Eines mal gleich mal vorweg: Auf einer Skala von "1, Civ-5-Mod" bis "10, eigenständiges Spiel" würde ich Beyond Earth maximal bei einer 6 einstufen. Und das liegt nicht daran, dass in der von mir gespielten Fassung ein guter Teil der Enzyklopädie-Texte noch erkennbar aus Civ 5 stammt: Von der Grafikanmutung über die Interface-Logik bis hin zum grundsätzlichen Spielgefühl erinnert doch sehr viel im "neuen" Teil an den Stand des Vorgängers samt Brave New World, also dem zweiten Addon (aber ohne Religion und Kultur...). Manches, was in ersten Presseerklärungen nach neuem Feature klang, entpuppt sich als Umetikettierung eines längst bekannten. Covert Ops bleiben Spione, die Sozialpolitiken heißen nun Tugenden und die Stationen sind Stadtstaaten, nur mit weniger Interaktion und Eigenleben.
Das heißt nicht, dass es nicht auch viele Neuerungen gäbe in Beyond Earth. Mir gefallen sowohl die "Affinitäten" als Konzept sehr gut als auch deren Verzahnung mit Forschung und Truppentyp-Entwicklung. Die Quests scheinen mir gut ins gewohnte System zu passen, auch wenn es nach 100 oder 200 Runden extrem unübersichtlich werden dürfte, deren in Listenform gezeigten Auswirkungen noch zu überblicken – da muss sich Firaxis noch was Besseres einfallen lassen. Dass es keinen Einheiten-Baukasten wie im offenkundigen Vorbild Alpha Centauri (oder auch dem unbekannten 90er-Jahre-Strategiekleinod Cave Wars) geben wird, finde ich jammerschade: Dieses ausgeklügelte und durch den sündteuren Prototypen auch gut balancierte System erlaubte mir eine exakte Anpassung meiner Streitkräfte an meine Strategie, ungewöhnliche Spezialeinheiten wie verteidigungsoptimierte Luftlandetruppen ohne Angriffswert oder schwebende Kolonisten inklusive. Die Hauptstärke von Alpha Centauri war jedoch die Diplomatie – ob in diesem wichtigen Punkt die moderne Interpretation ans Original heranreichen wird, vermag ich noch nicht zu sagen. Einige erste Erlebnisse (frühes Waffenstillstands-Angebot, Beschwerde über meine Explorer-Tätigkeiten) geben mir jedoch Anlass zur Hoffnung.
Aktuell fasziniert mich an Beyond Earth vor allem das Spielsieg-System: Neben zwei Standardvarianten gibt es vier, die ich stufenweise und in eine Art Rahmenhandlung eingebettet verfolgen kann – das scheint mir deutlich spannender zu sein als die doch zumeist sehr späte Siegvarianten-Entscheidung in Civ 5 und dessen Vorgängern, die zudem eh fast immer auf aggressive Ausbreitung fußten, auch wenn sie sich "Kultursieg" nannten. Außerdem kann ich in Beyond Earth immer sehen, wie weit in welcher Siegbedingung die anderen Parteien vorangeschritten sind – das sorgt für Transparenz und Konkurrenzgefühl. Ob das in Verbindung mit den neuen Fraktionen und den einheimischen Lebensformen ausreichen wird, um den Wegfall der bedeutenden Spielspaß-Komponente "Alternative Historie" eines normalen Civilization zu kompensieren, also mit bekannten Reichen um bekannte Städte zu ringen? Das steht noch in den Sternen. Ich wage aber die Vorhersage, dass "CBE" ein weniger komplexes Spiel werden wird als Civ 5 nebst Addons. Was sich dann, im Falle des Verkaufserfolgs, ja abermals durch mindestens ein Addon ändern ließe. Vielleicht kommt er ja im zweiten Schritt, der Unit Editor...