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Thema: Die letzte Schlacht des Keltenreiches

  1. #46
    Herzog von Duran Avatar von Frederick Steiner
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    20. Kapitel - Überfall

    Noch ein weiteres Mal drangen die Banditen in das Lager der Kelten ein, doch gewarnt von dem vorherigen Angriff, schlugen sie die Angreifer schnell in die Flucht. Diesmal ohne eigene Verluste bei neun Gefallenen auf der Gegenseite. Nachdem sie sich offenbar zu oft blutige Finger geholt hatten - beim zweiten Überfall ohne Beute - wagten sich die Banditen auch nicht mehr an die Wagen heran. Bogenschützen hatten sich auf die Lauer gelegt, der Druide Garamanus einen Schutzzauber gewoben und sogar einige der Verwundeten hatten sich bewaffnet und so die Anzahl derer, die unter Waffen standen, beinahe verdoppelt.
    Am nächsten Morgen, nach etwas mehr als drei durchgehenden Stunden Schlaf, wurde Frederick unsanft geweckt. Garamanus stieß ihn mit dem Stock in die Rippen und traf dabei, vielleicht sogar gewollt, die verletzte Stelle an dessen Brustkorb.
    "Aufwachen", brummte er und kniete behende neben dem Liegenden nieder. Trotz seines augescheinlichen Alters, waren die Bewegungen des Druiden noch immer fließend.
    Einen Fluch auf den Lippen, den er aber schnell hinunterschluckte, wandte sich Frederick um, schlug die Decken von sich fort und begann sich zu strecken.
    "Bin wach", murmelte er verschlafen. Diese Nacht hatte eindeutig nicht zu seiner Erholung beigetragen.
    "Ich möchte, dass du gleich auf meinem Wagen mitfährst", sagte Garamanus. "Du bekommst die Tageswache." Er lächelte, doch in seinen Augen schwang ein Ausdruck mit, der keinen Widerspruch duldete. Frederick wusste nicht warum der Druide das Kommando über den Wagenzug an sich nehmen konnte, doch die Wachen und auch ihr Befehlshaber, wehrten sich nicht dagegen.
    Garamanus ging zu seinem Planwagen zurück, während Frederick die Decken zusammenrollte und auf seinem Rucksack verstaute. Inzwischen hatte er es geschafft diesen weitgehend unbeschadet vom Blut zu reinigen und er stank auch nicht mehr. Anderes galt für Brennus´ Banner. Zwar waren nur einige wenige dunkle Stellen geblieben, doch hatte das satte grün beim Waschen in einem Bach, einiges an Kraft verloren. Der Druide hatte es als ein Zeichen gewertet. Das grüne Land, das Keltenland, verblasste langsam und mit ihm die Erinnerung an den König.
    Sie hatten eine lange Diskussion darüber geführt, ob und wie es zu schaffen sei, den Kelten Einigkeit und Stärke einzuflößen und die Rosanen zurückzuschlagen. Doch das Gespräch war ziemlich schnell in eine sehr beängstigende Richtung abgeschweift. Garamanus hatte widerwillig und keineswegs glücklich darüber gesrochen, was aus den Kelten werden würde, wenn sie nicht endlich gemeinsame Sache machten.
    'Die Rosanen sind eine Gefahr, der wir nicht Herr werden können, in unserem jetzigen Zustand. Seit Beginn des Krieges haben sie immer wieder einzelne Dörfer, Städte, Stämme angegriffen und von den übrigen Kelten abgeschnitten. Doch wir sind unseren Brüdern nicht zu Hilfe geeilt, bis wir das Unglück erkannten - und da war es schon zu spät! Ich habe vieles gehört, die Häuptlinge streiten sich wieder und weisen sich gegenseitig die Schuld zu. Brennus´ Tod war ein schlimmerer Schicksalsschlag, als der Verlust von Entremont! Wäre er jetzt hier, dann würden die Häuptlinge Lieder auf ihn singen und sich nach dem Befehl sehnen, endlich gegen die Rosanen anzutreten! Viele Kelten werden sterben, bis wir uns endlich wieder einen. Und ich fürchte, dass dann nicht mehr genug von uns übrig sein werden!'
    Diese Worte hallten immer noch in Fredericks Kopf.
    Während der ersten Wache auf dem Planwagen hatte Frederick frei und ruhte hinter dem Bock, auf dem der Wagenlenker, Garamanus und dessen junger Schüler saßen. Dort gab es einen etwa eineinhalb Meter breiten Verschlag, in den sich der Wagenlenker bei zu starkem Regen zurückziehen konnte und der von der Ladefläche, auf der immer noch einige schwerer verletzte Kelten lagen, abgegrenzt war. Trotz deren Verletzungen würden sie wohl alle überleben, auch wenn einigen ein Arm oder Bein fehlte. Garamanus Fürsorge hatte dafür gesorgt, dass sich der Wundbrand nicht ausgebreitet hatte und von den fast fünfzig Verwundeten hatten nur drei den Weg zu den Göttern gehen müssen.
    Schnell fand Frederick im leichten Schaukeln des Wagens Ruhe und schlief ein und erwachte irgendwann von selbst, als die Sonne schon aufgegangen war. Diese Ruhepause hatte er gebraucht und fühlte sich wieder kräftig. Endlich wieder!
    Als Garamanus sah, dass der Keltenkrieger erwacht war, stieg er zu ihm in den Planwagen. "Du siehst besser aus, Frederick von den Steiner. Es war eine gute Entscheidung dich mitzunehmen."
    Frederick nickte nur, obgleich er die Worte des Druiden nicht immer verstand. Besser gesagt, er verstand die Botschaft nicht, die Garamanus übermitteln wollte. "In wie fern", fragte er also nach.
    "Du bist ein guter Krieger, aber ich entdecke bei dir Ansätze eines viel wacheren Geistes. Verstehe mich nicht falsch. Ein Krieger braucht alle seine Sinne, doch schaltet er sein Denken fast aus und handelt instinktiv. Ein", er betonte des folgende Wort. "Druide hingegen, braucht ebenfalls alle Sinne, doch er denkt dabei weitaus mehr. Er agiert, während ein Krieger reagiert. Er lenkt, während ein Krieger gelenkt wird. Er führt sich selber und andere ebenfalls."
    "Willst du mir damit sagen, ich solle mir einen weißen Bart wachsen lassen und Kräuter sammeln", brummte Frederick noch etwas verschlafen, dennoch mit einem gewissen Anteil von Witz in seinen Worten.
    "Beinahe, ich..." Garamanus wurde unterbrochen.
    "ZU DEN WAFFEN", donnerte die Stimme der Wagenlenkers. Frederick griff nach Axt und Schild und einem Helm, den er sich aus den Beständen der Karavane genommen hatte. Das Erlebnis mit dem Pferd, das ihm auf den Kopf gefallen war, wollte er so schnell nicht wiederholen.
    Garamanus sah ihn an und zog einen schweren Knüppel aus den weiten Falten seines Umhangs. Er würde dicht am Wagen bleiben, aber mit den leichter Verwundeten und denen, die wegen des Verlustes eines Körperteils nicht mehr in erster Reihe kämpfen konnten, eine letzte Verteidigungsreihe bilden.
    "ROSANE! ZU FUß EINHUNDERT! REITER ZWANZIG!"
    Frederick sprang vom Wagen, die drei anderen Männer waren schon bereit und hatten ihre Waffen gezückt. Auf dem Kutschbock zog der Wagenlenker einen Bogen und auch ein Krieger, der ein Bein verloren hatte, gesellte sich - gestützt von einem Kameraden, der drei Pfeilköcher trug - dazu.
    Dann waren die ersten Rosanen heran. Frederick duckte sich hinter seinen Schild und wie erwartet sausten Pfeile an ihm vorbei. Einer bohrte sich mit einem dumpen Wummern in seinen Schild, drang aber nicht durch. Die Kelten erwiderten den Beschuss. Hier und da brach ein Rosaner zusammen, doch die feindlichen Krieger waren schon zu nahe. Schwerter und Äxte begannen zu klirren, Frederick warf sich auf den nächsten Gegner. Gerade noch rechtzeitig konnte dieser seinen Schild heben, doch die volle Wucht der Keltenaxt riss diesen herunter. Frederick schlug mit seinem eigenen Schild zu und traf den Rosanen mitten im Gesicht. Ein blutiger Riss klaffte auf dessen rechter Augenbraue und aus der Nase rann ein Schwall roten Blutes. Der Rosane taumelte benommen nach hinten, doch er konnte sich nicht mehr vor dem nahenden Tode retten. Ein Axthieb zertrümmerte, was das keltische Schild noch von der Nase des Rosanen übrig gelassen hatte und drang tief in den Schädel ein. Mit einem erstickten Schrei sackte der Rosane zusammen.
    Rund um Frederick wurden die Kelten zusammengetrieben.
    "In den Wald", erklang eine Stimme und schon begannen die ersten Planwagen dichter in das Unterholz zu fahren. Frederick trat gegen zwei Rosane an blockte die Schläge ihrer Beile mit seinem Schild, schlug selber zu, doch konnte keinen Treffer landen. Beim zweiten Versuch schlugen die Rosanen nacheinander zu und ein dumpfer Schmerz am Kopf lies Frederick zusammenzucken. Der Helm hatte ihn vor schlimmeren Schaden bewahrt. Außerdem bewies ihm dieser Kampf eines: Er war noch nicht wieder vollständig genesen.
    Schwer schnaufend stemmte er sich vorwärts und schob die Rosanen mit seinem Schild nach hinten. Einen drängte er damit zu Seite und stand plötzlich vor dem zweiten Rosanen völlig frei. Mit einem Tritt nach dessen Beinen, die immer noch versuchten wieder sicheren Halt zu finden, warf er diesen zu Boden. Währenddessen drehte er sich nach links und trieb den stehenden Gegner die Axt in den linken Oberschenkel. Tief grub sich die Klinge durch weiches Fleisch und traf den Knochen, der laut splitterte. Der Rosane wurde kalkweiß im Gesicht, als Schock und Schmerz ihn durchfluteten. Der nächste Axthieb schnitt eine klaffende Wunde in dessen Bauch und brachte auch diesen Gegner zu fall. Der liegende Rosane hatte sich schon fast wieder erhoben, als ein weiterer Tritt Fredericks ihn unter den Rippen traf, mindestens eine davon brach und ihm alle Luft aus den Lungen presste. Ein Schlag mit der Axt gegen den Kopf des Rosanen beendete auch dessen Leben.
    Die ersten Wagen waren schon in den Wald gefahren, die Kelten zogen sich geordnet zurück und Frederick beeilte sich damit, bei ihnen zu bleiben. Alles in ihm rief danach, die Rosanen anzugreifen, jeden einzelnen von ihnen zu töten, doch alleine würde er es nicht schaffen. Kaum hatte er es zum letzten Wagen geschafft und war von seinen Gefährten umgeben, begann eine Frage in ihm zu bohren.
    Warum hatten die Rosanen sie so einfach entkommen lassen? Und warum setzten sie nur so langsam nach?
    Die Antwort kam schnell, als plötzlich ein Schrei die Kelten panisch aufschrecken lies.
    "HINTERHALT!"

  2. #47
    Herzog von Duran Avatar von Frederick Steiner
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    21. Kapitel - Der Wald von Eyinfur

    "HINTERHALT!"
    Frederick zuckte zusammen. Plötzlich tauchten Gestalten aus dem Wald auf und begannen die Planwagen zu attackieren. Die Kelten, die sich kaum aus der Umklammerung der Rosanen befreien hatten können, blieben eine schreckliche Sekunde lang wie angewurzelt stehen. Dann warfen sie sich auf ihre neuen Gegner.
    Frederick sprang neben einem Wagen hervor, überraschte einen der Angreifer und schmetterte ihm die Axt in den Rücken. Er traf genau über der rechten Niere, durchtrennte das Lederwams des Mannes und riss eine klaffende Wunde. Erst als dieser zusammenbrach, erkannte Frederick, dass es sich um einen Kelten handelte.
    Die Banditen waren zurück!
    Ein unbändige Wut wallte in Frederick auf. Heiß brannten Verzweiflung und Hass in seinen Adern. Sie waren die Rosanen kaum entkommen, hatten nur wenige Meter Vorsprung und würden durch die Hände ihrer eigenen Leute wohlmöglich sterben!
    Selbst, wenn es ihnen gelänge, en Banditenangriff abzuwehren, wären die Rosanen längst heran, um ihnen in den Rücken zu fallen. Und wenn sie sich den Rosanen stellten, wären die Banditen....
    Frederick schrie aus voller Kehle und brachte so einen der keltischen Räuber zum stehen. Eine Schrecksekunde genügte und der Mann verlor seinen rechten Arm. Aus dem Stumpf quoll eine Blutfontäne hervor und er brach wimmernd zusammen. Frederick sprang mit beiden Füßen auf dessen Körper und landete mit ganzer Wucht auf einer Schulter, die laut krachte. Er sprang erneut in die Luft und rammte beide Füße auf den Kopf des Räubers, der sich danach nicht mehr rührte.
    Ein neuer Gegner stellte sich ihm in den Weg, nur mit zwei blitzenden Dolchen bewaffnet, den Kopf unter einer Art Turban verborgen. Schon tänzelte er auf Frederick zu, in einem kurzen Handgemenge duckte sich der Räuber unter dem Axthieb hinweg, der seinen ungeschützten Körper der Länge nach aufgerissen hätte, und stach mit den Dolchen zu. Einer schrammte kreischend an Fredericks Schild entlang, der andere bohrte sich in seinen linken Oberschenkel. Nicht tief, aber sehr schmerzhaft.
    "Warum tust du das", brüllte Frederick seinen Gegner an und schwang die Axt nach ihm. Dieser konnte nur knapp ausweichen und spürte dafür das wuchtige Keltenschild schmerzhaft in seine Seite schlagen.
    "Wir sind Kelten! Die Rosanen kommen! DAS ist der Feind!"
    Wieder einer der tänzelnden Angriffe. Diesmal jedoch hatte Frederick aufgepasst, blockte beide Dolche mit dem Schild und dem Schaft seiner Axt ab und versetzte dem verdutzten Räuber eine Kopfnuss.
    Dieser torkelte zurück, konnte dennoch erneut der Axt ausweichen. Schnaufend blieb er vor Frederick stehen und sah ihm in die Augen. Der Bandit hatte grüne Augen, tief und unergründlich. Und gefährlich!
    "Vielleicht hast du Recht", sagte er, kniff die Augen zusammen und warf einen Dolch.
    Völlig perplex konnte Frederick nicht reagieren, doch der Dolch zuckte an ihm vorbei. Ein greller Schrei erklang hinter ihm und ein Krieger der Rosanan schlug neben Frederick auf dem Boden auf. Verwundert sah der Kelte hinter dem Banditen her, der auf den Rosanen zusprang, ihm das geworfene Messer aus dem Bauch riss und sicherheitshalbe einen Schnitt über die Kehle führte - so schnell, dass Frederick die Bewegung kaum verfolgen konnte.
    Dann rief er irgend etwas zu seinen Leuten, die sich augenblicklich auf die nächsten Rosanen warfen. Frederick konnte nur staunen.
    Aus den Büschen tauchten Dutzende, ja Hunderte von Männern auf. Mit Speeren, Dolchen und Knüppeln bewaffnet. Sie waren überall und ihr Schaar wollte schier nicht abreißen. Als sich Frederick endlich wieder gefangen hatte, schloss er sich ihnen an und rannte zurück auf die andere Seite der Planwagen. Dort bot sich ihm ein Bild, das er ne vergessen würde - egal wie lange er noch lebte.
    Sich plötzlich einer Übermacht gegenüber sehend, versuchten die Rosanen den Rückzug anzutreten, doch die schafften es nicht. Ein Ring aus Menschen bildete sich um sie, jeder der auszubrechen versuchte wurde gnadenlos niedergemacht. Gleichzeitig füllte ein Hagel aus Pfeilen und Steinen die Luft und zielte direkt auf die eingeschlossenen Rosanen. Binnen von Minuten sank ihre Zahl von einhundert auf gerade mal ein Dutzend. Reiter stürzten getroffen von ihren Pferden, die Fußsoldaten konnten sich den unentwegs auf sie einschlagenden Klingen nicht entziehen und fielen einer nach dem anderen. Frederick hatte den tödlichen Ring gerade erst erreicht, da war der Kampf vorbei und der letzte Rosane hauchte sein Leben aus.
    Die ersten Sekunden nach dem Sieg gehörten der Freude und dem Jubel. Erst dann wurden viele der Kelten gewahr darüber, wer da neben ihm stand und plötzlich blitzten wieder Waffen auf. Noch griffen sich die Banditen und die Männer der Karavane nicht an, doch es schien nur noch eine winzige Kleinigkeit zu fehlen, um die Gewalt wieder ausbrechen zu lassen.
    "GENUG", donnerte eine Stimme. Dutzende Augenpaare wandten sich zu den Planwagen um, wo Garamanus stand, der mit seinen schweren Stab auf den Kutschbock stampfte. Und tatsächlich, einige der Banditen schienen von dem Anblick des Druiden so beeindruckt zu sein, dass sie ihre Waffen sinken ließen.
    Dann schritt auch der vermummte Mann mit den beiden Dolchen ein und befahl den übrigen Banditen, ihre Waffen zu senken. Darauf hin taten es die Kelten der Karavane ihnen gleich.
    Frederick musterte den Vermummten, der langsam sein Gesicht frei legte. Er mochte etwas so alt sein wie Hawkeye, vielleich ein oder zwei Jahre älter, vermutete Frederick und er war eindeutig der Anführer der Banditen. Es hätte des Befehl nicht gebraucht, um das zu erkennen. Seine Haltung drückte diese Tatsache aus, sein Blick und die Sicherheit, mit der er seine Gesten ausführte.
    "Warum hast du uns geholfen", fragte Frederick plötzlich. Es quoll aus ihm heraus, ohne das er es kontrollieren konnte und schon kurz darauf bereuhte er, den Mund überhaupt geöffnet zu haben.
    Langsam und mit Bedacht, sprach der Banditen-Häuptling. "Nun, junger Krieger, dies ist mein Wald!" Die übrigen Banditen stimmten ein 'JAWOLL!', klang es auch hundert Kehlen. Frederick wurde sich wieder der Übermacht bewusst, die um ihn herum stand. Bewaffnet und gute Kämpfer noch dazu.
    "Und hier gibt es nur einen, der in diesem Wald Leute überfallen darf!" Schallendes Gelächter folgte.
    "Ich bin Llionel, der König dieses Waldes! Hier herrscht mein Gesetz!"
    Was sollte Frederick davon halten? Er sah die vielen Banditen und seine wenigen Gefährten. Es gab nur eine Lösung. Er ging gelassen auf Llionel zu, streckte die rechte Hand aus und als der Bandit danach greifen wollte, traf ihn der Schild des Ketenkriegers mitten im Gesicht. Während der Bandit noch laut aufschrie, griff Frederick nach seiner Axt, warf sich auf seinen Gegner und presste ihm die Schneide seiner Waffe an den Hals.
    "Und ich bin Frederick Steiner, Herzog von Duran! Und das ist meine Axt an deinem Halse!" Wie ersteinert starrten die Banditen den jungen Kelten an, der so plötzlich ihren Anführer gefangen genommen hatte.
    "Du hast bewiesen, dass du vernunftbegabt bist, Llionel. Deshalb lebst du noch und es gibt nur einen Weg, meine Axt von deinem Hals zu entfernen - schließe dich mir an! Im Kampf gegen die Rosanen!"
    Während er sprach, wurde Frederick sich dem Wahnsinn bewusst, den er so eben vollzog. Sollte der Banditen-König sich weigern, würde er hier sterben. Von der Hand seines eigenen Volkes und die Rosanen würden triumphieren. Er presste die Axt fester gegen die Kehle seines Gefangenen.
    "Gegen die Rosanen kämpfen ist Irrsinn", keuchte Llionel.
    "Und was willst du sonst tun? Dein "Handwerk" weiter treiben? Sie werden dich aufspüren und töten! Jeden von deinen Leuten! Es gibt nur einen Weg sie zu besiegen! Zusammen wären wir über einhundertfünfzig!"
    Der Bandit lachte grimmig, doch rund um ihn rührte sich keiner seiner Männer. Sie alle blickten gebannt auf den Kraftakt, den Frederick und Llionel ausfochten.
    "Hundertfünzig gegen wie viele? Fünftausend". spuckte Llionel aus.
    "Es hat nur fünfzig Mann gebraucht, um Entremont zurückzuerobern! Letzte Chance! Für das Keltenreich oder gegen das Keltenreich?" Jetzt floss Blut. Ein Schnitt zeigte sich in der gespannten Haut über Llionels Kehlkopf. Tropfen von Blut rannen über Frederick Axt und mischten sich dort mit den Spuren der vergangenen Kämpfe. Allmählich und trotz alle Pflege, wurde die Klinge rot, wie von Rost befallen. Der junge Keltenkrieger verstärkte seinen Griff noch einmal und mobilisierte seine letzten Kräfte. Die Rippen schmerzten plötzlich und sein Kopf begann zu dröhnen, als das Blut durch heiß die Adern rauschte. Llionel versuchte so lange auszuhalten, wie er konnte, doch schließlcih verlor er die Kraftprobe.
    "Für Keltia", würgte er hervor.
    "FÜR KELTIA", donnerte Frederick.
    Es dauerte einige Sekunden, dann fielen über einhundert Stimmen ein.
    "FÜR KELTIA!!!!!!"

  3. #48
    Herzog von Duran Avatar von Frederick Steiner
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    Kapitel 22 - Lagerfeuer

    Frederick glaubte seinen Augen nicht. Ebensowenig seinen Ohren und seinen restlichen Sinnen. Er war immer noch am Leben und hatte diesen Banditen-Häuptling tatsächlich dazu gebracht, ihm die Gefolgschaft zu schwören!
    Langsam sah er sich um und starrte dabei über knisternde Flammen hinweg. Tief im Wald hatten die Banditen ihr Versteck. Sicher vor allen übergriffen, hatten sie gesagt und die Karavane dorthin geführt. Nun brieten mehrere gefangene Tiere, vor allem Wildbret, über dem offenen Feuer und eine Lage von Bier wurde in die Runde gereicht. Es war nicht so gut, wie die Vorräte, die Frederick in Entremont hatte probieren dürfen, dennoch lehnte er nicht ab, wenn einer der Kelten seine Runde machte und die Hörner wieder füllte.
    Llionel diskutierte heftig mit Garamanus, der sich ruhig und gelassen zeigte. Frederick wünschte sich, irgendwann auch die Ruhe des Druiden zu besitzen. Andernfalls war gerade das ungestüme Neturell des jungen Kelten der Auslöser gewesen, er die Banditen auf die Seite der Karavane gebracht hatte. Es war ein Tanz auf einer Klippe, zwischen Weisheit und Wahnsinn.
    Frederick wusste, welche Richtung zur Zeit seinen Charakter besonders prägte.
    "Welchen Weg werden wir nun einschlagen", fragte Llionel und Garamanus räusperte sich kurz.
    "Es gibt hier nur eine Hand voll Dörfer, doch besonders eines ist strategisch interessant. Aber dazu soll dir Frederick mehr erzählen."
    Wie aus einer Trance aufgeschreckt, wandte Frderick den Kopf zu Garamanus und dem Banitenkönig.
    Beide sahen ihn erwartungsvoll an und wie unter dem Befehl einer höheren Macht begann der junge Kelte zu sprechen.
    "Westlich von hier gibt es das Dorf Lianes. Sie verfügen dort über eine der wenigen Brücken, die über den Stallion führt." Der Stallion war ein schmalerer Ausläufer des Stirling Rivers, der sich durch die bewaldete Landschaft hinter Mountain Watch führte. "Dort werden die Rosanen zwangsläufig durchkommen müssen. Es gibt keine Befestigungen, keine Mauern, nur die dünnen Pallisaden, die das Dorf von der Wildnis abgrenzen. Garamanus, was sagst du? Wie viele Menschen leben dort?"
    Der Druide überlegte kur. "Nicht mehr als dreihundert", meinte er schließlich.
    Ein bellendes Geräusch erklang und Frederick brauchte einen Augenblick, um zu erkennen, dass es sich um eine Lachen gehandelt hatte. Llionel warf einen Knochen ins Feuer und grunzte laut.
    "Ich stamme aus Lianes! Zugegeben, dort gibt es mehr junge Kelten als Alte, aber es sind alles Bauern! Sie haben nicht mal einen richtigen Schmied dort! Selbst wenn alle sich uns anschließen, so werden wir einem geordneten Angriff nichts entgegen zu setzen haben!"
    Eindeutig.
    "Darum gibt es auch viel zu tun", meinte Frederick, der sich wunderte, wie die Worte plötzlich aus seinem Munde kamen. "Du, Llionel wirst nach Lianes reiten und dort Truppen sammeln. Männer UND Frauen! Jeder, der eine Waffe führen kann und will, soll uns folgen! Wir werden den Rosanen hier entgegentreten! Und wir werden ihnen einen grausamen Kampf liefern!"
    Der Bantitenkönig grinste schwach. "Ist das alles, was du anbieten kannst? Einen harten Kampf? Wie wäre es mit der Möglichkeit auf einen Sieg?"
    Frederick verstand. Er war sich der Feinheiten durchaus bewusst, die er in seine Wortwahl einbezog, doch er war überrascht, dass sich gerade der oberste Räuber und Plünderer damit ebenso auskannte.
    "Ich kann keinen Sieg versprechen. Zu gewinnen ist unrealistisch, aber wenn wir uns nicht wehren, dann werden wir verlieren! Dies ist unser Land. Wer sich nicht erhebt ist kein wahrer Kelte!" Einen moment lang trafen sich die Blicke beider Männer. Keiner gab nach, dann hakte Llionel nach.
    "Was soll ich ihnen sagen, wenn sie fragen, wofür sie kämpfen? Oder für wen?"
    Llionel war klug, das musste Frederick ihm lassen. Es war eine Verschwendung, dass dieser Mann Räuber anführte. Ein Posten als Kommandant in einer Garde hätte ihm gut zu Gesicht gestanden. Vielleicht sogar als Berater eines örtlichen Herzogs. Aber vielleicht war das noch möglich...
    "Sag ihnen Folgendes" Frederick überlegte kurz und sah dann durch die züngelnden Flammen zu Llionel hinüber.
    "Sag ihnen: Der Herzog von Duran ist hier mit einhundert seiner besten Krieger! Er hat die Rosanen drei mal besiegen können und sogar Entremont aus den Händen unserer Feinde befreit! Dennoch braucht er neue Krieger und jeder, der seinem Ruf folgt, soll an der Tafel des Herzogs willkommen sein! Mann, Frau, jeder der sich traut ein Schwert oder eine Axt gegen die Rosanen erheben zu können, soll sich an der Brücke des Stallion sammeln! So lange keltisches Blut noch fließt und noch eine Faust die Waffen zieht, wird es Widerstand geben! Wird es den kampf geben! Und wird es den Sieg geben! Für Keltia!"
    Stille breitete sich aus. Irgendwie hatten alle Kelten plötzlich den Worten Fredericks gelauscht und sahen nun die Entschlossenheit in seinen Zügen. Er straffte das Banner König Brennus´ um seine Schultern und sah mit einer Kopfbewegung alle Kelten an, die die Wärme des Feuers mit ihm teilten.
    "So lange wir noch kämpfen, lebt unser Land noch! So lange noch einer von uns sich gegen den Feind stellt, ist Keltia nicht verloren! Der Norden ist wild und wenn die eisigen Winde von der Küste her wehen, dann können nur Kelten bestehen! Llionel, du gehst nach Lianes, deine Männer sollen die anderen Dörfer aufsuchen. Bringe mir jeden Kelten, der waffenfähig ist. Die Rosanen sollen sehen, wozu unser Volk fähig ist!"
    Damit schritt Frederick in die Dunkelheit und lies seine Gefährten mit glühenden Augen und brennenden Herzen zurück. Fünf Männer meldeten sich freiwillig noch in dieser Nacht aufzubrechen und auch Llionel schwang sich auf ein Pferd und machte sich auf den Weg nach Lianes.
    Irgendwann gesellte sich Garamanus zu Frederick, der alleine im Schatten eines der Planwagen an einer Hasenkeule nagte und ein Horn mit Bier vor sich stehen hatte.
    "Meine Weissagungen erfüllen sich scheinbar", murmelte der Druide. "Die Männer sind fasziniert von dir."
    Frederick riss einen Fetzen Fleisch von der Hasenkeule, die ihm mehr als dürftig erschien. Danach spülte er es mit einem Schluck Bier hinunter und sprach mit halb vollem Mund. "Von mir? Ich bin ein dummer Junge und hier ist keiner, der das kapiert."
    Garamanus wollte zu einer scharfen Antwort ansetzen, doch er blieb einen Moment lang stumm und griff sich das Horn mit Bier von Frederick. Nach einen knappen Schluck, erhob er wieder seine Stimme.
    "Auch das mag sein. Sorge dann wenigstens dafür, dass niemand Zweifel daran hat, dass du weißt was du tust."
    "Wie das?"
    "Herzog von Duran - das bewirkt etwas. Auch wenn dir der Titel nur zugefallen ist, bedeutet er den einfachen Kelten etwas. Dazu trägst du das Banner bei dir und Geschichten über den Sieg. Das sind Zeichen. Und egal, ob du willst oder nicht, sie werden dir folgen. Deine Worte tragen ebenfalls dazu bei."
    Frederick schnaubte. "Das war ja nicht mal von mir! Das hat der sechste Herzog von Duran gesagt, als er seine Männer gegen Haus Eisner führte!"
    Garamanus grinste nur. "Ich wusste, es kam mir bekannt vor. Dennoch, viele werden das nicht wissen. Du bist nun der Herzog und Führer dieses Trupps." Er schlug Frderick auf die Schulter und reichte ihm das Horn mit Bier zurück.
    "Ob du das willst oder nicht. Nutze die Chance - es ist vielleicht die letzet Möglichkeit unseres Volkes."

  4. #49
    Herzog von Duran Avatar von Frederick Steiner
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    So, eine neue Karte mit Ortschaften und ein paar kleinen Angaben.


  5. #50
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    Kapitel 23 - "Call to Arms"

    "When they see us they will run for their lives
    To the end they will pay for their lies
    So long did we wait, now we are home

    Here once again there's a battle to fight
    Gather together for the sound and the might
    So long did we wait, now we are home

    Now we will fight for the kingdom, fighting with steel
    Kill all of them, their blood is our seal
    Fight till the last of the enemy is dead
    Ride through their blood that we gladly have shed"

    Drei Pferde preschten aus dem Wald heraus auf eine offene Weide. Sobald sie den Schutz der Bäume hinter sich gelassen hatten, peitschte Regen in die Gesichter der Reiter, doch davon ließen sie sich nicht beeindrucken.
    Das Dorf Lianes lag vor ihnen, eine kleine Siedlung, zwei Dutzend Hütten umgeben von einer maroden Holzpallisade und einem Graben, der mehr zur Entsorgung des Unrats diente, als zur Abwehr von möglichen Angreifern.
    Llionel sah dies alles auf einen Blick. Das machte die Übung. Zwar hatte er es immer vorgezogen im Schatten des mächtigen Waldes zu operieren und war nie losgezogen, um Siedlngen zu plündern, doch Erfahrung zahlte sich in seinem Geschäft aus. Er überlegte kurz. Würde man die Schaar der Reiter auf sechs oder sieben erhöhen und in einer Zangenbewegung zehn Mann zu Fuß von hinten in das Dorf einfallen, dann würde sicher niemand dort überleben.
    Doch er war nicht hier, um seinem Geschäft nachzugehen. Dieser Herzog, wie ihn alle nannten, hatte ihn übel verdroschen. Normalerweise nahm Llionel solche Vorkommnisse immer sehr persönlich, doch dem Burschen haftete irgend etwas an. Und wenn es nur Wahnsinn war und damit der Reiz, seinem Leben einen anderen Sinn zu geben, als nur seine eigenen Landsleute zu überfallen, dann sollte es dem Banditenkönig recht sein.
    Er hoffte nur, dass niemand im Dorf Lianes sein Gesicht kannte.
    Sie erreichten fast die Pallisaden. Um jeglichen Konflikt zu vermeiden, kündigte Llionel laut ihre Ankunft an. Schon strömten Männer aus ihren Hütten, einige hielten Mistforken oder Holzknüppel. Auch die eine oder andere Axt blitzte auf. Sie mochten wohl ihr Hab und Gut verteidigen, doch ob sie dazu auch in der Lage waren würde sich zeigen. Aber nicht hier.
    Kurz vor dem so zu bezeichnenden Eingang bremste Llionel sein Pferd und bedeutete seine Gefährten, dieses ebenfalls zu tun.
    Bevor er verkünden konnte, warum er gekommen war, traten zwei Männer vor. Der eine war schon jenseits seiner besten Jahre, sein Haar war schütter und eisengraue Strähnen durchzogen seinen Bart. Dennoch schien er der Hauptling oder Dorfälteste zu sein. Der andere Mann hingegen war... gewaltig.
    Er war etwas kleiner, als der Dorfälteste und fast so breit wie hoch. Massive Schultern ragten und seinem ärmellosen Lederwams hervor, muskelbepackte Arme und sein Gesicht sa so aus, als hätte ein Pferd seine Hufe mehr als einmal darin vergraben. Ein schwerer Hammer hing an seinem Gürtel, in seiner rechtend Hand trug er etwas, das wie ein unfertiges Schwert aussah und rot glomm.
    Ein Schmied, schoss es Llionel durch den Kopf. Und was für einer! Den bringe ich Frederick mit!
    "Wer seid Ihr und was wollt Ihr", donnerte die Stimme des Dorfältesten. Sein Aussehen lag vielleicht doch nicht nur an seinem Alter, sondern an dem, was dieser Mann schon erlebt hatte. Vielleicht war diese lose Ansammlung von Hütten doch wehrhafter, als es auf den ersten Blick aussah.
    Die Frage hingegen war eindeutig und trieb Llionel ein dünnes Lächeln auf die Lippen. Beinahe hätte er verkündet: Ich bin Lloinel - König des Waldes! Das hätte ihm nicht wirklich weiter geholfen. So räusperte er sich und musterte die beiden Männer, die nun direkt vor seinem Pferd standen mit hartem Blick.
    "Ich bin Llionel, Gesandter des Herzog von Duran! Ich suche Männer und Frauen, die sich uns im Kampf gegen die Rosanen anschließen", verkündete er und vollzog das Gesagte in Gedanken nocheinmal nach. Er war zufrieden damit.
    Die beiden Männer jedoch weniger.
    "Duran? Duran ist weit weg! Und überhaupt - was sollen wir Euch bieten können?"
    Oh ja, Duran war weit weg. Und Worte alleine würden Männer nicht von ihren Höfen trennen, auch wenn sie mit dem Wissen leben mussten, dass sie gegen ein Heer der Rosanen nicht den Hauch einer Chance besaßen. Frederick jedoch hatte damit gerechnet und Llionel etwas mitgegeben, von dem er sich nur schwerlich trennen konnte.
    So griff der Banditenkönig an das Revers seines Sattels und zog eine Stoffbahn heraus, die trotz des fallenden Regen im Wind flatterte. Er hob den Arm und Brennus´ Banner wehte über dem Dorf Lianes.
    "Mein Herr ist hier, mit einhundert seine besten Krieger! Er hat die Rosanen drei Mal besiegt und Entremont aus ihren Händen entrissen! Jetzt ist er in den Norden gezogen, um das tapfere Keltenvolk um sich zu schaaren und einen Gegenangriff zu starten!"
    Die beiden Männer vor Llionel starrten gebannt auf das Banner, auch die übrige Bevölkerung starrte das Zeichen auf dem verwaschen-grünen Stoff an. Llionel erkannte seine Chance. Die Menschen hier hatten Achung vor dem Wappen ihres toten Königs - und Furcht vor den anrückenden Rosanene, die ihr einfaches Leben und ihre Höfe wie nichts hinfortfegen würden.
    "Jedes Dorf rund um den Stallion wird zur selben Zeit von unseren Boten angeritten! Nicht weit von hier ist die einzige Brücke über den Fluss auf mehrere Hundert Meilen! Die Rosanen werden die Brücke überqueren müssenund genau HIER wird ihr Aufmarschgebiet sein, wenn die den Fluss überschreiten! Ich sehe, dass ihr tapfere Männer seid, doch alleine werdet ihr vergehen! Schließt Euch Herzog Frederick an!"
    Und vor allem, dachte Llionel, lasst uns endlich in irgend eine eurer Hütten hinein! Ich habe schon Wasser in den Stiefeln!
    Seine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Der Dorfälteste wich einen Schritt bei Seite und bedeutete ihnen in das Dorf zu reiten. Dann öffnete der Schmied das erste Mal seinen Mund und seine Stimme grollte wie ein Bergrutsch.
    "Das Feuer in der Schmiede ist noch heiß! Dort könnt ihr Euch wärmen und Eure Kleider werden trocknen!"
    Eine halbe Stunde später hockten Lllionel und seine Gefährten um die glühende Esse des Schmiedes und berichteten ausführlicher von den Truppen, die sich im Wald von Eyinfur sammelten.
    "Wir werden jeden an einer Waffe unterweisen, der sein Land und das Leben seiner Familie verteidigen will. Der Herzog hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er auch die Frauen des Nordens gerne in seinen Reihen sehen würde."
    Der Schmied, Derivon vom Clan Hammerschlag, sah Llionel mit einer Mischung aus Verwirrung und Abscheu an. "Weiber? An meinen Waffen? Das ist doch nicht..."
    Llionel fasste sich ein Herz, denn der Schmied machte ihn nervös, und unterbrach den stämmigen Mann. "Herzog Frederick hat bei Mountain Watch neben Keltinnen gefochten und mir gegenüber gesagt, er würde leiber mit fünf Rosanen kämpfen, als einer bewaffneten Kriegerin unseres Volkes entgegentreten!" Irgendwie klangen diese Worte nicht besonders gut, also erfand er noch etwas hinzu.
    "Ich habe selbst gesehen, wie eine seiner Leibwächterinnen gegen die Rosanen gekämpft hat. Mit einem Kurzschwert und einem Dolch bewaffnet hat sie vier davon niedergestreckt! Sie ist nicht größer als so gewesen." Er hielt seine Hand auf Schulterhöhe.
    "Du sagtest gewesen. Was ist mit ihr geschehen?" Der Dorfälteste hatte seine Worte aufmerksam verfolgt und war in die Falle gegangen! Llionel bekämpfte ein Grinsen auf seinem Gesicht und seufzte kurz.
    "Sie fing einen Pfeil ab, der für mich bestimmt war", antwortete er betrübt.
    So redete er eine knappe Stunde weiter mit den Dorfbewohnern und noch in der selben Nacht zogen zwei Dutzend Männer und Frauen aus Lianes hinter den Reitern her in den Wald von Eyinfur.
    So ging es überall an den Ufern des Stallion. Hier waren es nur fünf Mann, dort hingegen über zwanzig, wie bei Llionel. Nach wenigen tagen leuchtete der Wald bei Nacht von unzählien Feuern. Schwerte klirrten, Hämmer schmiedeten neue Waffen, Äxte fällten Bäume, um daraus Speere, Bögen, Pfeile und Schilde zu fertigen.
    Die erste Vorhut machte sich auf den Weg zum Stallion und begann die Brücke zu befestigen. Späher wurden über den Fluss entsandt. Das Keltenreich bereitete sich erneut auf einen Kampf vor. Die Kunde breitete sich aus, folgte dem Winde und sähte Hoffnung in den Herzen der Kelten. Immer mehr Männer und Frauen zogen nach Eyinfur und verstärkten die Reihen. Als sie gesammelt zum Stallion zogen, waren es über sechshundert, dort warteten weitere fünfzig. Als die Kelten in ihre vorbereiteten Stellungen gingen, wehte über ihnen das Banner König Brennus`.
    Alleine diese Tatsache verlangsamte den Vorstoß der Rosanen einen ganzen Tag.

  6. #51
    der Gesegnete Avatar von Thalionrog
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    Super geschrieben, ich kann es fast nicht oft genug sagen.

  7. #52
    Herzog von Duran Avatar von Frederick Steiner
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    Vielen Dank. Das höre ich gerne.

  8. #53
    Herzog von Duran Avatar von Frederick Steiner
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    Kapitel 24 - Blut, Schweiß und Tränen

    The clans are marchin´ `gainst the law
    bagpipers play the tunes of war
    Death or glory I could find
    rebellion on my mind!

    Als die Rosanen schließlich kamen, bereiteten die Kelten ihnen einen würdigen Empfang. Die ersten Späher wurden von den geschickten Bogenschützen aus Llionels Banditentruppen ausgeschaltet. Kaum rückte das Groß der rosanen Heerschaar an, tönten die keltischen Schlachtrufe aus Hunderten Kehlen. Hörner tönten, Dudelsäcke zerrissen die Luft mit ihren klagenden Lauten. Die nur knapp 700 Kelten stimmten einen Lärm an, als wären sie mindestens drei Mal so viele.
    Dann stürmten die Rosanen vor und von der ersten Sekunde an wurde jeder Fußbreit der Brücke über den Stallion mit Blut getränkt. Frederick hatte trotz vielfacher Warnungen und Protesten einen Posten auf der Brücke eingenommen. Garamanus Stimme hallte durch seinen Kopf. "Wir können uns nicht leisten, unseren Kommandanten zu verlieren!"
    Das hatte der Druide in aller Öffentlichkeit gesagt. Vor den Augen und Ohren der meisten Kelten, die in den Wald gekommen waren und nun am Stallion standen.
    Es war der erste Fehler, besser gesagt, die erste unüberlegte Handlung, die Frederick von Garamanus bemerkt hatte. Einen Kommandanten im Feld vor allen Männern zu kritisieren war nicht der beste Weg, sich die Gunst seines Anführers zu sichern - oder den Tag zu überleben. Dennoch war Frederick davon nicht erzürnt.
    "Wofür denn einen Kommandanten", hatte er gefragt. "Glaubst du ernsthaft, wenn die Rosanen über die Brücke kommen, mit Äxten und Beilen, jedem von uns noch dem Leben trachten und nach dem Leben unserer Kinder, dass ich noch irgendeinem Kelten sagen muss, was er zu tun hat?"
    Eine lange Sekunde hatte Schweigen zwischen den beiden so unterschiedlichen Männern geherrscht, dann hatte Frederick weiter gesprochen, bevor der Druide den Mund öffnen konnte.
    "Wenn wir auf dieser Brücke stehen, dann ist jeder von uns ein Kommandant! Jeder von uns ein König! Denn dieses ist unser Land! Und wer sich etwas davon holen will, der wird es mit Blut bezahlen!"
    Mit Blut zahlen, hatte er gesagt. Jetzt war es so weit.
    Die Rosanen hatten die ersten drei Posten auf der Brücke überrannt, die jeweils nur von einer Hand voll Männern besetzt waren. Hinter dem vierten jedoch, wartete eine böse Überraschung für die anrückenden Eroberer. Hier waren zwanzig Kelten in Position gegangen, viele davon erfahrene Krieger. Währenddessen war Posten fünf fast nur von Bogenschützen besetzt, sowie von einem Dutzend Frauen mit langen Speeren, die sie aus den Bäumen des Eiynfur geschnitzt hatten. Ihre Spitzen waren im Feuer mit Baumharz gehärtet worden und Garamanus persönlich hatte sie mit einer giftigen und tödlichen Essenz bestrichen, die er und sein junger Schüler gebraut hatten.
    Die Rosanen kamen heran, Frderick brüllte laut auf und die Männer neben ihm begannen die schwere Holzbarrikade, hinter der sie sich verschanzt hatten, nach vorne zu schieben.
    "RUHM UND EHRE DEM KELTENREICH!"
    Unter dem Klirren von eisenbeschlagenen Rüstungen walzte die Holzbarrikade vorwärts. Kaum waren sie auf die Ersten Rosanen getroffen, rammten die Kelten Speere durch vorgefertigte Öffnungen und sähten Panik unter ihren Feinden. Einige, die es geschafft hatten, um die Barrikade herumzukommen wurden von Äxten und Schwertern empfangen.
    Frederick warf sich auf vier Rosane, eine Axt in jeder Hand. Er hatte sein Schild wieder auf den Rücken gebunden, hier würde er keinen Schutz suchen können. Entweder er würde jeden Rosanen töten, der ihm vor die Klingen kam oder er würde selber auf dieser Brücke sterben!
    Wie in Rage hackte er mit den Äxten zu, traf Fleisch, riss klaffende Wunden in die Haut seiner Feinde. Knochen barsten unter den gewaltigen Schlägen seiner Äxte und wenn er selbst einen Rosanen verfehlte, so streckte einer seiner Gefährten diesen augenblicklich nieder.
    Der bisher so erfolgreiche Vorstoß der Rosanen brach zusammen. Die Kelten rückten über die Brücke vor. Llionel, Frederick, Derivon der Schmied, erfahrene Streiter schlachteten ihre Feind hin und zeigten kein Vergeben. Bald schon mussten sich die Kelten zurückhalten, denn in ihrerm Kampfrausch hatten sie die Rosanen fast von der Brücke zurückgetrieben. Immer wieder waren neue Kelten aus den hinteren Reihen nach vorne gekommen. Egal was die Rosanen ihnen entgegen warfen, die Kelten töten jeden. Bald schwamm die Brücke vor Blut, die Steine wurden glitschig und der Stallion färbte sich rot.
    Was in den nächsten Stunden geschah, wusste Frederick nicht mehr, als sich die Nacht über den Stallion senkte. Von seinen knapp siebehundert Streitern waren nur noch dreihundert am Leben, dennoch war nicht ein einziger Rosaner auf die keltische Seite des Stallion gelangt.
    Hin und her hatte der kampf getobt und nachdem die Kelten am gegenüberliegenden Ufer angelangt waren, hatten die Rosanen sie wieder zurückdrängen können. Dreimal hatten nur noch wenige Schritt das feindliche Heer von der Überquerung der Brücke abgehalten, doch jedes Mal, wenn es schien, die keltische Abwehr würde zusammenbrechen, konnte irgendeiner von ihnen durch einen waghalsigen Angriff das Blatt wenden und die Rosanen starben einen grausamen Tod.
    Die Nacht jedoch war weitaus grausamer. Beide Heere hatten auf ihren Seiten des Flusses die Lager aufgeschlagen. Die Feuer der Rosanen brannten hell in der Nacht, während die Kelten nicht auf sich aufmerksam machen wollten und der Kälte der Nacht trotzten. Nachdem mehrere Stunden verstrichen waren, schien es so, als wenn die Schlacht erst am nächsten Morgen weiter geführt werden sollte.
    Als plötzlich einhundert Reiter in den Rücken der Kelten fielen, war ihnen diese Illusion genommen.

  9. #54
    Herzog von Duran Avatar von Frederick Steiner
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    Kapitel 25 - Ein Schatten in der Dunkelheit

    From panic, pride, and terror
    Revenge that knows no rein --
    Light haste and lawless error,
    Protect us yet again,
    Cloke Thou our undeserving,
    Make firm the shuddering breath,
    In silence and unswerving
    To taste Thy lesser death.

    The earth is full of anger,
    The seas are dark with wrath,
    The Nations in their harness
    Go up against our path:
    Ere yet we loose the legions --
    Ere yet we draw the blade,
    Jehovah of the Thunders,
    Lord God of Battles, aid!

    Rudyard Kipling - "Hymn before Action"

    In donnerndem Galopp preschten Pferde heran, die Reiter schrien laut, schwangen ihre Äxte und stießen mit ihren Speeren nach den augenblicklich panischen Kelten. Zeitgleich brach von der Brücke her ein grelles Geheul los. als sich das Hauptheer der Rosanen in Bewegung setzte.
    "Sie keifen immer noch wie die Waschweiber", knurrte Frederick. Doch diesmal waren ihre Argumente besser. Ein Speer riss den Kelten neben ihm brutal zu Boden, eine Blutfontäne ergoss sich aus dessen Hals. Mit einem leisen Blubbern entwich die letzte Luft aus den blutüberfluteten Lungen des Mannes.
    Frederick sah sich hektisch um. Er musste Krieger um sich schaaren, einen festen Kern bilden, dann würden auch die Kelten, die zur Zeit ihr Heil in der Flucht suchten wieder zu den Waffen greifen. Er riss den Speer aus der Brust des Gefallenen, sandte ein Stoßgebet an Morrigan, eine der drei keltischen Kriegsgöttinnen und schleuderte ihn im hohen Bogen auf den nächsten Rosanen.
    Der Speer durchschlug die dünne Rüstung des Reiters an der linken Hüfte und er stürzte schreiend vom Pferd. Frederick rannte vorwärts, packte den immer noch lebenden Rosanen am Kragen und hackte ihm seine Axt in die Kehle. Danach griff er nach dem Pferd, dass nervös neben seinem gefallenen Reiter trippelte und schwang sich auf dessen Rücken.
    "Alle Männer zu mir", bellte er und tatsächlich gelang es zehn Kelten einen Kreis um ihn zu bilden und die Angriffe der Rosanen abprallen zu lassen. Jedoch nur kurzfristig. Außerdem schlossen sich die übrigen Kelten nicht wie Frederick vermutet hatte, den Kämpfern an, sondern sie nutzten den Widerstand, um ihre Flucht zu decken.
    Grimmig rief Frederick ihnen einige Befehle und üble Verwünschungen hinterher. Die meisten von ihnen waren Bauern oder einfache Leute. Er konnte ihnen nicht mal einen Vorwurf machen.
    Vier Reiter unterstützte von Fußvolk nahmen die zehn Kelten, die immer mehr an Boden verloren, in die Zange. Entweder waren einige Rosanen von ihren Pferden gestiegen oder sie hatten bereits die Brücke überrannt. Bilder vom Stirling River zogen an Fredericks innerem Auge vorbei. Doch diesmal gab es hier kein festes Mauerwerk, das ihnen Schutz bieten könnte.
    Frederick zückte die zweite Axt, wich dem Speer eines Reiters aus und warf sich auf die Flanke von dessem Pferd. Mit einem kehligen Schrei schlug er die Klingen seiner Waffen in die Flanke des Tieres und riss tiefe, klaffende Wunden. Augenblicklich bäumte sich das verwundete Tier auf und warf seinen Reiter ab. Frederick war sofort über dm Rosanen und zerschmetterte mit beiden Äxten dessen Schädel.
    Llionel erstach gerade einen weiteren Rosanen, der Schmied Derivon schlug lauthals fluchend mit einem schweren Schmidehammer nach zwei Rosanen, streifte beide und brach dort, wo er mit der mächtigen Waffe traf, Knochen entzwei. Beide heulten auf, doch traten sie dem wütenden Schmied entgegen. Ein verhängnisvoller Fehler, denn wieder holte Derivon aus, schwang den Hammer schneller, als es bei einer solch gewaltigen Waffe anzunehmen war und zerstrümmerte dem ersten Rosanen das Becken. Der zweite warf sich auf ihn, schlug mit einer Axt zu, doch diese prallte wirkungslos am Harnisch des Schmiedes ab. Verblüfft zögerte der Rosane einen Augenblick, dann riss ihm der mächtige Kriegshammer den Kopf von den Schultern. Sein Gesicht war in einem ewigen Ausdruck der Verwunderung erstarrt.
    "Kommt hierher", drang eine Stimme an Fredericks Ohr. Als er sich umsah, erkannte er Garamanus, der mit seinem Planwagen einige Meter hinter den Kelten stand. Drei Bogenschützen hatten sich darauf psotiert und hielten weitere Angreifer von Frederick und seinen Männer auf Distanz.
    "Los! Wir müssen hier weg!" Frderick verfluchte den Druiden in Gedanken. Keiner der Krieger um ihn herum konnte es gerade jetzt gebrauchen, an Flucht zu denken. Ohne auf den Druiden zu hören, attackierte Frederick einen weiteren rosanen Reiter. Mit beiden Äxten schlug er nach seinem Gegner, klammerte sich nur mit den Beinen an das Pferd unter ihm und verlor beinahe den Halt, als ein Schwertstreich des Rosanen seinen Rücken traf. Genau auf den Schild, den er sich dorthin gebunden hatte.
    Kurz darauf erledigte einer der Bogenschützen den Rosanen für Frederick.
    "Hierher", zischte die Stimme des Druiden. Als Frederick sich immer noch weigerte und wieder auf den nächten Rosanen, diesmal einen Krieger zu Fuß, zuritt, ertönte die Stimme Garamanus´ erneut. Ein wüster Regen aus Flüchen hagelte auf Frederick ein. "Schaff sofort deinen Kadaver hierher oder ich werde dich und deine Kinder auf hundert Generationen von hier verbannen!"
    Damit verschaffte sich Garamanus Respekt. Fredrick schlug dem Rosanen die Nase vom Kopf und wendete dann sein Pferd.
    Druiden waren hoch angesehen in der keltischen Bevölkerung. Sie hatten zwar keine befehlsführende Funktion, doch wenn sie eine Anweisung gaben tat jeder gute Herrscher daran, auf sie zu hören. Druiden kannten sich mit den Geistern der Natur und den Göttern aus. Weithin waren sie friedliche Gesellen, die nie zu Gewalt griffen, doch hatte Frederick noch niemanden gekannt, der einen Druiden zum Feind hatte. Oder einen Druiden zum Feind hatte und das lange überlebte hatte.
    Eilend erschien er neben Garamanus' Wagen.
    "Wir geben diese Position auf", knurrte der Druide und sein Ton lies keine Widerworte zu. Mit verkniffenen Gesicht akzeptierte Frederick.
    Schnell setzte sich der Planwagen in Bewegung. Die inzwischen nur noch sechs keltischen Krieger gaben dem Druiden, seinem jungen Gehilfen und den drei Bogenschützen Deckung vor anrückenden Feinden und mussten hilflos mit ansehen, wie die Rosanen nach tapferer Gegenwehr der Männer auf der Brücke, den Stallion ebenfalls überquerten.
    Am nächsten Morgen erreichten die Kelten eine Furt über einen schmalen Bach. Dort rasteten sie, gaben den Pferden zu trinken und bobachtete aufmerksam die Umgebung. Ihre Minen waren verbittert und ihre Schultern waren gesenkt, wenn sie liefen. Sie sahen sich kaum in die Augen, wenn sie miteinander kruze Sätze wechselten.
    Frederick saß zusammengesunken am Ufer des kleinen Baches und betrachtete sein verzerrtes Spiegelbild auf der trüben Wasseroberfläche. Sein Hals war trocken und seine Hände zitterten. Sie waren vor der Gefahr geflohen. Immer wieder brannten sich Vorwürfe und dunkle Gedanken durch seinen Kopf.
    Hätten wir die Rosanen aufhalten können, wenn wir auch auf der Brücke gewesen wären? Hätte ich damit rechnen können, dass sie Reiter in unseren Rücken schicken? Wo war der Fehler in der Strategie? Wären mehre Bogenschützen in der vorderen Reihe besser gewesen? Hätte ein Ausfall über die Brücke hinaus mehr Wirkung gehabt?
    Er warf einen Stein in die Mitte seines gespiegelten Gesichts und Wellen verwischten sein Abbild. Wo sollten die Kelten sich nun noch aufstellen, um die Rosanen zu vertreiben? Er kannte den Norden nicht sehr gut. Niemals zuvor war er hier gewesen. In einem beinahe fremden Land. Wenn es unter hundert Männern hier nur einen geben würde wie Llionel oder Derivon, dann könnte es noch Hoffnung geben, doch allmählich schwand sein Mut.
    "Frederick vom Clan Steiner", flüsterte eine Stimme. Der Kelte riss aus seiner Trance, wirbelte herum und stand mit kampfbereiten Äxten vor dem Jungen, der Garamanus begleitete.
    "Der Meister, will mit Euch sprechen."
    Fredrick sah dem Jungen in die Augen. Sie waren grau und spiegelten viel mehr Erlebnisse wieder, als es bei einem Jungen im Alter von 10 oder 12 Sommern der Fall seien sollte.
    "Ich komme sofort", sagte Frederick und nickte dem Jungen zu. Dann füllte er schnell seinen Trinkschlauch mit frischem Wasser und wandte sich dem Wagen des Druiden zu.
    Zwei Bogenschützen hockten auf ihren Posten und beobachteten die Umgebung, einer schlief. Die drei Männer teilten ihre Wache nahezu immer so ein.
    Frederick schwang sich auf den Wagen und gelangte unter die Plane. Dort saß Garamanus. Was er zu sagen hatte, war nicht erfreulich.

  10. #55
    Herzog von Duran Avatar von Frederick Steiner
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    Kapitel 26 - Heil in der Flucht

    Frederick betrat mit schwerem Herzen den Planwagen des Druiden Garamanus. Er machte sich Vorwürfe, dass er sich von den Rosanen hatte überraschen lassen. Dass er es nicht vermocht hatte die Rosanen am Stallion aufzuhalten.
    Garamanus saß auf einem winzigen Holzschemel und hatte von der Seitenwand ein Brett heruntergeklappt. Auf diesem stand eine brennende Kerze sowie ein Tintenfass und ein Blatt Pergament. Als der Druide seinen Gast bemerkte, bat er sich mit einem Handzeichen noch einen Moment der Stille aus und vollendete, was immer er gerade getan hatte.
    "Frederick. Gut, das du hier bist." Er nahm das Blatt auf und wedelte damit etwas herum, um so die Tinte zu trocknen. Dann hielt er es dem jungen Kelten hin, der mit zusammengekniffenen Augen versuchte zu erkennen, was er sah.
    "Eine Karte", fragte er, als er die Linien und Zeichen auf dem Pergament erkannte. Garamanus hatte sie nicht selbst angefertigt - jedenfalls nicht gerade - sondern hatte nur einige Linien hinzugefügt.
    "Ja eine Karte und einige Erläuterungen, was hier im Keltenreich geschehen ist." Er nahm das Pergament wieder an sich und langte mit einer Hand in die Dunkelheit. Er zog eine kurze, zylinderartige Röhre von etwa zwei Hand breit Länge hervor, die aus Horn bestand. Ein Ende davon war bereits mit Wachs abgedichtet. Garamanus rollte das Pergament zusammen und steckte es in die Röhre. Dann versiegelte er mit einem Deckel und dem heißen Kerzenwachs auch das obere Ende.
    "Nimm sie an dich, Frederick."
    Der Krieger griff stumm danach. Doch es kam ihm seltsam vor.
    "Wozu brauche ich diese Karte, wenn ich nicht nach ihr marschieren soll?"
    Garamanus lächelte väterlich, ordnete dann die Gegenstände auf dem Brett vor sich und gewann so etwas Zeit. Um sich die Worte zurechtzulegen, die er sprechen würde, vermutete Frederick und als Garamanus den Mund öffnete, sah sich der Keltenkrieger bestätigt.
    "Frederick, das Keltenreich ist nicht mehr zu verteidigen. Nicht mehr mit den Kriegern, die uns noch zur Verfügung stehen und auch nicht mit den immer knapper werdenden Vorräten."
    Aufgebracht platzte Frederick dem Druiden ins Wort. "Aber der Norden..."
    Garamanus hob eine Hand und brachte ihn zum Schweigen.
    "Der Norden ist wild und rau und die Männer hier sind stark, doch nur schlecht im kampf ausgebildet. Die Clans des Nordens leben teilweise weit auseinander und haben schon vor vielen Jahren erkannt, dass in der kargen Wildnis Zusammenarbeit mehr bringt, als Konkurrenz. Sie kämpfen weitaus seltener gegeneinander, als dies in den grünen Ebenen der Fall gewesen ist."
    Er räusperte sich und sprach dann mit deutlich gedämpfterer Stimme weiter.
    "Es gibt im Norden eine Hafenstadt namens Lugdunum. Ich will, dass du einige Männer um dich sammelst und von dort aus in See stichts. Suche neue Ufer, an denen du Krieger findest, die uns im Kampf um unsere Heimat unterstützen. Und dann kehre wieder hierher zurück."
    Als Frederick merkte, dass der Druide geendet hatte, gingen ihm Dutzende Worte durch den Kopf. Unzählige Fragen und Flüche brannten darauf, über seine Lippen zu kommen. Nur einem Wort gelang es.
    "Niemals!"
    Garamanus schüttelte den Kopf. "Damit habe ich gerechnet. Ich habe schon viele Männer von hier fort geschickt und alle haben sich geweigert, aber du wirst der schwierigste Fall von allen werden." Er streckte seine Beine aus, die er bis dahin unter das Holzbrett an der Karrenwand gezwängt hatte.
    "Du hast Männer fort geschickt", raunte Frederick und Wut wallte in ihm auf. "Männer, die Waffen hätten halten können!" Wie viele mochte der Druide wohl überredet haben, ihr Land zu verlassen? Ein oder zwei Dutzend? Oder noch mehr? Zwei Dutzend kampfbereite Kelten mehr am Stallion hätten womöglich die Schlacht anders aussehen lassen!
    "Männer die gestorben wären, Frederick", antwortet Garamanus ruhig, ohne auf den Zorn zu reagieren, der ihm entgegenschlug. "Die Verwundeten, die ich auf meinem Wagen transportiert habe. Nachdem sie in der Lage waren, von alleine wieder zu laufen und zu Kräften gekommen waren, habe ich etwa dreißig von ihnen nach Norden befohlen. Sie sollten ebenfalls Boote besteigen und an neuen Ufern nach Freunden suchen. Bevor du dich weiter aufregst: Keiner von ihnen hätte in ihrem Zustand eine Waffe führen können. Sie waren in der Lage zu gehen, aber für den Kampf waren sie noch nicht bereit. Ihr Wunden waren noch nicht gänzlich verheilt."
    Frederick fehlten die Worte. Er hatte sich nach seiner Verwundung danach gesehnt, wieder aufstehen und den Kampf zu den Rosanen tragen zu können. Wie konnte es da Männer geben, die lieber flohen?
    "Du kannst es dir immer noch nicht vorstellen", murmelte der Druide und sah ihn prüfend an.
    "Natürlich nicht", entfuhrt es Frederick. "Sie sind Kelten! Sie hätten kämpfen müssen!" Bilder von Ryan gingen ihm durch den Kopf. Die junge Keltin Freya, die er hatte sterben sehen. Joan, der in Entremont gefallen war. Thorval und Hawkeye, die er verloren hatte und von denen er nicht wusste, ob sie noch am Leben waren.
    "Sie kämpfen immer noch, Frederick. Auch wenn sie nicht mit der Waffe in der Hand gegen die Rosanen antreten. Sie sammeln sich, versuchen ein neues Heer auszuheben. Ich bin nicht der einzige Druide, der durch Keltia zieht und Verwundete versorgt. Keiner der Männer, die hier auf dem Karren lagen, hätten eine Chance dem Angriff der Rosanen zu entkommen. Sie waren verletzt, nicht mehr kampfbereit und somit schon so gut wie tot. Dadurch, dass ich sie von hier fort schicke, können sie genesen. Waffen schmieden, Verbündete finden und ihre Kampfkunst trainieren! Glaube mir, dass ich nicht einen von ihnen entlassen habe, ohne ihm das Versprechen abzufordern, hierher zurückzukehren oder bei dem Versuch zu sterben!"
    Garamanus war lauter geworden, als er wollte. Er senkte die Stimme wieder und fuhr leiser fort.
    "Du bist der Letzte, den ich von hier fort schicke! An dem Tag, als wir dich fanden, habe ich die Runen in deinem Gesicht gelesen. Sie künden von Zwiespalt und Tatendrang. Wer in deinem Alter schon so gezeichnet ist und die Runen kennt, der muss ein große Krieger sein, dachte ich mir."
    Dabei schnaubte Frederick. "Ich habe mir im Rausch und in der Verzweiflung nach Stirling Bridge das Gesicht zerschnitten. Das hat nichts mit Runenwissen auf sich."
    Erstaunt hob Garamanus eine Augenbraue.
    "Dann müssen die Götter deine Hand geführt haben. Die Narben sind Runenzeichen so ähnlich, wie sie nur sein können. Wie auch immer du dazu gekommen bist, nimm es als ein Zeichen an, dass die Götter mehr mit dir vorhaben", antwortete Garamanus bestimmt.
    "Ich bitte dich noch einmal: Gehe nach Norden - bis du Lugdunum erreichst. Nimm ein Schiff und fahre davon. Und kehre alsdann wieder heim."

    Frederick wollte nicht. Alles in ihm schrie lauthals, nicht den heiligen Boden zu verlassen, den er zu verteidigen geschworen hatte. "Was wird dann aus dir?"
    "Darüber sorge dich nicht. Ich bin ein Druide, ich kenne Geheimnisse und Wege, die vielen anderen Menschen verborgen sind. Außerdem gibt es noch einige andere von meiner Sorte. Wir werden gemeinsam einen Weg finden, um die Prüfung zu überstehen, die uns die Götter auferlegt haben. Nur um eines mache ich mir Sorgen. Meinen Schüler, Beras. Ich habe ihm einige beigebracht, doch fürchte ich, er wird nicht überleben." Er sah Frederick an. "Du wirst ihn mit dir nehmen. Er kann dir gute Dienste leisten."
    Frederick war nicht begeistert. Der Knabe mochte zwölf Sommer alt sein. Vielleicht vierzehn. Noch weit vom Mannesalter entfernt. Auf ein Kind zu achten war nicht in Fredericks Sinne.
    "Ist er denn schon ein Druide? Ich kann es mir kaum vorstellen."
    Garamanus lachte leise und zog die ausgestreckten Beine wieder zu sich heran. "Nein, ein Druide ist er noch lange nicht. Seine Ausbildung müsste noch mindestens ein Dutzend Sommer weitergehen, bevor ich ihn als Druide bezeichnen würde. Aber er ist ein fähiger Adept gewesen und hat umfassende Kenntnisse als Heiler und gibt einen passablen Koch ab." Ein Seufzen entfuhr dem Mund, der von einem weißen Bart umrahmt war. "Ich habe ihm alles gelehrt, was ich innerhalb der letzten vier Sommer vermochte. Jetzt wirst du ihn unterrichten müssen. Zeige ihm, wie man kämpft, Frederick."
    Frederick runzelte die Stirn. Für Garamanus schien es schon fest zu stehen, dass er eingewilligt hatte, Keltia den Rücken zu kehren und auch seinen Schüler mitzunehmen.
    "Wenn ihr Druiden hier bleibt und ich nur diesen halbgebildeten Knaben mitnehme, dann wird es womöglich keine Druiden mehr geben, wenn wir dereinst zurückkehren", versuchte er sich auf einem anderen Weg der befohlenen Flucht zu entwinden.
    "Das Zeitalter der Druiden ist vielleicht vorbei. Es wird wichtig sein, Krieger auf dem Feld zu haben, die auch als Heiler eingesetzt werden können. Die Wissen, welches Kraut essbar ist und welches nicht. Ich befürchte sogar, dass in der Fremde der Glaube an unsere Götter nicht mehr lange von Bestand sein wird. Druiden werden bald nicht mehr notwendig sein."
    Erneut riss Frederick dei Augen auf. Die Worte des Druiden waren Frevel! Erst verlangte er, dass keltische Krieger vor dem Feind flohen und ihr Land verließen, dann kündigte er das Ende des Druidenstandes an und jetzt auch noch eine Götterdämmerung!
    "Bei Morrigan, sagt das nicht! Mein Glaube ist stark! Und so lange der Glaube besteht, so lange weren wir auch Druiden brauchen! Ihr sprecht für die Götter zu uns und teilt ihnen unsere Wünsche mit!"
    Jetzt stand Garamanus auf und wandte sich zu einem kleinen Schrank im Bodenbereich des Wagens. Er holte eine eherne Schale hervor, legte einige getrocknete Kräuter hinein und entzündete diese mti der Kerze. Ein wohliger Geruch durchströmte den Wagen und Frederick fragte sich, was der Druide damit bezweckte.
    "Ich kann den Vogelflug deuten", begann Garamanus. "Ich sehe die Sommer und Winter kommen, weiß über die Pflanzen unserer Welt und verstehe das Verhalten der Tiere. Das alles sind Talente, doch sie sind lernbar. Ich habe viele Sommer gebraucht, um mein Wissen zu erlangen und so könnte es auch fast jeder andere."
    Jetzt griff Frederick nach seiner Axt. "Dann seid ihr ein Scharlatan", knurrte er und packte die Waffe fester.
    "Nein. Ich besitze ein Talent für die Natur, wie du es für den Kampf besitzt. Irgendwann hat jemand mein Talent erkannt und mich zum Druiden ausgebildet, so wie du zum Krieger wurdest. Es ist nur wichtig, das du begreifst, dass all dieses Wissen und alle diese Talente, übr die wir sprechen, vergeudet werden, wenn du hier bleibst und stirbst. Nimm sie mit, trage sie als Teil Keltias in die Ferne und lehre sie all denen, die du triffst und teile sie mit all denen, die dir aus Keltia begegnen. Es werden einige sein."
    Frederick starrte den Druiden nach diesen Worten lange an. Er hatte die Axt losgelassen und war einfach nur überwältigt.
    Keltia konnte nicht überleben, wenn nicht Kelten fort gingen, um ihre Kultur und ihr Wissen zu bewahren. Er konnte nur verlieren. Was, wenn er in der Fremde den Tod fand? Wenn er niemals hierher zurückkehren würde? Was würden seine Gefährten - gefallene und lebendige - sagen, wenn Frederick von Clan Steiner nicht seine Heimat verteidigen konnte?
    Irgendwann sah Frederick zu Boden. Daraufhin lächelte Garamanus.
    "Du wirst der Bote unseres Volkes sein, Frederick. Und einer der wenigen Hoffnungsschimmer, die wir noch haben. Ich danke dir." Mit diesen Worten stand er auf und löschte die Kerze und auch die Kräuter in der Steinschale.
    "Komm, wir gehen Beras wecken."

  11. #56
    Herzog von Duran Avatar von Frederick Steiner
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    Kapitel 27 - Lugdunum

    Northern border, wild and cold,
    mountains rough an´ people bold,
    steppin´ through the barren land
    with sword and dagger in my hand.

    huntin´ only for surwive,
    neverending, hopeless strife,
    here´s were I have found the wealth,
    of life and livin´ - with myself.

    "recognize myself"

    Frederick hatte den Wagen des Druiden verlassen und ohne zu zögern seine Sachen zusammengesucht. Sollte Garamanus doch seinen Schüler wecken! Mit einer Nadel aus Horn und einigen rauen Fäden besserte er schadhafte Stellen an seinem Rucksack aus. Dabei nahm er von einer zerwetzten Lederrüstung einige Flicken, schnitt Streifen davon ab und nähte diese auf die obere Seite des Rucksack. So schütze er den Inhalt etwas besser vor Regen und Feuchtigkeit und beim Nachtlager würde dieser als Kopfkissen bequemer werden.
    Aus kleineren Fetzen machte er Taschen, in die er neben sein Nähzeug Feuerstein, einen kleinen Dolch, Schleifsteine und die Rolle steckte, die ihm Garamanus gegeben hatte. Danach reinigte und schliff er seine Waffen. Mit den letzten Lederstreifen bespannte er soeben seinen Schild, als eine zögerliche aber feste Simme erklang.
    "Herzog Frederick, mein Meister hat mir befohlen, zu Euch zu kommen."
    Missmutig sah Frederick auf und fixierte Beras, den jungen Schüler Garamanus' , mit einem grimmigen Blick, der diesen einen Schritt zurücktreten lies. Ohne weiteren Blickkontakt fragte Frederick:
    "Welche Waffen führst du?"
    Kurz zögerte Beras, dann öffnete er seinen Mund und sprach mit sicherer Stimme. "Zwei Dolche und eine Steinschleuder. Außerdem habe ich eine Tartsche."
    Frederick musterte den Knaben von oben bis unten. Er war jung, sicher kein Krieger, doch die Ausrüstung die er gewählt hatte, eignete sich gut, um sich zu schützen. Keine echten Angriffswaffen, damit hätte der Knabe eh nichts anfangen können, aber genug, um sein Leben zu verteidigen. Und mit einer Schleuder konnte auch eine kleiner und schmächtiger Mensch mit einigem Geschick ausreichende Wirkung erzielen.
    "Hast du alles, was du brauchst", fragte Frederick etwas sanfter. Beras nickte.
    "Sieh alles noch einmal durch und nimm alles mit, das dir nützlich erscheint. Wasser, Kleidung, Waffen - alles, was du noch tragen kannst. Wir brechen auf, wenn es dunkel geworden ist. Wenn du eher fertig wirst, leg dich hin und ruh dich aus. Du wirst es brauchen."
    "Jawohl, Herzog Frederick", antwortet Beras und räumte seinen Rucksack aus, um alles zu kontrollieren.
    Frederick dachte nach. Die Schleuder war eine Waffe, die auf Entfernung einige Wirkung erzielte, zumal er selbst kein guter Bogenschütze war. Da der Junge eh hinter ihm bleiben sollte, bis er gelernt hatte richtig zu kämpfen, konnte er Frederick so unterstützen.
    Und bei einer Verwundung einen Heiler bei sich zu haben, war auch nicht zu verachten.
    Nachdem er seine eigene Ausrüstung nochmals kontrolliert hatte, noch einen weiteren Leib Brot und einen würzigen Käse eingepackt hatte, machte sich Frederick auf den Weg zu Llionel und dem Schmied Derivon. Sie sollten seine Begleiter werden. Ein kurzes Gespräch hatten sie schon geführt, beide waren nicht begeistert, aber willigten ein, ihren Weg nach Lugdunum zu gehen.
    Der Abend dämmerte. Dunkelheit legte sich über den Bachlauf und das lichte Wäldchen, an dem die Kelten Rast gemacht hatten.
    Frederick weckte Beras, der neben seinem Rucksack schlief und nickte Llionel und Derivon zu, als diese bei ihm erschienen.
    "Dies wird der schwerste Weg, den ich je gegangen bin. Ich kann mir vorstellen, wie es in Euch aussieht. Wir werden das Keltenreich am Leben halten. Gemeinsam oder alleine. So lasset uns heute mit Blut schwören, dass wir zurückkehren oder bei dem Versuch sterben!" Frederick legte die Klinge seiner Axt an den Unterarm und zog eine blutige Kerbe.
    Die beiden Männer griffen nach ihren Waffen und wollten den Blutschwur erwidern, doch der junge Beras war schneller und zog sich mit zusammengebissenen Zähnen einen Dolch über den Unterarm.
    "Zurückkehren oder sterben", keuchte er und eine Träne blitzte in seinem Augenwinkel. Aber nur diese eine.
    Llionel und Derivon taten es ihm schnell gleich und stimmten ein.
    "Der Weg nach Norden wird hart, hat mir Garamanus gesagt. Ich will heute Nacht so viele Schritte hinter mich legen, wie es geht. Beras - wenn du nicht mehr laufen kannst, dann melde dich. Du bist jung, es ist keine Schande. Solltest du aber zurückbleiben ohne ein Wort zu verlieren, so nehmen wir keine Rücksicht auf dich."
    Der Junge nickte, er hatte verstanden.
    Kurze Zeit später hasteten vier Gestalten durch die Dunkelheit. Llionel voran, dahinter Beras. Frederick und der massige Derivon teilten sich die Nachhut.

  12. #57
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    Kapitel 28 - Die Tore der Stadt

    Nach dreit Tagen und Nächten Marsch hatten Frederick, Derivon, Llionel und Beras Lugdunum fast erreicht. Als es dunkel wurde, lagerten sie in einem Waldstück, das weniger als eine halbe Tagesreise von der Stadt entfernt war. Sie wollten nicht Nachts ankommen, sondern sich die Stadt und deren Lage bei Tageslicht ansehen. Zumal sie immer noch nicht wussten, ob die Rosanen nicht vielleicht schon hier gewesen waren.
    Doch das Fehlen von Rauchschwaden und Flüchtlingen stimmte sie zuversichtlich. Während Llionel begann ein Feuer zu entzünden, schnitt der Junge Beras einige Wurzeln klein und nahm einen Hasen aus, den sie unterwegs gefangen hatten. Wasser, Wurzeln, Fleisch und einige Gewürze landeten in einem verbeulten und rußgeschwärzten Topf und schon bald darauf genossen die Kelten eine etwas laffe aber dennoch gute Mahlzeit. Zumal alle drei Männer einstimmig erkärten, sie hätten aus den wenigen Sachen, die sie besaßen, kein solches Essen hätten zubereiten können.
    "Mit Lehm eingerieben und dann ins Feuer gelegt, hätt´ ich den Hasen", meinte Derivon schmatzend. "Wenn der Lehm hart ist, ist das Tierchen durch und man kann das Fell mitsamt der Lehmkruste ablösen!"
    Insgesamt machte sich Garamanus' Schüler gut. Er war zwar einige Male etwas langsamer vorangekommen, als die Männer es gekonnt hätten, dennoch hatten sie ihre Maßgabe erreicht. Nach Lugdunum in vier Tagen.
    "Erste Wache", brummte Frederick und zückte seine Axt. Deriwon und Llionel sahen sich an, dann meinte der Banditenkönig: "Ist gut, ich mach die Zweite."
    Beras bat sich auch an, aber die Krieger wollten ihm Ruhe gönnen. Außerdem würde der Junge einen nächtlichen Angriff vielleicht nicht rechtzeitig genug bemerken.
    Das Feuer, das in einer Kuhle gebrannt hatte, wurde gelöscht, dann zogen die Kelten Steine aus der Glut. Offenes Feuer würde sie in der Nacht weithin sichtbar machen und die erhitzten Steine gaben lange genug Wärme ab, um zu verhindern, dass die froren. Dennoch legten sie sich näher an die auskühlende Glut. Die Nächte im Norden waren frostig und morgens mussten die Männer sich oftmals Raureif aus den Bärten wischen.
    Frederick starrte in die Dunkelheit. Er hatte sich das Banner über die Schultern gezogen und trug über seiner Lederrüstung einen Fellumhang. Den warmen Stein hatte er sich in einer Decke auf die Beine gelegt. Im Wald ertönten leise Geräusche. Tiere schrieen in der Dunkelheit, der kalte Wind pfiff durch die Bäume und Blätter rauschten. Immer wieder ertönte ein leises Knacken, doch die Geräusche waren normal. Ein Wald musste sich so anhören. Würde Geräusche ausbleiben, keine kleinen Tiere mehr durch das Unterholz huschen, dann wäre Gefahr in Verzug.
    Nach einer Weile stand Frederick auf, bewegte sich so leise wie möglich und kletterte auf einen Findling, der dem kleinen Lager als Schutz vor den heftigsten Windböen gedient hatte. Er hatte nun einen guten Ausblick und konnte durch eine lichte Stelle in Wald bis auf die weite Ebene sehen, die sich davor erstreckte. Es war gut gewesen, das Feuer zu löschen. In der Dunkelheit wäre es weithin sichtbar gewesen.
    Der Wind verlor etwas an stärke und war somit auch nicht mehr so kalt. Frederick beobachtete die Ebene eingehend, dann wandte er seinen Blick wieder dem Wald zu. Aus den Augenwinkeln bemerkte er etwas.
    Schnell schaute er wieder auf die Ebene vor sich. Schatten bewegten sich dort, das leise Klingeln von Metall auf Metall drang an Frederick Ohren. Reiter! Sofort vermutete er Rosane. Kelten nutzten Pferde hauptsächlich zur Landwirtschaft oder um Karren zu ziehen. Sie ritten nur selten darauf und dann hauptsächlich ranghohe Soldaten oder Adelige.
    In der Dunkelheit konnte er keine Details erkennen oder die Zahl der Reiter ausmachen, dennoch versuchte Frederick genau dieses krampfhaft und vergaß dabei fast völlig seine Gefährten zu wecken. Erst als die dunklen Reiter in einem weiten Bogen am Wald vorbeigezogen waren, sprang Frederick von dem Findling herunter und stieß die drei Schlafenden mit dem Fuß an.
    "Aufwachen", raunte er. Abgesehen davon war blieben die Kelten still. Erst als sie ihr Gepäck eingesammelt hatten und aufbruchbereit waren, erklärte Frederick ihnen, was er gesehen hatte.
    "Sie sind in Richtung Küste gezogen, Richtung Lugdunum", schloss er seinen kurzen Bericht. "Wir müssen ihnen sofort folgen. Wenn sie die Stadt angreifen und zerstören, werden wir niemals zu den Booten kommen." Trotz des Versprechen, das er dem Druiden gegeben hatte, flüsterte in Fredericks Kopf eine Stimme, dass dies nicht einmal schlecht wäre. Er musste sich zwingen, nicht auf sie zu hören.
    Ohne weitere Worte suchten die Kelten nochmals das Gebiet ab, auf den sie gerastet hatten, versuchten ihre Spuren so gut es geht zu verwischen und machten sich auf den Weg. Sie gingen so weit sie konnten durch den Wald, um möglichst spät die Deckung zu verlieren und näherten sich bei Morgengrauen Lugdunum auf sichtweite. Die ersten Sonnenstrahlen boten ihnen ein unglaubliches Bild. Egal, was Frederick in seinem kurzen Leben bisher gesehen hatte - der Anblick von Lugdunum verschlug ihm die Sprache. Grimmig langte er zu seiner Axt, Derivon und Llionel griffen auch nach ihren Waffen. Jedoch verzichteten sie darauf, diese zu zücken.
    Sie waren zu entsetzt, um eine entschlossene Handlung ausführen zu können.
    Über Lugdunum wehte ein rosanes Banner.
    Die Farben des Feindes über den Zinnen, Mauern und den Dächern der Stadt. Soeben wurde das Haupttor in der Stadtmauer geöffnet, einige Wachen traten vor die Stadt und schon fuhr ein Ochsenkarren aus dem Tor. Der Kutscher hob die Hand zum Gruße und lenkte sein Gefährt von der Stadt fort. Bei genauerem Hinsehen erwiesen sich einige Wachen als rosane Krieger.
    "Da soll mich doch der Schlag treffen", fluchte Derivon und rammte den Stiel seines Kriegshammers in den Boden.
    Keine Verwüstung, keine Zerstörung. Das Leben schien friedlich weiter zu gehen, als ob sich keine blutige Spur vom Süden über Entremont und Mountain Watch bis hoch in den Norden zog.
    "Haben sie sich ergeben", fragte Beras skeptisch und auch sein Blick war voller Abscheu.
    Fassungslos starrten vier Paar Augen auf die Stadt, in der sie vielleicht die letzte freie Bastion ihres Volkes gesehen hatten. Kelten hatten sich verkauft!
    Sie hatten dem Feind die Tür geöffnet und ihn als neuen Herrscher empfangen, anstelle ihn mit allem zu bekämpfen, was sie hatten.
    "Lasst uns nach Eyinfur zurückkehren", knurrte Llionel. "Ich hole meine Männer und wir machen diese Stadt von Verrätern dem Erdboden gleich!" Er schleuderte wüste Flüche in Richtung der Stadtmauer und zog einen Dolch. Er schien bereit seinen Worten Taten folgen zu lassen. Notfalls auch ohne den Rest seiner Bande.
    Frederick biss die Zähne zusammen. Wofür hatte er gekämpft? Wofür hatte er Freunde sterben sehen? Nur für die Demütigung eine rosane Flagge über einer keltischen Stadt zu sehen? Während Llionel und Derivon schon Pläne schmiedeten, wie sie zu viert an den Wachen vorbei kommen und die Verräter von innen heraus erschlagen könnten, griff Frederick nach dem Banner des Königs, das er als Umhang benutzte. Er löste es von seinen Schultern und faltete es sauber zusammen. Danach legte er es ganz unten in den Rucksack.
    "Ich suche einen Seiteneingang in der Stadtmauer - davon gibt es immer irgendwo welche. Dann schleiche ich herein und versuche Euch ebenfalls hereinzubringen...", sagte Llionel gerade und erntete die Zustimmung des Schmiedes. Beras hörte aufmerksam zu.
    "Wir gehen durch das Haupttor", bestimmteFrederick und unterbrach die Gedankengänge seine Begleiter. Diese sahen ihn verwirrt an.
    "Dort leben Kelten - wir sind Kelten. Wir gehen durch das Haupttor. Versteckt eure Waffen so gut es geht. Die Hauptwaffen befestigt ihr gut sichtbar da, wo ihr sie am schnellsten ziehen könnt." Er band seinen Schild auf den Rucksack und hakte die Axt in den Gürtel.
    "Und was werden die Rosanen denken? Dort stehen mindestens zwei von ihnen Wache!" Derivon deutete auf die Wachposten, die neben dem Tor Stellung bezogen hatten. Rosane und Kelten deutlich sichtbar voneinander getrennt, doch ohne Zeichen von Hass oder Misstrauen.
    "Wir sind Kelten, wir sind bewaffnet", stellte Frederick fest. "Was auch immer hier geschehen ist, wir müssen in die Stadt. In der Menge können wir besser untertauchen."
    "Und Rosane abstechen", zischelte Llionel, wobei der zweite Dolch plötzlich aufblitzte. Einen davon schon er sich in den linken Stiefel, den anderen befestigte er mit einem Band am rechten Handgelenk.
    "Das Lager ist geräumt", meinte Beras schließlich. Nach einem schnellen Blick, ob noch ein Hinweis auf ihr Hiersein zu finden war, brachen sie durch die Büsche und näherten sich in einem weiten Bogen dem Tor, so dass man sie schon lange erkennen konnte.
    "Wer sind wir, wenn man uns danach fragt?" Beras war neben Frederick gelaufen und hatte stumm das rosane Banner angesehen, das wie ein Fremdkörper über den Zinnen von Ludgunum wehte.
    "Wir sind Kelten aus dem Süden. Aber nicht so weit südlich. Llionel, Derivon, ist Lianes ein glaubwürdiger Ort", fragte Frederick.
    Die beiden Männer sahen sich an.
    "Ich denke schon. Jedoch müssen wir dann kurz vor dem Durchbruch der Rosanen von dort weg sein. Danach wird unsere Geschichte glaubwürdiger", sagte Llionel.
    "Warum das?"
    "Nun, Beras, inzwischen wird in Lianes niemand mehr am Leben sein, der Gegenteiliges behaupten kann." Ein Lächeln stahl sich auf die Lippen des Banditenkönigs. Freudlos und grimmig. Als sie das Tor erreichten, wirkte es hingegen so überzeugend, als hätte ihm gerade ein Edelmann seine hübscheste Tochter zur Frau gegeben.
    Zwei Wachen am Tor verschränkten Speere, ein Kelte und ein Rosaner traten vor. Der Kelte schien der Kommandant der Stadtwache zu sein. Ob er sich durch die Anwesenheit des Rosanen unwohl fühlte, war an seinem Gesicht nicht zu erkennen.
    "Willkommen in Lugdunum, Fremde. Was führt Euch an diesen Ort?"

  13. #58
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    Kapitel 29 - Lugdunum II

    Eine Sekunde brauchte die Gruppe, um auf die Frage des Wachhabenden zu reagieren. Dieser legte deutlich sichtbar die rechte Hand auf den Knauf seines Schwertes, doch dann begann Llionel zu sprechen. Der Banditenkönig war sichtlich geschickt darin und hatte kaum seinen ersten Satz beendet, als der Wachhabende seine Hand auch wieder vom Schwert nahm.
    "Oh, verzeiht, Herr, wir wollten nicht unhöflich sein. Wir haben eine lange Reise hinter uns, kommen direkt aus Lianes hierher. Sehr Ihr, dies", er deutete auf den stämmigen Schmied. "Ist Derivon vom Clan Hammerschlag. Einer des besten Schmiede des Landes! Ich bin sein Geschäftspartner Llionel. Und die beiden Schweigsamen dort sind sein Bursche Beras und..." Eine Sekunde lang entschwand das Lächeln auf dem Gesicht des Banditen, dann fand er es wieder, senkte jedoch seine Stimme und fuhr etwas verschwörerisch fort. "Das ist Frederick. Er ist ein Vetter von Derivon. Nicht sehr helle, aber kann ordentlich tragen und in der Schmiede ist er am Blasebalg nicht zu ersetzen."
    Der Wachhabende taxierte Frederick nur kurz und nickte.
    "Ihr wollt Eure Waren feilbieten", fragte er und deutete auf den erstklassigen Dolch, den Llionel am Gürtel trug. Deutlich sichtbar, wie Frederick es vorgeschlagen hatte.
    "Nun, zum Teil", brummte nun Derivon, der die Aufmerksamkeit der Wache völlig auf sich zog. Er war ebenso groß, wie die übrigen Kelten, jedoch mindestens doppelt so breit. "Vielleicht werde ich hier auch ein neue Schmiede eröffnen. Lianes ist nur ein sehr kleines Dorf, der Absatz dort war nicht so hoch, wie ich es mir gewünscht habe."
    Ein paar weitere Belanglosigkeiten wurden ausgetauscht. Dann war der Weg nach Lugdunum frei. Schnell suchten die vier Kelten einen schattigen Platz, wo sie sich austauschten.
    "Die Rosanen haben uns sehr intensiv beobachtet. Hätte der Wachmann auch nur einen kleinen Verdacht gehabt, dann hätten die uns durchsucht. Sie sind vorsichtig und besorgt", meinte Beras schnell und entlockte den drei Erwachsenen zustimmende Worte.
    "Das war auch meine Beobachtung", stimmte Frederick zu. "Außerdem sind die Mauern nicht beschädigt oder rußgeschwärzt. Keine offensichtlichen Verletzungen bei den Wachleuten und auch die Rosanen scheinen unverletzt zu sein."
    Mit einem Blick durch die Hauptstraße, die direkt durch das große Tor führte, durch das sie gekommen waren, zeigte intakte Häuser. Nirgends war eine Spur von einem Gefecht zu erkennen. "Lasst uns weiter gehen", rief Llionel plötzlich mit überhöhter Lautstärke. "Ich habe da eine Gaststätte gesehen!"
    Mit kleinen Gesten machte er seine Begleiter darauf aufmerksam, dass sie beobachtet wurden. "Los, geh vor, Bursche! Sicher uns Plätze!"
    Beras sah den Banditen kurz grimmig an, dann verstand er und nickte. "Wie ihr sagt, Herr Llionel."
    Nun waren die Männer im Zentrum der Aufmerksamkeit - wen auch immer Llionel als Beobachter ausgemacht hatte. Der Junge hingegen konnte sich umsehen, wo er wollte. Ihn würden die Erwachsenen höchstens als Ärgernis sehen und verscheuchen, jedoch nicht als Bedrohung. Beras war sich dem bewusst und auf dem Weg zur Gaststätte, deren Schild im Wind leicht wankte, warf er neugierig einen Blick in jeden Laden und grüßte unterwegs zwei Mädchen, die für ihn eigentlich zwei oder drei Jahre zu alt waren.
    Lugdunum an sich war eine schöne Stadt. Die Außenmauer war aus grauem Stein, sie hatte keinen optischen Wert zu erfüllen, sondern nur einen strategischen. Direkt an der Stadtmauer war ein breiter Weg frei gelassen, bevor die ersten Häuserreihen begannen. Soldaten konnten so ohne Probleme an andere Orte verlegt werden. Die Häuser hingegen bestanden überwiegend aus einem hellen Holz, das einen Rotstich besaß. Die Sonne schien darauf lies das Holz leuchten, so dass die Stadt fast überall einen freundlichen Eindruck machte. Nur vereinzelt ragten zweistöckige Bauten zwischen den anderen hervor, beispielsweise die Gaststätte und eine Schmiede. Ein Geruch von Salz und Meer lag in der Luft und Möwen kreischten bei ihren Flügen um die Dächer.
    "Schöne Stadt", schloss Derivon, als er sich in Bewegung setzte. "Aber ich sehe nur einen Schmied."
    Llionel klatschte in die Hände und übertönte erneut alle in seiner Umgebung.
    "Sehr gut! Dann besteht kaum Konkurrenz! Ein idealer Ort für eine neue Schmiede, Meister Derivon!"
    Lauthals diskutierend, wo denn der beste Standort wäre, betraten die Männer die Gaststätte. Dabei besahen sie sich die Menschen in der Stadt gut an. Kaum einer schien über die Maßen gehetzt zu wirken oder gar unterdrückt. Wenn Rosane den Weg kreuzten, machten viele Kelten zwar einen Bogen um diese, aber sie waren nicht offen feindseelig. Und die Rosanen verhielten sich... gönnerhaft. Die neuen Herren der Stadt waren sich ihrer Regentschaft eindeutig sehr sicher. Was war hier geschehen?
    Beras wartete schon an einem Tisch in der Gaststätte auf sie. Dieser war zwar nicht in eine Ecke gedrängt, aber man konnte von hier ohne Probleme die Tür im Auge behalten. Und den Tresen sowie den Eingang zur Küche dahinter.
    "Wirt", rief Frderick und nuschelte dabei so heftig, wie er konnte. "Vier Bier!" Wenn Llionel ihm schon die Rolle eines dumpfen Handlangers zugedacht hatte, würde er diese auch spielen. Außerdem hatte Beras sich ein ordentliches Getränk verdient. Egal wie alt er war, der Junge erwies sich als weit nützlicher, als Frederick je zu denken gewagt hatte.
    Der Wirt stemmte vier Krüge auf den Tisch und warf dabei einen unbehaglichen Blick auf Beras, doch Frederick warf ihm genug Geld hin, um den Mann nicht weiter fragen zu lassen. Dies war ein erster Test gewesen. Der Wirt war Geld nicht abgeneigt, also konnte man ihn bestechen um an Informationen zu kommen. Auch die anderen hatten es bemerkt und nickten bedächtig, als sie sich lauthals zuprosteten.
    Beras nahm einen ordentlichen Schluck und hustete nachdem er ihn tapfer herunter gekämpt hatte. Frederick lachte lauthals und schlug sich auf die Schenkel. Er wollte nicht aus seiner Rolle fallen.
    Llionel und Derivon sahen ihn argwöhnisch an.
    "Bring den Jungen nicht immer in Versuchung", schimpfte der Schmied. Dann raunte er: "Die Rosanen sind alle Bewaffnet." Seine massige Faust traf die Tischplatte, die Gläser wankten und Frederick zuckte mit den Schultern.
    Sie spielten ihre Rollen weiter. Beras wurde nach dem zweiten Schluck der Krug weggenommen. Dankbar lächelte er, dennoch war sein leiser Protest glaubwürdig. Als die Krüge geleert waren - Frederick hatte das für Beras übernommen - waren auch die Informationen ausgetauscht. Bewffnete Rosane waren in der Stadt, doch sie waren der Bevölkerung eindeutig an Zahlen unterlegen. Die Wachen hatten sich an die Gegenwart der Fremden gewöhnt und in der Mitte der Stadt hatte Beras ein Gebäude aus Stein erspäht, das möglicherweise ein Stadtpalast für den örtlichen Stammesfürsten war. In Lugdunum lebten vornehmlich die Clans der Eisbrecher und der Frostfüchse.
    Beides waren her kleine und unbekannte Clans. Jedenfalls in Süden unbekannt. Frederick wusste nicht einmal, welcher Stammesfürst hier herrschte. Oder geherrscht hatte und sich an die Rosanen verkauft hatte.
    All das mussten sie noch herausfinden. Erstmal standen die Kelten auf, erkundigten sich bei dem Gastwirt nach einem Bäcker, um dort Brot zu kaufen. Gegen Abend wollten sie wieder in dem Gasthaus einkehren und reservierten aus diesem Grund auch gleich ein Vierbettzimmer. Dann zogen sie durch die Stadt und begannen mit ihren Beobachtungen.

  14. #59
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    Kapitel 30 - Wespennest

    Sich in einer fremden Stadt unauffällig zu verhalten, war schwierig. Zumal in Lugdunum nicht so viele Menschen lebten, dass sie in einer gesichtslosen Masse untertauchen konnten. Hier schien jeder jeden zu kennen.
    "Und so wie sie aussehen, ist mindestens jeder zweite miteinander verwandt", knurrte Frederick, als er schon wieder einen Haufen rothaariger Kinder verscheuchte, die vor ihnen auf der Straße spielten.
    Unauffällig zu sein, war somit schwierig. Also gingen sie offen auf die Menschen zu, stellten Fragen, hauptsächlich bezüglich der angeblichen neuen Schmiede, die Derivon aufbauen wollte und erhielten irgendwann auch die Auskunft, dass sie sich zum steinernen Haus in der Mitte der Stadt wenden sollten. Dort residierte der Clanfürst - Gerswin vom Clan der Frostfüchse - nebst seinen Beratern. "Sie werden für einen neuen Schmied sicher eine ordentliche Bleibe finden",meinte eine Schuhmacher, bei dem Derivon einige Lederschnüre erwarb. "Gegen eine geringe Gebühr natürlich."
    Freundlich bedankte sich der Schmied und berichtete seinen Gefährten von dem Vorwand, den sie nun hatten, sich das steinerne Haus anzusehen. Frederick hatte zusammen mit Beras den bislang einzigen Schmied in Lugdunum aufgesucht und einige Waffen getestet. Die Schmiede war ein robustes Haus aus dem rötlichen Holz, das hier weit verbreitet war, nur um den gewaltigen steinernen Kamin der Esse war dieses durch die Hitze und den Rauch schon schwarz geworden. Die Vorderseite des Ladens war offen, sodass ein jeder dem Schmied bei seinem Handwerk beobachten konnte. Ein Geselle bot Waffen und Werkzeuge feil, während ein anderer zum Hammerschlag seines Meisters den Blasebalg bediente.
    Die Waffen waren von guter Qualität, lagen leicht in der Hand, doch hatten sie kaum eine persönliche Note. Der Schmied mochte gut in seinem Handwerk sein, doch kaum ein Schwert noch eine Axt wies eine Verzierung auf. Derivon hätte dieses Umstand sicherlich als lieblos bezeichnet.
    Während Frederick einen Dolch begutachtete, der er Beras angetan hatte, marschierte eine Abteilung Rosane an der offenen Schmiede vorbei. In einem Anfall von vorgetäuschten Erstaunen wandte sich Frederick an den Gesellen.
    "Habt ihr die gesehen? Was für Rüstungen und Waffen sie tragen! Hab´ ich ja noch nie gesehen! Aus Eurer Schmiede stammen die nicht, wie?" Dabei versuchte er so einfältig wie möglich zu wirken. Ein stumpfer Haudrauf, wie ihn Llionel am Tor beschrieben hatte. Allmählich gefiel ihm diese Rolle.
    "Nein, Herr", antwortet der Geselle hinter dem Verkaufstresen. "Die Rosanen haben ihre Waffen selbst mitgebracht, als sie in die Stadt gekommen sind. Aber dies hier ist keltische Qualität, Herr! Nicht zu übertreffen!" Dabei deutete er auf die Auslageware. Frederick nickte ihm zu und griff wieder nach dem Dolch. Er wusste genau, was die Waffen der Rosanen anrichten konnten - selbst wenn eine Keltenaxt doppelt so lange hielt und doppelt so scharf war.
    Ihre pure Anzahl machte sie überlegen. Dann fiel ihm plötzlich auf, dass sich die Rosanen in Lugdunum offenbar in der Unterzahl befanden! Was war hier los?
    "Was stellen die eigentlich dar", fragte Frederick nuschelnd und deutete mit dem Dolch auf die sich entfernenden Rosanen.
    "Sie sind vor ein paar Wochen hierher gekommen. Der Häuptling hat lange mit ihnen verhandelt, seit dem sind sie hier." Frederick lies fast den Dolch fallen, drückte ihn dann aber mit einer ungeschickten Handbewegung Beras in die Hand und forderte ihn auf, diesen zu testen. Der Junge begann mit einigen Schwüngen der Waffe durch die Luft und schnellen Stößen nach vorne.
    "Ich hab Dinge aus dem Süden gehört. Von diesen... Rosanen." Jetzt musste Frederick es wagen, sich aus dem Fenster zu lehnen. Der Geselle mochte Informationen besitzen, die wichtig waren.
    "Sie sollen gemordert und geplündert haben."
    Dann donnerte eine Stimme durch die Schmiede. "Thorval, an den Amboss!"
    Der Schmied kam aus der Gluthitze hervor, Schweiß perlte auf seiner Haut, die von Ruß ganz schwarz war. Er schob den Gesellen fort und funkelte Frederick böse an. Der Schmied war kleiner als Derivon, sein Haar war bereits ergraut, doch die Statur war die gleiche. Breite Schultern endeten in muskulösen Armen. "Was fragst du meinen Schüler aus!" Mit einem wilden Blick starrte er Beras an. "Kauft den Dolch oder verschwindet!"
    "Ruhig, Mann", knurrte Frederick, was den Schmied kaum beeindruckte. "Ich habe mich mit deinem Gesellen über die Waffen der Rosanen unterhalten - das ist alles." Er legte zwei Münzen auf den Tresen und deutete auf den Dolch. "Das sollte genug sein."
    Grimmig verzog der Schmied sein Gesicht, nahm die Münzen und biss auf beide. Es zeigten sich keine Spuren in dem Metall. Er schien beruhigt zu sein. Wenngleich Frederick ein merkwürdiger Kunde war, so war sein Geld echt. Und darauf sollte es ankommen.
    Als Frederick Beras schon zum Gehen aufforderte und den Zusammenstoß mit dem Schmied schon für beendet gehalten hatte, langte dieser über den Tresen und hielt den Rucksack des Keltenkriegers fest.
    "Jetzt weiß ich, woher ich dein Gesicht kenne! Du gehörst zu diesem anderen Schmied!" Der folgende Gesichtsausdruck war nicht einfach zu bewerten. Möglicherweise mochte es ein Anflug von Hoffnung sein oder auch Ärger. Konkurrenz in Lugdunum würde dem Geschäft dieses Mannes nicht gut tun.
    "Bin sein Vetter", sagte Frederick, legte eine Hand auf das breite Handgelenk des Schmiedes und drückte auf die Knöchel - so fest er konnte. "Loslassen!"
    Der Schmied schien unbeeindruckt, auch wenn er beim Luftholen etwas länger brauchte.
    "Derivon vom Clan Hammerschlag, ich habe diesen Namen heute schon ein Dutzend Mal gehört. Ich kenne die Hammerschlags. Gute Schmiede, hervorragende sogar - aber DU bist kein Hammerschlag! Nicht bei DER Nase!"
    Frederick verstärkte den Druck auf das Handgelenk und achtete gut darauf erst nach einigen Sekunden in das Gesicht des Schmiedes zu sehen. Llionel, Derivon und er selber waren sicher gewesen, dass so weit im Norden, niemanden einen Hammerschlag kannte. Und die breite Knollennase der Steiners war markant. Man könnte sagen, sie sprang jedem Beobachter direkt ins Gesicht.
    Jetzt endlich lockerte der Schmied seinen Griff und auch Frederick lies ihn los.
    "Wer bist du? Raus mit der Sprache oder ich rufe die Wache."
    Die Last auf Fredericks Schultern wurde schwerer. Er hatte seine Axt griffbereit, doch wenn er den Schmied hier erschlug gab es Zeugen. Wenn nicht jetzt schon genug Passanten bemerkt hatten, das in der Schmiede etwas nicht stimmte.
    Er sah flüchtig zu Beras hinüber, der immer noch den Dolch in den Händen hielt, sich aber langsam um den Tresen herumbewegte. Der Junge war eindeutig in zu schlechter Gesellschaft, dachte Frederick grimmig. Er musste eine Entscheidung treffen, riss die Hand nach oben und schlug dem Schmied auf den Oberarm. Fest und treffsicher, aber nicht brutal. Für alle Anwesenden musste es wie eine freundschaftliche Geste ausgesehen haben. Dann machte er zwei Schritte um den Tresen, packte den Schmied und zog ihn zwei Schritte in die Schmiede hinein. Dieser stolperte hinter Frederick her und griff nach einem schweren Hammer, dessen Kopf er drohend auf Frederick richtete.
    "Was soll die Scharade! Machs Maul auf oder wir hauen dich zu Brei!"
    Auch die beiden Gesellen kamen nun näher. Einer mit einem weiteren Hammer, der andere mit einem glühenden Stück Metall, das irgendwann einmal ein Schwert werden würde. Jetzt ging es um Sekunden, sonst wprde das heiße Eisen Blut trinken, noch bevor es zu einer Waffe geworden war.
    "Meister Schmied, ich bin Frederick von den Steiner, Herzog von Duran. Ich komme soeben aus dem Süden, wo die rosanen Stämme gewütet und gemordet haben. Ich habe in den Ruinen von Entremont gestanden, Berge von Leichen keltischer Männer und Frauen und Kinder gesehen und liefere diesen Bestien seit Stirling River ununterbrochende Rückzugsgefechte!" In einem Moment des Erstaunen, ergriff Frederick die Chance und legte seine dümmliche Mine gänzlich ab. Autorität klang in seiner Stimme mit und er füllte plötzlich die ganze Schmiede mit seienr Anwesenheit. "Sag diesen Kindern, sie sollen ihre Spielzeuge weglegen! Diese Axt hat mehr Blut gesoffen als ich in meinem Leben Wasser getrunken habe, zwei Tote mehr kümmern mich nicht! Vor allem nicht, wenn sie mit den Rosanen kollaborieren!"
    Mit einer geübten Geste zog er seine Axt aus dem Gürtel und einen Dolch aus dem Ärmel. Die Gesellen wichen beide einen Schritt zurück. Der Schmied ebenfalls und spürte sofort einen Stich im Rücken, worauf hin er die Arme zur Seite streckte und ein Hohlkrez macht. Beras zu übersehen war ein dummer Fehler. Allmählich begann Frderick den Jungen wie einen Bruder zu lieben.
    "Und nun sag mir, ob ich hier ein Blutbad anrichten muss oder ab ihr loyale Kelten seid!"
    Geändert von Frederick Steiner (24. August 2009 um 21:09 Uhr)

  15. #60
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    Kapitel 31 - Erklärungen

    Auf der Klinge von Fredericks Keltenaxt spiegelte sich die Glut der Esse wieder und schien in Flammen zu stehen. Ein roter Lichtschein fiel auf sein Gesicht und verzerrte seine angespannten Züge noch weiter. In seinem Kopf rasten die Gedanken, er würde zuerst den Gesellen mit dem glühenden Roheisen zu Boden schlagen müssen, danach dem Schmied selber angreifen, so lange dieser sich noch von Beras' Dolch in Schacht halten lies. Der zweite Geselle würde danach keine Probleme mehr machen. Doch bis dahin...
    Die Augen des Schmiedes verengten sich, er lies den Blick nicht von Frederick. Langsam fragte er: "Ihr kommt aus Entremont?"
    "Wir haben die Stadt aus den Händen der Rosanen befreit. Aber es sind nur noch Ruinen übrig." Ein Schauer überkam Frederick. Die einst blühende Metropole Entremont war zerschlagen und geplündert worden. Goldene Felder waren zu Asche verbrannt und in den Straßen türmten sich Leichen. Aber es waren immerhin Leichen der Rosanen, stellte er grimmig fest und konzetrierte sich wieder auf den Schmied.
    Dieser öffnete den Mund, doch seine Stimme wurde plötzlich kraftlos und stockend, seine Schultern senkten sich. "Mein... mein Bruder hat dort gelebt. Mit seiner Frau und... den Kindern..."
    Dann innerhalb von einer Sekunde veränderte er seine Haltung und stand wieder gerade wie zuvor. "Jungs, die Waffen weg! Thorval, geh wieder nach vorne. Ilkar, lösche das Eisen, wir werden es nachher nochmal schmieden müssen."
    Die Gesellen gehorchten ohne Worte und wandten sich wieder ihren Aufgaben zu. Der Schmied lehte seinen schweren Hammer an den Schmiedeofen und musterte Frederick, der immer noch mit blanker Waffe in der Schmide stand.
    "Du kannst die Axt wegstecken, ich bin nicht dein Feind."
    "Nun, das sah vor einer Minute noch anders aus", meinte Frederick und befestigte langsam die Axt wieder an seinem Gürtel. Skeptisch sah er nach, ob die Gesellen tatsächlich wieder mit ihrer Arbeit beschäftigt waren und nicht einen Hinterhalt vorbereiteten. "Woher der Sinneswandel?"
    "Das hat nicht viel mit Sinneswandel zu tun", meinte der Schmied, ging an Frederick vorbei und zog eine Holzbank aus einer Ecke hervor. Danach stellte er einen einfachen Schemel gegenüber auf und setzte sich auf den kleinen Hocker. Dieser ächzte unter dem Gewicht des Schmiedes. "Setz dich bitte." Plötzlich überkam ihn Unsicherheit. "Setzt Euch bitte. Verzeihung Herzog Frederick."
    Frederick, der diesen Titel nur aufgrund der Auslöschung seines Clans trug, war weder stolz darauf, noch ging er damit hausieren. Er schwang sich auf die Bank, mit dem Rücken direkt zu einer massiven Holzwand, nur um sicher zu sein, dann winkte er ab.
    "Frederick reicht. Dein Name ist?"
    "Gernot nennt man mich. Gernot vom Clan der Eisbrecher!"
    Viel wusste Frederick nicht über diesen Clan. Llionel und Derivon mochten mehr Informationen besitzen. Aber das war erst einmal nicht wichtig. Viel wichtiger war, wie die Rosanen hierher gekommen waren!
    "Gut, Gernot von den Eisbrechern, dann sage mir, was bei allen Göttern die Rosanen in dieser Stadt zu suchen haben!" Bei den letzten Worten war Fredericks Stimme ungewollt lauter geworden. Gernot zuckte zusammen und auch der jüngere Geselle, Ilkar, sah ziemlich erschrocken aus. Der ältere Geselle lies sich entweder nichts anmerken oder er hatte nichts gehört. Frederick hoffte, dass letzteres der Fall war. Einen solchen Ausbrauch auf offener Straße hätte sicher die Wache alarmiert. Wenn nicht sogar die Rosanen selber.
    "Nicht so laut! Bitte senke deine Stimme. Hier sind häufig Soldaten um sich die Waren anzusehen, die ich herstelle. Also", er atmete tief durch. "Die Rosanen. Sie kamen vor einigen Tagen, etwa zwei Wochen ist es her. Sie haben um eine Audienz beim Clanfürsten der Frostfüchse gebeten und sind mit ihm einige Meilen vor die Stadt geritten. Haben ihm dort etwas gezeigt. Man munkelt ihr Heer. Mehrere Hundertschaften Reiter. Gerüchte kursieren. Natürlich nicht offen, aber in der einen oder anderen Gaststätte erfährt man schon mal was. Wenn man trinkfester ist, versteht sich." Er lachte leise.
    "Danach sind sie in die Stadt gekommen, haben überall nach Soldaten gesucht und sich intensiv mit der Wache beschäftigt. Aber sie haben wohl nichts gefunden und alle Männer durften wieder auf ihre Posten zurückkehren. Unter Beobachtung natürlich. Seit dem patrouillieren sie täglich durch Lugdunum, ihre... nun Berater, sind regelmäßig beim Stammesfürsten. Obwohl ich glaube, dass es nur Boten sind, die ihn daran erinnern, dass er in seiner eigenen Stadt nicht mehr viel zu sagen hat."
    Frederick schluckte schwer, als er die Worte des Schmiedes hörte. "Einige Hundertschaften Reiter", stellte er mit schwerer Zunge fest und der Geruch und der Geschmack von Blut legten sich über seinen Mund und seine Nase. Der Gebirgspass bei Mountain Watch. Ryan und die anderen sechsundzwanzig Kelten, die dort gestorben waren. Es mussten jene Reiter sein, die es geschafft hatten die Kelten zu überrenen. Sie waren weit in den Norden vorgedrungen, viel weiter als Frederick je befürchtet hatte. Und nach ihren Verlusten waren sie auf eine andere Taktik umgeschwenkt. Eine Stadt wie dieser konnte zweihundert Reitern oder mehr nicht viel entgegensetzen. Sie würden sich tapfer wehren und vielleicht ein Drittel der Rosanen töten. Danach hätten die Rosanen wieder verbrannte Erde hinterlassen und weitere Soldaten verloren. So konnten sie sich ausrüsten, ausruhen und Verletzte genesen lassen, um ihre Reihen wieder zu füllen. Außerdem, erkannte Frederick erschrocken, kamen sie mit Schiffen weitaus besser in die nördlichen Gefilde Keltias, als auf ihren Pferden. Zwar war das Eis im Winter auf den Meeren eine Gefahr, doch noch war es nicht so weit, das die See zufror. Wenn sie schnell waren, konnten sie noch bis zur Wintersonnenwende das ganze Keltenland erobert haben.
    Ein erschreckender Gedanke.
    Was viel erschreckender war, war die simple Schlussfolgerung, die Frederick daraus zog.
    Wenn er Lugdunum verlies, dann musste diese Stadt in Schutt und Asche gelegt werden.
    Davon hatten Llionel, Derivon und er zwar schon vor den Stadtmauern gesprochen, doch in ihrem Innersten waren sie sich bewusst, was für ein Wahnsinn es wäre, zwei weitere Stämme Kelten auszulöschen. Oder ihnen wenigstens die Lebensgrundlage zu nehmen. Und das kurz vor dem Winter.
    "Ich befürchte, das ändert die Situation ganz grundlegend", meinte er und starrte in die Glut, bis sie grelle Bilder auf seiner Netzhaut hinterlassen hatte.

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