Sehr verehrte Damen und Herren, liebe britische Zensurbehörde,
die Sorge, man möge mich missverstanden haben, will nicht weichen - und so denke, ich muss mich noch einmal grundlegend äußern und die zwei Punkte, in der es mir in der Debatte zu gehen scheint, einzeln anzugehen:
Mandatspalästina und die Unabhängigkeit: Glaubt mir bitte, niemand versteht euch so gut wie ich. Trotzdem möchte ich festhalten: Lawrence ist tot, lasst uns auch die Erinnerung an ihn begraben. Wir arbeiten hier seit einigen Jahren emsig auf eine Mündigwerdung der beiden werdenden Staaten hin und es gibt zwei Statements von britischer Seite, die ich hier mit euch teilen möchte: Die Unabhängigkeit Ostjordaniens solle bis 1950 geschehen und man wolle beide Mandatsgebiete gleichzeitig ziehen lassen. Bitte vergesst nämlich nicht, dass wir nicht für uns allein stehen. Wir haben eine kleine Schwester - und wie ein gutes Geschwisterchen möchten wir sicher gehen, dass auch diese bereit ist.
Der Kolonialantrag... ach: Ich möchte noch einmal festhalten, dass ich Anträgen zur Verbesserung des Schicksals der Kleinen nicht grundsätzlich ablehnend gegenüberstehe - ich meine, wie könnte ich -, doch gerade solche sollten sehr gründlich und praxisnah verfasst werden, um nicht denen, denen sie helfen wollten, mehr Schaden als Nutzen zu bringen. Lasst ihn uns also prüfen.
Punkt 1: Es ist ein Antrag, der die halbe Welt auf einen Schlag in Klasse A-Völkerbundsmandate verwandeln soll - und doch wüsste ich nicht davon, dass irgendeiner der Antragssteller sich als Vorbereitung des Leben in einem Klasse A-Mandat genauer ansah, um zu prüfen, ob sich dies in Vergangenheit und Gegenwart bewährte und somit auch für die Zukunft angestrebt werden sollte. Ich meine, es ist ja nicht so, dass wir unerreichbar wären, und wir sind freilich auch gerne bereit, als Erfahrene unsere Erfahrungen zu teilen. So müssen wir festhalten: Niemand hielt es für notwendig, auf uns zuzugehen. Das sagt, denke ich, viel über den Geist des Antrags aus.
Punkt 2: Lest euch doch einmal durch, wer sich da zum Anwalt der nicht-weißen Welt aufschwingt - keine Kolonialnationen, keine Mandatsgebiete, dafür Äthiopier, Chinesen und ganz viele Lateinamerikaner. Die ersten beiden, das möchte ich festhalten, sind ehrenwerte Nationen, deren Wunsch, in Sicherheit zu leben, ich nachvollziehen und respektieren kann, doch ihr, Argentinien, Brasilien, Uruguay, Mexiko und Peru, sitzt in eurem sicheren kleinen Hinterhof und riskiert nichts dabei. Ihr könnt Reden schwingen, die einem Wunschzettel an den Weihnachtsmann gleichen. Das tut ihr auch, denn...
Punkt 3: ... ihr habt einen Antrag erstellt, der auch die USA bedroht. Wenn ihr Kolonien als "Überseeterritorien" definiert, dann fordert ihr auch die Unabhängigkeit von Hawai'i, Puerto Rico und Panama.
Punkt 4: Damit verdammt ihr nicht nur euren Antrag zum Scheitern - dessen Veto durch Großbritannien erscheint geradezu sicher -, sondern ihr beginnt eine Tagung bereits damit, dass ihr dem Hausherrn ein Messer an die Kehle haltet. Ich möchte offen sein: Ich fürchte, dies könnte gleich eine Belastungsprobe für die Vereinten Nationen als Gesamtprojekt bedeuten - und das ist eine meiner größten Sorgen. Ich möchte sie nicht scheitern sehen.
Darum bitte ich euch: Lasst euch nicht von einem Krawall-Antrag blenden. So, wie er ist, ist er bestenfalls (und hoffentlich) gut gemeint, aber nicht durchsetzbar. Er wird scheitern - und doch: Die Lehre aus einem schlechten Antrag kann nicht in keinen Anträgen, sondern besseren Anträgen bestehen. Sollte man in dem Willen, durch Gotteserfurcht, Friedensbereitschaft, Verantwortungsbewusstsein und Nachhaltigkeitsstreben an einer neuen und besseren Welt zu arbeiten, auf uns zukommen, so werden wir uns diesem gerne anschließen.