5:21 hängt bei meiner Oma an der Wand: "Der Weg eines jeden liegt offen vor den Augen des Herrn, er achtet auf alle seine Pfade."
5:21 hängt bei meiner Oma an der Wand: "Der Weg eines jeden liegt offen vor den Augen des Herrn, er achtet auf alle seine Pfade."
Sprüche 7
Achtung Spoiler:
Bemerkungen/ Gedanken:
- Na endlich, mit "Hüten wie den eigenen Augapfel" (V. 2) haben wir endlich mal nen modernen "Spruch" (Redewendung), die von den Sprüchen kommt (sofern ich keine übersehen hab bisher)
- Tafel des Herzens hatte Trismegistos ja nochmal erklärt, gab es da mit den Fingern auch was? Dass man sich Knoten um die bindet (wie ein Knoten im Taschentuch)?
- Einmal mehr die Warnung vor Fremdgehen (V. 5 und dann die Geschichte). Ich beginne aus der Logik der Bibel heraus zu verstehen, warum Scheidungen in der kath. Kirche so ein Drama sind (im eigenen Umfeld erlebt ) und finde es weiterhin dämlich
- Im Vergleich zu den bisherigen Mahnungen ist die ab Vers 7 (bis Vers 24) skizzierte Erzählung eines Jünglings, der sich von ner verheirateten Frau um den Finger wickeln lässt, sehr konkret und bildlich. Der Abschnitt hat ausnahmsweise mal "Spaß" gemacht, zu lesen (womit ich nur meine, dass es sich eher wie eine Geschichte las, als wir eine Weisheit). Hätte auch irgendeine griechische Sage sein können über eine Medusen-Gestalt
- Dabei sind auch ein paar schöne Formulierungen:
- "Ihre Füße halten's in ihrem Hause nicht aus"
- Die Beschreibung des fürs hergerichteten Bettes - da bekommt man glatt selbst Lust
- "betört folgte er ihr wie ein Stier, der zur Schlachtung geht, und wie ein Hirsch, der ins Netz rennt"
- Schön auch die Auflösung, dass "ihr Haus [...] den Eingang zur Unterwelt" bildet. Nur bei dem Ermorden bin ich nicht sicher, ob das jetzt im übertragenen Sinne zu verstehen ist (und noch auf das Töten von Stier, Hirsch und Vogel verweist) oder - wörtlich
Sprüche 8
Achtung Spoiler:
Bemerkungen/ Gedanken:
- Oh, der Sohn wird diesmal gar nicht angesprochen.
- Und der Stil mit der personifizierten Weisheit/ Einsicht, die eben noch Freundin und Schwester waren, die zu den Männern spricht, hat auch sowas "Griechisches".
- Wer so oft wie in Vers 6ff darauf hinweisen muss, dass seine Reden die Wahrheit sind - kann man dem überhaupt glauben?
- Die "Korallen" sind in EU und Luther "Perlen". In der Vulgata heißt es: "melior est enim sapientia cunctis pretiosissimis et omne desiderabile ei non potest conparari" (frei übersetzt: denn besser ist die Weisheit als alle 'höchsten Preise' (ich glaub, pretiossisimis ist substantivierter Superlativ von pretium: Prei, Wert, Geld, Lohn) und alles Begehrenswerte kann man nicht mit ihr vergleichen). Ich mag den Gedanken, dass jeder Übersetzer zu seiner Zeit da eingefügt hat, was ihm am kostbarsten erscheint
- Vers 12 ist mal wieder ein nettes Beispiel, wie generell jede Übersetzung andere Worte wählt (ich geh da nicht immer drauf ein, sonst würd ich nie fertig werden ):
- Luther: Weisheit wohnt bei der Klugheit (also WG)
- Elberfeld: Weisheit ist Nachbarin der Klugheit
- Menge: Weisheit steht im Bunde mit Klugheit
- EU: Weisheit verweilt bei Klugheit
- Vulgata: "habito in consilio" = habe als Berater (ist ein feststehender Ausdruck)
- Je nachdem, welche Übersetzung man nimmt, ergibt sich eine auf subtile Weise unterschiedliche Art der Distanz zwischen beiden.
- Hoffart in Vers 13 hab ich ja noch nie gehört Bedeutet so viel wie "übersteigerter Stolz, überheblicher Hochmut, Dünkel"
- Die Weisheit inszeniert sich ja förmlich als göttlich (im Bezug auf das, was die Bibel sonst so über den HERRN verraten hat bislang) - nennt ihn aber immerhin in Vers 13 und dann nochmal in Vers 22, also sie wird vom HERRN eingeklammert:
- Kann mit Rat und Tat zur Seite stehen
- Ermöglicht Königen, Herrschern und Richtern, gut zu regieren und richten
- Bietet Reichtum, Ehre, Wohlstand, Gerechtigkeit
- "Ich liebe, die mich lieben, und wer mich eifrig sucht, der findet mich." - Was ein schöner Wandtattoo-Spruch (V. 17) Mit dem passenden und als Antithese verpackten Gegenstück in Vers 36: "Alle, die mich hassen, lieben den Tod"
- Vers 23 ist ja mal mega spannend: Die Weisheit ist also das erste Schöpfungszeugnis. Ich hab mal von Diskussionen darüber gelesen, was das denn sei (weil wohl das "Licht", das Gott - nach Schaffung von Himmel und Erde auch anders übersetzt werden könne). Möglich, dass Vers 23 die Antwort darauf ist: die Weisheit?
- Wobei Vers 24ff mich direkt stutzig macht: Am Anfang waren ja Urmeer und Erde, kam die Weisheit denn dann noch vorher? Dann wurde in Genesis gelogen - und sie kann nicht das "Licht" sein!
- Vers 30 wirft auch Fragen auf, weil er höchst unterschiedlich übersetzt wurde:
- Luther: sie war "beständig" bei Gott
- Elberfelder: als Schoßkind
- Menge: als Künstlerin (gefällt mir besonders gut)
- EU: als geliebtes Kind
- Gott war also nicht allein und die Weisheit ist irgendwas zwischen verspieltem Kleinkind (Vers 31) und vertrauter "Künstlerin".
- Ihr merkt es an der Länge meiner Bemerkungen, das beschäftigt mich jetzt doch. Ist das eher so ein Prequel, das die Vorgeschichte zurechtbiegt, um Sinn zu machen? Oder werden hier die Vorzeichen gedreht: Gott hat erst die Weisheit erschaffen, damit er genug Weisheit besitzen kann, die Welt zu formen, die dann als Spielplatz für die Weisheit dient?
Kapitel 7 ist auch so ein Teerohr-Kapitel. Jedenfalls hab ich an diesen Text denken müssen, als im Dating-Faden seine Mindy-Geschichte akutell war. Alle Welt hat versucht es ihm auszureden, aber er wollte unbedingt. Und 2 Jahre später im Rückblick war es die beschissenste Entscheidung seines Lebens.
Du hast ja auch schon oft geschrieben, dass dir dieses moralisieren in der Bibel in Bezug auf Ehebruch auf den Sack geht. Aber wenn man sich in der Welt umschaut: Wer findet eine Scheidung denn toll? Das ist Armutsrisiko Nr.1. Man macht sowas ja nur, weils in der Beziehung noch beschissener ist.
Und dieses Auseinanderbrechen der Beziehung war damals noch gravierender. Da steht die Existenz auf dem Spiel. Eine Frau ohne Mann hat niemand, der sie vor Gericht vertritt, kein festes Einkommen, kein Land. Ihr Kinder auch nicht. Und der Ehebrecher provoziert, dass es mehr davon gibt. Außerdem steht er in Gefahr, dass der Betrogene kommt und ihn tötet. Deswegen sind die Mahnungen hier so hart, vermute ich. Man muss es dem 17-jährigen eintrichtern, dass er sich auf keinen Fall aus jugendlichem Leichtsinn und Geilheit mit der sexuell frustrierten 32-jährigen Ehefrau des Nachbarn einlässt, die mal auf ein Abenteuer aus ist, denn damit stürzt er in dieser Kultur 2 ganze Großfamilien ins Unglück.
Zur personifizierten Weisheit aus Kapitel 8:
Ich bin vor einiger Zeit über diesen Text gestolpert, er ist nicht leicht auszulegen. Ich kann deine Gedanken nachvollziehen. Vielleicht deuten ihn einige auch auf Christus, den Logos aus Johannes 1, der vor Erschaffung der Welt da war.
Die Macht des Verstandes ... sie wird auch im Fluge dich tragen - Otto Lilienthal
Schweinepriester: Ihr habt euch alle eine Fazialpalmierung verdient.
Später spielte die personifizierte Weisheit (griechisch Sophia) bei den Gnostikern ja eine große Rolle, die sie quasi als Untergottheit/ Erweiterung der Dreieinigkeit / weiblicher Aspekt Gottes betrachteten (Im Einzelnen unterschiedlich je nach Untergruppe, Gnostiker ist ja ein grober Sammelbegriff). Könnte mir vorstellen, das dieser Text zu dieser Auslegung beigetragen hat.
Hoffart ist ein tolles Wort. Man kann es als "Art und Weise, wie man genau hofft" deuten, oder wenn ein Bewohner einer bestimmten Stadt in Bayern einen fahren lässt.
Mit Naturgesetzen kann man nicht verhandeln. --Harald Lesch
Ein Atomkrieg würde die Menschheit auslöschen. Hätte aber auch Nachteile.
Oder eine Art, auf die man hofft. So nach dem Motto "Ich hoffe auf einen Hund" oder so.
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Was ist jetzt mit Frau Weisheit und Frau Dummheit?
Die Macht des Verstandes ... sie wird auch im Fluge dich tragen - Otto Lilienthal
Schweinepriester: Ihr habt euch alle eine Fazialpalmierung verdient.
Huch, die letzten 2 Wochen waren echt vollbepackt. Bis Montag kein freier Abend und dann krank. Aber eine der Begegnungen hat mir das "Stuttgarter Altes Testament - Einheitsübersetzung mit Kommentar und Lexikon" beschert. Da steht zumindest bei dem so irritierenden Psalm 8:
"Das Verb in 8,22 ist kein geläufiges Schöpfungsverb, bedeutet häufiger "erwerben" und soll im Kontext von 8,23-26 ein von der Welterschaffung unterschiedenes Hervorbringen bezeichnen, das eine enge Bindung herstellt"
Demnach müsste man das weniger so lesen, dass Gott die Weisheit wie den Menschen geformt hat, sondern durch das Schaffen selbst erlangt ist und die Weisheit ein Teil "Göttlichkeit" ist, die zu erstreben dann im übrigen Bibel-Kontext wieder Sinn macht. Vielleicht wie ne Schwangere, bei der man am Anfang und von außen auch irgendwie nicht genau sagen kann, was davon Mutter und was davon Kind ist
Aktuelle Storys:
[Satisfactory] noch mehr Pionierarbeit
[TES III] Die dunkle Lady läuft
Age of Empire 2 - Es geht weiter pausiert
[EVE] Die Agenten des Cosmos beendet
Ältere Storys:
input -> output -> alles put
Seid ihr da immer noch konsequent dran? Wow, chapeau!
Ich hatte mich zu Beginn mal eingelesen, es dann aber recht schnell aufgegeben. Konnte in der Bibel noch nie mehr als ein einzelnes Kapitel oder wenns hoch kommt mal ein Buch komplett lesen. Aber die ganze Bibel von A-Z? uh...
Stuttgart erleuchtet MK!
my love, I cannot tell you how thankful I am for our little infinity. I wouldn't trade it for the world. You gave me a forever within the numbered days, and I'm grateful.”
Weiter gehts!
Sprüche 9
Achtung Spoiler:
Bemerkungen/ Gedanken:
- Oh, die Referenz aus Vers 1 kenn ich: Das ist der Titel von Lawrence von Arabiens Bericht über den Aufstand gegen das Osmanische Reich. Sabaton bildet
- Na wenn die Weisheit die Einfältigen (im Sinn von "(noch) unverständig") zum Mahl lädt, sagt man nicht nein
- Vers 8 ist gut. Den sollte ich mir vielleicht ans Fenster schreiben
- Interessant, dass in Vers 13 die Torheit nun auch als Frau (und "leidenschaftliches Geschöpf") personifiziert wird, die wie die Weisheit in einem Haus wohnt und Leute auf die gleiche Weise einlädt. Für Außenstehende sind beide dadurch wohl nur schwer voneinander zu unterscheiden, aber die Torheit bietet gestohlene Speisen, während die Weisheit selbst gekocht hat ("den Wein mischt")
- Könnte ich mir auch gut als kleines Lehrstück oder Parabel vorstellen: ein Mann wird von zwei Frauen eingeladen, aber die eine hat nicht selbst gekocht etc.
Laute Menge kommt jetzt die "zweite Sammlung" von Sprüchen Salomos
Sprüche 10
Achtung Spoiler:
Bemerkungen/ Gedanken:
- Na also, so hab ich mir "Sprüche" vor dem Lesen vorgestellt: ne Sammlung von Sprichwörtern
- Ich werd die nicht alle en detail durchgehen, v.a., da das so weitergeht. Stattdessen picke ich mir die raus, die mir besonders gut (oder schlecht) gefallen. Fühlt euch aufgerufen, es mir gleich zu tun!
- Den "Sohn" werden wird aber noch nicht gleich los (V. 1)
- Auffällig ist, dass die meisten dieser Sprüche antithetisch aufgebaut sind: "Das X1 des Gottesfürchtigen ist geil, aber das X2 des Gottlosen ist scheiße". Dabei weerden einzelne Wendungen 1:1 wiederholt (Bsp. V. 6 und 11 oder 8 und 10).
- Meist sind die Sinnbilder aus der Erfahrungswelt der damaligen Leute (z.B. V. 5, Landwirtschaft). Viel hat auch mit Körperteilen, insb. dem Mund/ Reden zu tun
- Die Formulierung "mit lässiger Hand" in V. 4 mag ich. Wird wohl sowas wie "nachlässig" meinen, aber ich stell mir die Gestik jetzt besonders "cool" vor.
- Das "Durchschauen" in Vers 9 hab ich mir recht bildlich vorgestellt, nachdem ich hier auf Metaphern eingestellt bin. Witzigerweise wird das bei Elberfelder mit "muss schwitzen" übersetzt - in meinem Kopf war da ne schwitzende Glasfigur
- Vers 15 hat wieder so was sozialistisches
- Vers 20: "Der Verstand der Gottlosen ist nichts wert"
- Widerspricht V. 22 nicht ein wenig V. 4? Wozu sollte man nicht mit "lässiger Hand" arbeiten, wenn es eh nur auf Gottes Segen ankommt (den man wohl nur bekommt, wenn man fleißig ist, klar, aber dann ist der eigene Lohn wieder auf die eigene Leistung zurückzuführen).
- Vers 26 ist auch großartig Essig für die Zähne
Es gibt Bonuspunkte für das Entdecken des antithetischen Parallelismus.
Das mit diesen Sprichwörtern geht jetzt bis fast zum Ende des Buches, also 20 lange Kapitel. Ich habe auch bisher noch keinen Kontext gefunden, in dem die stehen, es sieht aus, als wären sie einfach ohne Ordnung aufgelistet.
Manche widersprechen sich, natürlich. Die darf man nicht absolut sehen, häufig beleuchten sie einen Sachverhalt von 2 Seiten. Ich greife mal das Beispiel auf:
Woher kommt persönlicher Erfolg im Leben? Von dem, was einem gegeben wird oder von dem, was man sich erarbeitet hat? Und natürlich trägt beides dazu bei. Manchmal ist es wichtig, das eine zu betonen: "Bilde dir bloß nichts auf deine Leistung ein, deinen Reichtum hast du doch ererbt." oder: "Sei dankbar, für alles, was dir gegeben wurde." Manchmal muss man die andere Seite betonen: "Wenn du dich nur auf deinem Erbe ausruhst, kommst du zu nichts." oder: "Du darfst nicht alles nur von Gott erwarten, du musst auch selbst etwas tun." - Wenn man beide Aspekte verabsolutiert, erhält man einen Widerspruch. Aber zusammen können sie zu einem guten Mix aus Dankbarkeit und Schaffenkraft führen.
Man sieht hier auch wieder schön, was das AT unter "Gottlosen" versteht. Der Gegensatz zu ihnen ist "Der Gerechte". Der Gottlose ist also nicht unbedingt ein Atheist, sondern er zeichnet sich dadurch aus, dass er ungerecht handelt. Und ich denke das ist etwas, womit sich auch der moderne Leser identifizieren kann - bzw. grade nicht identifizieren kann, denn ungerecht handelnde Menschen werden über alle Religionsgrenzen hinweg abgelehnt.
Und man sollte bei allen diesen Weisheitssprüchen immer im Hinterkopf haben: Es sind halt Sprichwörter, die immer den Zusammenhang herstellen: Tue Gutes, dann passiert dir Gutes. Tue Böses und du landest in der Scheiße. Sie sind eben für den jugendlichen Mann gedacht. Dass das Leben nicht immer so einfach ist, haben wir ja schon im Buch Hiob gesehen und auch in einigen Psalmen und es kommt noch im Buch der Prediger. Diese stellen zum Buch der Sprüche eine Ergänzung dar. Sie beleuchten sozusagen die Seite, die entsteht, wenn das einfache Weltbild des Sprüchebuches nicht mehr funktioniert. Trotzdem sind die Weisheiten aus diesem Buch nicht wertlos, man braucht ja zunächst einen Standard für gutes Verhalten.
Die Macht des Verstandes ... sie wird auch im Fluge dich tragen - Otto Lilienthal
Schweinepriester: Ihr habt euch alle eine Fazialpalmierung verdient.