Eilig, fast stolpernd sprintet der Mann die Treppen nach oben. Schweiß perlt von seiner Stirn als er sich eilig dem in Rot gekleideten Mann nähert.
„Kardinal! Ich muss sofort seine Heiligkeit sprechen! Verzeiht die fehlende Förmlichkeit.“
„Seine Heiligkeit hat dringende, äußerst dringende Angelegenheiten zu klären."
Der Bote schaut erschüttert, fast ängstlich drein.
"Was? Nun schaut nicht so. Schon bald wird Europa den Moslems ihre unrechtmäßigen Ländereien abtrotzen. Nun, bald ist es ohnehin offiziell... Also: Es wird schon bald einen Kreuzzug geben.“ verkündet der Kardinal mit einem breiten Grinsen.
„Einen... einen Kreuzzug? Dann wisst ihr vom Angriff, aber wie...? Unmöglich kann jemand schneller gewesen sein als ich.“
Der Kardinal nimmt dem Boten den Brief ab und bricht das Siegel. Zwar protestiert dieser doch das Heben seiner Hand bringt erstickt den Protest. Der Kardinal überfliegt das Schreiben und dann weicht ihm jegliche Farbe aus dem Gesicht.
„Er? Sie? Aber er... sein Reich. Der Krieg.“
Seine Heiligkeit, Urban III, hatte alles von langer Hand geplant. Die Heere der Könige und Herzöge machten sich schon seit Wochen bereit, ohne freilich das Ziel zu kennen. Nur die Fürsten wussten Bescheid. Der Papst wollte das Überraschungsmoment vollständig auf seiner Seite haben. Die spanischen Königreiche wurden nachdem sie die letzten 100 Jahre mit zersplitterten Moslems leichtes Spiel hatten nun von einer vereinigten Dynastie bedrängt. Ein Entscheidungskampf pber die Zukunft der Halbinsel stand kurz bevor. Die Almohads schickten sich an, ganz Spanien zu besetzen und wehrten sich wie ein in die Ecke gedrängtes Tier.
Urban, nein, die christliche Welt konnte diesen Stachel, diesen ständigen Zweifrontenkrieg nicht hinnehmen. Wäre Spanien erst gesichert könnte man sich um die aufstrebenden und das byzantische Reich bedrängenden Rumseldschuken kümmern. Zwar fand der Großteil des Handels aus dem Ostenüber den Seeweg statt doch die Landverbindung war für größere Heeresbewegungen unabdingbar. Und außerdem hegte er den tiefen Wunsch das Schisma des christlichen Glaubens zu überwinden. Voller Zuversicht blickt er, mit einem lächeln auf den Lippen, aus dem Fenster, immer einen nach dem anderen... da öffnet sich die Tür. Ein nervöser und totenbleicher Kardinal tritt herein. Mit zittrigen Händen überreicht er dem Papst ein Schreiben welches er liest.
„Gott prüft uns. Sorgt euch nicht. Vielleicht ergreift er die Gelegenheit sogar beim Schopfe und weist uns so den Weg. Der Herr hätte es gar nicht besser wählen können, auch wenn ich nicht damit gerechnet hätte, dass sie dieses Jahr dazu fähig wären. Nun, er wäre ohnehin als nächstes dran gewesen. Um so besser, das spart ungemein Überzeugungsarbeit. Gott will es! Vergesst das nicht. Ist Spanien erst gesichert können wir uns voll auf den Osten konzentrieren. Schickt Boten aus. Geht nun.“
Wieder begibt er sich zum Fenster. Die Arme hinter dem Rücken verschränkt ist sein Blick wie kurz zuvor. Nur das Lächeln ist verschwunden.
Einige Monate vorher...
„Schon bald, schon bald.“
„Warum nicht sofort?“
„Wir sammeln erst die Truppen, umzingeln sie, schlagen überall gleichzeitig zu. Ich erwarte noch Botschaften unserer Brüder im Osten. Wir würden gewinnen, ja. Wir sind bereit und sie zermürben sich. Immer mehr, jeden Tag. Das Reich ist gespalten. An der Südgrenze gibt es bereits Aufstände. Das Volk verträgt sich nicht mit den Herren. In der Stadt selbst soll es auch Zwist geben. Die Berater, die Zuflüsterer des Königs. Sie alle schauen nur nach ihren eigenem Vorteil.“
„Und die Karawanen? Wie lange wollt ihr noch zulassen, dass sie überfallen werden?“
„Ich habe den Großteil unseres Volkes nicht mit Ungeduld vereint. Seht... Unser Reich reicht von...“
Vorm Eingang des Zeltes steht eine verschleierte Frau nebst Eskorte.
„Ah, kommt nur herein, ich habe euch schon erwartet. Bitte geht nach hinten, wir reden später.“
„Nun, wo waren wir? Aja. Schickt Kundschafter aus und überprüft die Oasen. Wir werden Wasser brauchen. Viel Wasser.“
„Und die Karawanen?“
„Nein. Sollen sie sich in Sicherheit wiegen. Und nun geht.“
„Ja, Herr.“
Kurz darauf im hinteren Teil des Zeltes. Die Dienerinnen servieren der eben eingetroffenen und nun entschleierten Frau Datteln.
„Hallo, meine Liebe. Ihr seid gut angekommen?“
„Ja, Herr. Die Mitgift meines Vaters ebenso. Er vermutete, dass Materielles im Moment nicht in eurem Interesse sei. Er hat mit mir 300 Mann geschickt. Sie warten außerhalb des Lagers.“
„Ausgezeichnet.“
„Dann.. Ist es also wahr.“
„Ja.“
„Wann?“
„Ein paar Monate, speist nun weiter. Ich ersuche euch später wieder.“
Der Mann schickt sich an das Zelt zu verlassen.
„Herr?“
„Ja?“
„Warum ich? Die Ländereien meines Vaters sind arm und trocken. Weder Wohlstand noch Stärke ist aus ihnen zu erwarten.“
„Ich war neugierig auf die Frau, die lieber mit Soldaten spielt als mit Puppen. Dies ist der Grund.“
Der Mann macht sich auf die beduinischen Neuankömmlinge zu begrüßen. Schon bald würden sich die Angriffe der Kreuzfahrer auf orientalische Karawanen mehren. Die Volksseele brodelte weiter und am 16.02.1187 wurde dem Königreich Jerusalem der heilige Krieg erklärt.
Salah ad-Din Yusuf ibn Ayyub würde reiten.
Und mit ihm weitere 40.000 Mann.