Die Orakel Tokugawas oder gegen die KI hoch zwei.
Die Hitze war fast unerträglich. Hin und her wurde ich geschüttelt, als die Rettungskapsel in die Atmosphäre des Planeten eintauchte. Im Dienste Ramses war ich zum Glück über die Jahrtausende abgehärtet worden und so schaffte ich es schon kurz nach der unsanften Landung die Luke zu öffnen und meine neue Heimat in Augenschein zu nehmen.
Ich war an einem idyllischen Ort gelandet. Von Osten spürte ich eine Meeresbrise und im Westen war ein großer Süßwassersee, an dem eine Gruppe Menschen ihr primitives Lager aufgeschlagen hatte. Diese kamen vorsichtig auf mich zu und warfen sich vor mir auf die Füße, um mich wie einen Gott anzubeten.
Endlich mal Leute, die meine Fähigkeiten richtig einschätzen konnten.
Schließlich erhob sich ein stattlicher Krieger, anscheinend ihr Führer und sprach mich an.
„So haben die Orakel doch Recht behalten und der Himmel hat dich zu uns gesandt.
Mein Name ist Tokugawa und ich freue mich, dich in meinen Diensten begrüßen zu dürfen.“
Ich sah mich um. Wo waren die Kameras? Irgendetwas schien schon wieder schief zu laufen. Das musste ein schrecklicher Traum sein. Ich kniff mich in den Arm, aber leider erwachte ich nicht.
Also wandte ich mich wieder Tokugawa zu und probierte es mit einem Lächeln.
Wie erwartet keine Reaktion.
OK, dann ein breites Grinsen.
Starr, mit Augen die Stein zerbröseln lassen konnten, blickte Toku völlig ungerührt zurück.
„Und wie stellst du dir das Ganze vor?“
„Ich werde in Fragen, auf die die Orakel keine Antwort wissen, auf deinen Rat hören.
Möchtest du wie die Orakel auch ein Opfer dargebracht bekommen?“
„Ähmm…, an was dachtest du denn so?“
„Früchte, Tiere und in wichtigen Fragen Menschen.“
„Früchte gerne, Tiere bitte nur gebraten und die Menschen sollten wir besser ganz lassen.“
„Wie du wünscht.“
Er winkte eine Frau heran und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Diese verschwand kurz in einer der primitiven Strohhütten und kam mit einem Korb voller Früchte zurück.
Demütig kniete sie vor mir nieder und legte den Korb vor meinen Füßen ab.
Na ja, ganz so schlecht hatte es mich wohl doch nicht getroffen.
„Wie ist dein erster Rat?“ fragte Toku mich.
Ich sah mich um. Ein wirklich nettes Plätzchen.
„Dann lasst uns feste Hütten bauen und sesshaft werden. Nur so können wir vorankommen und eine Kultur aufbauen, die stark genug ist, den Planeten zu verändern.“
Außerdem hatte ich vor in der Rettungskapsel zu wohnen. Die war zwar durch die Landung etwas verbeult, aber immer noch tausendmal besser als diese wackeligen Strohhütten.
Ich flüsterte Toku leise zu:
„Unter uns, wie geht das denn auf diesem Planeten so ab. Ich meine: Welcher Schwierigkeitsgrad?“
„Prinz.“
„Ach dann…, kein Problem. Das schaffe ich locker. Das letzte Mal musste ich Kaiser managen.“
„Wir werden sehen.“
Wir werden sehen – wir werden sehen. Wie abfällig das klang. Eben noch Gott und jetzt schon wieder nur Hilfskraft oder wie? Der schnelle Abstieg war schon beeindruckend. Ich versuchte die Situation wieder in den Griff zu bekommen.
„Lass mich mal machen! Als erstes einen Bautrupp. Das können wir uns auf Prinz locker leisten. Der Krieger erkundet erst einmal das Umland.“
„Dann lass uns die Orakel befragen.“
Er schleppte mich in eine Strohhütte. In dieser waren zwei alte, schmutzige, hässliche, irgendwie unsympathische Frauen. Er ließ ihnen einen Hasen bringen, dem die Alten routiniert mit einem Messer die Gedärme aufschnitten.
E-kel-haft.
Sie wühlten darin herum und eine sagte kurze Zeit danach:
„Krieger!“
Die andere nickte bestätigend.
„Ich danke euch für diesen weisen Rat, ehrwürdige Mutter“ sagte Toku.
Halt, halt. Ich lasse mir von solchen Amateuren doch nicht den Schneid abkaufen.
„Vertraut mir. Bautrupp, Bergbau und Bronze forschen, ein wenig holzen… Das geht schon klar. Habe ich schon etliche Mal gemacht.“
Verständnislos blickten die Anwesenden mich an. Die eine Vettel packte den Griff des Messers fester. Ihre Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen.
Ich hätte nicht Jahrtausende am Hofe Ramses überlebt, wenn ich nicht die Zeichen der Zeit erkennen könnte.
„Ein Krieger! Wunderbare Idee! Das ich da nicht von selbst drauf gekommen bin. Zum Glück haben wir noch mal darüber gesprochen.“
Alle entspannten sich sichtlich.
Also gut. Wieder einmal schleimen. Erfahrung darin hatte ich ja zur Genüge.
Der Krieger zog gen Süden und kurz darauf stand eine wichtige Entscheidung an.
Toku und ich gingen wieder zu den Orakeln.
Diesmal gab es Früchte und die Alten begnügten sich damit, ein paar Knochen in die Luft zu werfen.
„Landwirtschaft!“ sagte die eine,
„Bergbau!“ die andere.
Verwirrt schaute ich Toku an. Der schien auf irgendwas zu warten. Vorsichtig sagte ich:
„Bergbau?“
Er nickte und verließ die Hütte. Die beiden Alten wandten sich, als ob nichts geschehen wäre, wieder ihren Geschäften zu. Erleichtert folgte ich Toku.