Es war bereits Mittag und immer noch nahm die Liste der Warteten kein Ende. Zu Zeiten ihres Vaters wurde nur selten Hof gehalten und dann überließ es Assuris I. oftmals Tighlat oder einem anderem Ratsmitglied sich die Anliegen anzuhören. Seine Tochter Daenerys beschloss hingegen die Gesuche und Probleme ihrer Untertanen selber anzuhören. Eine Entscheidung die sie mittlerweile schon fast bereute.
Gerade versuchte sie mühsam den Ausführungen einer Gruppe von Gewerbetreibenden aus Byblos zu folgen.
Nimmt dieses Geschwafel dein gar kein Ende? Ihre Krone fühlte sich bereits schwer auf ihrem Haupt an und auch der Hintern tat von den letzten Stunden rumsitzen weh. Trotz der Kissen unter ihr.
„Ich kann verstehen, dass euch diese Entscheidung nicht gefällt, aber bei einer Abgabenerhöhung von 0,25% sehe ich noch keine Gefährdung eurer Existenz. Die Staatskasse hingegen kann dieses Geld gut gebrauchen, um euch zu beschützen und der Wirtschaft zu helfen. Ich werde deshalb die Entscheidung des Stadtrates von Byblos nicht zurücknehmen.“ unterbrach Dany sie schließlich.
Mit mürrischen Blicken verbeugten sich die Händler und verließen den Thronsaal.
Wer ist als nächstes an der Reihe? fragte Dany ihren Haushofmeister.
Hoffentlich nicht wieder irgendwelche Teppichhändler. „Eine Gruppe Bauern aus dem Norden, oh Erhabene.“
schon fast erleichtert befahl Dany „Sie können vortreten.“
Einige einfach aussehender Männer traten vor ihren Thron. Einer mit langem - stellenweise bereits weisen - Bart und Narben im Gesicht begann mit zittriger Stimme zu sprechen. „Eu euer Ho Hoheit, wir...
sie unterbrach ihn „Ihr müsst keine Angst haben. Niemand muss sich fürchten mit einem Anliegen vor mich zu treten.“ Danys Stimme klang dabei mild und beruhigend. Sie betrachtete sich diese Bittsteller ganz genau. Sie hatten ihre wohl beste Kleidung angezogen, dennoch machten sie im Vergleich zu ihren Höflingen und wohlhabenderen Bittstellern einen ärmlichen Eindruck.
„Danke euer hochwohlgeborene Hoheit.“ versuchte der alte Mann es etwas besser. „Ihr seid zu gütig und wir hoffen, dass ihr uns helfen könnt. Unsere Dörfer wurden während der Rebellion von Plünderern heimgesucht, die alles mitnahmen, was nicht niet und nagelfest war.“
„Ich erinnere mich. Wir haben jeden dieser Verbrecher, den wir ergreifen konnten, für seine Taten zur Rechenschaft gezogen.“
„Und dafür sind wir euch auch zutiefst dd dankbar, dennoch haben wir kaum noch Vorräte. Unsere Dörfer sind zu arm sich neue zu kaufen und sie haben uns damals wirklich wie die Heuschrecken abgegrast.“
„Dieses Mal sprach Balzi, der hinter dem Thron der Königin stand, zu den Bauern. „Ihr wollt von uns Getreide und Nahrung, richtig? Nun, warum seid ihr damit nicht zum Satrapen von Urartu gegangen? Er ist dafür zuständig.“
„Wir waren vorher bei ihm, aber er sagte uns, dass die Vorratslager der Satrapie leer sind und das, was noch da ist, für die Besatzungstruppen gebraucht wird.“
Sie sind meine Leute und ich kann sie nicht verhungern lassen.
„Ratsherr Balzi, ihr erzähltet mir doch erst kürzlich davon, dass wir eine reiche Ernte hatten.“ „Ja, euer Majestät, in der Tat.“ gab er zufrieden zurück.
„Dann können wir sicher etwas für diese guten Menschen erübrigen?“ Das war mehr eine Aufforderung, als eine Frage.
„Das könnten wir, aber wenn wir diesen Dörfern helfen wird bald halb Urartu vor unserer Tür stehen und wir stehen kurz vor dem Abschluss eines lukrativen Handelsabkommens mit Virenien.“
„Dann werden wir eben weniger Getreide an Virenien verkaufen.“
Sie richtete ihren Blick wieder auf die etwas verdattert ausschauenden Dörfler. „Ich werde euren Dörfern helfen und euch genug Nahrung überlassen, damit ihr bis zur nächsten Ernte durchkommt. Keiner von euch muss dieses Jahr Hunger leiden.“
Sie dankten ihr und verbeugten sich dabei mehrmals tief. Die Freude war aus dem Gesicht des Mannes und seiner Begleiter direkt abzulesen. „Habt dank, möge Allah euch für euren Großmut segnen, oh edle Herrscherin.“
Das war eines der Anliegen, die Dany mehr interessierten. Sie entließ diese Gruppe mit einem bezaubernden Lächeln.
„Als nächstes euer Gnaden, wartet der Gesandte aus Bagdad darauf zu euch vorgelassen zu werden.“ erinnerte ihr Haushofmeister sie. Dany seufzte. Das würde eine bei weitem unangenehmere Unterhaltung werden.
Und so kam es auch. Der Gesandte aus Bagdad war ihr schon auf den ersten Blick unsympathisch. Ein dicker vorstehender Bauch, gelbe Zähne, ein hässliches abstehendes Kinn und Hass in seinen Augen. Eine alles in allem zwielichtige Gestalt, welche sich auch nur ganz leicht vor der Königin verbeugte. „Ich überbringe ich euch die Grüße meines Herrn Udai Hussein, König von Bagdad, Herr sowohl der Wüsten als auch der Menschen, die sie bewohnen.“
Dany hieß den Mann knapp willkommen, ehe er fortfuhr. „Es gibt da eine Angelegenheit mit der ich euch behelligen muss. Vor einigen Tagen floh eine Gruppe von Sklaven über eure Grenze. Die Überlebenden gehörten dem Sohn meines Herrn und er verlangt die Herausgabe seines Eigentums.
Schon alleine dafür, dass er es wagt hier solche Forderungen zu stellen, sollte ich ihm den Kopf abschlagen lassen. Stattdessen schluckte Dany ihren Ärger runter. „Das assyrische Gesetz kennt keine Sklaven. In meinen Augen sind es freie Menschen, die über unsere Grenzen kamen.“
„Ihr versteht nicht, mein Herr kann sehr ungehalten werden und er ist es gewohnt zu bekommen, was er verlangt.“ seine Augen funkelten sie an. „Darüber hinaus befinden sich noch seine treuen Beamten in eurer Gefangenschaft...“ Das war eine Drohung, aber Daenerys ließ sich keineswegs so leicht einschüchtern. Sie hatte, als sie von dem Zwischenfall erfuhr, die beiden Sklavenkinder zu sich bringen lassen. Das Mädchen war erst 13, schien jedoch recht sprachbegabt zu sein. Der Junge war ihr kleiner Bruder. Den Fluchtversuch wagten sie zusammen mit ihren Eltern und weiteren Sklaven, nachdem ihr Vater, der als Palastsklave eigentlich ein noch erträgliches Leben hatte, mitanhörte, wie Udais Sohn Ahmad äußerst lüstern von seiner Tochter sprach. Der Mann hatte ein Ruf dabei sehr brutal vorzugehen, wenn er sich eine Frau ins Bett bringen ließ. Dem wollte ihr Vater zuvorkommen. Alles klappte soweit, bis sie an der Grenze waren... Die Kinder mussten mitansehen, wie ihre Eltern erschossen wurden. Unter Tränen erzählte ihr das Mädchen dies, während Dany sie beide in den Arm nahm. Das war eine Geschichte, die auch nicht an einer Königin spurlos vorüberging. Dany hatte danach beschlossen beide im Palast aufzunehmen und ihnen somit zumindest eine gute Zukunft zu ermöglichen.
„Es befinden sich in der Tat einige Verbrecher in unserem Gewahrsam und wir gedenken sie gemäß unseren Gesetzen zu bestrafen. Sagt mir, Gesandter, was würde mit euren Entlaufenen geschehen, wenn ich sie euch überlassen würde?“
„Sie würden gemäß unserer Gesetze bestraft werden.“ gab er kühl zurück. Diese unverhohlene Antwort hätte Dany nicht erwartet. Sie wusste, was sie in Bagdad mit entlaufenen Sklaven machen, wenn sie nicht grad von unersetzbaren Wert sind. Kreuzigen, häuten, geißeln und sonst grausamste Torturen müssen sie über sich ergehen lassen. Einen Moment lang verschlug es ihr die Sprache „Aber das sind noch Kinder.“ antwortete sie und schalt sich einen Augenblick später für diesen Augenblick der Unsicherheit.
Der Gesandte sprach mit seinem Begleiter auf arabisch. Danys arabisch war nicht gerade das beste, aber das verstand sie noch. „Ich sagte es dir, sie hat das weiche Herz einer Frau.“ Der andere gab seinem schmierig grinsenden Freund einen ebenfalls höhnischen Kommentar zurück.
Sie nehmen mich nicht ernst - Bei dieser Erkenntnis kam Zorn in ihr auf. Kurzerhand befahl sie ihren Wachen „ergreift sie!“ Noch ehe sich der Gesandte und sein Begleiter versahen, packten die königlichen Gardisten sie und hielten sie in ihrem unentrinnbaren Griff fest. „Ich bin ein Gesandter! Das könnt ihr nicht tun!“ geiferte er vor sich hin. Dany beachtete ihn nicht. „Wachen, schneidet ihnen die Kehlen durch.“ befahl sie in einem ruhigen fast schon kühlen Tonfall. Stahl blitze auf, als die Männer ihre Dolche zogen. Jeder Gardist der königlichen Garde trug neben seinen Schusswaffen auch einen Dolch. Für den Nahkampf. In den Augen des Gesandten spiegelte sich blankes Entsetzen wieder. „Das könnt ihr nicht tun, bitte! Schrie er und benässte sich dabei selbst, während die Klinge seine Haut berührte. „Halt, wartet! Ich habe es mir anders überlegt. Steckt die Messer weg.“ Ihre Wachen gehorchten aufs Wort und schon waren die Dolche wieder in den Scheiden verschwunden. Dany trat ganz nah an den Gesandten heran. So nahe, dass sie seinen nach Knoblauch riechenden Atem spüren konnte. „Ich kann es tun und hätte jedes Recht dazu. Aber ich brauche euch, um euren Herrn eine Nachricht zu übermitteln.“ der Gesandte, den ihre Wachen mittlerweile auf die Knie gezwungen haben, schaute ängstlich zu ihr hoch.
„Ich werde niemanden, der meinen Schutz sucht, dem Tod und der Sklaverei überlassen. Euer Herr täte gut daran sich dessen zu erinnern, sonst weckt er den Drachen.“
Ohne zu antworten nickte der Mann. „Und nun geht mir aus den Augen!“ mit einer abwertenden Handbewegung deutete sie ihren unwillkommenen Gästen zu verschwinden.
Daenerys wusste, dass dies ein Affront darstellt, aber viel konnte sie dadurch nicht mehr verschlimmern. Schon seit ihrer Thronbesteigung gab es Berichte, dass Gesandte aus Bagdad Söldner in Persien, der arabischen Wüste und sogar in Afrika anheuerten. „König“ Hussein, dieser Sohn eines Schlächters, der wiederum von einem Esel abstammte, plante bereits den Krieg gegen Assyrien. Daenerys hoffte, wenn sie Härte zeigt, könnte sie ihn davon noch abbringen.
Später gab es eine hitzige Debatte im Rat. Von sofort angreifen bis hin zum Ausbau der Festungsanlagen reichten die Forderungen. Daenerys entschied sich dabei die Stellungen im Osten auszubauen. Bagdad sammelte bei Tikrit Truppen, aber hauptsächlich seine eigenen und arabische Söldner. Perser waren bisher nicht zu sehen, weshalb man davon ausging, dass die Rekrutierungen dort fehlschlugen. Wenn dem so ist, würde Hussein es sich zwei Mal überlegen, ehe er einen Krieg vom Zaun brach. So glaubten sie zumindest. Dennoch befahl die Königin ihren Generälen die Truppen in Alarmbereitschaft zu versetzen und zwar entlang der gesamten Grenze und weitere Verbände aus dem Inland an die Grenze zu verlegen. In Nineve wurden schon seit Wochen neue Befestigungen gebaut. Ebenso in der Grenzstadt Arrapcha.