[RL] Beeing Imker - Das Leben der Biene

[Ilja]

Sehr interessantes Thema das mittlerweile auch in der Elektronik angekommen ist. Habe schon diverse (Hobby-)Projekte gesehen, auch in live: von der wohl bekannten Bienenstockwaage bis hin zu GPS Modulen bei einem bekannten Imker der immer wieder da Problem hatte das seine Bienenstöcke gestohlen wurden. Ich hatte bis dahin keine Ahnung das das ein Thema sein könnte ...

Ich glaube Big Data bzw. Precission Farming wird in naher Zukunft beim Imkern eine große Rolle spielen. Am etabliertesten ist bisher die Stockwaage mit Datentransfer aufs Handy, ein einfaches und aussagekräftiges Konzept. Meiner Meinung nach ist der nächste Schritt Sensoren im Stock zu etablieren zur Messung des Stockklimas (Wärme, Feuchtigkeit) sowie Bienenaktivität an sich um schwache Königinnen oder sonstige Probleme im Stock zu erkennen.
Gestohlen wurde bei uns zum Glück noch kein Stock, aber ja, das kommt vor.

[Ilja]

Interessant. Was hast du denn für Bienen? Die modernen hochgezüchteten Honigbienen sind ja im Gegensatz zu älterne Arten ja leider eine starke Konkurrenz zu anderen Insekten, die sich von Nektar ernähren (Hummeln, Schmetterlinge etc.).

Wir verwenden als Biene die Buckfast-Biene, das ist an sich die "Profibiene". Dass Bienen allen anderen Insekten den Honig wegnehmen, bei aller Liebe, das glaub ich nicht bzw. ist der Umfang so klein, dass es keine nennenswerten Auswirkungen hat.

[Ilja]

Klingt spannend!

Falls du Honig zu verkaufen hast, mir mir lebt eine begeisterte Abnehmerin.

Wir verkaufen unseren Honig nur an den Großhandel. Kleinmengen verschenke ich an Freunde und nahe Verwandte. Der Einzelverkauf ist zu zeitintensiv und rechnet sich derzeit nicht. Wir machen das derzeit einfach nicht.

[Ilja]

So sieht typischerweise ein Stand aus. Auf 2 Ziegeln liegen 2 Holzbalken auf denen 4-5 Stöcke stehen. Von dieser Anordnung stehen 3-5 nebeneinander sodass 15 - 25 Stöcke an einem Stand sind.

Am Stock ganz rechts erkennt man die 3 Schichten:
1) Ganz unten der braune Boden, ein innen leerer Raum. Manche Imker verwenden einen hohen Boden (wie wir), bei anderen ist der nur wenige Zentimeter.
2) In der Mitte der größte Teil, der Brutraum. Das ist das Herz des Stocks, dort lebt die Königin, welche die Eier legt. Dieser Teil (zusammen mit dem Boden) bleibt das ganze Jahr draußen.
3) Darüber befindet sich ein Honigraum, der Stock wurde "aufgestockt" - um in der Imkersprache zu bleiben. Die 3 Stöcke links sind noch nicht aufgestockt. Der Honigraum ist mit einem Gitter vom Brutraum getrennt, man erkennt das am Bild an dem gelben Streifen an der Seite des Stocks. Das Gitter hat den Zweck die Königin unten im Brutraum zu halten. Einfache Arbeiterinnen können durch das Gitter durch, Königinnen nicht. Daher findet man in diesem Honigraum später nur Honig und keine Brut. Bei der Honigernte wird der ganze Honigraum mitgenommen und zuhause werden die Rähmchen geschleudert und damit der Honig gewonnen. Die beiden Stöcke rechts waren schon weiter in der Entwicklung (= Anzahl der Bienen im Stock) und daher wurden diese beiden Stöcke schon aufgestockt. Die 3 Stöcke links kommen in 1-2 Wochen dran.
Oben ist noch ein Deckel drauf.


Und hier ein Blick in den Brutraum:

Was sieht man?
a) Schwarz gekennzeichnet ganz links ist die Futtertasche. Wenn die Bienen gefüttert werden, kommt das Futter in die Futtertasche. Gefüttert werden Bienen mit Zuckerwasser oder Futterteig. Am Bild erkennt man eine weiße Masse in der Futtertasche, das ist Futterteig. Futterteig schmeckt wie Marzipan und wird von Südzucker hergestellt.
b) Die beiden rot markierten Teile sind Schiede. Das Brutnest mit der Königin befindet sich zwischen den Schieden. Die Wärmeregulierung ist mit das wichtigste im Stock. Die Schiede haben die Funktion den Brutbereich zu begrenzen. Ist der Brutbereich zu groß (=zu wenige Bienen sind vorhanden), können die Bienen diesen nicht gut genug erwärmen. Ist der Brutbereich zu klein, so kann das die Schwärmfreudigkeit unterschtützen.
c) Die nicht markierten Rähmchen sind alles Bruträhmchen, Brut selbst befindet sich nur auf den Rähmchen zwischen den Schieden, auf den beiden Rähmchen links, zwischen Futtertasche und linkem Schied befindet sich keine Brut. Die Königin geht da einfach nicht rüber. Auf Bruträhmchen befindet sich nich ausschließlich Brut, sondern auch Honig. Sobald auch nur eine einzige Zelle bebrütet ist, nennt man es Bruträhmchen. Auf den beiden Rähmchen links befindet sich ausschließlich Honig.
d) Links ist freier Platz, daher erkennt man links oben die Holzleiste auf der die Rähmchen liegen. Die Rähmchen liegen frei und durch die weißen Umfassungen am Ende ("Abstandhalter") wird der richtige Abstand zwischen den Rähmchen garantiert. Die Schiede haben keine Abstandhalter drauf, damit wir diese sofort erkennen können. Da die Rähmchen frei liegen, können sie leicht hin und her geschoben werden. Wenn ich später mal ein Rähmchen rechts einsetzen will, so kann ich einfach alle Rähmchen nach links schieben. Es gibt andere Systeme, bei denen man jedes einzelne Rähmchen umhängen muss. Das System, das wir verwenden nennt sich Dadant, aber dazu später mehr. Standardisierung und einfache Handhabung ist ganz wichtig!
Der silberne Deckel ist eine biegsame, wärmedämmende Folie mit 3 mm Dicke.

[E-Feld]

Wow, danke für den detaillierten Einblick. Sehr interessant!

[Tim Twain]

10 Jahre im Civforum registriert, 10 Jahre meines Lebens sinnvoll investiert! Am 10 Jahrstag meiner Registrierung wurde diese Story eröffnet. Da muss ich rekapitulieren.

Am Anfang (Alpha) war das Wort oder der Gedanke? Oder doch die Idee? Nein! Am Anfang war Topas Hatshepsut-Story https://www.civforum.de/showthread.p...ght=Hatshepsut . Durch diese Story habe ich ansatzweise die Spieltiefe von Civ 4 verstanden. Civ 1 - 3 hab ich auch gespielt, bei Civ 4 bin ich hängen geblieben. Civ 5 hab ich nie probiert, Civ 6 nur angespielt. Topas Hatshepsut Story ist der Grund warum ich heute noch immer Civ 4 spiele

Und das bisherige Omega ist die PB Story mit Washington. https://www.civforum.de/showthread.p...-mit-Per%FCcke welche abgebrochen wurde ... JP, mir grauts vor dir! Das hat zur außergewöhnlichsten Siegerbestimmung geführt, die es jemand gegeben hat. Die Spieler und Leser wählten einen Sieger der Herzen per Poll - steht der Sieger schon fest und wurde der schon proklamiert?

Unsere schöne Romstory wird einfach unterschlagen

[klops]

Oh, jetzt gibts auch Text zu den Bildern gestern
Danke für die Einblicke!

zwei Fragen:
Brutrahmen werden generell nicht geschleudert/geleert oder doch?

Was genau machst du mit dem Meißel? Wachsdeckel von den Waben schaben? Sind die Rahmen so verklebt und unbeweglich, dass man da mechanisch "rabiat" ran muß?

[Ilja]

Unsere schöne Romstory wird einfach unterschlagen

Ich hab nur das Alpha und das Omega angeführt, die Römerstory war mittendrin.

[Ilja]

Oh, jetzt gibts auch Text zu den Bildern gestern
Danke für die Einblicke!

zwei Fragen:
Brutrahmen werden generell nicht geschleudert/geleert oder doch?

Was genau machst du mit dem Meißel? Wachsdeckel von den Waben schaben? Sind die Rahmen so verklebt und unbeweglich, dass man da mechanisch "rabiat" ran muß?

Brutrahmen werden nur in Ausnahmefällen geschleudert, wenn der Stock wirklich total im Futter schwimmt. Mein Vater macht das manchmal, ich mag das nicht.

Ja, rabiat - aber mit Gefühl. Der Meißel wird für die Arbeiten im Stock benötigt. Bienen verkleben alles mit Wachs und Propolis. Daher lassen sich die Rähmchen oft nicht bewegen. Um diese locker zu kriegen brauch ich den Meißel. Entweder quetsche ich das silberne Ende zwischen die Abstandhalterungen oder ich verwende ihn zum rausheben indem ich den Meißel unter den Hozrahmen ansetze und das Rähmchen rausheble. Mit bloßen Fingern geht das natürlich auch, ich habe aber immer die klobigen Imkerhanschuhe an.

[Ilja]

Auf dem Brutkasten befinden sich normaleweise noch eine Plastikfolie, die silberne Wärmeschutzfolie sowie 2 Faserplatten. Auf den Faserplatten liegt dann der Deckel aus Blech.

Ich bin damit nicht ganz zufrieden. Die Plastikfolie führt dazu, dass sich manchmal Kondenswasser an der Decke bildet. Geb ich aber die Plastikfolie weg, dann geht die Feuchtigkeit in die Faserplatten und diese verlieren dadurch ihre Dämmfunktion. Verwende ich anderes Material, das zB kein Wasser aufnimmt und trotzdem dämmt (Styropor), dann bleibt halt die Feuchtigkeit im Stock. Ich muss mal schauen, ob es da bessere Lösungen gibt.

Hier mal ein Größenvergleich zwischen Brutraumrähmchen (links) und Honigraumrähmchen (rechts). Bruträume sind einfach größer als Honigräume.


Schaut man auf das Bruträhmchen mal genauer, erkennt man unten blau umrandet die unausgebaute Wabe. So werden die Rähmchen beim ersten Mal in den Stock gehängt. Die Bienen bauen die Rähmchen mit der Zeit aus und setzen Wände darauf, was man im ganzen anderen Bereich erkennt, leicht wellenförmig. Nach dem Ausbau beginnen die Bienen Honig einzutragen. Links oben, blau umrandet, gibt es noch einen kleinen Bereich, in dem die Bienen bereits Honig eingetragen haben. Der ist verdeckelt. Wenn ich da den Finger reinstecke und in den Mund stecke schmecke ich Honig und Wachs.

[Mongke Khan]

Wie oft wurdest du schon gestochen?

[Ilja]

Wie oft wurdest du schon gestochen?

Unzählige Male schon. Ich spüre die Stiche zwar immer noch, es ist halt ein kleiner Schmerz. Blöd ist immer nur, wenn Bienen unter den Kopfschleier kommen.

[E-Feld]

Könnte man - theoretisch - auch ohne Anzug arbeiten und darauf setzen die Bienen nur genug zu beruhigen/betäuben? Oder werden Bienen so oder so aggressiv wenn du an "deren" Bau gehst.

[Ilja]

Könnte man - theoretisch - auch ohne Anzug arbeiten und darauf setzen die Bienen nur genug zu beruhigen/betäuben? Oder werden Bienen so oder so aggressiv wenn du an "deren" Bau gehst.

Es gibt tatsächlich Imker die sagen: Ich behandle meine Bienen so gut, die stechen mich gar nicht. Konsequenterweise arbeiten diese Imker dann ohne Schutz. Das ist natürlich übertrieben. Imker werden immer gestochen. Was stimmt ist, die Stechfreudigkeit hängt vom Wetter, der Uhrzeit und tatsächlich auch wie sanft man im Stock arbeitet ab. Es gibt den Begriff Jägerlatein, bei Imkern sagt man: fragst du 3 Imker hast du 4 Meinungen.

Also um auf die Frage zurückzukommen, wenn man sich viel Zeit lässt und viel Erfahrung hat, bei einer kleinen Anzahl an Stöcken, dann kann ich mir vorstellen, dass es möglich ist ohne Anzug zu arbeiten. Ich sehe halt nicht ein, warum ich mich stechen lassen soll und ziehe mir deshalb den Anzug an.

[Admiral G]

Sehr interessant.