Die Weimarer Grundlage ist, wie erwähnt, ein sehr dehnbarer Begriff.
Aber es ist interessant, dass es bei dir keinerlei Zweifel gibt.
Seeckt hat die Reichswehr auch nicht gegen rechts eingesetzt. Auch nicht sehr demokratisch.
Die Weimarer Grundlage ist, wie erwähnt, ein sehr dehnbarer Begriff.
Aber es ist interessant, dass es bei dir keinerlei Zweifel gibt.
Seeckt hat die Reichswehr auch nicht gegen rechts eingesetzt. Auch nicht sehr demokratisch.
Im Gegensatz zu dir habe ich wenigstens konkret umrissene Vermutungen ausgesprochen.Original geschrieben von kronic
Die Weimarer Grundlage ist, wie erwähnt, ein sehr dehnbarer Begriff.
Aber es ist interessant, dass es bei dir keinerlei Zweifel gibt.
Ich sag es nochmal ganz klar: Meiner Meinung nach, wäre auch nach ihren Vorstellungen etwas herausgekommen, dass sich zwischen konstitutioneller Monarchie und Weimarer Republik bewegt hätte. Schon 1938 stand Hitler kurz vor der Verhaftung durch den Generalstab, wobei ihn nur der außenpolitische Erfolg durch das Einlenken der Westmächte davor bewahrte.
Und dass gerade die, die Hitler verhaften bzw. beseitigen wollten, nach den Erfahrungen mit Hitler für einen undemokratischen Staat gewesen sein sollen, erscheint mir schlichtweg unsinnig, nicht nur zweifelhaft.
Davon abgesehen: Selbst die eingeschworensten Monarchisten wären `44 für eine demokratisch verfasste Ordnung eingetreten, schon allein aus Rücksicht auf die Westmächte.
Ich hab den film auch gesehen, war ziemlich spannend und wenn selbst die Experten sagen er war sehr genau freut mich das um so mehr.
Meiner Meinung nach haben sie Hitler etwas harmlos dargestellt und Stauffenberg zum Ende hin zu übertrieben.
Soweit ich weiß, waren die Dialoge bzw. Monologe ziemlich (insbesondere auch Stauffenbergs Ausruf vor dem Peloton) authentisch. Das war alles nachgestellt.Original geschrieben von Magier
Meiner Meinung nach haben sie Hitler etwas harmlos dargestellt und Stauffenberg zum Ende hin zu übertrieben.
Auch die Reaktion Hitlers, dass er Stauffenberg im FHQ nur gemustert haben soll, soll sich meinen Lese-Erinnerungen nach so zugetragen haben. Selbiges gilt für die anfänglich schwankende Haltung Fromms etc.
Für alle die es interessiert: Heute ist ab 22.25 Uhr auf Arte ein Themenabend DDR.
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Somewhere over the rainbow...
...there's no place like home.
Judy Garland, The Wizard Of OZ
Ci[Wii]lization @ 1292 6114 9198 7307
Original geschrieben von kronic
Die Weimarer Grundlage ist, wie erwähnt, ein sehr dehnbarer Begriff.
Aber es ist interessant, dass es bei dir keinerlei Zweifel gibt.
Seeckt hat die Reichswehr auch nicht gegen rechts eingesetzt. Auch nicht sehr demokratisch.
Eins muss man auch Bedenken. Was wäre noch gewesen, wäre
Hilter getötet worden, und der Putsch gelungen. Meine so kluge
Frau hat mich drauf gebracht. Dann hätten sie wahrscheinlich den
Frieden geschlossen und alles wäre gut geswesen. ABER. Es wä-
re fast die gleiche Situation wie von 1918 gewesen. Es wäre nun
wieder die Dolchstoßlegende hochgekommen. Diese reaktionären
Elemente wären wie nach 1918 wieder so nach einer Weile aktiv,
und würden wieder nach Revanche schreien und Verrat am Heer
reden. Deuschland wurde um den Sieg gebracht... usw. Und es
wäre möglich gewesen, daß diese Elemente in einem dritten Krieg
ihr Glück versucht hätten. So hart das klingt. Deutschland konnte
nur so durch die totale Niederlage vom Militarismus und Kriegslust
für lange Zeit geheilt werden. Nur die totale Vernichtung des Nazi-
deutschlands, hat diese reaktionären Elemente, die die Weimarer
Republik mit zerstört haben, zum schweigen gebracht.
Wäre es zum Frieden gekommen, so schön das gewesen wäre....
dann hätte diese Kräfte strukturmäßig überlebt, und wieder ver-
sucht, das vierte Reich einzurichten. Das ist gewiss. Der Putsch
ist auch gescheitert, weil viele nicht bereit waren, von Hitler und co abzulassen. Bis zum bitteren Ende. Erst nach der totalen Nie-
derlage konnte das Umdenken einsetzen. Das gab es keine Dolch-
stoßlegende mehr, die letzlich die W-Republik zu Fall brachte.
Manchmal muss das Schicksal seinen lauf nehmen, mit allen Kon-
sequenzen.
@Stone
Das ist aber eine heiße Logik...
Wenn nun zB. der Krieg noch länger gedauert hätte, hätten die Amis Atombomben abgeworfen und Deutschland gebietsweise entvölkert. Damit wäre eine zukünftige Kriegsbeteiligung mangels BEvölkerung noch unwahrscheinlicher geworden. Kann es dann gut sein, dass der Zusammenbruch sich nicht länger hingezogen hat...?
Oder noch besser: Schade, dass die Kubakrise nicht zur Eskalation geführt hat. Dann nämlich wäre die Menschheit samt allen reaktionären Kräften ausgelöscht worden und es hätte dauerhaften Frieden auf der Erde gegeben.
Der Nobelpreis für Geschichte und Philosophie geht an Frau Stone
ich dachte es hätte sich rumgesprochen das diese was-wäre-wenn-Debatten nix bringen
Die EG-Gesundheitsminister:
Das Lesen dieses Beitrages
kann zu erheblichen
geistigen Verwirrungen
führen
quote:
--------------------------------------------------------------------------------
Original geschrieben von Magier
Meiner Meinung nach haben sie Hitler etwas harmlos dargestellt und Stauffenberg zum Ende hin zu übertrieben.
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Von Judicator
Soweit ich weiß, waren die Dialoge bzw. Monologe ziemlich (insbesondere auch Stauffenbergs Ausruf vor dem Peloton) authentisch. Das war alles nachgestellt.
Auch die Reaktion Hitlers, dass er Stauffenberg im FHQ nur gemustert haben soll, soll sich meinen Lese-Erinnerungen nach so zugetragen haben. Selbiges gilt für die anfänglich schwankende Haltung Fromms etc.
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Na dann will ich das mal glauben.
Lass uns mal unterscheiden : ob ich auf Grund gewisser taktischer Gegebenheiten (=Zwang) mich für eine Demokratie entscheide, oder ob ich die Demokratie will, sind doch zwei ganz verschiedene Sachen. Keiner der Leute um den Einäugigen war ein Überzeugungsdemokrat. Und da sind wir in der Tat wieder in Weimar, in dem die Rechte rasch die Chance genutzt hat, die Demokratie zu beseitigen. Hinzu kommt eine gespaltene Linke, deren einer Teil ebenfalls anti-demokratisch war.Original geschrieben von Judicator
Davon abgesehen: Selbst die eingeschworensten Monarchisten wären `44 für eine demokratisch verfasste Ordnung eingetreten, schon allein aus Rücksicht auf die Westmächte.
So wie ich das Kapitel über den 20. Juli 1944 bei Kershaw bspw. in Erinnerung habe, geht Stauffenbergs Demokratieverständnis in Richtung autoritäre Herrschaft. Vielleicht eine Demokratie a la Carl Schmitt
PS: Das mit dem Ausruf vor dem Erschießungskommando war ja nun auch wirklich 08/15 gemacht.
Original geschrieben von Judicator
@Stone
Das ist aber eine heiße Logik...
Wenn nun zB. der Krieg noch länger gedauert hätte, hätten die Amis Atombomben abgeworfen und Deutschland gebietsweise entvölkert. Damit wäre eine zukünftige Kriegsbeteiligung mangels BEvölkerung noch unwahrscheinlicher geworden. Kann es dann gut sein, dass der Zusammenbruch sich nicht länger hingezogen hat...?
Oder noch besser: Schade, dass die Kubakrise nicht zur Eskalation geführt hat. Dann nämlich wäre die Menschheit samt allen reaktionären Kräften ausgelöscht worden und es hätte dauerhaften Frieden auf der Erde gegeben.
Der Nobelpreis für Geschichte und Philosophie geht an Frau Stone
Na was wäre denn geschehen, wenn diese Kräfte nicht zerschla-
gen worden wären 1945. Dann wäre die Situation genauso wie
1918 gewesen. Wo Deutschland zwar besiegt wäre, aber die Leu-
te die den Krieg angezettelt und geführt haben, wären weitest-
gehend ungeschoren davongekommen, hätten Verrat geschrieen
und alles daran gesetzt das Nachkriegsdeutschland wieder nun
in ihrem Sinne zu gestalten. Wie nach 1918. Und es hätte genü-
gend Leute gegeben, die sie unterstützt hätten. Nur die totale,
für jeden sichtbare Niederlage, und nicht der vorzeitige Kriegsab-
bruch, hat so den Weg für das jetzige Nachkriegsdeutschland frei-
gemacht, wo die absolute Mehrheit keinen Bock auf Krieg und Mili-
tär hatte und hat. Nur so wurde den Deutschen die Eroberungs-
lust und Kriegslust leidvoll ausgetrieben. Ein halber Frieden 1944
wo Deutschland noch halb Europa besetzt hielt, von Norwegen,
in die Normandie, bis nach Weissrussland, Polen, Süddeuropa ...
hätten die meisten Deutschen als Verrat gesehen, und alles da-
ran gesetzt später wieder Revanche zu üben. Deutschland hatte
noch Glück, daß die Atombombe nicht auf Deutschland viel. Aber
das Atommaterial was auf Japan fiel, stammte zum größten Teil
aus Deutschen beständen, bzw. von einem D. U-Boot das nach Ja-
pan fuhr um auch spaltbares Material dorthin zu bringen. Vor 19
46 wäre sonst keine Bombe der USA fertig gewesen.
Also nun kommt mal mein Fersehempfehlung, jeden Samstag und Sontag morgen kommt auf KIKA "Der Bär im grossen blauen Haus"
das ist einer meiner Lieblingssendungen
Die EG-Gesundheitsminister:
Das Lesen dieses Beitrages
kann zu erheblichen
geistigen Verwirrungen
führen
Das ist mir nun wirklich zu flach. Da muss ich schon wie Bebro anfangen: "Demokratieverständnis in Richtung autoritäre Herrschaft", was soll das sein?Lass uns mal unterscheiden : ob ich auf Grund gewisser taktischer Gegebenheiten (=Zwang) mich für eine Demokratie entscheide, oder ob ich die Demokratie will, sind doch zwei ganz verschiedene Sachen. Keiner der Leute um den Einäugigen war ein Überzeugungsdemokrat. Und da sind wir in der Tat wieder in Weimar, in dem die Rechte rasch die Chance genutzt hat, die Demokratie zu beseitigen. Hinzu kommt eine gespaltene Linke, deren einer Teil ebenfalls anti-demokratisch war.
So wie ich das Kapitel über den 20. Juli 1944 bei Kershaw bspw. in Erinnerung habe, geht Stauffenbergs Demokratieverständnis in Richtung autoritäre Herrschaft. Vielleicht eine Demokratie a la Carl Schmitt
Eine Demokratie zeichnet sich m.E. durch gleiche, geheime, unmittelbare, allgemeine und freie Wahlen aus. Insoweit ist es definitorisch ganz klar, ob das Volk ungeteilt die Herrschaft ausübt oder nicht. Wo hätte denn die autoritäre Gesinnung Stauffenbergs konkret ansetzen sollen? Bisher hast du außer anklagenden Worthülsen nichts gebracht.
Autoritär ist Hänschens Papa auch
Außerdem widerstrebt mir die Bezeichnung "Einäugiger" zutiefst.
@Stone
In der Hypothese widerspreche ich ja nicht. Aber den anschließenden zur Perfektion gesteigerten Vernichtungsbombenkrieg mit totaler Besetzung des Landes als guten Preis für die Läuterung einiger Revanchisten hinzustellen, ist schon sehr fragwürdig. Zumal es auch nichts bringt, da sich die Leugnung dann andere Nischen sucht: Dann heißt es eben: Hätte Hitler oder XY das getan/unterlassen, hätten wir den Krieg gewonnen bzw. nicht verloren.
Möglicherweise wären große Teile Ostdeutschlands nicht an Polen gefallen, Kulturschätze von unvorstellbarem Wert nicht vernichtet worden, etliche Millionen Menschen nicht gestorben, wenn Stauffenberg nicht gescheitert wäre.
Lol, typische Juristendefintion von Demokratie. Nach der sind übrigens 60 % der Staaten der Welt Demokratien. Bisschen merkwürdig, nicht? (DAS halte ich für flach)
Die Debatte, was eine Demokratie ist, möchte ich an der Stelle eigentlich eher nicht führen. Ich kann nur sagen, dass die Position, dass Wahlen eine Demokratie definieren, in der Politikwissenschaft heftig umstritten ist.
Darüber hinaus fehlt mir nach wie vor der Hinweis, dass Stauffenberg plötzlich ein Demokrat gewesen ist.
Außerdem neige ich dazu, autoritativ und autoritär nicht synonym zu gebrauchen.
Unabhängig davon aber, um zum Thema zurückzukommene, eine Rezension, die deshalb so interessant ist, weil sie nicht mal von einem dem links-mittigen Spektrum zuzuordnenden Blättern stammt:
LinkStauffenberg“ - ein Geschichtsfilm ohne Geschichte
Von Frank Schirrmacher
25. Februar 2004 Dies ist der genaueste Film über das Attentat des Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der bislang gedreht wurde. Und er ist der unvollständigste. Wer ihn sich heute abend im Fernsehen anschaut, kann sich auf die Korrektheit von Kulisse, Uniform und Chronologie verlassen. Der Regisseur Jo Baier hat nicht nur den bereits von der Gestapo im Minutentakt recherchierten 20. Juli exakt wiedergegeben. Er hat Hitlers Lagebaracke und überhaupt das im ostpreußischen Sumpfgebiet liegende Führerhauptquartier bis hin zu den Mücken sehr genau rekonstruiert.
Man kann nicht sagen, daß Baier irgend etwas im strengen Sinn vergessen hätte. Käme man zur Prüfung mit der Strichliste - beginnend mit Stauffenbergs poetischem Temperament und endend mit seinen letzten, niemals ganz geklärten Worten -, alles würde irgendwann in diesem Film als Zitat abzuhaken sein. Es gibt sogar Momente von großer Suggestion, in denen so etwas wie eine Ahnung ungeheurer historischer Verdichtung auch sechzig Jahre nach den Ereignissen spürbar wird. Dazu gehört das Gespräch zwischen Goebbels, hervorragend von Olli Dittrich gespielt, und Major Otto Ernst Remer, jene Unterredung, in der die letzten dürftigen Erfolgsaussichten des Staatsstreiches vollends vernichtet wurden. Eigentlich eine Unterredung zu dritt. Denn zwischen den beiden drang - eine Szene, die Remer später immer wieder berichtete - die körperlose Stimme Adolf Hitlers aus dem Telefonhörer. Eine einzige Frage Adolf Hitlers entschied den 20. Juli. Die Frage lautete: ob Remer seine Stimme erkenne.
Fehlende Mehrdeutigkeit
Das ist gut erzählt in dem Film und gut gespielt, und das gilt für fast alle Szenen und Rollen. Das Lob, das Sebastian Koch für die Rolle des Stauffenberg bekam, ist durchaus berechtigt. Der enorme Zeitdruck, unter dem Stauffenberg am 20. Juli stand, die Hektik der Fernschreiber und diese wenigen Minuten, da die Verschwörer wohl wirklich glaubten, Befehle geben zu können - das alles spielt Koch, wie die konkrete Phantasie es einem eingeben mag.
Wer wissen will, was ein deutscher Offizier namens Stauffenberg am 20. Juli 1944 den ganzen Tag lang tat, wird hier gut bedient. Wer aber wissen will, was der letzte Tag im Leben des Claus Schenk Graf von Stauffenberg bedeutet, wird sich verloren fühlen. Das hat damit zu tun, daß diesem Film auf merkwürdige Weise jede Mehrdeutigkeit fehlt. Man könnte auch sagen: Er ist eine Erzählung ohne Kontext, ein Geschichtsfilm ohne Geschichte. Und die Geschichte auf die gleiche merkwürdige Weise entdramatisiert, wie heutzutage Dramen enthistorisiert werden. Wer Stauffenberg war oder auch nur gewesen sein könnte, erfährt man nicht. Warum Stauffenberg sich zum Attentat auf Hitler entschloß, darauf gibt der Film drei durchaus plausible, aber dabei sehr linkisch montierte Gründe. Welche Rolle die anderen Widerständler spielten, bleibt vollends unklar, und nur Ulrich Tukur - nicht dem Drehbuch - ist es zu verdanken, daß eine der edelsten Personen des Widerstands, Henning von Tresckow, im Gedächtnis bleibt.
Zeichen der Ineffizienz
Die Vor-Kritik dieses Films hat davon gesprochen, daß, was hier vermißt wird, in einem Neunzig-Minuten-Film nicht zu finden sein kann. Muß aber. Oder zumindest: Es muß eine Ahnung davon vermittelt werden, daß es noch eine Ebene gibt, die mehr sagt, als daß ein Mann mit einem Flugzeug sich in ein Sumpfgebiet begibt, dort eine Bombe unter dem Schreibtisch des Tyrannen zündet und eilig wieder zurückfliegt. Diese Ebene wäre beispielsweise dadurch zu bezeichnen gewesen, daß der Zuschauer in dem Augenblick, als Stauffenbergs Maschine noch in der Luft ist, ahnen könnte, daß der Putsch bereits verloren ist, weil das Führerhauptquartier die Nachrichtenverbindungen wieder in Betrieb genommen hat.
Oder die ewigen, aus allen Stauffenberg-Filmen bekannten Befehle, Schreibmaschinen, Fernschreiberszenen am Nachmittag des 20. Juli: Dergleichen wirkt in Baiers Film enorm betriebsam, fast effizient und jedenfalls durchdacht. Doch noch die ersten Filme über den 20. Juli wußten, was in der heutigen Rezeptionsphase vergessen scheint: daß nämlich gerade diese Büro-Hysterie ein Zeichen der Ineffizienz und des Chaos war. Nicht nur lief alles zu langsam, weil die Verschwörer die behäbigen Geheimfernschreiber benutzten. Auch befand sich das Führerhauptquartier selbst auf der Verteilerliste der "Walküre"-Befehle und gab unablässig Gegenbefehle. Ein paar Hinweise auf dieses Debakel hätten genügt. Ebenso wie der einzig funktionierende Widerstandsakt, nämlich in Paris, wo sogar zeitweise die SS verhaftet wurde, in einem Film über Stauffenberg nicht hätte fehlen dürfen. Warum fällt der Name Rommel nicht? Und Ludwig Beck, das moralische Zentrum des Widerstands, bleibt nicht nur dem Zuschauer, sondern auch Stauffenberg in Baiers Film ein Rätsel, denn von der Autorität dieses Mannes ist nichts zu spüren.
Produkt des deutschen Bildungsromans
Schließlich Stauffenberg. Es ist ja alles richtig in Jo Baiers Film, oder besser: Es ist nichts falsch, und am Ende wird Stauffenberg als empirische Figur vielleicht wirklich so gewesen sein, wenngleich die Szene in Nordafrika, in der Stauffenberg ein Foto Hitlers anklagt, sehr unrealistisch wirkt. Aber wenn es stimmt, daß die Handelnden nicht die Zukunft kennen, die für uns längst Vergangenheit ist, so gilt doch auch, daß uns nur die Menschen wirklich nahekommen, deren Dasein und Geschichte symbolisch ist.
Baier hat auf all das verzichtet. Nur einmal zitiert Stauffenberg jene berühmten zwei Zeilen aus Stefan Georges Gedicht "Der Täter", das er, wie viele seiner Biographen meinen, am Vorabend gelesen hatte. Wer soll verstehen, was damit gemeint ist außer einer bildungsbürgerlichen Assoziation? Wer soll wissen, daß der Attentäter, der den Mut hatte, Hitler zu töten, auch eine literarische Figur war. Rilke sagte schon dem Elfjährigen etwas Zukünftiges voraus, und der Dichter Stefan George, an dessen Totenbett er wachte, schrieb das Gedicht vom Widerchrist, in dem Stauffenberg später den Namen Hitlers lesen sollte.
Stauffenberg war nicht nur Offizier und Attentäter, er war das vielleicht letzte Produkt des deutschen Bildungsromans, sein Ziel womöglich, mit Sicherheit aber sein Ende. Die beiden besten Bücher zum 20. Juli - die großartige Biographie von Peter Hoffmann ("Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Brüder") und das nicht minder grundlegende Werk von Christian Müller ("Stauffenberg. Eine Biographie") - haben bis hin zu den wörtlichen Zitaten das Material für eine solche, die Mehrdeutigkeit und das Symbolische respektierende Darstellung geliefert.
Historisches Interesse
So ist Baier zuzugestehen, daß er keinen pathetischen Film gemacht hat. Historische Assoziationen, die den faktischen Tag des 20. Juli übersteigen, ruft er nicht wach, sondern diese schwirren eher wie lästige Mücken durch die Szene. Und dennoch - und damit kein Mißverständnis aufkommt - ist es verdienstvoll, daß die ARD einen solchen Film finanziert und produziert hat. Er wird, wenn die Dinge sich gut stellen, bei vielen Zuschauern ein Interesse wecken können, das angesichts aktueller Remmidemmi-Produktionen heute als verschüttet gelten muß.
Die historischen und historisierenden Filme zum sechzigsten Jahrestag des Hitler-Attentats und zum sechzigjährigen Ende des Zweiten Weltkriegs sind selber von historischem Interesse. Anders als die Filme zuvor sind die Schauspieler und Regisseure nun allesamt Menschen, die nicht einmal mehr die Bombennächte, geschweige den Krieg erlebt haben. In neun Monaten soll die nächste Hitler-Produktion auf Sendung gehen. Das ist, von heute gerechnet, so lang hin, wie Hitler nach dem 20. Juli noch am Leben blieb.
PS: Und da ja Carl Schmitt nun ein sehr bedeutender Jurist resp. Staatsrechtler war, gehe ich davon aus, dass du weißt, wie der sich eine Demokratie vorstellt.
Geändert von kronic (27. Februar 2004 um 22:42 Uhr)
Aha.Lol, typische Juristendefintion von Demokratie. Nach der sind übrigens 60 % der Staaten der Welt Demokratien. Bisschen merkwürdig, nicht? (DAS halte ich für flach)
Die Debatte, was eine Demokratie ist, möchte ich an der Stelle eigentlich eher nicht führen. Ich kann nur sagen, dass die Position, dass Wahlen eine Demokratie definieren, in der Politikwissenschaft heftig umstritten ist.
Darüber hinaus fehlt mir nach wie vor der Hinweis, dass Stauffenberg plötzlich ein Demokrat gewesen ist.
Außerdem neige ich dazu, autoritativ und autoritär nicht synonym zu gebrauchen.
Nun weiß ich aber immer noch nicht, was ich wissen wollte. Worin soll denn Stauffenbergs antidemokratische Haltung gelegen haben?
Deine Rezension ist zwar geschraubt, aber inhaltsleer. Wundert mich ehrlich gesagt nicht, dass dich das begeistert.
Meines Erachtens verwechselt du Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip. Was soll denn bitte Demokratie mehr sein, als die Ausübung der Staatsgewalt durch das Volk, das sich in freien usw. Wahlen artikulieren kann?
Wenn jemand autoritäre Gesinnung hat, wird sich das nur beim Rechtsstaatsprinzip bemerkbar machen können, dessen Gewährleistungsinhalte man stückweise herausbrechen kann. Beim Demokratieprinzip ist es nicht möglich, weil es sich um eine vergleichsweise formale Ja-Nein-Entscheidung handelt.
Was Schmitt betrifft, kenne ich dessen Demokratieverständnis nicht, lasse mich aber gerne von dir belehren.
Meines Wissens war er einer der Juristen, der die Rechtsquellen im Führerprinzip suchte und verankerte. Es würde mich also wundern -sofern wir vom gleichen sprechen-, wenn der Besagte überhaupt ein Demokratieverständnis gehabt hätte.
Sein Demokratieverständnis interessiert mich aber auch nicht, da wir ja eigentlich über den militärischen Widerstand sprachen und nicht über systemkonforme Juristen