliche Randgebiete in Afrika und Amerika besser zu kontrollieren und die Tributherrschaft über Nord- und Westeuropa zu festigen.

    Im Bereich des Glaubens und der weltlichen Wissenschaft gelten Yunus‘ Jahre als Zeit eines noch unsere Welt bestimmenden Umbruchs. Die unter Sartaq I. aus Europa gekommenen Vertreter einer scholastischen Theologie und ihre Schüler hatten für mehr als eineinhalb Jahrhunderte das geistige Leben des Reiches bestimmt. Nunmehr entstanden an den zahlreichen Universitäten – Yunus selbst gründete oder erweiterte mehr als 60 davon, darunter 1425 auch diejenige in Dagomys – verschiedene Lehrtraditionen, die häufig auf Beobachtungen der Natur und die Heilige Schrift aufbauten. Viele noch in unseren Tagen gern genutzte Erfindungen wurden in dieser Zeit gemacht. 1424 gelang es Yunus überdies, seine ohnehin schon große Macht über die gesamte Reichskirche vertraglich zu erweitern. Der Heilige Stuhl wurde zwar als Oberhaupt der Christenheit anerkannt, sein Einfluss aber schwand deutlich dahin. Alle Päpste des 15. und 16. Jh. waren zuvor Reichsbischöfe (sehr häufig Patriarchen von Sarai) gewesen und sahen den Petrusdienst oftmals als krönenden Abschluss ihrer Karriere an, die sie dem jeweiligen Großkhan verdankten. Nicht umsonst sollte der große Prediger Martin Luther später vor allem von Yunus IV. eine Reform der Kirche an Haupt und Gliedern erhoffen.

    Yunus I., den mehrere Gelehrte als schwachen und von Günstlingen abhängigen Monarchen darstellen, scheint das Reich nochmals bedeutend gestärkt zu haben. So sorgte er dafür, die Satrapen und Großsatrapen nur für eine oder höchstens zwei Amtszeiten in einer Region zu belassen, zog bei Erbschaften des Reichsadels den bereits unter Sartaq I. eingeführten, aber im Einzelfall häufig erlassenen „Khaganzehnten“ (10% bei einem Sohn, 15% bei einer Tochter und 25% bei entfernteren Verwandten) konsequent ein und achtete darauf, dass führende Adlige ihren Besitz möglichst im ganzen Reich verstreuten, um die Entstehung großräumiger Herrschaften zu verhindern. Man könnte den Großkhan daher als sehr starken, in jedem Fall aber sehr klugen Herrscher bezeichnen.

    Yunus und seine Frau Samira bekamen zwölf Kinder geschenkt, von denen neun (vier Söhne und fünf Töchter) das Erwachsenenalter erreichten. In den letzten zweieinhalb Jahrzehnten von Yunus` Herrschaft übernahm Kronprinz Nambuq immer mehr Verantwortung und wuchs so in seine Aufgabe hinein. Yunus Khan sprach häufig davon, dass sein Sohn das Amt besser vorbereitet übernehmen solle, als es ihm selbst 1410 vergönnt gewesen war. Auch die drei anderen Söhne und die Enkel des Monarchen – auch diejenigen, die seine Töchter geboren hatten – wurden mit wichtigen Aufgaben und ehrenvollen Ämtern betraut. Selbst der später als Yunus II. regierende dritte Sohn des Herrschers, der ein sehr einfaches Wesen hatte, durfte für einige Zeit als Großsatrap von Bagdad amtieren, auch wenn er sich dabei vollständig auf von seinem Vater ausgewählte Berater verlassen musste.

    Die Nachfolge des Großkhans schien gesichert, als er wie sein großes Vorbild Putraq I. 1471 im Kreis des Hochadels das Diamantene Thronjubiläum feiern konnte. Neben seinen Söhnen Nambuq (*1419), Kabul (*1421), Yunus (*1422) und Putraq (*1423) standen auch mehrere Enkel – darunter Nambuqs Sohn Timur – zur Verfügung. Zwar erwies sich diese Hoffnung ähnlich wie viel menschlicher Witz und weltliche Kunst als eitel, doch führen sich auch die heutigen Großkhane außer dem in Debul regierenden Geschlecht sämtlich auf Nachkommen Yunus‘ I. zurück. Im Jahr 1471 segnete der Großkhan schließlich das Zeitliche und fand seine letzte Ruhe neben seinem großen Vorbild Putraq Khan in der Erzengelabteikirche der Kartäuser zu Dagomys.
    Geändert von Jon Snow (29. November 2023 um 20:24 Uhr)

  14. #14
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    1471-1479 Nambuq I. (Sohn von Yunus I.)

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    1479-1484 Yunus II. (Bruder von Nambuq I., Sohn von Yunus I.)

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