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Thema: Zivilisation wiederaufbauen

  1. #106
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    Aber was würden wir denn im Urlaub angucken, wenn die ganzen Kirchen da nicht rumständen? Woraus würde Köln sein Selbstwertgefühl ziehen? Was würden ganze Fakultäten von Kunsthistorikern analysieren?

  2. #107
    Geschichtsmeister Avatar von maxim_e
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    Gehen wir mal von unserer Zeit weg. Könnte die Kirche, also der Wissensträger und Haupt-Koordinator der Vormoderne ohne herausragende Sakralarchitektur existieren? Also, wäre ein Ausbau der Infrastruktur über einen städtischen Rahmen hinaus überhaupt ohne die Institution Kirche möglich gewesen? Man könnte noch weiter zurückgehen, wäre es zur Herausbildung von Städten gekommen, wenn es keine Institution Kirche gegeben hätte?

    Ganz ehrlich: Ich bin mir da nicht sicher.
    Ein Bauwerk Kirche, ob groß oder klein, hat sicherlich für eine Siedlungskonzentration an einem Ort gesorgt und zwar massiv. Ein einzelner Stein oder eine Mauer machen sicher nicht viel aus, aber in der Gesamtheit hatte das einen riesigen Einfluss. Und ich würde die These, dass ein größeres Kirchengebäude auch zu einer größeren Siedlungskonzentration führt auch nicht zur Seite schieben.

    Rein dezentral wiederum lässt sich keine Infrastruktur errichten. Da braucht es schon Zentralorte auf die hingearbeitet wird. Und die bilden sich nun einmal nicht zufällig, sondern an irgendwelchen herausragenden Marken. Und in der Vormoderne sind Kirchgebäude da erstmal die Projekte die von Menschenhand gesteuert werden können, da mit der Kirche nun einmal ein Kapital da ist um etwas großes, herausragendes zu errichten.

    Das ganze verläuft aber natürlich nicht linear und eine Klosterkirche sorgt nur bedingt für eine Siedlungskonzentration (also, tut sie auch, aber nicht in dem Rahmen wie eine Kathedrale).

    Das ist allgemein eine sehr gute Frage, über die kann man schön viel nachdenken.
    Cancel Culture ist ein Synonym für kritische Gesellschaft.
    Wokeness ist ein Synonym für Anstand.

    The sad truth is/you'd rather follow the school into the net
    cause swimming alone in the sea/is not the kind of freedom that you actually want
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  3. #108
    Earth First! Avatar von Rinz
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    Kann man machen, muss man aber nicht

    Was im Mittelalter die Kirchen und Kathedralen waren sind in der Jetzt-Zeit die Bankenhochhäuser: Symbole der Macht und Ausdruck einer arroganten Selbstverständlichkeit, daß der jeweile Glaube (damals Gott, heute Geld) der einzig wahre Glaube ist. Damals wie heute beugt sich der Mensch dieser Machtdemonstration in willfähriger Demut - und weiß doch, daß er belogen und betrogen wird
    Ich denke, also bin ich hier falsch.

  4. #109
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    Kirchen und Kathedralen entstanden doch da, wo sowieso schon große Siedlungen waren.

    Daneben gibt es aber noch viele Kloster(kirchen) abseits der Zivilisation. Die stehen auch an den unmöglichsten Orten wo es mitunter sehr schwierig ist, Baumaterial heranzuschaffen.

    Ein Bankgebäude mag groß und teuer sein. Aber das sind doch Funktionsgebäude. Die Büros werden tatsächlich benötigt. Und wenn man so viele Büros nah bei einander haben will, ist ein Hochhaus bestimmt keine Geldverschwendung.
    Und dann mag es natürlich ein Ausdruck von Geld und Wohlstand sein, dass man versucht, solche Türme schön zu gestalten. Aber da sollten die Städte froh sein, dass diese großen Gebäude doch besser aussehen als aus dem sozialistischen Baukastenbau.
    Verstand op nul, frituur op 180.

  5. #110
    Pirat Avatar von Flati
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    Zitat Zitat von Rinz Beitrag anzeigen
    Kann man machen, muss man aber nicht

    Was im Mittelalter die Kirchen und Kathedralen waren sind in der Jetzt-Zeit die Bankenhochhäuser: Symbole der Macht und Ausdruck einer arroganten Selbstverständlichkeit, daß der jeweile Glaube (damals Gott, heute Geld) der einzig wahre Glaube ist. Damals wie heute beugt sich der Mensch dieser Machtdemonstration in willfähriger Demut - und weiß doch, daß er belogen und betrogen wird
    Ja aber um Großprojekte realisieren zu können braucht man technisches Know How. Sammeln kann man es nur wenn man es macht und ab und zu auch mal scheitert. So bissl Statik und co. brauch man ja auch für notwendige Sachen wir Brücken und ähnliches. In die Höhe bauen will auch gelernt sein
    Wer Rechtschreibfehler findet darf diese behalten :)

    Original geschrieben von robertinho:
    "Asterix und Flati stehen für solide Kompetenz und Verlässlichkeit."

  6. #111
    Zurück im Norden
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    Rinz: Wer soll denn im Mittelalter wen "betrogen" haben?

  7. #112
    Earth First! Avatar von Rinz
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    Jon Snow, soll ich jetzt dich über die Machenschaften des Klerus im Mittelalter aufklären? Oder siehst du das bis dahin beispiellose Anhäufen von Reichtümern mit anderen Augen, also bist du der Ansicht, die Vertreter der katholischen Kirche hätten an die Wirksamkeit des Ablasshandels geglaubt, oder es wäre wirklich in Gottes Sinne, wenn "Häretiker" enteignet werden, um nur zwei Beispiele zu nennen?

    Also keine Raffgier sondern einfach nur ideologische Verblendung und als zu tiefst bedauerlichem Nebeneffekt unfassbarer Prunk und Reichtum? Zutiefst bedauerlich, denn Christus zufolge wäre einem dann ja der Eintritt ins Himmelreich verwehrt - ah, jetzt verstehe ich!!! Man hat sich als brave Christen aufgeopfert, man hat dem gemeinen Volk uneigennützig deren bescheidenen Besitz abgenommen um diesem den Weg vorbei an Petrus zu ermöglichen! Und völlig selbstlos im irdischen Leben die Bürde des maßlosen Wohlstands auf sich genommen, womit der eigene Weg ins Himmellreich versperrt war!

    Keine weiteren Fragen, Jon Snow, jetzt kann ich es sehen, es war kein Betrug, es war reine Selbstaufopferung
    Ich denke, also bin ich hier falsch.

  8. #113
    Geschichtsmeister Avatar von maxim_e
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    Das ist mir gerade zu peinlich. Sorry.

    Edit: und @shakka: Klar, Kathedralen (also Bischofskirchen) entstanden im existierenden Städten. Aber ich dachte eigentlich mehr an die ganzen "kleinen" Kapellen und Kirchen die dafür sorgten,dass es nicht einzelne Höfe, sondern Dörfer und Städte die Landschaft des Hoch- und SpätMA prägten. Und Klöster wollten auch versorgt werden und bestanden daher immer aus mehr als nur drei einsamen Mönchen, sondern hatten zumeist einen großen Anteil an Nichtgeistlichen, die sich um die in Klausur lebenden ansiedelten.

    Was man außerdem nicht unterschätzen darf ist die Mobilität der Menschen im Mittelalter, auch der einfacheren Schichten. Pilger- und Wallfahrten waren an der "Tagesordnung". Zwar ging es dann nicht immer unbedingt direkt nach Rom sondern meist nur ein paar Tagesreisen bis zur nächsten größeren Kirche, bei der sich ein paar feine Reliquien fanden zu denen man beten konnte. Um diese Wallfahrtskirchen bildete sich ein regelrechtes Gewerbe, die pilgerenden zu bewirten und natürlich auch Siedlungen. Auch entlang des Weges gab es mehr als das einsame Gasthaus aus dem Fantas-Roman.
    Geändert von maxim_e (21. November 2019 um 17:49 Uhr)

  9. #114
    Earth First! Avatar von Rinz
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    Kein Problem maxim, ich bin erstmal wieder raus, ich habe deinen Ansatz geschrotet, sorry dafür.
    Die Frage ob die Kirchen-und Kathedralen unsere Zivilsation 200 Jahre Entwicklung gekostet oder vielleicht sogar Entwicklung gebracht hat ist ja womöglich wirklich eine inzeressante Frage, aber ich überlasse sie wohl besser denen, die beim Thema Kirche weniger blasphemisch eingestellt sind wie ich.
    Ich denke, also bin ich hier falsch.

  10. #115
    Vulvarine Avatar von Tohuwabohu
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    Also ich denke mal, hätte man die ganzen Steine dazu benutzt Straßen wie die Römer und Schulen zu bauen, dann hätte man das Mittelalter weit schneller hinter sich gelassen.

    Die Frage dieses Threads ist ja auch, was wir mit unserem jetzigen Wissen in jener Zeit angestellt hätten. Und da seheich wenig Chancen für wuchtige oder filigrane Sakralbauten.

  11. #116
    Geschichtsmeister Avatar von maxim_e
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    Die Frage ist halt, wer das hätte machen sollen. Die Situation nach den Römern war halt tendenziell die von Somalia heute. Tausende Kleinherrschaften, wobei die jeweilige Herrschaft derjenige hatte, der gerade die stärksten und bestbewaffneten Männer hinter sich hatte. Die einzigen die da herausstachen waren nun einmal die Kleriker, die eine größere Organisation hatten. Neben dem "Verbündeten" Gott, mit dem man es sich ja eher nicht verscherzen wollte, gab es halt erstmal einen Bischof und darüber dann sogar noch einen Papst. Sobald wir dann bei Karl dem Großen ankommen hatte man sogar direkt mit dem König zu tun, wenn man es sich zu sehr mit der Kirche verscherzte. Aber durch das ganze Mittelalter bis zur Reformation war die Kirche einfach die größte (und in dem Rahmen auch engste) Organisation die es gab und hatte auch einfach die Möglichkeiten irgendetwas zu schaffen.

  12. #117
    Geschichtsmeister Avatar von maxim_e
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    Davon ab. Ich denke, dass es sinnlos ist die Frage zu stellen, ob man "weiter" wäre als man es heute ist, wenn man keinen Maßstab hat, inwiefern und was "weiter" und "entwickelter" sein soll.

  13. #118
    Vulvarine Avatar von Tohuwabohu
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    Ja, ja, du hast schon recht. Soweit ich mich noch erinnere, ergooglen konnte ich es jetzt nicht mehr, hieß es auch nicht, dass man weiter wäre, sondern dass diese Ressourcenverschwendung das Mittelalter um 200 Jahre verlängert hätte. So war das. Und ich meine, klar hätte die Kirche auch für bessere Straßen sorgen können, war ja nur eine Frage auf was man die ganzen Facharbeiter mit dem ganzen Material loslässt.

  14. #119
    Earth First! Avatar von Rinz
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    Zitat Zitat von Tohuwabohu Beitrag anzeigen
    Also ich denke mal, hätte man die ganzen Steine dazu benutzt Straßen wie die Römer und Schulen zu bauen, dann hätte man das Mittelalter weit schneller hinter sich gelassen.

    Die Frage dieses Threads ist ja auch, was wir mit unserem jetzigen Wissen in jener Zeit angestellt hätten. Und da seheich wenig Chancen für wuchtige oder filigrane Sakralbauten.
    Kommt drauf an, es gibt auch Sakralbauten, in denen ich mich tatsächlich auf eine gewisse Art "zum Göttlichen emporgehoben" fühle, speziell die frühgotischen Kathedralen wirken auf mich eher inspirierend, ich kann mir schon vorstellen, dass der eine oder andere Geistesblitz durch eine solchen Umgebung begünstigt wurde. Es gibt auch kleine Kapellen, die freundlicher, klar und hell wirken, ganz sicher haben viele solcher Bauten den Menschen eine schützende Atmosphäre geboten, die auf andere Lebensbereichen abgestrahlt hat.
    Andererseits gibt es auch Gotteshäuser mit eher düsterem Interieur und schlechter Akustik, die haben eher eine Wirkung bei er ich mich wie erschlagen fühle.

    Jettt habe ich doch noch was zum Thema Kirchen gesagt, nungut.
    Ich denke, also bin ich hier falsch.

  15. #120
    Geschichtsmeister Avatar von maxim_e
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    Davon abgesehen, dass es natürlich immer stark darauf ankommt, wo man sich befindet und es zu verschiedensten Zeiten die unterschiedlichsten Formen gab (Mal prunkvoller, Mal schlichter, Mal größer, Mal kleiner, etc.), die Düsternis und Öde ist eine Sache, die erst mit der Reformation sich wirklich durchsetzte, hauptsächlich auf protestantischer, aber auch ausstrahlend auf altgläubiger Seite. Vorher war eine Kirche zumeist ein "Ort der Freude". Bunte Fenster kennt man ja heute noch, aber dass die Wände bemalt und überall Lichter standen, das war schon nicht selten.

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