[Gold Rush] - Die Melodie des Goldes

[Admiral G]

[Loudhy]

[maxim_e]

He's got his own big dipper
so he won't be needing your big dipper
He's got his own big dipper
and he won't be needing yours
Elton John – Big Dipper

Arnold war es schlecht gegangen. Er hatte einen Brief bekommen. Der Brief war wohl von Luann gewesen, das hatte Max unschwer heraus bekommen, denn Arnold hatte den ganzen Abend immer wieder ihren Namen genannt. Arnold hatte geweint. Arnold hatte geschrien. Arnold hatte ihm aber nicht verraten, was genau im Brief stand. Zumindest nicht am Abend. Zugegebenermaßen war Arnold aber in seiner Hütte auch mitten in seinem Weinen eingeschlafen. Max hatte sich danach in seinen Anhänger verzogen und sich auch schlafen gelegt. Am Morgen war er früh aufgestanden um die letzten Vorkehrungen zu treffen.


Die Waschanlage brauchte nämlich natürlich auch eine Stromversorgung, was er leider zunächst vergessen hatte und erst nachkaufen musste. Aber dann stand alles. Max war stolz auf sich. Es hatte geklappt. Jetzt konnte er losbaggern. Er freute sich drauf wie ein kleiner Junge. Und ja. Irgendwo war er das ja auch wieder. Einen eigenen Bagger zu haben – War das nicht der Traum aller kleinen Jungs?


Während er vor sich hin baggerte kam auch Arnold irgendwann gegen Mittag aus seiner Hütte. Arnold klopfte Max ans Fenster des Baggers und teilte ihm mit, dass er jetzt in die Stadt ginge, aber heute Abend sie etwas zu besprechen hätten. Max war gebannt, was es denn war, was Arnold besprechen wollte. Aber zunächst blieb im nichts übrig als abzuwarten.


Und natürlich die Maschinen zu starten um den Waschvorgang zu starten. Es rödelte laut los und bald darauf sah Max, wie der Sand durch die Waschanlage schoss.


Viel Dreck flog weg, aber einiges fiel auch in den entsprechenden Eimer. Was war es wohl, was Arnold zu erzählen hatte? Es hatte diesen ja richtiggehend fertig gemacht. Max dachte darüber nach. Aber eigentlich hatte er viel zu viel zu tun um sich richtig Gedanken zu machen. Wie dem auch sei. Der Eimer füllte sich so langsam.

[maxim_e]

It's funny how things go around
But go around they do
This place is empty, empty
So empty without you
The Rolling Stones – This Place Is Empty

Und bald darauf saß Max wieder am Steuer des Baggers. Es gab noch viel zu tun. Die ganze weite Grube lag vor ihm und war noch voll von ihrem tollen Gold. Max war fasziniert. Der Bagger stotterte wieder. So wie letztens. Aber es schien ein anderes Problem zu geben. Max sah das rote Licht neben dem Lenkrad aufleuchten. Der Tank war leer.


Also hieß es wieder aussteigen und laufen. In der Hütte lagen ja noch Kanister. Die waren zwar teilweise nur halb voll, aber besser als gar nichts. Während er sich so bewegte überlegte er was Arnold ihm wohl zu sagen hatte. Dessen Zusammenbruch hatte bestimmt mit diesem Brief zu tun. Er war sich sicher. Er war sich absolut sicher. Wer war diese Luann deren Namen Arnold immer wieder geschrien hatte?


Bald landeten die geleerten Kanister im Ladebereich des Trucks. Bald würde er sie wieder füllen und damit ihrer Bestimmung wieder zuführen. Aber für jetzt sollten sie erstmal hier liegen bleiben. Max sah in den Himmel. Es hatte wieder zu regnen angefangen.


Er setzte sich wieder in den Bagger und fuhr fort.

[maxim_e]

But please don't ask me to love you
If you're not gonna change my name
Everytime you touch me
You add fuel to the flame
Dolly Parton – Fuel To The Flame

Bald darauf war es an der Zeit, sich mit Arnold zu treffen. Es war noch nass, aber der heftige Regen hatte aufgehört. Max war ins Zelt gegangen und sah jetzt auf die Einfahrt. Arnold kam. Langsam. Behutsam gar. Den Kopf gesenkt. Aber er ging gerade. Er konnte nicht so betrunken sein, wie er es sonst war. Max trat ans Feuer heran. Arnold sah auf. Arnold zog etwas aus seiner Jacke. War das der Brief von gestern? Vermutlich. Nein. Das war ein anderer Brief. Je näher Arnold kam, desto besser erkannte Max, dass der Brief in Arnolds Hand vergilbt war. Vergilbt und abgenutzt.


Am nächsten Morgen dachte Max darüber nach, was Arnold im gestern erzählt hatte, während er zur Tankstelle fuhr um den Truck und die leeren Kanister neu zu betanken. Der Brief, den Arnold ihm gezeigt hatte, war von dessen Mutter geschrieben und knapp fünfzig Jahre alt. Im Brief stand, dass Arnold, Max las jetzt zum ersten Mal dessen vollen Namen, unverzüglich nach Hause kommen sollte. Es würde jemand auf ihn warten. Das war alles. Drei Zeilen. Arnolds Mutter hatte noch nicht einmal unterschrieben. Es war deutlich zu erkennen, dass sie nicht glücklich war. Warum ging aber nicht aus dem Brief hervor.


Auch Arnold hatte es damals nicht verstanden, wie er am gestrigen Abend Max erklärt hatte. Er hatte einen Brief zurück geschrieben, dass er jetzt hier in Haines einen Job habe und nicht einfach verschwinden könne. Er würde Weihnachten kommen. Darauf habe seine Mutter ihm nicht geantwortet. Und es war auch der letzte Brief gewesen, den er von seiner Mutter je bekommen habe, aber das hätte er damals noch nicht ahnen können. Er selbst habe noch einige Briefe geschrieben. Aber er sei auch zu dem Weihnachtsfest, anders als er es angekündigt hatte, nicht in seine ehemalige Heimat gefahren. Max fürchtete sich vor dem Gedanken, dass es ihm irgendwann genauso ergehen könnte, während er im Mining Store sich einen Diesel-Tank kaufte. Die Kanister würden nur noch Reserve sein, so wie der Bagger Diesel verbrauchte, war dies notwendig.


Aber zunächst musste der Anhänger geladen werden. Als Max sah wie der Preis während er tankte immer weiter stieg dachte er daran, was Arnold ihm danach erzählt hatte. Statt eines weiteren Briefs seiner Mutter sei nämlich jemand gekommen. Und dieser jemand war nicht irgendwer, nein, es war Luann. Und Terese. Mit Luann war er im College gewesen. Sie hatten nie viel miteinander zu tun gehabt und Arnold hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit, Luann noch einmal wieder zu sehen. Es war auf einer Party passiert.


Ihre Eltern hatten Luann herausgeworfen als sie mitbekamen, dass Luann schwanger war und keinen Mann hatte. Sie hatte sofort angefangen nach Arnold zu suchen. Sie hatte bei allen möglichen Freunden übernachtet. Hatte mit allen möglichen Leuten gesprochen. Aber niemand wusste, wo Arnold genau war. Er war wie von der Bildfläche verschwunden. Aber sie musste ihn finden. In dieser Zeit war es in Alaska unmöglich als Frau, noch dazu als Mutter, keinen Mann zu haben. Irgendwann war es nicht anders möglich. Sie musste die Eltern von Arnold ansprechen. Denn nun war Terese da.

[maxim_e]

That's just the way things are
That's just the way it is now
That's just the way things are
That's just the way it is now
Rancid – That's Just The Way It Is Now

Max setzte sich ans Steuer des frisch aufgetankten Baggers und startete den Motor. Moment! Dachte er sich. Wenn der Bagger jedes Mal die ganze Strecke bis zur Waschanlage fahren musste, ist es ja klar, dass der Tank so schnell leer ist. Besser wäre es, die Waschanlage näher heran zu holen. Das wäre zwar trotzdem ein bisschen umständlich, weil das Waschen an der Stelle nicht möglich ist, weil die Kabel nicht so weit reichen, aber es sollte trotzdem einiges an Diesel sparen. Und schneller sollte es auch gehen.


Als er die Waschanlage noch einmal durchlaufen ließ um sie anschließend leer transportieren zu können dachte er wieder an das was Arnold gestern Abend erzählt hatte. Luann hatte ihn, nachdem sie mit Terese in Haines angekommen war, mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen gestellt. Sie hatte beschlossen, dass sie gemeinsam für Terese sorgen würden und alle drei zusammen in Arnold Hütte wohnen würden. Arnold konnte gar nicht widersprechen.


Sie heirateten noch in der selben Woche. Es war in einer Stadt wie Haines schlecht möglich zusammen zu leben ohne verheiratet zu sein. Noch weniger, wenn man Kinder hatte. Die Nachbarn sahen die kleine Familie in den folgenden Jahren zunächst abschätzig an, aber mit der Zeit sollte sich das ändern. Sie lebten sich ein in Haines.


Ihre Beziehung war zunächst auch seltsam. Sie lebten zwar im gleichen Haus, aber Luann schlief im Bett und Arnold auf dem Sofa. Morgens stand er um sechs auf, während sie noch schlief, abends ging sie noch aus, während er schon im Bett lag. Insgesamt sahen sie einander wenig. Gerade das sorgte in der Nachbarschaft für Getuschel. Aber sie hatten doch eines gemein. Sie kümmerten sich beide nach ihren Kräften um Terese.


Arnold liebte Terese von ganzem Herzen. Luann liebte Terese ebenfalls von ganzem Herzen. Mit der Zeit fingen die beiden an sich gegenseitig immer mehr zu akzeptieren. Nach wenigen Wochen wussten sie, dass sie einander mochten. Und mit der Zeit fingen sie auch an, so etwas ähnliches wie Liebe füreinander zu empfinden. Nach knapp einem Jahr küssten sie sich zum ersten Mal und kauften sich ein gemeinsames Bett.

[Admiral G]

Sandkorn für Sandkorn baust du die Spannung auf.

[Loudhy]

[maxim_e]

Nothin' lasts forever
And we both know hearts can change
And it's hard to hold a candle
In the cold November rain
Guns N Roses – November Rain

Max war gespannt gewesen, aber Arnold hatte nicht mehr erzählt. Der Brief von Luann hatte ihn lediglich an sie erinnert und daran, dass sie ihn verlassen hatte. Max hatte vorsichtig versucht nachzubohren, aber es war ergebnislos geblieben. Auch als er am darauffolgenden Abend die Sache wieder versucht hatte anzusprechen: Nichts. Dieser Abend war wieder sehr zäh vergangen. Der Regen, der am Nachmittag begonnen hatte, schien alle Kraft aus Arnold gezogen zu haben. Da es am nächsten Tag weiterregnete würde Arnold vermutlich auch an diesem Abend wieder schlecht gelaunt sein. Max hingegen versuchte das beste draus zu machen und begann früh morgens zu baggern.


Als er die Waschanlage ein weiteres Mal herumfuhr um sie an die Kabel und Schläuche anschließen zu können, hörte er ein Krachen. Der Wagen lenkte sich mit einem Mal schlechter. Er fuhr die paar Meter bis zum Bagger weiter und sah sich das Unheil an. Das Rad blockierte. Er wusste nicht, was er damit machen sollte – sicher, ein klein wenig handwerklich begabt war er schon: Aber sowas? Die Reparatur musste warten. Zumindest bis der Regen aufhörte.


Als der Regen tatsächlich ein paar Stunden später unterbrochen war und Max einen weiteren Waschvorgang laufen ließ, hatte er das gebrochene Rad vergessen. Das Fahren war zwar ungewöhnlich, aber es ging. Und die Freude, dass das hart erbaggerte Gold beim Waschen immer schon aufblitzte lenkte seine Gedanken immer wieder ab. Wenn er nicht gerade an Arnold dachte. Er musste herausfinden, was passiert war.


Als es Abend wurde und er den Bagger abstellte war ihm bitterkalt. Er war im Regen nass geworden und es waren nicht mal mehr 55°. Hoffentlich würde es Arnold heute gut genug gehen um etwas zu erzählen.

[maxim_e]

Sometimes I'm weak and sometimes I'm strong
You know that I've loved you all along
Sometimes I'm rich and sometimes I'm poor
Nothing really matters when you're dead on the floor
Social Distortion – Sometimes I Do

Es war Arnold nicht gut gegangen. Vielmehr war es ihm richtig schlecht gegangen. Er war missmutig gewesen und hatte nur in seinem Essen herum gestochert. Und erzählt hatte er auch nicht viel. Nur soviel, dass der Regen der gleiche sei, wie damals, als das Unglück passierte. Max war natürlich sofort interessiert, das „Unglück“ hatte Arnold immerhin schon ein paar Mal erwähnt. Aber heute wollte er nichts mehr dazu sagen. Max beließ es dabei um Arnolds Laune nicht zu strapazieren. Am nächsten Tag freute sich Max schon wieder. Es war zwar immer noch sehr kalt, aber er würde heute Ergebnisse sehen. Die Waschanlage hatte mittlerweile einen vollen Eimer ausgegeben.


Den Eimer schüttete er zunächst in den Magnetitabschneider. Bald würde er dem Schmied helfen können. Vielleicht schon übermorgen, wenn er zum Gottesdienst wieder in die Stadt fuhr. Es war immerhin schon Freitag. Hoffentlich würde das dann reichen!


Als Max das Magnetit getrennt und einen Eimer mit Goldstaub und Dreck vor sich stehen hatte warf er einen Blick auf die Waschschüssel über der er schon so viele Stunden gehangen hatte. Es war immer noch ziemlich kalt. Er überlegte. Wie viel Dollar entgingen ihm dadurch, dass er so lange mit der Schale hantierte, wenn er eine schnellere Möglichkeit haben konnte? Und wie viel würde es kosten, sich einen Rütteltisch zu kaufen, der ihm die Arbeit abnahm.


Die Rechnung war schnell aufgestellt und eindeutig. Genauso eindeutig wie der Befund, dass er, wenn er schon beim Mining Shop war, sich auch einen neuen Reifen für den Truck und einen Wagenheber kaufen konnte. Der Rütteltisch brauchte außerdem eine Wasserpumpe, einen Motor und natürlich die entsprechenden Kabel und Schläuche. Er war sich nicht sicher, ob der Tisch auch einen extra Eimer gebraucht hätte, holte aber lieber einen, als sich später darüber zu ärgern, keinen zu haben. Einen Motor hatte er noch übrig von der ersten Grube, den musste er also nicht kaufen.


Es dauerte ewig den neuen Reifen aufzuziehen und der Aufbau des Rütteltischs stellte sich auch als komplizierter heraus als es den Anschein gehabt hatte – aber am frühen Nachmittag war er soweit. Während der Tisch rüttelte aß Max ein Sandwich. Er dachte daran zurück, dass er in dieser Zeit, wenn er diese Maschine nicht geholt hätte bestimmt eine Stunde daran gesessen hätte das Gold auszusieben. Jetzt dauerte es vielleicht 15 Minuten und er musste sich dafür nicht mal den Rücken kaputt machen. Das war eine gute Entscheidung gewesen.

[klops]

Rütteltisch klingt sinnvoll.

Aber bist du wirklich mit kaputtem Rad in die Stadt und wieder zurück gefahren?
Oder mit dem Bagger? Das hätte schon was

[maxim_e]

Mit dem kaputten Rad hin und dem neuen Rad zurück. Und das Radwechseln war dann tatsächlich überraschend komplex. Erst musste ich den Wagenheber einsetzen und den nach oben fahren. Dann musste ich den Akkuschrauber aus meinem Handmenü auswählen (da wo auch beispielsweise die Schippe oder die Taschenlampe drin sind, die ich schon mal benutzt habe) und damit die fünf Radmuttern einzeln ablösen. Dann konnte ich das alte Rad abnehmen und das neue Rad einsetzen. Und dann mussten noch fünf Radmuttern neu gesetzt werden. Also umständlich war das schon. Ich hab das als Bild weggelassen, weil es nicht in den Aufbau gepasst hat, den ich eigentlich geplant hab für die nächsten paar Tage.

[Admiral G]

Sehr schön!

[maxim_e]

Summer's sweet and she brings me water
But give me Winter, that old icy whore
While summer lies meek and follows orders
Winter cries "me", and pulls you through the door
Bruce Springsteen – Winter Song

Max arbeitete noch eine Zeit weiter. Es wurde aber kälter und kälter. Es fing an zu regnen. Der regen wurde schnell heftiger und heftiger. Die Arbeit im Bagger war damit zwar noch durchaus möglich – aber anstrengend war es alle Mal.


Noch anstrengender war es hingegen, als der Regen durch Schnee abgelöst wurde. Dass er nicht die ganze Zeit im Bagger sitzen konnte, sondern immer wieder aussteigen musste um die anderen Maschinen zu bedienen half auch nicht dabei. Max war glücklich darüber, dass er zumindest nicht mehr an der alten Grube saß und bei diesem Wetter im Dreck mit der Schippe hantieren musste.


Der Schnee nahm kein Ende und bald war es auch noch so dunkel geworden, dass Max gar nicht mehr richtig sehen konnte. Er hatte das Feuer brennen lassen und stellte sich im Zelt unter. Bald musste Arnold kommen. Max fragte sich, ob sie tatsächlich bei dem Wetter am offenen Feuer essen sollten oder ob es nicht zumindest irgendeine andere Möglichkeit gäbe. Der Schnee nahm unterdessen immer weiter zu. Von einem kleinen Schneegestöber war es mittlerweile schon entfernt. Endlich kam Arnold an. Er winkte aus der Ferne. Max solle herüber kommen.


Heute würden sie in seiner Hütte essen. Er hoffe es sei nicht schlimm, dass er nicht aufgeräumt habe. Max fragte Arnold, ob solche Schneestürme für Haines normal waren – Arnold lachte darauf nur. Das sei noch kein Schneesturm. Wenn es einen Schneesturm hier gäbe, würde Max das schon noch merken. Arnold öffnete die Tür seiner Hütte.

[Loudhy]

Bei dieser Temperatur geht der Lappe noch in kurzen Ärmeln aus dem Haus.