Im März 894 erreichte Charles III. die Volljährigkeit und wurde noch einmal in Reims zum König von Frankreich gekrönt. Sicherlich war Herzog Welf an diesem Tag bei der Zeremonie in der Kathedrale zugegen. Immerhin war es seine Tochter, die an der Seite von Charles vom Erzbischof zur Königin gekrönt und gesalbt wurde. Dass Charles III. seinen Thron gewissermaßen Welf verdankte, dürfte den jungen König gewurmt haben. Aber es waren die Truppen des Herzogs gewesen, die Ludwigs Heer besiegt hatten, als Charles sich noch von den übrigen Adeligen im Stich gelassen sah. Anderseits war Charles III. gerecht genug, die Loyalität seines Schwiegervaters anzuerkennen und ihn wohlwollend zu behandeln. Er nahm den Herzog als Marschall in seinen Rat auf.
So gut die Beziehung der Welfen zu Charles III. waren, so feindselig waren sie zu dessen älteren Bruder Carloman von Aquitanien. Nachdem Carloman den Herzog Ramnulf hatte hinrichten lassen, führte er seinen Plan zur Zerschlagung einer möglichen welfischen Herrschaft innerhalb seines Königreichs mit unlauteren Mitteln fort. Im Mai 894 starb Assalhida, die Herzogin von Toulouse und Gattin von Welfs Sohn Jean, unter ungeklärten Umständen. Für die Welfen war klar, dass nur Carloman dahinterstecken konnte, denn er hatte ein Motiv und die nötige Skrupellosigkeit für die Mordtat.
Toulouse fiel als Lehen aber noch nicht an Carloman zurück, denn Assalhida und Jean hatten im Jahr zuvor eine gemeinsame Tochter mit Namen Heloise bekommen. Für diese kleine Tochter übernahm der verwitwete Jean die Regentschaft über Toulouse, erfüllt von Rachegedanken gegen den bösartigen König. Es war eine Sache auf Leben und Tod – denn es war anzunehmen, dass Carloman auch die Tochter Jeans ermorden wollte, nachdem er dessen Frau beseitigt hatte. Jeans ganze Zukunft in Toulouse hing an dem Wohlergehen eines kleinen Säuglings. Er entschloss sich aus eigenem Antrieb (sprich: die KI hat's gemacht) dazu, Maria de Poitou, die Witwe des hingerichteten Herzogs Ramnulf zu heiraten.
Das führte zu der ungewöhnlichen Konstellation, dass Jean sowohl der Bruder des jüngeren Welf war, als auch dessen Schwiegervater, denn dieser Welf war ja mit Marie, der Tochter der Herzogswitwe, verlobt.
Vermutlich wäre es Jean und seiner Tochter unter Carloman nicht gut ergangen. Doch das Schicksal schlug unerwartet zu: Der König kam drei Monate nach dem Mord an Assalhida auf einem Feldzug in Spanien auf dem Schlachtfeld ums Leben. Für einen derart brutalen Mann war es wohl ein logisches Ende, die Welfen stilisierten den frühen Tod des Königs jedoch zu einer Art Gottesurteil um, das den Tyrannen auf dem Thron ereilt habe.
Nun, wenn dem so gewesen wäre, dann wäre die Krone Aquitaniens doch wohl Charles III. zugefallen, Bruder des Tyrannen, König von Frankreich und Freund der Welfen. Doch Carloman war vor seinem frühen Ende noch Vater des kleinen Louis geworden, der nun als Louis III. die Krone von Aquitanien erbte. Nichtsdestotrotz: Die schlimmste Gefahr für Jeans Zukunft in Aquitanien war mit dem Tod des Tyrannen gebannt.
Für Herzog Welf waren das natürlich gute Nachrichten. Anfang 895 begab er sich in die Champagne, um mit seinem Bruder Konrad zu sprechen. Es ging dabei vermutlich um die passive Rolle, die Konrad in dem Konflikt um den Anspruch Ludwigs des Jüngeren eingenommen hatte. Für Welf war es nicht akzeptabel, dass sein Schwiegersohn und seine Tochter ohne Unterstützung Konrads stehengelassen worden waren. Konrad, solchermaßen mit den Vorhaltungen seines Bruders konfrontiert, zeigte sich uneinsichtig und abweisend. Mehr noch: Im Gefolge Welfs befanden sich auch sein Sohn Eticho und dessen Ehefrau Engelberga in der Champagne. Konrad hatte nichts besseres zu tun, als die Karolinger-Prinzessin zu verführen. Dieser Vorfall wurde Welf bekannt und entzweite die Brüder nachhaltig. Denn der entrüstete Welf trat grollend an Konrad heran und erpresste ihn mit dieser Sache. Zähneknirschend zahlte Konrad, denn er mochte es sich nicht erlauben, dass diese Affäre öffentlich würde. Engelbergas Bruder, König Bohemond von Lothringen, war ein mächtiger Nachbar von Konrad, der ihm sehr viel Ungemach hätte bereiten können. Im Zwist reiste Welf mit seinem Gefolge aus der Champagne ab.
Es bestätigte Welfs Haltung, dass Gott auf seiner gerechten Seite steht, als zwei Monate später Ludwig der Jüngere mit 60 Jahren eines natürlichen Todes starb. Jener Mann, der seinem Schwiegersohn den französischen Thron hatte streitig machen wollen, war nicht mehr.