Dann bring ich dieses Jahr mal das ausstehende Stück zum Thema Wehrpflicht. Da ja alle eure Staaten mehr oder weniger involviert in den napoleonischen Kriegen waren seid ihr auch alle betroffen von ähnlichen Reformen. In der Zeit setzte sich fast überall das Konskriptionssystem nach französischem Vorbild durch, d.h. mit Losverfahren und Option zum Freikauf. (Kenne keine Gegenbeispiele von den Deutschen Mittel-/Kleinstaaten, könnte es aber gegeben haben)
Im Gegensatz zu den Söldnerheeren von früher die man teilweise aus der eigenen Bevölkerung gezwungen hat, teilweise aus dem Ausland gekauft hat ist das Konskriptionsheer komplett aus der eigenen Bevölkerung gezogen. Jeder Mann eines bestimmten Jahrgangs musste sich zur Musterung begeben, nach (oder vor, bin mir unsicher) der erfolgreichen Musterung wurde ein Los gezogen, ob man überhaupt dienen musste. Das Losverfahren war nötig, da bei der vorgesehenen Armeestärke nicht der ganze Jahrgang eingezogen werden konnte. Die Dauer des Dienstes belief sich dann auf etwa 6-8 Jahre, die aber nicht ununterbrochen beim Heer verbracht wurden. Etwa 1/3 der Soldaten befand sich meist im Urlaub, wohl hauptsächlich um Geld zu sparen (diese Sparmaßnahme ist bei euren 3G schon enthalten!)
Wer nicht dienen wollte hatte meistens die Möglichkeit sich freikaufen zu lassen, sofern er wohlhabend genug war. Obwohl die Liberale Lehre eigentlich eine Volksbewaffnung und den Bürger in Uniform propagiert war man dann im richtigen Leben wenig gewillt den eigenen Spross für viele Jahre scheinbar nutzlos dem Staat zu opfern. Daher gab es die Möglichkeit, teilweise staatlich organisiert, teilweise Privat, einen Stellvertreter zu bezahlen, den Dienst für einen zu leisten. Das waren oftmals fertig gediente Soldaten, die ansonsten keine Perspektive hatten, oder eben diejenigen, die frei gelost wurden, aber dennoch zur Armee wollten. Sie erhielten dann nach Beendigung des Dienstes die zurückgelegte Stellvertertersumme (Diente auch als Versicherung gegen Desertionen). Ausnahmeregelungen gab es auch oft bei sozialer Not. Wenn beispielsweise ein junger Mann seine Verwitwete Mutter und Geschwister versorgen musste und kein Geld für eine Stellvertretung hatte konnte er sich zurückstellen lassen.
Anders in Preußen hier setzte sich die vermeintlich ”allgemeine” Wehrpflicht durch. Es gab genauso wie in den anderen Ländern eine Musterung und ein Losverfahren, bei dem der Pool verkleinert wurde, aber dafür tatsächlich keine Möglichkeit des Freikaufens, womit viele Bürger unglücklich waren. Das Heer war dabei geteilt in zwei Bereiche: Linie und Landwehr. Die Linie war sozusagen das stehende Heer: In Kasernen untergebracht und ständig bereit und in Übung. Für die Linie diente man 3 Jahre. Die Landwehr hingegen wurde nur alle paar Monate zu Übungen eingezogen, sie setzte sich zu je 50% aus den fertig gedienten Liniensoldaten und neu gemusterten zusammen. Man hoffte durch die Mischung die Neulinge von der Erfahrung der gedienten profitieren zu lassen. Als Befehlshaber sollten die fertig ausgebildeten ”Einjährigen” dienen: Ein Zugeständnis an die Bürger. Wer einen gewissen Bildungsstandart nachweisen konnte, hatte die Möglichkeit sich für ein Jahr freiwillig zu melden und so dem dreijährigen Grundwehrdienst bei der Linie zu entgehen.
Auch bei der preussischen Variante sollte man beachten dass die Wehrpflicht nie die Breitenwirkung wie z.B. in der frühen BRD hatte und nur ein Bruchteil eines Jahrganges auch wirklich eingezogen wurde. U.a. ließ man nämlich die Soldatenzahl nicht mit der Bevölkerungszahl steigen, sondern hielt sie konstant.
Schließlich gibt es noch Österreich, welches eben kein vereinheitlichtes System besaß, sondern die in den verschiedenen Regionen bestehenden Traditionen einfach fortlaufen ließ. Das führt dann zu sehr unterschiedlichen Bedingungen, da beispielswiese die Italiener sich stark am unter Napoleon eingeführten französischen System orientierten, während in Ungarn noch auf die alte Weise eingezogen wurde, was faktisch 20- und mehrjährigen Wehrdienst bedeuten kann. Die Armeen wurden aber selten vermischt und es gab wenig Kommunikation und Gemeinschaftsgefühl zwischen den verschiedenen Soldaten, deswegen traten solche Unterschiede nicht so stark hervor.
Was forderten denn die (radikalen) Liberalen und Demokraten? Im Grunde genommen eine Abschaffung des stehenden Heeres, das nur dem Fürsten unterstand und stattdessen eine Volksbewaffnung. Man ermöglicht erwachsenen Männern den Zugang zu Waffen und Ausrüstung und kommt in gewissen Intervallen zu Übungen zusammen. Im Falle einer äußeren Bedrohung wäre jeder verpflichtet zur Verteidigung des Landes beizutragen, aber das Heer könnte nichtmehr als Unterdrückungsinstrument des Fürsten eingesetzt werden. Das wollt ihr natürlich nicht. (Wehe, Oldenburg :droh: )
Was mich also vor allem interessiert: Wie universal ist eure Wehrpflicht? Wie handhabt ihr es mit Ausnahmeregelungen? Eure Liberalen werden über eine Wehrpflicht nicht glücklich sein, euch vielleicht sogar mit Abwanderung bestrafen. Aber wenn ihr in eurem Heer nur Bauerntölpel dienen lasst könnte darunter eure Effektivität leiden.