kommen wir also zu einer wunderschönen Sache: Textkritik.
Für euch beide sollte das, was jetzt folgt, ein alter Hut sein. Ich schrieb einen ähnlichen Beitrag an "jenem Sonntag", weshalb ich bislang davon ausging, dass es bekannt sei. (Sollte dem nicht der Fall sein, tragt es mir bitte nicht nach. Ich kann gut verstehen, dass es verschüttet ging.)
Dies war der Text, wie er ausgehandelt wurde:
Zitat von
Oberst Klink
Nachdem was Jon geschrieben hat, würde ich eine Delegation zu dir schicken, geführt von einem meiner (fachkundigen) Hofbeamten und Vertretern der böhmischen Zünfte. Sie könnten mit deinen Unterhändlern/Zünften dann über Kooperationsmöglichkeiten verhandeln.
Vorgabe von uns: Entwicklungshilfe für das Hessische Grobhandwerk von Seiten Böhmens.
Sie sollen in der Gesprächsrunde quasi die Details festlegen, in welchen Bereichen eine Kooperation sinnvoll ist und vertieft wird und wie es von Statten geht: Böhmische Ausbilder nach Hessen oder hessische Lehrlinge nach Böhmen etc.
Ich selber werde dafür keine Bezahlung verlangen. Nur die Kosten für die Unterredung trägst halt du.
Aber es wäre schön und würde meinen Handwerkern/Händlern vermutlich gefallen, wenn sie etwas Hilfe beim Knüpfen von Geschäftskontakten in Frankfurt/dem westdeutschen Raum bekommen. Evtl. sollten wir unsere Leute dazu anregen zusammen Handelskartelle in der Umgebung zu bilden und so den gemeinsamen Handelsanteil zu vergrößern (und auch den persönlichen Profit)
Zum Hintergrund: Von mir kam eine unverbindliche Anfrage, worauf Klink oben stehendes Angebot ausformulierte, welches von mir abgenickt wurde. Da der Autor alle Freiheiten besaß (abgesehen von dem Risiko natürlich, dass ich ablehne), werde ich im Folgenden davon ausgehen, dass im Text genau das steht, was er sagen soll.
Zur Struktur:
Dieser Text besteht aus vier Abschnitten: Eine Einleitung, eine Nennung böhmischer Verpflichtungen, eine Nennung hessischer Verpflichtungen und einen Optionalteil. Die Trennung zwischen Abschnitt drei und vier wird durch den Satz "Ich selber werde dafür keine Bezahlung verlangen. Nur die Kosten für die Unterredung trägst halt du" deutlich gemacht, die Unverbindlichkeit des Optionalteils durch die Einleitung "Aber es wäre schön und würde meinen Handwerkern/Händlern vermutlich gefallen, wenn...".
Zum Optionalteil:
Zwei Dinge lassen sich damit über ihn sagen: Er gehört gemäß der Formulierungen, für die sich der Autor entschied, nicht zu den hessischen Verpflichungen, und die Gummi-Formulierung zeigt, dass es Böhmen nicht besonders wichtig ist, denn durch die Wahl dieser Formulierung entschied sich der Autor gegen konkretere und festere.
Das führt zu der Frage: Wer entscheidet darüber, wann und in welcher Form dieser Optionalteil eintritt? Ich sehe die Deutung am Wahrscheinlichsten, dass hier ein auf hessischem Boden stattfindendem und von hessischem Geld finanziertem Treffen handelt. Das heißt: Das Recht, über das Wann und Ob des Optionalteil zu entscheiden, sieht Hessen bei sich.
(Eine kleine Abschweifung zur Erklärung:
Böhmische Unterstützung in Hessen bloß gegen Kost und Logis, ein mögliches Händlertreffen auf hessischem Boden: Dies ist ein Vertrag, in dem Böhmen bloß eine unterstützende Rolle spielt und bei dem Hessen eine Menge entscheidet. Auf dieser Grundlage traf ich die Entscheidung, die Sache zu splitten, das Handwerkertreffen nach Hanau zu verlegen und das Frankfurter Treffen auf das nächste Jahr zu legen, eben um die Frankfurter Autonomie zu achten und vorzufühlen, ob und in welcher Form ein Händlertreffen erwünscht wäre. Ich hätte all das mit dir noch kommuniziert, doch ich war langsam und sobald du deinen Zug veröffentlichtest, war die Lage eine andere.)
Daraus bestand dein Zug:
Zitat von
Oberst Klink
[*]Eine Delegation bestehend aus Gesandten des Khanats Böhmens und den Vertretern der Handelsgilden soll sich nach Frankfurt begeben, um mit den Delegierten des Khanats Hessen und dessen Zünften eine Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen zu erörtern.
Ich möchte mit der Frage beginnen: Was ist dieser Text nicht?
Es ist kein "Wenn Hessen den Optionalteil in dieser Runde durchsetzt, dann...".
Was ist der Text dann:
Der Optionalteil wird als fester und einforderbarer Bestandteil des Vertrages behandelt, ohne dass weitere Absprachen geschahen. Indem Böhmen seine Mannen in Bewegung setzt und Hessens Mitspracherecht in dieser Sache ignoriert, bricht es aus Hessens (und wie ich sagen würde: auch aus Text-) Sicht die Vereinbarung.
Warum ist das wichtig?
Da gibt es zwei Gründe.
a.) Wäre der Optionalteil eben doch verpflichtend, wäre dies ein ganz anderer Vertrag. Er würde einen Tausch auf Augenhöhe beinhalten (Böhmische Fachkompetenz gegen hessische Handelskontakte), wobei Hessen zweimal für Kost und Logis aufkommt und welcher immer noch als Zugeständnis Böhmens geframed worden wäre.
b.) Aus der Gummi-Natur des Optionalteils entspringt für Hessen das Recht, vor der (wahrscheinlichen) Ausrichtung eines Händlertreffens erst einmal das Treffen der Handwerker abzuwarten und auf dessen Basis zu entscheiden, mit welchem Engagement es sich diesem Gefallen zuwendet. Indem Böhmen es sofort unter Zugzwang setzt, wird dieses Recht genommen.
(Eine weitere erklärende Abschweifung:
Die ganze "Böhmen packt die Erfüllung seines Teils der Abmachung in einen Spoiler, um die Spielerschaft zu narren, narrt Hessen aber damit gleich mit"-Geschichte sei hier noch kurz erwähnt, sie spielt aber nur bei der Beantwortung der Frage: "Warum sprichst du Böhmen nicht darauf an?" eine Rolle. Sie war für mich immer der unwichtigere Teil (, eben weil dein sichtbarer Text nicht direkt sagte, dass du auf die Erfüllung der böhmischen Verpflichtungen verzichtest). Bei einem einzigen Fehlschuss hätte ich das Gespräch gesucht, doch bei einer vollen Breite macht ein "lol, einer der Schüsse war ein Salutschuss" nicht mehr viel aus.)
Dies ist also der Hergang nach hessischer Perspektive:
1.) Böhmen und Hessen vereinbaren eine Zusammenarbeit, wobei Hessen die Hauptrolle einnimmt und das Recht bei sich sieht, den genauen Fahrplan auszuarbeiten (unter böhmischer Absegnung, was jedoch hinfällig wurde).
2.) Böhmen prischt mit einem Zug vor, der erst einmal dessen Verpflichtungen verdeckt und die Vereinbarung in einem Punkt offen bricht, an dem es eine optionale Möglichkeit fest einfordert. (Ja, man kann mir vorwerfen, dass ich das in Böhmens Zugentwurf nicht bemerkte, aber... a.) ein "Berater, schaut mal drüber" ist eben etwas anderes als ein "Lieber Partner, so lege ich unsere Übereinkunft aus, gibst du mir dein Okay?" und b.) Ich war ziemlich eingespannt und Blicke in fremde Threads sind dann etwas, das wegfällt.)
3.) Hessen hält in seinem Zug dagegen, dass "ein vom Hof ausgehend offizielles Frankfurter Treffen" nicht existiert. Es stellt jedoch ein bisschen Flausch zur Verfügung, um die Frankfurt Bürger nicht zu bevormunden und Böhmen die Möglichkeit einzuräumen, das Gesicht zu wahren. (Flusstext: Echt wahr. Zu diesem Zugeständnis ließ ich mich nach Klinks "Achso, ich habe dir noch gar nichts von meinem Trick 17 erzählt" hinreißen. Aus Hessens Sicht war das Treffen immer für 1417 geplant.)
4.) Hanau findet statt, ist aber für die Geschichte unerheblich.
5.) Zahlen sind Spielleitersache und für die Geschichte unerheblich.
6.) Der Punkt "Böhmen" ist in meinem Zugentwurf noch offen, weshalb ich...
7.) ... Klink noch einmal anschrieb und ihn durch die Blume hindurch fragen wollte: "Hallo, hier in Hessen ist man noch ein wenig ungehalten über den böhmischen Vertragsbruch und man sieht die Schuld für die verschlechterten Beziehungen bei euch. Magst du uns da ein wenig entgegenkommen?" (Wie gesagt: Ich nahm von Klinks Verhalten her an, dass ihm der Sachverhalt bekannt war. So... gab's halt Chaos.)
Das ist Hessens Perspektive.