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Thema: Ereignisse und Historien

  1. #1
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    Ereignisse und Historien

    Gesammelt vom gelehrten Magister Talat Yousef von Alexandria (1502-1566)

  2. #2
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    Aus der „Chronik der Khanate Nowgorod und Livland“ (Pskow, frühes 15. Jh.)

    Die Khanate Nowgorod und Livland, welche den Nordwesten des Mongolischen Reiches zur Ostsee hin umfassen, waren in ihrer Geschichte eng miteinander verbunden. Als unter Tohtu Khan nämlich ein mächtiger Angriff auf Osteuropa geführt wurde, hatten sich viele Khane als tapfere Krieger erwiesen, zugleich stand aber zu erwarten, dass viele der unterworfenen Völker bei erster Gelegenheit die Freiheit suchen würden. Da der Großkhan aber nicht überall mit Macht zugegen sein konnte, entschieden Tohtu und sein Nachfolger Kebek, das erworbene Gebiet in vorteilhafter Weise zu gliedern. Polen und das Heilige Römische Reich sollten Tribut entrichten, das Steppenland aber dem Reich angegliedert werden. Dazwischen errichteten die Mongolen mehrere mittelgroße Vasallenreiche, die als Verbündete und Schutzschilde dienen sollten. Darunter waren neben Böhmen und Ungarn auch drei Khanate im Norden: Narwa, Nowgorod und Livland, die im Winter 1289/90 von Kebek Khan an verdiente Verwandte vergeben wurden. Alle drei umfassten sowohl einige wohlhabende Handelsstädte als auch ausreichend freies Land, um Pferde zu züchten und Getreide anzubauen. Dadurch konnten die neuen Reiche jeweils etwa vier oder fünf Minghan aufbieten und zudem eine kleine, aber schlagkräftige Flotte errichten.

    Narwa fiel 1327 nach dem kinderlosen Tod des letzten Herrschers an dessen Cousin, welcher jedoch als Verwandter des Großkhans im ganzen Reich begütert war und durch eine Annahme des Erbes viel mehr verloren als gewonnen hätte. Nächster Anwärter war hernach der Khan von Nowgorod, der damit durch Gottes Segen im Erbgang ein mächtiges Reich gewann, was aber in Livland Ärger und Sorge auslöste. Zudem hatten beide Dynastien eine andere religiöse Prägung, denn die in Nowgorod regierenden Ilguriden hatten bereits vor 1290 das Christentum angenommen, während die Taraschiden aus Livland meist zahlreiche Götter verehrten. Zwar wurden mehrmals Heiratsbündnisse geschlossen, aber eine echte Freundschaft blieb aus. In Vilna fürchtete man, der größere Nachbar könnte zu übermächtig werden, während die Khane Nowgorods meist auf die „bäurischen“ Verwandten aus dem ärmeren Süden herabblickten. 1337 und 1341 drohten sogar regelrechte Kämpfe um einige Wasserquellen, Felder und Viehweiden, was aber aufgrund eines Machtworts Putraq Khans verhindert werden konnte.

    Zwischen 1374 und 1398 herrschten schließlich sogar regelrecht freundschaftliche Bande zwischen beiden damals regierenden Khanen, die im selben Jahr den Thron bestiegen hatten und zudem verschwägert waren. Diese Freundschaft wurde jedoch nicht von allen Adligen und Bürgern gutgeheißen und wich nach dem Tode Akim Khans von Livland auch wieder der altvertrauten Rivalität. Zu Beginn des 15. Jh. drohte während der chaotischen Zeit der ersten livländischen Regentschaft sogar ein neuer Krieg, und diesmal war kein mächtiger Großkhan zur Stelle, um ihn aufzuhalten. Dem klugen Herrscher Nowgorods gelang es jedoch, einen Kompromiss mit dem kleineren Nachbarn zu finden, der erneut mit einer Heiratsverbindung besiegelt wurde. Seit 1413 herrschte nun wieder eine gewisse Harmonie zwischen den Khanen beider Reiche, was aber anders als 1274 allein am klugen, zu diplomatischem Feingefühl neigenden Herrscher Nowgorods lag.

  3. #3
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    Aus der Chronik des Georgios Kallas (1412)

    Viele haben es unternommen, die Ereignisse nachzuerzählen, die zum Ende des bulgarischen Khanates führten. Sie kamen dabei zu höchst unterschiedlichen Deutungen: Einige geben Kamil Khan die Schuld, der in seiner Unerfahrenheit und Unvernunft das Erbe seiner Väter verspielt habe, andere sehen die größere Verantwortung beim Hofadel und der schönen, doch gewissenlosen Mätresse Kubera, wieder andere nennen den Einfluss von Kamils Mutter und ihren persischen Höflingen besonders verderblich. Wenige jedoch haben den Blick auf die Vergangenheit gerichtet, obgleich die Entscheidung von 1402 nicht das Werk eines Tages oder gar einer einzigen Hofpartei war. Vielmehr gelang es den bulgarischen Khanen anders als den böhmischen, ungarischen oder hellenischen niemals, ihr Reich zu stabilisieren und selbst die wichtigsten Entscheidungen zu treffen. Stattdessen wurden sie immer wieder von Adelsgruppen zu Maßnahmen genötigt, die sich höchst schädlich auswirkten. Dazu kam, dass viele der Khane keinen starken Willen zu besitzen schienen und auch nicht in die Fußstapfen ihrer Vorgänger traten. So gab es auch in religiöser Hinsicht immer wieder Verwerfungen, und was ein katholischer Khan den mildtätigen Orden stiftete, entzog ihnen sein heidnischer Nachfolger wieder, während dessen Maßnahmen wiederum vom muslimischen Kronprinzen rückgängig gemacht wurde.

    So schwankte das Reich hin und her, und ein Herrscher nach dem anderen schloss zahlreiche Bündnisse und löste sie wieder auf, baute Straßen und ließ sie verfallen, gründete Städte, die doch nie bewohnt wurden, förderte einmal die eine, einmal die andere Glaubensrichtung und baute einmal auf die eine, einmal auf die andere Adelsfraktion. Am ärgsten trieb es Kamils Großvater Sagun, der nicht nur dreimal den Glauben wechselte, sondern in seinen vier Jahrzehnten als Herrscher sechs verschiedene Städte als Residenzen auszubauen begann und am Ende gar in einem Zelt lebte, ohne dass er auch nur eine davon vollendet hätte – und dies, obwohl das Khanat 1318 sogar die alte, beim Wittelsbacheraufstand treulose Kaiserstadt Konstantinopel gewonnen hatte […].

    Elf Khane beherrschten das Reich in den 114 Jahren seines Bestehens, und die Gelehrten, die sich mit dem Thema vertraut gemacht haben, pflegen dessen Geschichte in vier Epochen einzuteilen. Zwischen 1290 und 1318 erfolgte der Aufbau des Khanates, das damals noch auf den südlichen Balkan beschränkt war. In den darauffolgenden Jahren versuchten die Khane, die griechischsprachigen Gebiete, die zuvor zur Republik Byzanz gehört haben, in ihr Reich zu integrieren, was jedoch weitgehend erfolglos blieb. Die drei Herrscher, welche von 1336 bis 1391 regierten, galten zwar als grillenhaft und eigenwillig – der berühmte Sagun wurde ja bereits erwähnt – konnten das Khanat jedoch trotz allem unangefochten regieren, was wohl auch mit der Macht des Großkhans zu tun hatte. In den letzten 13 Jahren jedoch prägten Machtkämpfe und Intrigen die Politik des Reiches, und als 1398 der unerfahrene Kamil den Thron bestieg, war kaum mehr etwas zu retten. Vier Jahre später dränge die „persische Partei“ das Khanat in den Aufruhr gegen den Großkhan und das Mongolische Reich und damit in den Untergang […].

  4. #4
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    Die Berber (von Khamil Ibn Chaldun, Hofgelehrter und Bibliothekar aus Alexandria)


    Die Berber, die im 8. Jh. eine führende Rolle im nordafrikanischen Islam übernommen hatten und denen sogar die Eroberung der iberischen Halbinsel zuzuschreiben war, waren bereits im Frühen Mittelalter der bestimmende Faktor im Sahararaum. Diese Position wurde noch beträchtlich gestärkt, als zwischen 1245 und 1294 Vorderasien, der östliche Mittelmeerraum und sogar Ägypten von den Mongolen unterworfen wurden. Viele Muslime flohen nun in die letzten islamischen Regionen der Mittelmeerwelt.

    Zugleich waren dort relativ mächtige Staatswesen und Stammeskoalitionen entstanden. Die berberische Dynastie der Meriniden hatte sich im Westen Nordafrikas mit Hilfe arabischer und mongolischer Söldner eine eigene, starke Machtbasis erworben und ein stabiles Reich in Marokko geschaffen. 1270 nahm der damalige Emir Muhammad IV. den Kalifentitel an, der aber zunächst nur in Nordafrika eine Rolle spielte, bis die Eroberung Ägyptens den Anspruch der Mameluken aufhob. Um den Handelshafen Tunis herum entwickelte sich ein weiteres Zentrum berberischer Macht, das allerdings weit heterogener blieb und auf zahlreichen Bündnissen freier Stämme beruhte. Im östlichen Sahararaum sicherten die Berber ihre Unabhängigkeit 1294 durch ein Bündnis mit dem Großkhan, der mit ihrer Hilfe die Mamelikenkalifen von zwei Seiten angreifen konnte. Dazu bildeten sie ebenfalls eine – allerdings sehr heterogene – Stammeskoalition.

    Im 14. Jh. gelang den Berbern ein weiterer Ausbau ihrer Macht. Während die Meriniden im Westen zahlreiche Stämme als Vasallen in ihren Lehnsverband aufnahmen, blieb Tunis noch von dauernden Bündniswechseln geprägt. Die freien Stämme schlossen dagegen Verträge mit den umliegenden Reichen und expandierten auch in die Südsahara hinein, um den dortigen Handel unter ihre Kontrolle zu bekommen.

    Selbstbewusstsein und Wohlstand der Berber wuchsen so beträchtlich. Im Westen rief Kalif Tafzin II. das Kalifat von Cordoba und Marrakesch aus, um seinen Titel an zwei klangvolle Namen zu binden, auch wenn die Dynastie weiterhin in Fez residierte. Außerdem begann er mit dem Ausbau der merinidischen Machtposition im westlichen Mittelmeerraum und in Spanien, was bis 1348 in der Eroberung fast der ganzen iberischen Halbinsel gipfelte. Im Süden und Südwesten der Sahara spielten berberische Söldner eine immer bedeutsamere Rolle in den Machtkämpfen der lokalen Reiche und verdienten daran sehr gut. Außerdem half das Interesse der zahlungskräftigen malinesischen und kanemesischen Kleinstaaten dabei, die kampfeswillige Jugend (bei den Berbern nahmen viele noch unverheiratete Frauen an den Kriegszügen teil) zu beschäftigen. Der Handel durch die Sahara trug zum Reichtum der Stämme bei, und dem Emir von Tunis gelang es 1337, sein Amt erblich zu machen und den Einfluss der Stammesscheichs zu begrenzen.

    Im „langen 14. Jh. Nordafrikas“ zwischen 1294 und 1406 gab es für die freien Stämme daher kaum Gründe, die drei mächtigsten Staaten der Region (das Khanat Ägypten, das Kalifat von Cordoba und Marrakesch und das Emirat Tunis) herauszufordern, zumal alle drei Reiche gute Handelsbeziehungen zueinander und zu den Berbern unterhielten. Bis auf kleine Räubereien kam es deshalb nicht zu Kämpfen im Norden der Sahara, obgleich die Stämme weiterhin ein kriegerisches Ethos beibehielten.

    Im Süden, wo die Berber als Söldner und Händler immer mehr Macht gewannen, kam es zwischen 1400 und 1406 schließlich zu einem Bündnis der kanemesischen Reiche gegen die zunehmend als Bedrohung wahrgenommenen Wüstensöhne. In mehreren Schlachten wurden diese zurückgedrängt und letztlich aus der Region vertrieben. Sie kehrten daraufhin größtenteils zu ihren heimatlichen Stämmen und Sippen zurück, welche aber auf einen derartigen Ansturm kampfeswilliger, junger Menschen nicht vorbereitet waren.

    1406 endete deshalb die relativ friedliche, vom Handel geprägte Epoche des „langen 14. Jh.“ und es kam vermehrt zu Konflikten. Zuerst versuchten einige der aus dem Süden geflohenen Kämpfer, im malinesischen Raum Fuß zu fassen, wurden aber 1411/12 von den gemeinsam operierenden Truppen des Kalifen und der lokalen Emire zurückgedrängt, zumal die Stämme, die sich dem Emir von Tunis verpflichtet fühlten, von diesem an jeder Unterstützung ihrer Bundesgenossen gehindert wurden.

    Die Spannungen innerhalb vieler Stämme verschärften sich so weiter, und immer mehr junge Männer und Frauen schlossen sich den meist um 1320 entstandenen familienübergreifenden Kampfbünden an – auch, um sich der Autorität der älteren Generation zu entziehen. Die Kampfbünde waren ursprünglich gegründet worden, um junge Kämpfer auf den Dienst als Söldner vorzubereiten und die eigenen Forderungen gegenüber den Kleinkönigen mit Nachdruck vertreten zu können.

    Viele Scheichs unterstützen die Kampfbünde, weil sie damit Spannungen abbauen konnten und wegen des seit der Jahrhundertmitte sehr streng beachteten Exogamiegebotes ohnehin dafür Sorge zu tragen hatten, dass jüngere Männer und Frauen Mitglieder anderer Familien kennen lernten.

    Die Kampfbünde schlossen sich seit 1406 zunehmend zu stammesübergreifenden, regional oft dominanten Koalitionen zusammen. Der Islam, der schon im ganzen 14. Jh. eine wichtige Rolle gespielt hatte, wurde für die Kampfbünde nun zu einem gemeinschaftsstiftenden und den Alltag prägenden Ideal, und der Kalif entwickelte sich gerade im Osten der Sahara (also dort, wo man den wenigsten Kontakt mit seinen Untertanen hatte) zu einer Symbolfigur für das rechte, gottgefällige Leben.

    1415 wurde dann die Beleidigung des Kalifen durch den ägyptischen Khan unter den Berbern rasch bekannt, zumal auch alle möglichen (teils völlig absurden) Versionen kursierten, die nicht selten von regelrechten Mordanschlägen oder wüsten Beschimpfungen von Angesicht zu Angesicht handelten, obwohl Mehmed Khan und Muhammad VIII. sich erst Jahre später erstmals persönlich begegneten.

    Viele der jungen Frauen und Männer aus den Kampfbünden beschlossen nun, die Ehre des Kalifen wiederherzustellen und den ägyptischen Khan für seine Worte zu bestrafen. Zudem lockten die Schätze des reichen Niltals und besonders der glanzvollen Metropole Alexandria, die im ganzen Mittelmeerraum als Symbol des Reichtums und der Macht galt. Die meisten Stammesführer waren froh, die jungen Menschen erst einmal beschäftigt zu wissen, viele versuchten aber auch, weitere Beitritte zu den Kampfbünden zu verhindern. Damit waren sie anfangs recht erfolgreich, denn die Furcht vor der Macht Ägyptens war groß. Nur die sehr eng mit den Kampfbünden vernetzten Stämme unterstützten die Plünderungen des Jahres 1415 von Beginn an.

    Nach der Niederlage der in großen Verbänden operierenden Reiter im Sommer 1415 setzte sich das Konzept kleinerer, mobiler Plündertrupps schließlich durch, das vor allem von der jungen Kriegerin Nesreens vertreten worden war. Nesreen war bereits mit 14 Jahren zu einem der Bünde aus der (damals noch sehr locker vernetzten) Kufra-Koalition gestoßen und dort zu einer Art Sprecherin der jüngeren Mitglieder aufgestiegen.

    Die Plünderungen sorgten jedoch bald für die befürchtete, harte ägyptische Reaktion: Mehr als 6000 Reiter aus dem Niltal und Arabien stießen 1416 auf die Oasen Al-Bahariyya, Zerzura und Siwa vor und eroberten die ersten beiden trotz des Widerstandes der Stämme und der Kampfbünde, die erstmals Seite an Seite kämpften. Mehrere Stammesoberhäupter aus Al-Bahariyya und Zerzura boten dem Khan an, jeden Angriff aus ihren Reihen auf Ägypten zu verhindern, doch im Überschwang der ersten Siege verlangte der Herrscher von ihnen die Unterwerfung und dauerhafte Heeresfolge. Daraufhin flohen auch die kompromissbereiten Stämme aus den besetzten Oasen und halfen später bei deren Rückeroberung mit. Da die Ägypter und Araber ihre Truppen nun über fast 500 Meilen verteilen mussten, gelang es den Kampfbünden und Stämmen schließlich im Mai, die beiden Oasen zurückzugewinnen. Im Sommer griffen sie nun die ägyptischen Nilhäfen und Kornspeicher an, um Beute zu machen und den Reichtum Ägyptens zu schmälern. Mehmed Khan ließ seine Alchemisten daraufhin demonstrieren, dass sie imstande waren, Wasser zu verunreinigen. Auf eine Vergiftung der Oasen verzichtete er aber schließlich.

    Die Berber erwarteten nun für das kommende Jahr einen noch stärkeren ägyptischen Angriff und schlossen sich deshalb zu einer relativ großen Koalition zusammen, die unter der Leitung Nesreens und einiger anderer Mitglieder der Kampfbünde stand. Nesreen, die sich bald nach einer Kriegerfürstin aus dem 7. Jh. „Kahina“ zu nennen pflegte (obwohl diese eigentlich eine Gegnerin der muslimischen Expansion gewesen war) gewann allmählich eine fast dominante Position, weil ihre militärischen Fähigkeiten sich als herausragend erwiesen und sie ihren Anhängern versprach, einen dauerhaften Tribut aus Ägypten einzutreiben. Im Dezember 1416 wurde die Koalition als „Allianz von El-Girba“ verfestigt, was auch ein einheitliches, von den Kampfbünden getragenes Oberkommando umfasste.

    Die Allianz gewann wegen ihrer militärischen Erfolge gegen Ägypten rasch an Ansehen und zog weitere Kämpfer an, die nun aus verschiedenen Teilen der Sahara kamen. Für die Dauer des nun beginnenden Krieges, den Ägypten mit fast 10000 Söldnern weiterführte, verließen aber auch viele der Oasenbewohner ihre Heimat und begaben sich nach Tunis und an die Küste des Mittelmeers. Besonders die häufig schon etwas älteren Stammesoberhäupter und auch viele Gefolgsleute aus dem Kampfbünden erwarteten nun von der Kahina einen klaren, überzeugenden Sieg, denn die Ägypter eroberten bald auf breiter Front mehrere wichtige Oasen. Dieser Sieg gelang am 6. Juni 1417, als die Berber die „Märchenstadt“ Alexandria eroberten und plünderten – ein Paukenschlag, der sogar noch in Europa widerhallte und die Berber überall bekannt machte.

    Seit diesem Erfolg konnte die Allianz zahlreiche neue Mitglieder gewinnen, zumal aus der in der Stadt gemachten Beute auch die nach Tunis geflohenen Stammesmitglieder gut versorgt wurden. Es gab damals Stämme aus der Zentralsahara, die sich fast vollständig der Kahina anschlossen, um an den erwarteten Ruhmestaten teilnehmen und mit Beute beladen in die Heimat zurückkehren zu können.

    Im Mai 1418 rebellierten die Ägypter schließlich gegen ihren unbeugsamen Khan und waren zu Verhandlungen mit den Berbern bereit. Diese konnten im September dann mit einem dauerhaften Vertrag abgeschlossen werden, der den Berbern einen jährlichen Tribut von 200000 Silberdinaren (anfangs noch 150000-250000, je nach der Stärke der Nilschwemme) einbrachte und dadurch die Position der Kahina (welche die Gelder in der Allianz verteilte) nochmals enorm stärkte.
    Geändert von Jon Snow (04. Mai 2020 um 18:24 Uhr)

  5. #5
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    Aus der „Chronik von Athenry“ (spätes 14. Jh.)


    Alles "Spender" dürfen die Chronik frei für sich verwenden, weil sie ja eine Abschrift besitzen. Sie können sie auch weitergeben, aber das solltet ihr mir möglichst sagen, damit ich weiß, dass eure Gelehrten sie auch kennen. Auch eine Weitergabe an ein anderes Land müsst ihr mir bitte mitteilen.



    Achtung Spoiler:
    Aus der „Chronik von Athenry“ (spätes 14. Jh.)


    Im Jahr des Herrn 1317 begann das dunkle Dezennium des irischen Volkes. Eine Seuche, die man als den Stillen Tod bezeichnete, brach auf der heiligen Insel aus. Es hieß, sie sei weit aus dem Osten gekommen, doch die meisten heiligen Männer lehren, dass Gott sie selbst zu uns gesandt habe, um die Sünden des Volkes zu bestrafen. Die Seuche traf Mensch und Vieh, jung und alt, und viele starben ohne ein Wort, denn die Sprache wurde ihnen genommen. Das Land verödete, und die Engländer, die im Osten des Landes lebten, drangen weiter vor, um es in Besitz zu nehmen. Aber auch sie wurden bald Opfer des Stillen Todes, so dass schließlich niemand mehr dort lebte. Nur im Westen, an den Küsten und in Klöstern mitten in der Wildnis waren noch Menschen zu finden.

    Doch die Prüfungen waren noch nicht zu Ende, denn zwei Jahre darauf begann das Korn auf den Feldern zu faulen, und die wenigen Überlebenden wurden vom Hunger heimgesucht. Die heilige Insel schien dazu bestimmt, zur Wohnung wilder Tiere und zu einem Land der Ruinen zu werden.

    Im Jahr des Herrn 1319 kam überdies ein Gesandter des Herrn der Mongolen, die alles Land in Europa und Asien erobert hatten. Er hieß Mulrai Khan und wollte zusammen mit einigen Gelehrten und Priestern wie einst Qurinius alle Welt schätzen, um einen Tribut festzulegen. Die Seuche traf aber auch einige seiner Männer, die man zur Pflege im Zisterzienserkloster von Athenry zurückließ. Die Armut der Insel und die Angst vor der Seuche bezwangen bald das Herz Mulrai Khans und seiner Begleiter, so dass sie entschieden, Irland keinen Tribut aufzuerlegen. Im Namen des mongolischen Herrschers verboten sie den Iren jedoch zugleich, europäischen Boden zu betreten, damit sie die Seuche nicht dorthin verbreiteten. Auch alle Erkrankten sollten auf der Insel bleiben und nicht mit Mulrai Khan heimkehren. Da die irischen Grafen zu viele waren und man nicht alle aufsuchen wollte, legten die Mongolen fest, dass der Erzabt von Athenry dafür verantwortlich sei, diese Regel im ganzen Land bekannt zu machen und alle anzuhalten, sie zu beachten. Danach reisten die Männer in ihre Heimat zurück, während ihre Kranken in Athenry blieben.


    Die kommenden Jahre wurden die schlimmsten in der Geschichte der heiligen Insel. Die Seuche wütete weiter, und Hunger und Not griffen um sich. Viele der Männer wussten sich nicht mehr anders zu helfen, als immer weiter aufs Meer hinauszufahren, um ein wenig Fisch zu fangen. Waren alle Männer gestorben, so übernahmen selbst Frauen und Kinder die Boote und lenkten sie durch die Stürme des großen Ozeans. In Tralee soll ein zwölfjähriges Mädchen ein Boot zweihundert Seemeilen weit nach Westen gelenkt haben, um ihrem kleinen Bruder Fisch zu bringen, nachdem die Eltern der Geschwister gestorben waren. Beide erreichten angeblich ein hohes Alter.

    Doch diese Not, die wie in Ägypten zur Zeit des Josef sieben Jahre andauerte, machte das Volk der heiligen Insel stark und gottesfürchtig. Bald lernten immer mehr junge Männer und Frauen, die Boote auch im Sturm zu führen, und vielen Fischern gab Gott die Weisheit ins Herz, ihre Fahrzeuge immer weiter zu verbessern und sie stärker und widerstandsfähiger zu machen. So wurde die heilige Insel mit Gottes Hilfe aus der Not gerettet und lernte, ihre Nahrung aus dem unendlichen Ozean zu gewinnen.


    Im Jahr des Herrn 1327 langten schließlich Kaufleute aus dem Land der Wittelsbacher an. Mit ihnen kam ein Adelsgeschlecht, das gegen die Mongolen gekämpft hatte und nun eine neue Heimat suchte. Einige Männer und Frauen dieses Hauses ließen sich beim Grafen von Sligo nieder und schworen ihm den Treueeid. Die Händler hatten großes Interesse am Fisch, den die Iren fingen, und brachten dafür Silber, Waffen, Nutztiere und viele andere Dinge. Mit den Engländern dagegen, die im Osten der Insel schon lange Zeit Siedlungen und Burgen errichtet hatten, konnte kein Handel getrieben werden, denn aus Angst vor der Seuche wies man die Schiffe und Wagen dort ab.

    Das Land erholte sich, doch einige der Grafen wurden dadurch vom Hochmut übermannt und wollten ihre Nachbarn unterwerfen. Besonders Graf Dwinight von Sligo, der nun über viele Waffen und Pferde verfügte, führte zahlreiche Männer in die Schlacht. Als Erzabt Johannes von Athenry ihn deswegen rügte, ließ der Graf ihn von seinen Männern am Altar des Herrn bei der Feier der Messe erschlagen. Diese Bluttat geschah im Jahr des Herrn 1336, und sie erzürnte die Majestät des Höchsten, so dass im Heer des Grafen eine Seuche ausbrach. Die Menschen pilgerten nun nach Athenry, um den Allmächtigen zu bitten, er möge das Land von Blutschuld befreien und es nicht noch einmal dem Stillen Tod preisgeben. Auch alle Grafen machten sich auf den Weg, denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt, und sie fürchteten sich sehr.

    Einmütig und eines Sinnes schworen sie dem neuen Erzabt Patrick, seine Anordnungen treu zu befolgen und auf den Wegen des Herrn zu gehen. Dieser, ein wahrhaft weiser Mann, entschied sich, das Übel des Krieges und der Lüge an der Wurzel zu entfernen. Alle 31 Grafschaften wurden durch seinen Schiedsspruch in ihren Grenzen genau festgelegt. Keiner sollte sie in böser Absicht überqueren. Ein Herrscher, der dies versuche, sollte sein ganzes Land verlieren und von seinen Männern verlassen werden. Auch sollten alle den Befehl des Großen Khans beachten, damit das Land nicht zum Ziel seiner Krieger würde. Die Grafen und alle ihre Gefolgsmänner legten vor Gott einen Eid ab, dieses Gesetz in Ewigkeit zu beachten und niemals mehr die Lüge der Wahrheit vorzuziehen. Auch Dwinight von Sligo wurde in seinem Besitz bestätigt, da er und seine Söhne sich der Majestät Gottes wieder unterwarfen und Buße taten. Sogar das Land, das die Engländer besiedelten, wurde als deren Besitz festgesetzt, auch wenn die dortigen Barone keine irischen Gesandten empfingen. So war nun Frieden auf der ganzen heiligen Insel.


    Bis heute, fast sechs Jahrhunderte nach dem Ende des dunklen Dezenniums, werden Gottes Gebote und die geleisteten Eide gehalten. Kein Ire betrat europäischen Boden, ja nicht einmal die Nachbarinsel, obwohl die Mongolen das nicht verboten hatten. Zu groß war die Angst, vom Kurs abzukommen und die mächtigen Herren der Welt gegen sich aufzubringen. Stattdessen fuhren die Schiffe immer weiter hinaus, um zu fischen und Handel mit den Männern des Nordens zu treiben. Auch die Kaufleute aus dem Land der Wittelsbacher kehrten immer wieder und tauschten den Fisch und den Pelz gegen Güter vom ganzen Kontinent, der den Mongolen unterworfen ist.

    Gebe Gott, dass wir ihm immer treu dienen, niemals sein Gebot übertreten und stets in Frieden und Sicherheit leben dürfen. Amen.
    Geändert von Jon Snow (30. April 2019 um 17:47 Uhr)

  6. #6
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    Die Araber (von Dschahan Al-Fath, Hofgelehrter und Bibliothekar aus Isfahan)

    Die arabischen Stämme blicken auf eine große Vergangenheit zurück, denn sie waren es, die das Wort des Propheten in die Welt hinaustrugen und dabei selbst zu Herrschern der Welt aufstiegen. Schließlich aber gefiel es dem Allmächtigen, die Herrschaft den Persern, Kurden, Türken und Franken zu schenken, bis er den ganzen Erdkreis schließlich dem Großkhan der Mongolen zu Füßen legte.

    Da der Allerbarmer aber das Volk liebte, aus dem der Prophet hervorgegangen war, musste die arabische Halbinsel sich den Großkhanen zwar unterwerfen, doch durften die Stämme ihre ererbte Lebensweise beibehalten. Als Vasallen stellten sie ihren Kampfesmut und die Kraft ihrer Pferde und Kamele dem Khagan der Mongolen und Uiguren und seinen Dienern aus Bagdad, Isfahan, Täbris, Damaskus oder Alexandria zur Verfügung. Seit der Zeit Tughluk Khans gab es aber auch Stämme, die keine Heeresfolge mehr leisteten und sich den Dienern des Großkhans nicht mehr beugten.

    Die meisten Stammesoberhäupter blieben jedoch treu und folgten ihrem Lehnsherrn, wann immer er rief – es war der Wille des Allmächtigen. Als aber die Christen begannen, viele der Rechtgläubigen vom Wege abzubringen, begannen einige Khane einen Aufruhr, dem sich auch viele Araber anschlossen. Sie handelten aus gutem Glauben und wollten das Wort des Allerbarmers schützen, doch ihr Denken war verfinstert, so dass sie nicht erkannten, dass es doch der Allmächtige selbst war, der die menschlichen Geschicke in die Hand der Mongolen gelegt hatte.

    Nach der Niederschlagung des Orientalischen Aufstandes im Jahr 1404 konnten viele Araber der Strafe entgehen, indem sie sich in den Süden und Südwesten der Halbinsel zurückzogen, wo die Kämpfer des Großkhans sie nicht zu erreichen suchten. Dort dienten sie den Königen und den Kaufleuten Südarabiens und des Hedschas als Söldner, Karawanenführer und Leibwächter und fanden so eine neue Bleibe.

    Die Heiligen Stätten, die Arabien zum heiligen Boden machen, stehen seit 1308 unter dem Schutz der ägyptischen Khane, obgleich diese christlichen Bekenntnisses sind. Vor Ort hat jedoch der Scherif von Mekka das entscheidende Wort, denn er wurde vom Allmächtigen ausersehen, das Andenken des Propheten zu bewahren und die Pilgerfahrt in rechter Weise zu ordnen. Seit der ägyptische Kronprinz vom Allmächtigen zu sich gerufen worden ist, kann der Scherif darauf hoffen, dass der Sohn seines Sohnes einmal auf dem Thron Alexandrias sitzen wird, denn der Khan hat ihn zum Nachfolger bestimmt. Es heißt, der Scherif gewinne dadurch wieder an Macht. Zuvor nämlich verloren viele seiner Krieger im Dienst Ägyptens beim Kampf gegen die Berber ihr Leben, so dass einige Stämme sich von ihm abwandten und anderen Herren zu dienen begannen. Diese kehren – so wird berichtet – seit 1418 wieder zum Scherifen zurück.

  7. #7
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    Aus der Chronik des Johannes de Jandun (1322)


    Alle, die sich eine Kopie gekauft haben, dürfen die Chronik frei verwenden.


    Achtung Spoiler:
    Im Jahr des Herrn 1313 starb Kaiser Heinrich VII. aus dem burgundischen oder (wie man es nach der Herkunft seiner Ahnen auch nennt) luxemburgischen Hause. Er hatte sich als enger Verbündeter der mongolischen Großkhane um die Einziehung von Tributen im Reich und die Sicherung der Westgrenze des Großkhanats gekümmert, doch diese Unterwürfigkeit war ihm von vielen Fürsten des Reiches, bei denen die Teutsche Libertät noch etwas galt, verübelt worden. Außerdem missfiel einigen Fürsten auch die Übergabe Böhmens und Ungarns an mongolische Vasallenfürsten, die Tohtu Khan nach seinen Siegen 1285 und 1287 verfügt hatte, denn das Heilige Römische Reich beanspruchte stets ein besonderes Verhältnis zu diesen Ländern. Einige der ungarischen Reiter taten sich zudem immer wieder durch Plündereien im benachbarten Österreich hervor.

    Als nun im Sommer des erwähnten Jahres Kaiser Heinrich das Zeitliche segnete, waren viele der Großen des Reiches daher nicht bereit, seinen jungen Sohn Johann – der den Beinamen „der Mongolenfreund“ nicht umsonst erhalten hatte und außerdem erst im 17. Lebensjahre stand – zu seinem Nachfolger zu wählen. Vielmehr einigten sich der bayrische Herzog Ludwig und der Habsburger Friedrich der Schöne darauf, gemeinsam gegen die Mongolen vorzugehen. Es gelang ihnen und dem Deutschordensmeister Eberhard von Sulzberg, eine geheime Allianz vieler deutscher und europäischer Fürsten zu schmieden. Auch der dreimal verfluchte französische König Philipp der Schöne und sein meineidiger Sohn Ludwig der Zänker versprachen ihre Waffengenossenschaft. Im Oktober 1313 trafen sich schließlich die Fürsten und Bischöfe des Reiches in Worms, um den neuen König zu küren. Unter Führung des Mainzer Oberhirten schlugen die geistlichen Fürsten Johann den Mongolenfreund vor, doch den weltlichen Herren gelang es, stattdessen Ludwig von Bayern auf den Schild zu heben, was von allen Anwesenden anerkannt wurde.

    Johann zog sich beleidigt nach Burgund zurück, doch alles Volk war voll Freude über die Wahl des großen Mannes, der nun daranging, die verhassten Mongolen aus dem Lande zu treiben. Ihm zur Seite standen viele der Fürsten des Reiches, vor allem die Brüder Friedrich und Leopold von Habsburg, der Askanier Waldemar von Brandenburg, der hessische Landgraf Otto, der württembergische Graf Eberhard der Erlauchte, der schlesische Herzog Boreslaw und sein Bruder Heinrich, der polnischer König geworden war, zudem der tapfere Deutsche Ritterorden. Nur die Bischöfe und der Papst standen weiter auf der Seite der Mongolen, womit sie, wie man sagt, ihrem Hirtenamt nicht gerecht wurden. Im Jahr des Herrn 1314 versammelten sich all die genannten großen Herren in Donauwörth und verweigerten Großkhan Yesun feierlich den Tribut. Außerdem verlangten sie von ihm, seine Reiter aus Ungarn und Böhmen zurückzuziehen, da diese den Frieden störten, indem sie immer wieder Plünderungszüge unternahmen. Der Großkhan hatte seinerzeit einige Kämpfe im Osten Asiens zu bestehen und musste dazu Reiter aus dem Westen seines Reiches abziehen. Außerdem unterschätzten er und seine Berater in hochmütiger Weise die Kampfkraft der Deutschen. Der böhmische Khan Erek soll geäußert haben, er werde die Aufrührer mit ein paar Reitknechten wieder auf ihren Platz zu Füßen der Mongolen verweisen, wie man es mit frechen Hunden zu tun pflege. Es sollte sich bald zeigen, dass diese „Hunde“ zu beißen verstanden!

    Der ungarische Khan Timur, der böhmische Khan Erek, der bulgarische Khan Samir und der Gouverneur von Kiew, Alim Khan, wurden beauftragt, die Deutschen unter das Joch des Großkhans zurückzuzwingen. Untereinander verfeindet, weigerten sich jedoch vor allem Erek und Timur zusammenzuarbeiten, so dass ihre schlecht geführten Reiter bei Wien und bei Ansbach schwer geschlagen wurden. König Ludwig rückte nun selbst auf Prag vor, konnte die Stadt jedoch nicht einnehmen. Auch ein Angriff der habsburgischen Brüder auf Ungarn wurde mit Hilfe der bulgarischen Truppen abgewehrt. Der Hoch- und Deutschmeister Eberhard stieß dann im Frühjahr 1315 zusammen mit den polnischen, brandenburgischen und schlesischen Armeen zum König, so dass Prag am 2. Mai des Jahres eingenommen werden konnte. Hier errang König Ludwig seinen größten Sieg, als er das von Alim Khan kommandierte mongolische Westheer bei Maslovice nördlich der Stadt in eine vom Wasser der Moldau überflutete Sumpflandschaft lockte und dort vernichtend schlug. Damals sollen 60000 Mongolen ihr Leben verloren haben, darunter auch der hochmütige böhmische Khan Erek. Ein großer Anteil am Sieg gebührt den Berichten aller Beteiligten nach dem Habsburger Leopold, der den entscheidenden Angriff des österreichisch-polnischen Fußvolkes entgegen aller Gepflogenheiten selbst anführte und Alim Khan im Zweikampf besiegte und gefangen nahm. Nach der Niederlage flohen die Mongolen kopflos nach Osten, und selbst die noch ungeschlagenen mongolischen Ungarn und Bulgaren zogen sich weit auf den Balkan zurück, wobei sie Ungarn beim Rückzug planmäßig verwüsteten.

    Die Siege, die König Ludwig mit Gottes Hilfe errungen hatte, beeindruckten nun auch die neutralen Reiche. Die Hansestädte blockierten den dänischen Handel, um ein Eingreifen des loyalen dänischen Königs auf mongolischer Seite zu verhindern. England, Schweden und Schottland schickten einige Reiter, die aber als „Freie Ritter“ bezeichnet wurden. Frankreich, das bereits unter König Philipp Truppen an die burgundische Grenze entsandt, entgegen der Versprechen des Herrschers den Tribut aber weiter bezahlt hatte, ließ nun unter dem neuen König Ludwig dem Zänker den zunächst nur zurückgehaltenen Tribut für 1315 ausfallen und hinderte die Burgunder durch weitere Truppenaufmärsche am Eingreifen im Westen. Einem deutschen Gesandten versprach der Zänker, er werde im kommenden Jahr auf Seiten des Bayern in den Kampf ziehen. Dieses Versprechen brach er dann, und Gott strafte ihn dafür mit einem ruhmlosen Tod, der ihn nach einem Ballspiel betrunken im Weinkeller ereilte. Oh, wenn es damals doch wahre Männer in Frankreich gegeben hätte! Unsere Heimat wäre heute frei von den Mongolen, und der Großkhan müsste sich in einer Jurte von Eselsmilch nähren, anstatt die feinsten Speisen und Weine kredenzt zu bekommen und in einem vom Geld der Deutschen und Franzosen gebauten Palast zu residieren!

    Doch der König von Frankreich war wortbrüchig, und so neigte die Waagschale des Krieges sich auf die andere Seite. Großkhan Yesun kehrte nach seinem Sieg über die Aufständischen in Nordchina und Korea mit der Hauptstreitmacht der Mongolen nach Westen zurück. Sein Cousin Putraq, der mittlerweile selbst Herrscher aller Mongolen ist, übernahm den Oberbefehl auf dem Balkan, wo die Ungarn und Bulgaren sich weit zurückgezogen hatten.

    Angesichts der mongolischen Übermacht wagten es die europäischen Reiche nicht, auf die Seite der Deutschen zu treten und sprachen sich damit selbst das Urteil, denn seither sind sie den Mongolen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert und gezwungen, ihr Silber demütigst an vom Großkhan festgelegte Orte zu bringen.

    Im Oktober 1316 erfocht schließlich das Heer des Großkhans bei Lubin, wo das Gelände den mongolischen Reitern entgegenkam, einen großen Sieg gegen die Polen und Schlesier. Nur der hereinbrechende Winter bewahrte das Land vor dem Untergang. Das Jahr des Herrn 1317 wurde dann zum Jahr der Niederlagen, denn die Angriffe kamen jetzt von allen Seiten. Die Dänen – nach dem Ende der Hanseblockade, die ein Gesandter des Großkhans ausgehandelt hatte, von jeder Bedrohung befreit – rückten gegen Norddeutschland vor. Putraq Khan errang im März einen gewaltigen Sieg bei Ödenburg, bei dem die Habsburger Friedrich und Leopold im Kampfe fielen. Im Westen wagten die Franzosen nun kein Eingreifen mehr – der neue König Philipp der Lange fühlte sich auch nicht an den Eid seines Bruders gebunden – so dass die burgundischen Truppen sich mit den Aufgeboten der rheinischen Bischöfe vereinigen konnten. In einer großen Schlacht bei Worms wurden die schwäbischen und hessischen Aufgebote vernichtend geschlagen und die Grafen Eberhard und Otto gefangen genommen. Auch König Ludwig musste Prag aufgeben, wo der Großkhan zusammen mit Ereks Sohn Cihan feierlich einzog. Ein letzter Sieg gelang dem Askanier Waldemar, als er ein dänisches Heer in einen Hinterhalt lockte und besiegte, wobei auch der dänische König Erich und zwei seiner Söhne den Tod fanden.

    König Ludwig versuchte nun, den Feldherrn Alim Khan, der ein Jugendfreund Yesuns war, als Faustpfand für einen milden Frieden zu verwenden. Der jüngere Bruder der beiden gefallenen Habsburger, Albrecht der Weise, gab ihn aber nicht heraus, sondern schickte ihn ins Lager Putraq Khans zurück, nachdem er ihm einen Eid abgenommen hatte, nicht mehr gegen die Deutschen zu kämpfen (den dieser auch einhielt). Albrecht und sein Bruder Heinrich erhielten dafür später eigene Lehen im mongolischen Reich.

    Im Jahr des Herrn 1318 war die Niederlage der Deutschen besiegelt. Der nördliche Flügel des mongolischen Heeres schlug die askanischen Truppen bei Cölln, wo der tapfere Waldemar sein Leben ließ, und vereinigte sich dann bei Magdeburg mit den Truppen der deutschen Bistümer, um Mitteldeutschland zu unterwerfen. Die Burgunder stießen mit zahlreichem Kriegsvolk und starkem Belagerungsgerät zum Heer Putraq Khans, das München berannte und am 26. Mai schließlich einnehmen konnte. Der schwer verwundete König Ludwig, der letzte Herrscher des Reiches, wurde gefangen genommen und in Prag feierlich hingerichtet. Diese üble Tat der Mongolen – wobei der böhmische Khan Cihan und seine Schwester Saruul sogar dafür sorgten, dass König Ludwig, dem sie die Verantwortung für den Tod ihres Vaters gaben, unehrenhaft gehängt und nicht wie ein Ritter mit dem Schwerte getötet wurde – sollte Gott dem Großkhan vergelten. Noch vor der Rückkehr in seine Residenz Sarai wurde er vom Schlag getroffen und starb. Sein Cousin Putraq wurde Großkhan an seiner Stelle, und er erlaubte den kleinen Kindern des Königs, Mechthild und Ludwig, zusammen mit ihren Getreuen – zu denen auch der bescheidene Verfasser dieser Chronik zählt – nach England überzusetzen, um dort eine neue Heimat zu finden.

    Der Großkhan belohnte die Burgunder, die Dänen, die beiden Ritterorden, die auf seiner Seite gekämpft hatten und vor allem die Kirche. Seine Feinde aber wurden schwer gestraft und verloren das Land an die Mongolen. Die übrigen Europäer, besonders die Franzosen, entrichteten jedoch einen fast ebenso hohen Preis für ihre Unentschlossenheit, denn sie sind nun nur noch dem Namen nach frei, zahlen hohe Tribute und leisten Heeresfolge. Doch mit Gottes Hilfe werden die Nachkommen König Ludwigs einst wieder das Reich regieren!

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