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Thema: Hast du die Bibel je selbst gelesen?

  1. #4411
    Zurück im Norden
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    Wie gesagt, es spricht eigentlich nichts dafür, dass hier eine leibliche Schwester gemeint ist. Wenn Jesus nach der Auferstehung am Ufer des Sees erscheint und fragt "Meine Kinder, habt Ihr nicht etwas zu essen?", dann ist das ja auch kein Hinweis darauf, dass die Apostel alle leiblich von ihm abstammten.

  2. #4412
    Wolf im Krokodilpelz Avatar von Mongke Khan
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    Lass uns doch unseren Pennälerspaß, Jon - ich bin eh noch nicht 30 und hätte das Hohelied gar nicht lesen dürfen

    Aber Jesaja, das darf ich wohl lesen. Gehen wir es also an:

    Jesaja 1
    Achtung Spoiler:
    1 (Dies ist) die Offenbarung, die Jesaja, der Sohn des Amoz, über Juda und (besonders) Jerusalem geschaut hat in den Tagen der judäischen Könige Ussia, Jotham, Ahas und Hiskia.
    2 Höret, ihr Himmel, und horche auf, o Erde! Denn der HERR redet: »Söhne habe ich großgezogen und zu Ehren gebracht, doch sie sind mir untreu geworden!
    3 Ein Rind kennt seinen Besitzer und ein Esel die Krippe seines Herrn; aber Israel hat keine Erkenntnis, mein Volk ist ohne Einsicht!«
    4 Wehe dem sündigen Geschlecht, dem schuldbeladenen Volk, der Brut von Missetätern, den entarteten Söhnen! Den HERRN haben sie verlassen, den Heiligen Israels verworfen, sich zur Abkehr von ihm gewandt!
    5 Auf welche Stelle soll man euch noch schlagen, da ihr ja doch im Abfall verharret? Das ganze Haupt ist krank und das ganze Herz siech;
    6 von der Fußsohle bis zum Scheitel ist nichts Unversehrtes mehr an ihm: nur Wunden und Striemen und frische Schläge, die nicht ausgedrückt und nicht verbunden, noch mit Öl erweicht sind.
    7 Euer Land ist zu einer Wüste geworden: eure Städte sind mit Feuer verbrannt, euer Ackerland – Fremde verzehren seinen Ertrag vor euren Augen; ja, eine Wüstenei ist (alles), wie einst bei der Zerstörung Sodoms;
    8 und übriggeblieben ist die Tochter Zion wie eine Hütte im Weinberg, wie ein Wächterhäuschen im Gurkenfeld, wie ein eingeschlossener Wachtturm.
    9 Hätte der HERR der Heerscharen von uns nicht eben noch einen Rest übriggelassen: schier wie Sodom wären wir geworden und hätten gleiches Schicksal mit Gomorrha gehabt!
    10 Höret das Wort des HERRN, ihr Sodomsfürsten! Merk auf die Weisung unsres Gottes, du Gomorrhavolk!
    11 »Wozu soll mir die Menge eurer Schlachtopfer dienen?« fragt der HERR; »überdrüssig bin ich der Brandopfer von Widdern und des Fettes der Mastkälber, und am Blut von Jungstieren, Lämmern und Böcken habe ich kein Wohlgefallen.
    12 Wenn ihr kommt, um vor meinem Angesicht euch sehen zu lassen – wer hat das von euch verlangt, meine Vorhöfe zu zertreten?
    13 Bringt mir keine heuchlerischen Speisopfer mehr dar: greuelhafter Opferrauch sind sie mir! Neumonde und Sabbate, die Berufung von Festversammlungen: ich kann Gottlosigkeit im Verein mit Festgepränge nicht ertragen!
    14 Eure Neumonde und Festzeiten sind meinem Herzen verhaßt, sie sind mir zur Last geworden, und bin’s müde, sie zu ertragen!
    15 Und wenn ihr eure Hände ausbreitet (beim Gebet), verhülle ich meine Augen vor euch; auch wenn ihr noch soviel betet, höre ich doch nicht darauf: eure Hände sind ja voll Blutschuld.
    16 Wascht euch, reinigt euch, schafft eure bösen Taten mir aus den Augen! Hört auf, Böses zu tun,
    17 lernt Gutes tun, kümmert euch um die Rechtspflege, tretet den Gewalttätigen entgegen, schafft den Waisen Recht und führt die Sache der Witwen!«
    18 »So kommt denn her, wir wollen miteinander rechten!« spricht der HERR. »Wenn eure Sünden auch rot wie Scharlach sind, sollen sie doch weiß werden wie Schnee; und sind sie auch rot wie Purpur, sollen sie doch weiß wie Wolle werden.
    19 Wenn ihr willig und gehorsam seid, sollt ihr die köstlichen Gaben des Landes genießen;
    20 doch wenn ihr euch weigert und widerspenstig seid, sollt ihr vom Schwert gefressen werden; denn der Mund des HERRN hat gesprochen!«
    21 Ach wie ist doch die (einstmals) treue Stadt zur Ehebrecherin geworden, Zion, das (vordem) voll von Rechtspflege war! Die Gerechtigkeit hatte eine Wohnstätte in ihr, jetzt aber Mörder!
    22 Dein Silber ist zu Schlacken geworden, dein edler Wein mit Wasser verschnitten.
    23 Deine Oberen sind Aufrührer geworden und Diebsgesellen; sie sind alle in Geschenke verliebt und laufen hinter Bestechung her; den Waisen schaffen sie nicht Recht, und die Sache der Witwen gelangt nicht vor sie.
    24 Darum lautet der Ausspruch des Höchsten, der HERRN der Heerscharen, des starken Helden Israels: »Ha! Ich will meinen Zorn an meinen Widersachern kühlen und Rache an meinen Feinden nehmen!
    25 Ich will meine Hand gegen dich kehren und deine Schlacken wie mit Laugensalz ausschmelzen und all dein unedles Metall ausscheiden,
    26 und will dir wieder Richter schaffen wie in der Vorzeit und Ratgeber wie zu Anfang: danach wird man dich nennen ›die Burg der Gerechtigkeit, die treue Stadt‹.«
    27 Zion wird durch Gericht erlöst werden, aber die sich in ihm Bekehrenden durch Gerechtigkeit.
    28 Und zwar wird Vernichtung die Abtrünnigen und Sünder allesamt treffen, und die vom HERRN Abgefallenen werden umkommen!
    29 Ja, ihr sollt zuschanden werden wegen der Terebinthen, die eure Lust sind, und vor Scham erröten wegen der Gärten, die ihr so gern habt!
    30 Denn ihr sollt werden wie eine Terebinthe, deren Laub verwelkt, und einem Garten gleichen, der kein Wasser hat!
    31 Und sogar der Mächtige soll zu (dürrem) Werg werden und sein Werk zum (zündenden) Funken, und sie sollen beide zusammen verbrennen, ohne daß jemand löschen kann!


    Bemerkungen/ Gedanken:

    • Am Anfang wird uns erstmal das mitgeteilt, was Kantel schon schrub. Dementsprechend müsste die Situation im damaligen Südisrael noch "gut" gewesen sein.
    • Trotzdem wiegen die Vorwürfe in den Versen 2-6 schwer:
      • Die Israeliten seien untreu geworden
      • Die Israeliten sind ohne Einsicht (mit einem Parallelismus, der die Menschen den Simator gegenüberstellt)
      • Die Israeliten haben sich von Gott abgewandt
      • Und zwar von "Fuß bis Kopf" (V. 6), was ich deuten würde als "allesamt"

    • Mir gefällt die Beschreibungen in V. 7f. Vor allem das "Wächterhäuschen im Gurkenfeld". Vom Hohelied kommend amüsiert mich der "Weinberg [im] Gurkenfeld" besonders
    • Mit Blick auf den letzten Halbsatz von V. 9 scheint Gott aber trotz all der Verfehlungen noch nicht mit den Juden gebrochen zu haben und macht ihnen in V. 18 auch ein Gesprächsangebot.
    • Vers 10-15 sind spannend: die Israeliten werden so beschrieben, dass sie sich zwar noch fromm verhalten (zumindest erinnere ich mich vage daran, wie in den Mosebüchern(?) so ein Geschiss um die richtigen Opfergaben etc. gemacht wurde), aber Gott will davon nichts wissen. V. 16f erklärt, warum; Gutes zu tun ist ihm offenbar mehr wert, als die Formalitäten zu waren.
    • Das wirkt auf mich recht "modern"
    • In Vers 18 ist ein doppelter Parallelismus rot -> weiß.
    • Bei "Mund des Herrn" musste ich hieran denken:
    • Das "Ach" in V. 21 leitet laut Schwabenbibel eine (die?) Totenklage ein. Die folgenden Verse erscheinen (zusammen mit der Personifikation) dadurch umso dramatischer, weil es nicht eine Stadt oder Politik ist, die zugrunde geht, sondern eine ehemals geliebte Person, die "stirbt" bzw. verkommt
    • "Silber zu Schlacke"
    • Was hat Gott gegen Schorle? (V. 22)
    • Sind mit den "Richtern wie in der Vorzeit" (V. 26) die gemeint, die wir schon kennen (und unter denen es dem Land zunehmen schlechter ging)?
    • Den Vergleich mit Bäumen (Terebinthen) und Gärten (V. 29) versteh ich nicht so ganz. Soll das an eine Art heidnische Naturkult erinneren? So keltisch-schamanisch-mäßig?
    Zitat Zitat von Ghaldak Beitrag anzeigen
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  3. #4413
    Wolf im Krokodilpelz Avatar von Mongke Khan
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    Für alle, welche das Hohelied so nachhaltig beeindruckt hat, wie mich () gibt es hier (https://www.civforum.de/showthread.p...=1#post9176606) noch eine nicht ganz ernst gemeinte, musikalische Interpretation des Ganzen
    Zitat Zitat von Ghaldak Beitrag anzeigen
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  4. #4414
    Wolf im Krokodilpelz Avatar von Mongke Khan
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    Jesaja 2
    Achtung Spoiler:
    1 (Dies ist) die Offenbarung, die Jesaja, der Sohn des Amoz, über Juda und (besonders) Jerusalem geschaut hat.
    2 In der Endzeit wird es geschehen, daß der Tempelberg des HERRN festgegründet dasteht an der Spitze der Berge und über die (anderen) Höhen erhaben; dann werden alle Heidenvölker zu ihm strömen
    3 und zahlreiche Völkerschaften hinwallen und sagen: »Kommt, laßt uns zum Berge des HERRN hinaufziehen, zum Hause des Gottes Jakobs, damit er uns über seine Wege belehre und wir auf seinen Pfaden wandeln!« Denn von Zion wird Belehrung ausgehen und das Wort des HERRN von Jerusalem.
    4 Dann wird er zwischen den Völkern richten und vielen Völkerschaften Recht sprechen; und sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden und ihre Lanzenspitzen zu Winzermessern; kein Volk wird noch gegen ein anderes Volk das Schwert erheben, und sie werden sich hinfort nicht mehr auf den Krieg einüben.
    5 Haus Jakobs, auf! Laßt uns wandeln im Licht des HERRN!
    6 Denn du hast dein Volk, das Haus Jakob, verworfen; denn sie sind voll geworden vom Unwesen des Morgenlandes, sind Zeichendeuter wie die Philister und gehen mit den Kindern des Auslands Hand in Hand.
    7 Ihr Land hat sich mit Silber und Gold angefüllt, so daß ihrer Schätze kein Ende ist, und ihr Land ist voll von Rossen geworden, so daß ihrer Kriegswagen kein Ende ist;
    8 ihr Land ist aber auch voll von Götzen geworden: vor dem Machwerk ihrer Hände werfen sie sich nieder, vor dem Gebilde ihrer Finger!
    9 So hat sich denn der Mensch erniedrigt und auch die Männerwelt sich entehrt: du wirst es ihnen nicht vergeben.
    10 Verkrieche dich in die Felsklüfte und verbirg dich in der Erde vor dem Schreckensanblick des HERRN und vor dem Glanz seiner Erhabenheit!
    11 Die hoffärtigen Augen der Menschen werden gesenkt werden und der Hochmut der Männer gebeugt; und der HERR allein wird hocherhaben dastehen an jenem Tage.
    12 Denn einen Gerichtstag wird der HERR der Heerscharen halten gegen alles Hohe und Stolze und gegen alles Erhabene, damit es erniedrigt werde:
    13 sowohl gegen alle Zedern des Libanons, die hohen und ragenden, und gegen alle Eichen der Basanebene
    14 als auch gegen alle hohen Berge und alle ragenden Hügel,
    15 sowohl gegen jeden hohen Turm und jede steile Mauer
    16 als auch gegen alle Tharsisschiffe und alle kostbaren Schaustücke.
    17 Da wird dann der Stolz der Menschen gebeugt sein und der Hochmut der Männer gedemütigt, und der HERR allein wird hocherhaben dastehen an jenem Tage.
    18 Mit den Götzen aber wird es ganz vorbei sein;
    19 denn sie werden sich in Felshöhlen und Erdlöcher verkriechen vor dem Schreckensanblick des HERRN und vor dem Glanz seiner Erhabenheit, wenn er sich erhebt, um die Erde zu erschrecken.
    20 An jenem Tage werden die Menschen ihre silbernen und goldenen Götzen, die sie sich ein jeder zur Anbetung gemacht haben, den Ratten und Fledermäusen hinwerfen,
    21 um selbst sich in die Felsspalten und Steinklüfte zu verkriechen vor dem Schreckensanblick des HERRN und vor dem Glanz seiner Erhabenheit, wenn er sich erhebt, um die Erde zu erschrecken. –
    22 Sagt euch doch los vom Menschen, in dessen Nase nur ein Hauch ist! Denn als was ist der zu achten?


    Bemerkungen/ Gedanken:

    • Dieser Teil von Jesajas Prophezeiung klingt deutlich freundlicher als noch im 1. Kapitel und zeichnet ein sehr ansprechendes Bild. Also, außer für die "Heidenvölker", aber dass das nicht zwangsläufig Nicht-Juden meint, sondern nicht integre Menschen hatten wir ja schon ein paar Mal in der Story (auch wenn in Vers 6 die Morgenländer, Philister und Ausländer genannt werden...)
    • "Schwerter zu Pflugscharen!" Das bringe ich nur mit der DDR in Verbindung, wusste nicht, dass das aus der Bibel stammt. Dabei war die DDR doch recht explizit gegen Kirche...? "Lanzenspitze zu Winzermesser" find ich fast noch besser, aber ist wohl nicht so griffig
    • Durch den Parallelismus in Vers 7 und 8 werden Reichtum, Krieg und Götzendienst in einem "Zustand" zusammengefasst
    • Das "Sich-Erniedrigen" des Menschen (V. 9) lässt mich an die Marx'sche Entfremdung denken.
    • In Vers 11 bis 16 wird stark mit dem Kontrast von Höhe gearbeitet. Die Augen werden "gesenkt", der "Hochmut gebeugt", nur der Herr allein ist "hocherhaben". Das Beugen wird gewissermaßen auch im Text vollzogen. Und dann werden verschiedene hohe Dinge aufgezählt, wobei ich die Reihenfolge etwas antiklimaktisch finde. Bäume sind ja eher kleiner als Berge, welche wieder größer sind als Türme, Mauern und Schiffsmasten. Der "Stolz" in Vers 17 tritt da gar nicht recht hervor
    • Die goldenen Götzen lassen mich an den goldenen Götzenstier denken
    Zitat Zitat von Ghaldak Beitrag anzeigen
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  5. #4415
    Infrarot Avatar von Der Kantelberg
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    Yeah, es geht los mit Jesaja. Eines meiner Lieblingsbücher. 66 schöne Kapitel.

    Die Verse Von Jes 1,2 bis 2,5 kann man als Einleitung, Zusammenfassung oder Überblick betrachten. Wie 2 Spuren einer Straße stellen sie Jesajas Botschaft vor: Einerseits ist das Volk Gottes sehr weit weg von Gottes Geboten und Gott wird es richten. Andererseits wird eine glorreiche Zukunft in Aussicht gestellt.


    Einiges Bemerkenswertes:

    1,9: Hier kommt zum Ersten Mal das Konzept des "Überrests" vor. Das ist die Vorstellung, dass Gott sein Volk straft, aber es nicht gänzlich vernichtet, sondern einen Rest überleben lässt und aus den Gefahren rettet. Jesaja wird noch öfter davon sprechen.
    1,10: Jesaja bezeichnet die Einwohner Jerusalems und die Regierung(!) als Einwohner Sodoms und Gomorrhas.
    1,11-17: Hier begegnet uns zum ersten Mal die Kultkritik. Amos ist der erste der damit anfängt. Weitere greifen dies auf. Es geht darum, dass die Israeliten die Gebote Gottes am Arsch vorbeigehen, sie aber immer schön weiter in den Tempel gehen und so tun als wäre Gott voll auf ihrer Seite. Ist im Grunde genau das, was viele Menschen heute (teilweise zu Recht) der Kirche und den Christen vorwerfen und hat ne Menge mit der Heuchelei der Gläubigen zu tun.
    1,11: Da ist zum ersten Mal der Gerichtstag. Er wird auch oft "Tag des Herrn" genannt. Auch er taucht bei Amos das erste Mal auf. Hier beginnt die Vorstellung davon, was wir bis heute im Christentum mit dem "Jüngsten Gericht" bezeichnen.
    2,21: "Wie ist zur Hure geworden die treue Stadt". Menge übersetzt Ehebrecherin, das nimmt die Schärfe der Formulierung raus. Die Bewohner Jerusalems werden in der Bibel häufig mit einer Frau verglichen. Je nachdem, wie die Menschen sich verhalten, wird diese Frau "Tocher", "Mutter", "Jungfrau" oder eben "Hure" oder "Ehebrecherin" genannt. Die Verwendung dieses Bildes zieht sich durch bis ins Neue Testament.
    2,2-4: Hier kommt das Konzept, dass alle Völker zum "Berg Gottes" gehen und er dort Gerechtigkeit verschafft. Auch das wird noch öfter auftauchen. Hier wird die Vorstellung weiterentwickelt, die bei Abraham begonnen hat, dem in Genesis gesagt wurde: "In dir werden gesegnet sein alle Nationen". Und der Segen sieht in Jesajas Vorstellung so aus: Gott ist ein gerechter Richter, er bewirkt Gerechtigkeit und alle Nationen kommen zu ihm auf seinen Berg und er sorgt dafür, dass überall Friede ist. Genau dieses Thema verwenden wir öfter beim wöchentlichen Friedensgebet anlässlich des Ukrainekrieges.


    Nachtrag zu dem warum Jesaja komplex ist:
    Prophetenbücher sind nicht chronologisch! Dies ist nicht der Anfang von Jesajas Botschaft, sondern das was er am Ende seines Wirkens an den Anfang stellen will. Oder was die spätere Redaktion am Anfang des Buches stehen haben will. Auch im späteren Verlauf ist das Buch nicht chronologisch. Die Texte sind nicht nach zeitlicher Abfolge geordnet, sondern haben eine andere Gliederung. Was für eine das genau ist, ist eben auch Gegenstand theologischer Diskussion. Die Hebräer gliedern ihre Inhalte häufig nicht nach logischen Punkten nacheinander, sondern nutzen oft chiastische Strukturen oder auch Rahmungen. Da uns heute diese oft ungeläufig sind, werden sie vom Bibelleser meist übersehen. Wir erwarten eine zeitliche Abfolge oder wenigstens, dass die Punkte nacheinander abgearbeitet werden. So schreiben die Autoren der Bibel aber grade häufig nicht. Und insbesondere die Propheten nicht. Und unter ihnen vor allem Jesaja nicht.
    Die Macht des Verstandes ... sie wird auch im Fluge dich tragen - Otto Lilienthal

    Schweinepriester: Ihr habt euch alle eine Fazialpalmierung verdient.


  6. #4416
    Frühstücksbonze Avatar von Gullix
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    Zitat Zitat von Mongke Khan Beitrag anzeigen
    • Die Israeliten sind ohne Einsicht (mit einem Parallelismus, der die Menschen den Simator gegenüberstellt)
    Emoticon: simato
    Mit Naturgesetzen kann man nicht verhandeln. --Harald Lesch

    Ein Atomkrieg würde die Menschheit auslöschen. Hätte aber auch Nachteile.

  7. #4417
    Zurück im Norden
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    Zitat Zitat von Mongke Khan Beitrag anzeigen
    Lass uns doch unseren Pennälerspaß, Jon - ich bin eh noch nicht 30 und hätte das Hohelied gar nicht lesen dürfen


    Ich hatte aber tatsächlich angenommen, dass die Bezeichnung teilweise missverstanden wurde. Es war im Alten Israel - und vielleicht auch in anderen altorientalischen Kulturen - offenbar nicht unüblich, Menschen situationsabhängig als Bruder oder Schwester zu bezeichnen, ohne damit Verwandtschaft ausdrücken zu wollen. Das ist bei uns außerhalb religiöser Gemeinschaften eigentlich eher unüblich, zumindest fällt mir gerade kein Beispiel ein.

  8. #4418
    Infrarot Avatar von Der Kantelberg
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    Die ganzen Kinder auf der Straße und Youtuber machen das doch auch, Brudi....
    Die Macht des Verstandes ... sie wird auch im Fluge dich tragen - Otto Lilienthal

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  9. #4419
    Zurück im Norden
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    Zitat Zitat von Der Kantelberg Beitrag anzeigen
    Nachtrag zu dem warum Jesaja komplex ist:
    Prophetenbücher sind nicht chronologisch! Dies ist nicht der Anfang von Jesajas Botschaft, sondern das was er am Ende seines Wirkens an den Anfang stellen will. Oder was die spätere Redaktion am Anfang des Buches stehen haben will. Auch im späteren Verlauf ist das Buch nicht chronologisch. Die Texte sind nicht nach zeitlicher Abfolge geordnet, sondern haben eine andere Gliederung. Was für eine das genau ist, ist eben auch Gegenstand theologischer Diskussion.


    Gerade bei Jesaja wird das auch dadurch deutlich, dass er später noch eine Art Berufungsvision berichtet. Man kann ja schon vermuten, dass diese zu Beginn seines öffentlichen Auftretens stattfand. Vielleicht gilt das auch für prophetische Texte insgesamt, denn die Johannesoffenbarung ist wohl ähnlich aufgebaut, also ohne chronologische Reihenfolge der Visionen und Mahnreden.

  10. #4420
    Wolf im Krokodilpelz Avatar von Mongke Khan
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    https://www.bibleserver.com/LUT.ELB.MENG.EU/Jesaja3

    Jesaja 3
    Achtung Spoiler:
    1 Denn wisset wohl: der Höchste, der HERR der Heerscharen, wird aus Jerusalem und (ganz) Juda so Stab wie Stütze hinwegnehmen, jegliche Stütze des Brotes und jegliche Stütze des Wassers:
    2 die Helden und Kriegsleute, die Richter und Propheten, die Wahrsager und Ältesten,
    3 die Hauptleute und hochangesehenen Männer und Ratsherren, die Meister in Künsten und die Zauberkundigen.
    4 Und »ich will ihnen Knaben zu Oberen geben, und Buben sollen über sie herrschen«;
    5 und die Leute werden sich gegenseitig vergewaltigen, einer den andern, ein jeder seinen Nächsten: der Knabe wird gegen den Alten und der Lump gegen den Ehrenwerten frech auftreten.
    6 Wenn dann jemand seinen Bruder in seines Vaters Hause ungestüm nötigt (mit den Worten): »Du hast noch ein Obergewand, du mußt unser Richter sein, und dieser Trümmerhaufe hier soll unter deiner Herrschaft stehen!«,
    7 so wird jener an demselben Tage bestimmt erklären: »Nein, ich will nicht Wundarzt sein! Auch ist in meinem Hause weder Brot noch ein Obergewand: ihr könnt mich nicht zum Oberhaupt des Volkes machen!«
    8 Denn Jerusalem stürzt zu Boden, und Juda kommt zu Fall, weil ihre Zunge und ihr ganzes Tun gegen den HERRN gerichtet sind, um seinen hehren Augen zu trotzen.
    9 Der freche Ausdruck ihres Angesichts legt Zeugnis gegen sie ab, und von ihren Sünden reden sie ohne Hehl wie einst die Leute in Sodom. Wehe ihnen! Denn sich selbst schaffen sie Unheil.
    10 Sagt vom Gerechten, daß er wohl daran sei; denn er wird den Lohn seiner Taten ernten.
    11 Wehe dem Gottlosen: er ist übel daran! Denn was seine Hände verübt haben, wird ihm vergolten werden.
    12 O über mein Volk! Seine Zwingherren sind Buben, und Weiber haben es beherrscht. O mein Volk! Deine Leiter sind Irreführer und haben den Weg ungangbar gemacht, den du gehen sollst.
    13 Der HERR tritt auf, um Anklage zu erheben, und steht da, um Völker zu richten.
    14 Der HERR geht ins Gericht mit den Ältesten seines Volkes und dessen Oberen: »Ihr da, ihr habt den Weinberg abgeweidet! Das den Armen geraubte Gut ist in euren Häusern!
    15 Wie kommt ihr dazu, mein Volk zu zertreten und das Antlitz der Unterdrückten erbarmungslos zu zermalmen?« – so lautet der Ausspruch Gottes, des HERRN der Heerscharen.
    16 Weiter hat der HERR gesprochen: »Weil die Töchter Zions hoffärtig geworden sind und mit hochgerecktem Halse einhergehen und freche Blicke um sich werfen, immer tänzelnd einherschreiten und an ihren Füßen die Fußspangen klirren lassen,
    17 so wird der Allherr den Scheitel der Töchter Zions kahl (eig. grindig) machen und der HERR ihre Scham entblößen.
    18 An jenem Tage wird der Herr ihnen den ganzen Prunk abreißen: die Fußspangen, Stirnreife und Halbmonde,
    19 die Ohrgehänge, Armketten und Schleier,
    20 die Kopftücher, Schrittkettchen und Prachtgürtel, die Duftfläschchen und Amulette,
    21 die Fingerringe und Nasenreife,
    22 die Prunkkleider und Mäntel, die Umschlagetücher und Täschchen,
    23 die Handspiegel und feinen Hemdchen, die Hüte und Überwürfe.
    24 Alsdann wird statt des Balsamdufts Modergeruch eintreten und statt des Gürtels ein Strick, statt des Lockengekräusels eine Glatze und statt des weiten Prachtgewandes ein enger Kittel von Sackleinen, ein Brandmal statt der Schönheit!
    25 Deine Mannen werden durchs Schwert fallen und deine Helden im Kriege,
    26 und ihre Tore werden ächzen und trauern, und entvölkert wird sie auf dem Erdboden sitzen.


    Bemerkungen/ Gedanken:

    • Nett, wie das Hinwegnehmen der Stütze mit "Brot und Wasser" in Verbindung gebracht wird. Das sind ja die grundlegendsten Dinge, die man als Mensch brauch und sprichwörtlich auch Gefangenen zugestanden werden.
    • Bei der angedrohten Vernichtung bleibt wirklich keiner verschont (V. 2ff).
    • Ziemlich hart finde ich die Formulierung "Die Leute werden sich gegenseitig vergewaltigen". Das übersetzen die anderen Bücher etwas weniger brutal mit "jeder bedrängt den anderen".
    • Was diesen Umbruch bzw. den Untergang Jerusalems und Judas (V. 8) darüber hinaus markiert:
      • Unerfahrene Anführer (V. 4)
      • Aufbegehren der Jungen gegen die Alten (V. 5)
      • Erstarken der "Lumpen" (Verachteten, Geringen; ich würde mal sagen: Verbrecher, Kriminelle, sowas (V. 5)
      • Keiner will Führung und Verantwortung übernehmen (V. 6)
      • "Raubbau" an der Umwelt (V. 14)
      • Die Armen verarmen weiter (V. 14)
      • Zur Schau Stellen von Reichtümern (V. 16ff)

    • Man könnte ob dieser horrorskopischen Formulierungen das Ganze auf die aktuelle Zeit beziehen
    • Es fällt, wenig überraschend, in dem Kontext noch einmal der Vergleich mit Sodom (V. 9)
    • Mir fällt auch, dass die Übersetzungen in der Wortwahl sich teilweise stark unterscheiden. Ohne da auf alles einzugehen ergeben sich manchmal so komische Formulierungen wie "Deine Leiter sind Irreführer" (Menge, V. 12), was bei Elberfelder z.B. wesentlich eleganter mit "deine Führer sind Verführer" übersetzt wird
    • In Vers 14 taucht wieder das Gottesgericht auf, recht direkt: "Der Herr geht ins Gericht"
    • "grindig" in Vers 17 hab ich ja noch nie gehört. "Schmutzig und mit Grind bedeckt", also schorfig
    • Die beschriebene Transformation von der reich gekleideten "Prinzessin" zur Bettlerin in Vers 17 - 24 finde ich sehr gelungen
    Zitat Zitat von Ghaldak Beitrag anzeigen
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  11. #4421
    Vulvarine Avatar von Tohuwabohu
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    Schulbezirk in Utah verbietet die Bibel an Grund- und Mittelschulen wegen anstößiger Inhalte. Nur noch ab High School zugelassen. Die spinnen, die Amis.

    https://www.spiegel.de/panorama/bild...9-76c027578496

  12. #4422
    Megas, megas, megas Avatar von Trismegistos
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    Bei dem:

    Dieser Trümmerhaufe hier soll unter deiner Herrschaft stehen!
    malte ich mir ja richtig Szenen der postapokalyptischen Science Fiction aus, wo sich zerlumpte Banden in den Ruinen der großen Städte bekriegen...

  13. #4423
    Wolf im Krokodilpelz Avatar von Mongke Khan
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    Jesaja 4
    1 An jenem Tage werden sieben Frauen sich an einen Mann klammern und ausrufen: »Unser eigenes Brot wollen wir essen und uns in unsere eigenen Gewänder kleiden; nur laß uns deinen Namen führen: mache unserer Schande ein Ende!«
    2 An jenem Tage wird das Gesproß des HERRN für die, welche in Israel (dem Untergang) entronnen sind, eine Zierde und Ehre und die Frucht der Erde ein Stolz und Ruhm sein.
    3 Wer dann in Zion noch übriggeblieben und in Jerusalem mit dem Leben davongekommen ist, wird heilig genannt werden: ein jeder, der in Jerusalem zum Leben eingeschrieben ist.
    4 Wenn der Allherr den Schmutz der Töchter Zions abgewaschen und die vielfache Blutschuld Jerusalems aus dessen Mitte hinweggespült hat durch den Geist des Gerichts und durch den Geist der Läuterung,
    5 dann wird der HERR über der ganzen Stätte des Berges Zion und über den Festversammlungen dort eine Wolke bei Tage mit Rauch schaffen und lichten Feuerschein bei Nacht; denn über allem wird die Herrlichkeit des HERRN ein Schutz und Schirm sein
    6 und wird zur Beschattung bei Tage vor der Sonnenglut dienen und als Zuflucht und Obdach vor Unwetter und vor Regen

    Bemerkungen/ Gedanken:

    • Sind die sieben Frauen in Vers 1 von der Zahlensymbolik her besonders, oder soll das einfach zeigen, dass ein Haufen Männer sterben? Wie im Krieg "üblich"?
    • Die, welche die große "Säuberung" Jerusalems überleben, werden "heilig" sein und denen wird es (so lese ich zumindest Vers 4ff) ganz gut gehen. Rauchsäule bei Tag und Feuersäule bei Nacht erinnern mich an Gottes Führung der Israeliten in der Wüste
    Zitat Zitat von Ghaldak Beitrag anzeigen
    Wären die Beiträge der Admins alles, was zählt, dann wäre dieses Forum eine Geisterstadt mit Adventskalender.

  14. #4424
    Infrarot Avatar von Der Kantelberg
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    Vers 1 gehört inhaltlich noch zu Kapitel 3. Ein schönes Beispiel dafür, wie manchmal die Kapiteleinteilung den Kontext auseinanderreißt. Die 7 Frauen haben, denke ich, haben keine besondere Bedeutung. Es soll tatsächlich nur darstellen, wie im Krieg alle Männer sterben.
    Die Macht des Verstandes ... sie wird auch im Fluge dich tragen - Otto Lilienthal

    Schweinepriester: Ihr habt euch alle eine Fazialpalmierung verdient.


  15. #4425
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