Ungarn 1700 - Die Zeit der Arpaden

[Bassewitz]

Du bist aber auch sehr extrem darauf bedacht, dass niemand bei dir an Einfluss gewinnt.

Ich ziehe als Vergleich einfach mal die Erfahrungen mit den anderen großen Persönlichkeiten im Spiel heran. Die sind die einzige echte Vergleichsbasis, die wir haben. Die haben bisher nichts wildes verursacht. Waren fast schon zu ruhig. Ich habe mir mal das Leben des echten Francke angeschaut. War halt ein sehr sozial engagierter Theologe und hatte öfter Stress mit der evangelischen Kirche, weil er denen zu krass war. Den größten Impact hatte er jetzt aber nicht.

Ich vermute deshalb nicht, dass er die Kirche als Institution so sehr stärkt, sondern eher sein eigenes Ding machen will. Ist der nicht aus Warschau weg, weil er Geld für ein Waisenhaus sammeln wollte? Wenn man ihn seine gemeinnützige Arbeit lässt und in Volksbildung investiert, wird der schon glücklich.

Der restliche Klerus wird ihn also höchstwahrscheinlich nicht mögen. Das war historisch und im Spiel so. Also ist er für Staaten, die sich stark auf den christlichen Klerus als Unterstützer verlassen, viel eher eine Gefahr.

@Jon: Wie siehst du das denn? Passen Ungarns Bikdungsoffensiven zum Herrn Francke und mit wie viel Turbulenzen muss man mit ihm denn rechnen? Ne Kirchenspaltung drückst du Ungarn dadurch ja nicht einfach auf's Auge, wie ich dich kenne?

[Jon Snow]

Zur Religion habe ich zu Spielbeginn eine kleine Zusammenfassung gemacht:

Die Religionen spielen in diesem Szenario eine gewisse Rolle, zumal auch einige Staaten auf eine spezifisch religiöse Grundlage gestellt worden sind. Auch wenn ihr also kein Interesse an religiösen Fragen habt, können manchmal Ereignisse auftreten, die euch zum Handeln oder zu einer Stellungnahme zwingen. Andererseits sind religiöse Konflikte wegen der auch unter sehr frommen Khanen durchgehaltenen religiösen Toleranz nicht mehr so entscheidend, wie sie es manchmal in der realen Geschichte Europas und Nordafrikas waren.

Als Religionen bestehen in Europa und im westlichen Mittelmeerraum Christentum, Islam, Judentum, die Philosophie des Phrygierbundes, eine altrömisch-hellenistische Kulttradition, eine altnordische Religion (beide allerdings als „Neuschöpfungen“ der Mongolenzeit) und verschiedene fernöstliche oder amerikanische Religionen, die aber meist auf Einwanderer oder einzelne Kleingruppen beschränkt bleiben.

Während die sechs Großkhanate noch immer die Freiheit der Religionsausübung aller Stände schützen, gibt es in Europa und Nordwestafrika verschiedene Einschränkungen. Meist ist die private Andacht Andersgläubiger gestattet, in Handelsstädten oft auch der Bau von Tempeln oder Gotteshäusern für Gruppen fremder Kaufleute. Echte religiöse Toleranz im Sinne einer Gleichberechtigung der Religionen ist aber in Europa nirgends üblich. Andererseits gibt es gegenwärtig auch keine religiösen Spannungen in den Ländern, die unmittelbar und ohne aktives Handeln zu Gewalt führen könnten.

Ungarn blieb wegen der religiösen Vielfalt im Land weitgehend beim mongolischen System, ist also nach den Maßstäben der Zeit recht tolerant. Es handelt sich aber um eine Ständegesellschaft mit höchst differenzierten politischen, religiösen und wirtschaftlichen Privilegien, die als "wohlerworben" gelten. Die Idee, dass allein "der Staat" entscheiden solle, welche Regeln bis ins Detail gelten, dürfte den Menschen in Ungarn ebenso fremd sein wie die Vorstellung, dass Religion keinen Wahrheitsanspruch haben solle.

[Kolumbus]

Gerade zu diesen

höchst differenzierten politischen, religiösen und wirtschaftlichen Privilegien, die als "wohlerworben" gelten.

würde ich gerne mehr erfahren.
Aber gut wir können ja da auch wieder das MM an Francke selbst delegieren.

Man soll ihm vorschlagen sich in Ungarn niederzulassen.
Finanziell soll er 10 000 S pro Jahr bekommen. Da er ja auf keinen pompösen Lebensstil aus ist geht man davon aus, dass dieses Geld im wesentlichen als Unterstützung für seine wohltätigen Zwecke zu verstehen ist, aber was er für seinen persönlichen Lebensunterhalt benötigt darf er für sich nehmen.
Man möge ihm erzählen, dass Ungarn gerade das 2 Jahr hintereinander in den Bau einer Schule investiert und er herzlich eingeladen ist hier mitzuwirken. Es ist durchaus vorstellbar, dass noch 1-2 andere Schulen folgen könnten, auch eine Uni wäre wünschenswert wird aber noch dauern, da dafür aktuell nicht die finanziellen Mittel vorhanden sind.
Auch sein anderes Interessensgebiet, die Gesundheitsvorsorge und allgemein die Verbesserung der Lebensqualität der armen Bevölkerung sind Arpad ein Anliegen, es wäre also gut denkbar in den nächsten Jahren auch Schwerpunkte in diese Richtung zu unternehmen. (Brunnenbau, Einrichtungen zur medizinischen Versorgung insb. zur Reduzierung der Kindersterblichkeit, womöglich sogar eine Schulstadt?) Allerdings wird es zuvor auch andere Schwerpunkte geben müssen um die finanziellen Mittel zu erarbeiten, mit denen man dann in die Verbesserung der Lebensverhältnisse investieren kann.

Er darf also davon ausgehen, dass Arpad seine Ziele bzgl. Wissensmehrung und Fürsorge für die arme Bevölkerung insbes. die Kinder vollumfänglich teilt und selbst ebenfalls nicht viel für pompöses Gehabe übrig hat.
Darüber hinaus wird er hier sicher vor dem Zugriff ausländischer Autoritäten sein, weil Arpad seine Arbeit unterstützt und Ungarn durch seine religiöse Toleranz und die starke Armee recht unempfindlich für Forderungen aus dem Ausland ist.
Er wird aber gebeten sich mit den bestehenden Privilegien in Ungarn vertraut zu machen und auf diese Rücksicht zu nehmen. Sollte es hier Probleme geben soll er diese persönlich mit Arpad zu besprechen. Prinzipiell dürften in diesen Bereichen mögliche Veränderungsvorschläge oft ebenfalls Arpads Wohlwollen genießen, aber da Arpad auch die Einheit und der Frieden im Land wichtig ist muss hier genau abgewogen werden, welche Veränderungen möglich sind und wo Veränderungen abgelehnt werden müssen, selbst wenn sie richtig sind, weil der dadurch entstehende Ärger den Nutzen überwiegt.

[Jon Snow]

Ich pflege das so ein!

Was genau möchtest du zu den Privilegien und Sonderrechten denn wissen? Die sind in Ständegesellschaften recht üblich und prägten die FNZ auch in der realen Welt. Hier im Spiel habe ich natürlich keine Sammlung von Rechtstexten für alle Regionen von 25 Staaten, sondern Einflusswerte der Stände, die so etwas abbilden.

[Kolumbus]

Schwer zu sagen, im Prinzip interessiert mich Religion ja nur sehr begrenzt, mein Interesse speist sich vor allem aus dem Satz:

mit höchst differenzierten politischen, religiösen und wirtschaftlichen Privilegien

Das klang halt so, als ob es da konkret festgelegte Rechte gibt und da wüsste man natürlich gerne welche, und welche Probleme mir der Francke bringen könnte.
Die Ständegesellschaften als solche sind mir schon bekannt, aber eigentlich nur aus Ländern mit einer Staatsreligion.
Letztlich interessiere ich mich vor allem für wirtschaftliche und machtpolitische Belange, Religion wird für mich nur da interessant, wo sie zum Problem oder zum wirksamen Werkzeug für die beiden anderen Bereiche wird.

-Hat Ungarn eine Staatsreligion und wenn ja welche?
-Falls es eine Staatsreligion gibt haben die anderen Religionen bzw. ihre Anhänger auch "Rechte" oder werden sie nur weitgehend in Ruhe gelassen?
-Welche Religionen haben so viele Anhänger, das sie ein nennenswerter Machtfaktor in Ungarn sind?
-Ist das Land regional religiös geteilt? (also bspw. katholischer Norden, orthodoxer Osten und muslimischer Süden)
-Was für Rechte haben die gegenüber dem Khan?


Oder mal auf die Spitze getrieben:
Wenn ich morgen beschließe (oder dem Kuriltai vorschlage, sprich die Entscheidungsgewalt dafür dem Adel zuerkenne, aber der Klerus dabei nix zu sagen hat), dass ab sofort eine absolute Religionsfreiheit für jeden und überall gilt, wobei sich aber alle Religionen den sonstigen staatlichen Gesetzen unterordnen müssen und die Religionen nur Gelder von freiwilligen Mitgliedern einziehen dürfen?
Welche Probleme hätte ich dann und mit wem?

[Bassewitz]

Hat zu der letzten Frage Jon nicht neulich schon gesagt, dass dann diverse Adeligen, Städte etc. dies das auf die Barrikaden gehen, weil du ihnen ihre wohl erworbenen Rechte und Privilegien nimmst dadurch?

[Kolumbus]

Ja hat er, deshalb hab ich das ja noch mal als Aufhänger genommen um zu versuchen zu erklären was mich interessiert.
Das die mir aufs Dach steigen würden weiß ich jetzt aber nicht wer und warum.

Denn die Gründe dafür könnten ja völlig unterschiedlich sein.

Vielleicht hat der Hochadel das Recht die Pfarrer einzusetzen und den Zehnt einzutreiben (und steckt sich davon einen Teil in die Tasche) und wäre entsprechend sauer wenn ich den Zehnt optional mache.
Genauso gut könnte das Recht der Klerus haben, so dass der Adel jubelt weil er dann seine Zahlungen einstellen kann.

Fühlt sich der Klerus (gibts den überhaupt nennenswert?) angegriffen wenn man anderen Religionen mehr Freiheiten gibt und so seine Machtposition schwächt.
Oder habe ich muslimische / orthodoxe Landstriche deren Freiheit bisher garantiert war und die rebellieren würden wenn diese Freiheit nicht mehr da wäre.

Aber ich vermute mal am Ende läufts halt darauf raus, dass ich den Religionsteil weiter ignoriere und Jon mir dann die Optionen erklärt falls es irgendwelche Vorfälle gibt.

Vielleicht kann man aber zumindest was über die religiöse zusammensetzung erfahren, die dürfte durch Einflusswerte ja dann tatäschlich konkret vorhanden sein?

[Jon Snow]

Wie gesagt, eine "Staatsreligion" gibt es nicht, Ungarn hat in dem Bereich die mongolischen Regelungen weitgehend beibehalten. Über die Verteilung der religiösen Bekenntnisse im Volk scheint man bei Hofe keine rechte Vorstellung zu haben, möglicherweise hat das bislang auch kein großes Interesse gefunden. Da du es aber ohnehin eher als machtpolitische Frage zu betrachten scheinst, könnte man das Ganze auch auf den Kuriltai verlegen und den Vorschlag des Khans einfach einbringen. Dann sieht man eher, wo Widerstände bestehen und wo man leicht Veränderungen vornehmen könnte.

[Kolumbus]

Ist das ne Möglichkeit oder ne Empfehlung? Wenn du es mir empfiehlst würde ich das tatsächlich zur Sprache bringen, denn sympathisch wärs mir schon. Sonst würde ich das vorerst eher lassen, das ist kein Thema bei dem mir der Schuh wirklich drückt und bei religiösen Themen kann man sich schnell in die Nesseln setzen wenn man sich nicht mit den Gegebenheiten auskennt.
Konkret hätte ich da die Sorge, dass ich diejenigen die das stört schon verärgere nur dadurch, dass ich es vorschlage und das wäre mir zu heiß, so lange ich nicht weiß wen und wie viele das verärgern könnte.

[Bassewitz]

In solchen Fällen kann man eigentlich ganz gut über die eigenen Höflinge schonmal vorfühlen meist. Wenn die oder ihre Kontakte schon von der Frage empört sind bzw. davon abraten, sollte man es lassen. Zumindest mache ich das beim Parlament bei gegebenen Anlässen so.

[Jon Snow]

Normalerweise sorgt ein Vorschlag oder Wunsch nie für Unruhe oder Verärgerung, solange man seine Durchsetzung nicht erzwingen will. Im Gegenteil: Die meisten Ständevertretung schätzen es sehr, wenn man sie in politische Vorhaben möglichst früh einbezieht. Das hast du im letzten Jahr ja auch mit Erfolg gemacht.

[Kolumbus]

Die Rückmeldung bzgl der Religionsfreiheit klingt doch ganz gut, das könnte wirklich ein interessanter Schwerpunkt werden.

verlieren aber alle übrigen Sonderrechte. Außerdem werden sie vollständig den Gesetzen des Khanats unterworfen.

nun frage ich schon wieder nach den Rechten .
Aber gibts ne Möglichkeit da noch genaueres rauszufinden? Es soll ja kein Frontalangriff auf die ungarischen Religiösen sein, sondern verhindern, dass religiöse Autoritäten wie der Papst bei uns etwas zu sagen haben und Ungarn als freies Land für mögliche Einwanderer attraktiv machen.
Wenn die also weltliche Rechte wie bspw. Ländereien oder Handelsprivilegien haben wäre das Punkte die man nicht zwingend kappen müsste. Auch andere Rechte wären nicht per se schlecht, sie sollen nur in der Rangfolge hinter normalen Gesetzen zurückstehen, müssten also damit konform sein.
Das sie Abgaben nur von freiwilligen Mitgliedern einziehen dürfen, ist für den Khan eigentlich auch zweitrangig, aber es gehört für mich irgendwie zur Religionsfreiheit dazu und ich vermute für die Adeligen dürfte das auch ein wichtiges Argument für die Religionsfreiheit sein, sprich die sollte im Zweifel mitumgesetzt werden.

sie wird aber immerhin von etwa einem Viertel der Adligen unterstützt, wie erste Rückmeldungen zeigen. Nur die hochrangigen Kleriker der verschiedenen Religionen (die wegen ihres damit verbundenen Adelstitels ebenfalls am Kuriltai teilnehmen dürfen) sind natürlich fast einstimmig dagegen.

1/4 dafür, wenige Kleriker dagegen, der Rest ist unentschieden?
Kann man herausfinden, wie groß der Anteil der Kleriker im Kuriltai ist, gäbe es Maßnahmen mit denen man ihre Machtbeschneidung etwas abmildern könnte? Bspw. ein Fördertopf für karitative Kircheneinrichtungen, sprich wenn sie Geld für Wohltätigkeit ausgeben legt der Statt aus dem topf etwas dazu. Oder eine gespendete Kirche als Ausgleich?

Haben Kirchen oder Klöster eigentlich auch wirtschaftliche (nützliche) Auswirkungen für einen Staat? Bspw. durch Klosterbrauereien oder ähnliches?

[Jon Snow]

Ich kann halt deine vollständige Unterstellung der Religionen unter die politische Prärogative des Khanats nur als Einflussverlust dieser Gruppe abbilden. Inhaltlich dürften die Religionen beispielsweise wie fast überall in der FNZ eigene Rechtssysteme haben, die den Klerus der gewöhnlichen Gerichtsbarkeit entziehen. Außerdem ist die Schicht von den meisten Steuern befreit, und ihre führenden Personen haben einen Adelsrang. Vor Ort gibt es sicherlich noch ganz viele andere Privilegien, aber die sind schon für Historiker in realen Ländern dieser Zeit kaum auf einen Nenner zu bringen. So etwas ist ja nie systematisch entstanden, sondern stets durch konkrete Vereinbarungen in bestimmten Situationen.

Jede Schicht hat ihre eigenen positiven, neutralen und negativen Auswirkungen auf das Land, auch der Klerus.

[Kolumbus]

An wen würde der verlorene Einfluss (hauptsächlich?) gehen, an die Krone oder die anderen Gruppen, sprich inUngarn vermutlich den Adel?

[Jon Snow]

Vermutlich teils-teils. Es kommt auch ein wenig darauf an, wie groß der regionale Einfluss beim Inkraftreten des Gesetzes und in den Jahren danach ist und was man außerdem festlegt, um das Ganze zu steuern.