Turo de Pauline, Gouverneur von Neufrankreich, saß im Konferenzraum der Kolonialverwaltung in Quebec und begrüßte seine engsten Mitstreiter Jean-Jacques Roussel, Kommandant der französischen Kolonialarmee, sowie Pierre Leclerc, Präfekt der Provinz "La Louisiane", welche aus dem ehemaligen Neuholland hervor gegangen ist. Seit Tagen schon zerbricht er sich den Kopf, ob der Weg, den er bisher beschritten hat, der Richtige gewesen ist.
Starke Zweifel machten sich in ihm breit, wenn er an seine zahlreichen Kriege, die Auslöschung eines ganzen Indianervolkes und die vielen Toten Europäer der anderen Kolonialmächte dachte.
Sollte der Papst mit seiner eindringlichen Warnung recht haben? Hatte er, von Ehrgeiz getrieben, falsche Prioritäten gesetzt und nur an Machtzuwachs gedacht? War nicht seine Aufgabe, die Erkundung und Besiedelung der Neuen Welt in friedlichem Miteinander mit anderen Europäern und den Ureinwohnern? Wollte er nicht Wohlstand für alle Kolonisten und das Mutterland, indem er die geheimnisvollen Schätze, Früchte und Rohstoffe Amerikas jedem einzelnen Bürger zukommen ließ? Und was hatte er stattdessen getan?
Alles, was bisher unternommen wurde, geschah einzig zum Wohle und Ruhm Frankreichs. Der Einfluss des Königs sollte bis in den entlegensten Winkel des Kontinents getragen werden und keine andere europäische Macht sollte dem in Wege stehen oder gar das glorreiche Frankreich übertreffen.
Der Dank war den Kolonien jedoch verwehrt geblieben. Zwar war Turo de Pauline gern gesehener Gast am Hofe, sein Name war überall in Frankreich bekannt und Neufrankreich lockte als verheißungsvolles neues Land mit ganz neuen Möglichkeiten zahlreiche Siedler nach Amerika.
Echte Anerkennung und Hilfe war jedoch ausgeblieben. Im Gegenteil, die Steuern und Sonderabgaben erreichten mittlerweile ungeahnte Höhen, die weitere Entwicklung drohte ins Stocken zu geraten. Misstrauen herrschte in den Beziehungen zum Monarchen und Turo hatte den Eindruck, als wolle Seine Majestät die weitere Entwicklung der Kolonien mit allen Mitteln behindern. Scheinbar sollte Neufrankreich nur als billiger Rohstofflieferant ausgenutzt werden, an Wohlstand, Entwicklung und besserem Lebensstandart hatte der König jedoch kein Interesse.
All dies bedurfte einer Diskussion und es stellte sich die Frage nach einem neuen Ziel, einem neuen Umgang mit dem Hofe, kurz: Wie würde sich Neufrankreich künftig veralten und was wollten wir in der Neuen Welt in Zukunft erreichen?
Jean-Jacques und Pierre waren ähnlicher Meinung. Man schien sich mit der Königstreue in eine Sackgasse manövriert zu haben. Waren sie denn nur ausgezogen, um Paris zu dienen und den Reichtum am Hofe zu mehren, oder gab es nicht höhere Ideale, für die die Menschen ihre Kraft und ihr Wissen einsetzten? Fast schien Europa mit seinem politischen System und seinem Menschenbild tatsächlich wie aus einer anderen Welt. Die Kolonisten bewiesen jeden Tag aufs neue ihren Tatendrang, ihren Ideenreichtum und sie stimmten sich untereinander ab, um das Beste aus den bescheidenen Mitteln herauszuholen. Sie hatten besseres verdient, als nur einer Person zu dienen und seinen Launen und seiner Großzügigkeit oder Geringschätzung ausgeliefert zu sein.
Als die drei nach langen Diskussionen spät in der Nacht auseinander gingen, hatten sie sich fest vorgenommen, von nun an nur noch das Wohl Neufrankreichs in den Mittelpunkt all ihrer Entscheidungen zu stellen und mit Augen und Ohren nah bei den Einwohnern der Kolonien zu sein. Paris war seit dieser Nacht ein ganzes Stück weiter weg gerückt...