Das Hexenthema

[Flati]

Hab leider das Heft nicht mehr (da nur aus Bibliothek geliehen) aber ich meine mich zu erinnern das die meisten (tödlichen) Hexenprozese auch aus weltlicher Sicht getrieben waren und weniger aus kirchlicher. Zumal die Anschuldungen auch häufig aus dem direkten Umfeld kamen (Neid, Mißgunst brauchte irgendeinen Sündenbock Kind gestorben etc.).
Gibt da auch aus kirchlicher Sicht den Unterschied Häretiker und Hexe.
Wurde ja auch von Jon Snow hier schon in etwa wieder gegeben wie ich das gelesen habe.

Da stand auch das die Wasserprobe selbst meist auch nicht tödlich war, weil sie schon versucht haben die wieder (lebend) raus zuziehen. Die dabei ertrunken sind war dann eher ein Unfall bei der Durchführung. Auch das lebendig verbrennen war eher unüblich, meist waren die schon vorher einderweitig "gestorben worden". Selbst die Scheiterhaufen waren mit der Zeit zu teuer um einzeln Hexen zu verbrenne und hat zu viel Holz benötigt.

[tobyps]

Lag das beim Verbrennen nicht nur daran, dass man in der Regel schon am Rauch erstickt bevor das Feuer tatsächlich dran kommt?

Ich meine mal sowas in die Richtung gelesen zu haben..

[Des Pudels Kern]

Vielen lieben Dank für deine Mühe, JS Sehr interessant und informativ zu lesen. Schöner Überblick.

Ebenso auch Dank an Empirate und die anderen. Finde das Thema insgesamt sehr interessant und da wohl in der Forschung recht gut aufgearbeitet, kann man darüber schön in einem Forum reden bzw schreiben.

Edit: Gerade auch Luthers Einfluss in diesem Bereich hatte ich auch schon mal gehört. Trotz seines Lebenswerkes komme ich, auch wegen seiner offenen Judenfeindschaft, mehr und mehr zu der Überzeugung, dass er doch eine eher schwierige (Licht-)Gestalt in der deutschen Geschichte darstellt.
Mag sein, dass das auch an seiner häufig eher einfach gehaltenen Ausdrucksweise lag und genau das ihn so populär und bekannt gemacht hat damals, aber trotzdem müsste diese "dunkle" Charakterseite bei ihm stärker akzentuiert werden.

[Empirate]

Luther würde man heute wohl einen Populisten nennen...

[mauz]

Borniertheit war damals vermutlich noch Normzustand - ein Kind seiner Zeit

[Fimi]

Damals? Aus welchem Jahrhundert kommst du denn, dass das heute bei dir nicht so ist?

[mauz]

ich hoffe: aus einem progressiven - ich vefürchte: nicht

,

[Des Pudels Kern]

Borniertheit war damals vermutlich noch Normzustand - ein Kind seiner Zeit

Er vertrat, auch im Kontext der damaligen Zeit, mMn extreme Ansichten, insbesondere wenn man bedenkt, dass er zur "Bildungselite" gehörte.
Seine diesbezüglichen Äußerungen sind mMn überdies widersprüchlich zu seiner Auffassung der "Gottesgnade", da die Bibel der, seiner Meinung nach, entscheidende Wegweiser hierzu ist, diese aber keine Anhaltspunkte zur Anwendung von Gewalt bietet... im Gegenteil.
Aber ich bin da kein Experte und evtl hat er das irgendwie hingebogen.

[mauz]

vielleicht war Borniertheit auch nur ein Zeichen Luthers

[Jon Snow]

Es kommt vermutlich darauf an, worüber man genau urteilen möchte. Zweifellos waren Luthers Ansichten zu physikalischen Gegebenheiten (etwa zur Möglichkeit, Magie zu wirken) und zu moralischen Fragen diejenigen seiner Zeit. Es ist aber wahrscheinlich nicht sinnvoll, ihn deshalb "borniert" zu nennen, sofern man nicht ein Pauschalurteil über alle Menschen der Vergangenheit sprechen möchte. Auch da Vinci, Kepler oder Galilei waren ja von Dingen überzeugt, die sich nach heutigen Maßstäben als unhaltbar erweisen würden. Außerdem betrifft das natürlich auch uns selbst; sollte der wissenschaftliche Fortschritt weitergehen, werden auch viele unserer Ansichten sich künftig als falsch erweisen.

[mauz]

ich geb dir einfach mal zwei Definitionen von borniert: stur von sich, seiner Meinung und Position überzeugt und alle anderen Standpunkte ignorierend / engstirnig, auf seinen Vorstellungen beharrend und zugleich in ärgerlicher Weise eingebildet. Luther hat sich klug geäußert und Kluges getan, er hat ganz offensichtlich aber auch unreflektierten Mist von sich gegeben; und beides scheinbar mit gleicher Verve verkündet und verteidigt

[Jon Snow]

Genau hier liegt ja das Problem: Du beanspruchst aus deiner Weltsicht heraus die Definitionshoheit darüber, was klug und was "unreflektierter Mist" sein soll, egal, ob das im Rahmen des frühneuzeitlichen Weltbildes Sinn ergibt oder nicht. Das kann man so machen, aber es macht halt deine persönlichen Ansichten zum Angelpunkt der Weltgeschichte. Und natürlich wird man dir dann leicht vorwerfen können, alle anderen Standpunkte zu ignorieren und stur auf deinen Vorstellungen zu beharren.

[mauz]

zunächst schrieb ich: "Ein Kind seiner Zeit", daraus ergibt sich bereits die notwendige Relativierung historischer Aussagen. Diese doch eher trviale Erkenntnis machst du also zum Angelpunkt deiner Argumentation und zwar an einer Stelle, wo ich erstmal nur Luthers Borniertheit zur Diskussion stelle, die er in seinem religiösen Eifer mehr als nur einmal zur Schau getragen hat.

Im Angesicht des Todes steht einer vor dem Tribunal und kann nicht anders, als vogelfrei seine Weltsicht zu verteidigen - und ruft in gleicher Enge von seiner Kanzel, dass die anderen ruhig brennen mögen ... Das Problem ist offensichtlich: es braucht keine lehrerhaften Erleuchtungen zum Thema Pfadabhängigkeit und Selbsterkenntnis, um Borniertheit als solche zu erkennen.

[Jon Snow]

Dann ist es ja gut. Luther war borniert und mauz erklärt uns die Weltgeschichte.

[mauz]

für die Verteidgung der im religiösen Eifer geäußerten Hetze (das ist es, was ich unreflektierten Mist nenne; wie ergibt sich das theologisch betrachtet nochmal genau aus dem neuen Testament?) und die Ausweitung des von mir Gesagten zum Welterklärungsversuch hast dir den redlich verdient:

Vielleicht sollte man Bormann auch einfach nur als tragischen Helden der Historie verstehen, ...