Seite 7 von 10 ErsteErste ... 345678910 LetzteLetzte
Ergebnis 91 bis 105 von 139

Thema: [RL] Rinz noch kleineres Kino um die Ecke - LoungeVol. 3

  1. #91
    Earth First! Avatar von Rinz
    Registriert seit
    16.01.13
    Beiträge
    2.212
    @Hoimi: Danke, hab's geändert.
    @Tronde: Logan ist der einzige in die Wertung gekommene Film den ich nicht im Kino geschaut habe. Andererseits habe ich jeden besprochenen Film im Kino geschaut. Gesehene Filme die im Weihnachtsgeschäft laufen bespreche und/oder werte ich im darauffolgenden Jahr. Oder auch nicht. Denn bei SW liegt die Latte besonders hoch - wenn man hier nicht wenigstens etwas Nerd-Wissen aufweist kann man sich leicht lächerlich machen
    SW 8 war für mich alles in allem solides, gut gemachtes Blockbusterkino (7,0), bei dem ich die Kritik gut den Pro's überlassen kann.
    Ich denke, also bin ich hier falsch.

  2. #92
    Banned
    Registriert seit
    01.03.17
    Ort
    Dreckslochland
    Beiträge
    600
    He, he, schreibst du echt Tronde an?

  3. #93
    Earth First! Avatar von Rinz
    Registriert seit
    16.01.13
    Beiträge
    2.212
    Maria Magdalena (USA, UK, Australien 2018)

    Bild





    Handlung:
    Erzählt wird hier die Geschichte von Maria Magdalena (Rooney Mara), vom dem Zeitpunkt an, an dem sie Jesus Christus (Joaquin Phoenix) zum ersten Mal begegnet bis zum Zeitpunkt der Kreuzigung. Soweit ich das beurteilen kann, ist die grundlegende Handlung mehr oder weniger eng an die bekannten Evangelien angelehnt. Sie beginnt in einem judäischen Fischerdorf, in dem Maria in der Sippschaft ihres Vaters lebt. Sie nimmt wie alle anderen am täglichen Leben und Arbeiten teil, das Dorf schätzt ihre besondere Gabe der Heilung, die sich bei schwierigen Geburten und Krankheiten offenbart.
    Doch eines ist nicht so wie es sein sollte: Erfolgreich wehrt sie jegliches Heiratsansuchen ab, sehr zur Sorge ihres Vaters und ihres ältesten Bruders. Für diese gibt es nur eine mögliche Erklärung dafür, daß Maria sich nicht für Männer oder die Ehe interessiert – sie muss von Dämonen heimgesucht sein, was für einen Grund sollte es sonst geben, sie ist doch eine gläubige, lebendige und sehr attraktive Frau.
    Aus Sorge um das Seelenheil Marias aber auch aus der Angst davor, daß die eigene Sippe durch diesen vermeintlichen Makel befleckt wird beschließt der männliche Teil der Familie, ein exorzistisches Ritual durchzuführen, ein barbarisches Ritual im bei dem sie beinahe im See Genezareth ertrinkt – im allerletzten Moment hält der Vater dem Treiben inne.

    Nach der gescheiterten Teufelsaustreibung ist jede Hoffnung verloren. Fast jede – denn man bekommt Kunde von einem Wanderheiler, der mit seinen Jüngern ganz in der Nähe weilt....
    So wird Jesus gebeten, Maria Magdalena zu heilen.
    Das wiederum ist nicht nötig, Jesus erkennt sofort daß er eine ihm ebenbürtige Seelenverwandte getroffen hat, mit heilenden Fähigkeiten, empathisch wie fest im Glauben an Gott. Er erkennt daß sie ihre Verbindung zur Familie lösen muss um ihre Bestimmung zu erfüllen und nimmt sie in den Kreis seiner Jünger auf.
    Kaum jemand begrüßt diese Entscheidung, auch nicht seine Apostel. Besonders der ungeduldige Petrus zeigt sich skeptisch, er fürchtet daß Maria Magdalena den Messias von seiner Mission ablenken könnte – der Errichtung des Königreichs Gottes....


    Bewertung:
    Diesen Film zu gucken ist wie ein Bad zu nehmen in einem klaren Gebirgsbach. Nichts für Warmduscher und Couch Potatos, nichts für Vergnügungssüchtige, nichts für Leute, die hier eine Sex&Crime-Story erwarten. Dabei hat der Stoff durchaus alle Voraussetzungen für eine sensationelle Lovestory, eingebettet in ein provokatives und actiongeladenes Historiendrama.
    Dem Regisseur Garth Davis (u.a. The Kings Speech, Lion) ist es hierbei hoch anzurechnen, daß er sich in diesem Film kompromisslos aufs Wesentliche beschränkt setzt und komplett auf Effekthascherei verzichtet. Für spirituell oder christlich orientierte Menschen ist der Film ein purer Genuss. Rooney Mara und Joaquin Phoenix wirken ebenso charismatisch wie unpratentiös – starke Schauspielerleistungen.
    Einzig aus rein cineastischer Sicht, in der Betrachtung des Gesamtkunstwerk hätte angesichts der Länge (ca.2 Stunden) noch das eine oder andere Gewürz gutgetan.


    Note: 8,0
    Angehängte Grafiken Angehängte Grafiken
    • Dateityp: jpg 1b.jpg (137,5 KB, 480x aufgerufen)
    Ich denke, also bin ich hier falsch.

  4. #94
    Earth First! Avatar von Rinz
    Registriert seit
    16.01.13
    Beiträge
    2.212
    Die Filmkritik zu Maria Magdalena wird wohl vorerst die einzige ausführliche Kritik bleiben, der Sommer ist keine "Kinojahreszeit".
    Nachzuholen bleiben einige Kurzbesprechungen (u.a. das Schweigende Klassenzimmer, Shape of water, Die Verlegerin, Die Grüne Lüge, Goodby Christopher Robin).
    Ich denke, also bin ich hier falsch.

  5. #95
    Earth First! Avatar von Rinz
    Registriert seit
    16.01.13
    Beiträge
    2.212
    Shape of Water (USA 2017)

    Bild





    Handlung:
    Die stumme Elisa (Sally Hawkings) lebt mehr oder weniger zurückgezogen in ihrem Stadtappartment und liebt nichts so sehr wie ein Bad in ihrer Badewanne. Ansonsten arbeitet sie als Putzfrau in einer geheimen Forschungseinrichtung. In einem der Räume, die sie zu reinigen hat, entdeckt sie einem wassergefüllten Glasbehälter ein seltsames Wesen, halb Fisch halb Mensch, das dort gefangen gehalten wird, offensichtlich zu Untersuchungszwecken.
    Gleichzeitig lernt sie Richard Strickland (Michael Shannon) kennen, jenen Agenten, der die Kreatur im Amazonasgebiet gefangengenommen hat und der nun herausfinden soll, zu was sie in der Lage ist.
    Elisa erfährt von Stricklands sadistischer Veranlagung und beobachtet ihn heimlich dabei, wie dieser das absonderliche Tierwesen quält. Parallel dazu tritt sie ihrerseits in Kontakt zu dem fischigen Etwas. Rasch begreift sie, daß es sich keineswegs um eine seelenlose Kreatur sondern ein hochentwickeltes, zugleich menschliches wie amphibisches Wesen handelt. Sie beschließt, sich so oft wie es geht um das Wesen zu kümmern, spielt ihm Musik vor, versorgt ihn mit Essen und bringt ihm Begriffe aus der Gebärdensprache bei.

    Zwei Menschen wissen um ihr Geheimnis. Ihre Kollegin Zelda (Octavia Spencer) und ihr Freund und Nachbar Giles. Als sie mitbekommt, daß der Amphibienmensch eliminiert werden soll, bittet sie die beiden, ihr zu helfen. Mit viel Glück und der Hilfe eines als Wissenschaftler getarnten russischen Doppelagenten gelingt es, das Wesen zu entführen.
    Während sich Elisa und die ganz und gar nicht seelenlose Kreatur immer näher kommen, nehmen sowohl der amerikanische als auch der russische Geheimdienst die Jagd auf.....



    Bewertung:
    Vor allem der üppigen Requisite und der liebevollen Detailtreue ist zu verdanken, daß Shape Of Water den Kinozuschauer spielend leicht in die 60er Jahre Amerikas versetzt. Stil und die Farbkomposition erinnern dagegen stark an die Jeunet-Filme, vor allem „Die fabelhafte Welt der Amelie“ kommt einem in den Sinn, was unter anderem auch am Charme der Hauptdarstellerin Sally Hawkings liegt. Abgerundet wird der gelungene Cast durch die charismatische Wucht Michael Shannons, der den Bösewicht-Part mit außerordentlicher Präsenz erfüllt

    Beim Fischwesen hat sich Regisseur Guillermo del Toro an den Kiemenmenschen aus Jack Arnolds legendären Monsterfilmklassiker „Der Schrecken vom Amazonas“ angelehnt, jenem Amphibium, das auch der Fischkreatur in Hellboy zur Vorlage diente.
    Was zum einzigen Manko dieses „Märchens für Erwachsene“ führt: Die Maskenbildner haben zwar durchaus gute Arbeit geleistet, und „es“ (Doug Jones) hat seine Sache auch passabel gemacht, jedoch vermisste ich jeglichen Augenausdruck. Schwer zu sagen, ob die Augen am Computer generiert wurden oder sie Teil des Kostüms waren – jedenfalls war es kaum möglich, „echte“ Organe in ihnen zu sehen. Gerade die für den Ausdruck so elementare Augen wirkten im Gegensatz zum Rest der Erscheinung einfach zu künstlich und unlebendig. Das Ansinnen dahinter mag gewesen sein, den Charakter des Wesens hauptsächlich über Gestik und Geräusche zu darzustellen, das wäre eine ehrenvolle Absicht, die jedoch – so meine ich – nicht notgetan hätte - denn wer einem gewöhnlichen Hausschwein in die Augen geblickt hat, der weiß daß auch Tiere zuweilen einen sehr „menschlichen Ausdruck“ in den Augen haben.

    Gut möglich, daß dem Filmteam das Wesen mit "echten" Augen zu menschlich war - denn es sollte ja nicht zu sehr menschlich sondern auch und zugleich tierisch und göttlich sein. Trotzdem hat man hier aus meiner Sicht etwas an Potential verschenkt. Denn eine höherer Ausdrucksform der Figur des archetypischen Helden hätte die Quintessenz des Films noch stärker herausbringen können: Die Liebesbeziehung zweier Wesen, die zwar unterschiedlicher nicht sein könnten, jedoch mit ihrer Stummheit und Affinität zum Wasser auch wesentliche Gemeinsamkeit haben. Die Love-Story dieses besonderen Päärchens ist ansonsten überzeugend und behutsam aufgebaut und insgesamt mit gekonnter Eleganz inszeniert.
    Wahrscheinlich aus diesem Grund räumte der Film 4 Oscars ab, unter anderem sogar den Oscar für den besten Film und die beste Regie.


    Note: 8,0
    Angehängte Grafiken Angehängte Grafiken
    • Dateityp: jpg 1aa.jpg (19,9 KB, 440x aufgerufen)
    Ich denke, also bin ich hier falsch.

  6. #96
    Earth First! Avatar von Rinz
    Registriert seit
    16.01.13
    Beiträge
    2.212
    Die Verlegerin (USA 2018)

    Handlung: Es war "der" Skandal vor dem Watergate-Skandal: Die "Pentagon Papers" enthüllten unter anderem, daß vier amerikanische Präsidenten (inklusive John F.Kennedy) über Jahrzehnte hinweg unbequeme Wahrheiten über die Kriege in Indochina verheimlichten. Bereits der Einstieg der USA in den Vietnam-Krieg entsprang aus einer Lüge, einem vermeintlichen Angriff Nordvietnams (Tomkin-Zwischenfall), der tatsächlich jedoch nie stattgefunden hat. Ein hochrangiges Mitglied des Verteidigungsministerium beschloß Anfang der 70er, der amerikanischen Presse 7000 Seiten brisantes Material zuzuspielen. Die New York Times begann mit der Veröffentlichung, wurde aber durch einen fragwürdigen Gerichtsbeschluss an der Weiterveröffentlichung gehindert. Zum ersten Mal in der Geschichte der USA war die Pressefreiheit in Gefahr. Der Film erzählt die Geschichte der Washington Post-Verlegerin Kay Graham, die gegen nachhaltigem Druck der Geldgeber und Aktionäre die Veröffentlichung der wichtigsten Seiten der Pentagon-Papers durchsetzte.

    Bewertung:
    Meryl Streep ist ohne Frage eine Ikone, ebenso wie Regisseur Steven Spielberg. Bei diesem Film jedoch kommen beide nicht über Mittelmaß hinaus. Zu langatmig ist das zeithistorische Machwerk aufgezogen, zu facettenarm die Darstellung der Hauptperson. Auch ein wie gewohnt solider Tom Hanks kann nichts daran ändern, daß "Die Verlegerin" über das "Prädikat gut gemeint" nicht hinauskommt.

    Note: 6,0

    Die Sch'tis in Paris (Frankreich 2018):

    Die Fortsetzung der erfolgreichen französischen Komödie aller Zeiten ("Willkommen bei den Sch'tis") ist streng genommen gar keine Fortsetzung. Danny Boon mimt einen erfolgreichen Kunstdesigner, der seine Sch'ti-Herkunft verleugnet. Nach einem Unfall und anschließendem Koma verliert er das Gedächtnis und kann sich nur noch an seine Jugend erinnern - und: spricht wieder Sch'ti, sehr zur Freude seiner Familie.
    Nach einem sehr zähem und wenig lustigen Auftakt nimmt der Film langsam Fahrt auf. Gegen Ende folgt dann ein gelungener Gag auf den anderen, und die erhoffte Zwerchfellmassage tritt ein und man wird letztlich mehr als ordentlich für den mauen Beginn entschädigt - Ende gut alles gut.

    Note: 5,0

    Three Billboards Outside Ebbing, Missouri: (USA, 2017)

    Regisseur Martin Mc Donagh dreht einen Film ganz im Stil der Coen-Brothers: Mildred (Frances Mc Dormand) kratzt ihr letztes Vermögen zusammen, um mit drei riesigen Werbeplakaten den örtlichen Polizeichef dazu aufzufordern, endlich den Mord an ihrer Tochter aufzuklären. Der wiederum (gespielt von Woody Harrilson) hat ganz andere Sorgen - er ist unheilbar krebskrank, außerdem dreht einem seiner Cops (Officer Jason Dixon) langsam die Lunte durch...
    Die herrlich skurrilen Typen in diesem Film sind ein wenig zu herrlich skurril. Was bei den Gebrüder Coen auf selbstverständliche Art authentisch wirkt, wirkt hier doch ein wenig aufgesetzt. Vollkommen glaubwürdig dagegen die grandiose Frances Mc Dormand, die für ihre Rolle (zurecht) mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Außerdem oscarprämiert, warum auch immer: Sam Rockwell für die Darstellung des ziemlich heftig durchgeknallten Jason Dixon.

    Note: 6,5

    Die dunkelste Stunde (GB, 2018)

    Auch "Die dunkelste Stunde" wurde mit einem Oscar prämiert: Gary Oldmann verkörpert Winston Churchill, der zu Beginn des 2.Weltkriegs inmitten einer Stimmung geprägt von Aussichtslosigkeit und "Appeasement-Politik" die unangenehme Aufgabe übertragen bekommt, als Not/Verlegenheits-Premierminister Nazi-Deutschland die Kapitulation anzubieten. Zumindest die Konservativen erwarten das von ihm. Doch Churchill überrascht alle, seine Freunde, seine Gegner, auch das englische Königshaus und am Ende sogar die Nazis. Mit seinen mitreissenden Reden schweißt er die Nation zusammen - und sein Plan zur Rettung der eingekesselten Streitkräfte in Dünkirchen ist ebenso wagemutig wie genial...
    Kurzweiliger und handwerklich solide gemachter Nachhilfeunterricht in Geschichte.

    Note: 7,5


    Die Grüne Lüge (D, 2018)

    Szenischer Dokumentarfilm über "Greenwashing". Informativ und sehr kurzweilig beschreibt der Film, mit welchen Tricks und enormem PR-Aufwand uns die Industrie unser "schlechtes Ökogewissen" reinwaschen will - alles ist "nachhaltig", "unbedenklich", "aus kontrollierten Anbau", "ressourcenschonend" und daher "grün". Mit immer neuen Tricks und Label-Lügen werden wir, die zunehmend kritischen Verbraucher, beschwichtigt und letztlich doch wieder für dumm verkauft.
    Werner Boote und Kathrin Hartmann nehmen sich des Themas spielerisch an, mit verteilten Rollen. Ihre Frage-und Antwort-Reise führt die Kinobesucher an all die Orte, wo angeblich so umweltschonend und nachhaltig gewirtschaftet wird....
    "Die Grüne Lüge" kommt dem Meilenstein der informativen Dokumentation "We Feed the World" sehr nahe - empfehlenswert!

    Note: 7,0
    Ich denke, also bin ich hier falsch.

  7. #97
    25 Jahre verheiratet Avatar von Papa Bear
    Registriert seit
    12.03.09
    Ort
    Rheinland
    Beiträge
    10.432
    Ein paar dieser Filme laufen im Flieger nach New York nächstes Wochenende. Danke für Deine Reviews und Bewertungen! Wird in die Reihenfolge, in der ich sie mir anschaue, einfließen
    Aktuelles RL-Projekt: PV-Anlage + E-Auto

    Heimkinobau-RL-Story

    Eine Runde Nostalgie...

    Wie kam der Papa zum FCB? Des Rätsels Lösung

    Star Wars Episode I-III doch irgendwie nachvollziehbar? Wie der Papa das sieht

    Zitat Zitat von Klipsch-RF7II
    "Streaming ist für die breite Masse und denen ist HDR piepschnutzegal. Wenn man denen HDR erklärt, verstehen sie eh' nur Bahnhof"

  8. #98
    Earth First! Avatar von Rinz
    Registriert seit
    16.01.13
    Beiträge
    2.212
    System Error (Doku, Florian Opitz, D 2018)


    Bild



    „Und sie sägten an den Ästen, auf denen sie saßen und schrien sich ihre Erfahrungen zu, wie man besser sägen könne.
    Und fuhren mit Krachen in die Tiefe.
    Und die ihnen zusahen beim Sägen schüttelten die Köpfe und sägten kräftig weiter.“
    Bert Brecht


    Handlung:

    Florian Opitz wollte ursprünglich einen Film über neue Ansätze machen, über Gegenmodelle zum Kapitalismus. Doch er wurde kaum fündig. Also schwenkte er um und fragte Großunternehmer und Insider der Finanzindustrie: Funktioniert der Kapitalismus dauerhaft? Wie stabil ist das System? Was treibt die Protagonisten an? Braucht es Wachstum?
    Und er fragt Ökonomen und Statistiker: Wie genau funktioniert Wachstum im modernen Kapitalismus? Und was wird durch das BIP eigentlich gemessen?

    Bewertung
    Schon in der allerersten Szene wird klar, daß dieser Film kein Gute-Laune-Streifen ist. Ein brasilianischer Sojaproduzent und ein brasilianischer Fleischbaron plaudern aus dem Nähkästchen, sie sind stolz auf ihre Leistung, stolz auf die gewaltige Menge Nahrung die sie dem Weltmarkt zur Verfügung stellen, stolz auf die Effektivität der Massenproduktion, stolz auf den neuen Flughafen im Mato Grosso, dem ersten dort und sie verstehen nicht, warum sie 15% des tropischen Regenwalds stehen lassen müssen, warum sie Ärger kriegen wenn sie ihn dennoch roden.
    Und dieses Unverständnis, was denn so schlimm daran ist, die ganze Erde profitabel zu machen und auch aus dem letzten kleinen Winkel noch Geld herauszupressen, dieses Unverständnis zieht sich durch den ganzen Film. Der Anlagaberater Donald Trumps, der viel auf seine Kleidung hält, nichts von der Kleidung des Filmteams, der - posierend in bester Lothar-Matthäus-Manier - sich als "Künstler des Kapitals" versteht. Der chinesische Flugzeugbauer, der sich vollkommen überzeugt von seiner Vision zeigt, daß bald jeder der 1,4 Milliarden Chinesen mit einem seiner Flugzeugen abheben wird. Oder der Anlagechef von Audi, der "für 600 Miliarden Euro verantwortlich" ist und der extrem gut darin ist, perfekt reingewaschene Worte für die dreckigen Seiten des Anlagegeschäfts zu kreieren.

    Das alles ist schwer hinnehmbar. Wie dumm muss man sein, um heute noch ernsthaft an die Unfehlbarkeit des Kapitalismus zu glauben? Wie dumm muss man sein um ernsthaft davon auszugehen, nur weil es für die Menschheit seit 5000 Jahren rein wirtschaftlich gesehen immer bergauf ging wird das auch ewig so bleiben? Und wie dumm sind wir, daß wir solche dummen Menschen in Führungspositionen gelangen lassen?

    Doch dazwischen sieht man auch vereinzelt Wissende, sozusagen die Wölfe. Die nach Insider aussehen. Die den Eindruck machen als wenn sie mittendrin sitzen im Auge des Hurrikans, die, die ganz ruhig und unaufgeregt beim Wachstum ihres Geldes zusehen, die die sagen: Wir wissen nur zu gut, daß wir die Unwissenden abzocken. Wir nehmen nur Leute die was können, IT-Spezialisten und Mathematiker, keine die glauben was zu können, so wie BWler, Ökonomen oder Anlageberater.

    Von den Wölfen erfährt man, was man irgendwie schon weiß aber dennoch: daß es die es Algorithmen sind, die einem die Arbeit abnehmen. Und daß diejenigen Cash machen, die die Algorithmen kontrollieren, welche den Hochfrequenzhandel im Nanosekundenbereich bestimmen. Und daß es manchmal wichtig ist, einfach sofort und mit militärischer Disziplin alle Rechner herunterzufahren, nämlich dann wenn ein Flash Crash vorliegt, ein Kurssturz der in wenigen Minuten Börseneinbrüche von bis zu 10 Prozent bewirkt, bei einzelnen Aktien sogar bis zu 99 Prozent.

    Opitz lässt auch kluge Leute zu Wort kommen, Leute die das System von innen kennen und ebenso auch von außen beschreiben können. Vom klügsten von allen ist soeben ein monumentales Denkmal in seiner Heimatstadt aufgestellt worden: der Kapitalismuskritiker, Wirtschaftsanalytiker und Visionär Karl Marx. Verblüffend: Jedes Detail scheint Marx genaus so vorausgesehen zu haben, wenn man die von Opitz geschickt plazierten Zitate mit dem Geschehenen abgleicht.
    Muss man Kommunist sein, wenn man den Film gut finden will?

    Die Frage habe ich bewußt naiv gestellt, sie ist nicht ernst gemeint. Es geht natürlich auch um Meinung, um Stellungnahme. Natürlich weiß man bereits wie bei "Die grüne Lüge" oder "We feed the World" schon vor dem Film, worauf der Inhalt abzielt und natürlich wird man in seinem systemkritischen Weltbild nicht enttäuscht. Die spezielle Stärke des Films liegt darin, daß man gar keine Lust hat, die Protagonisten zu beneiden. Der Lack des Kapitalismus ist ab, wo vorher im Wall Street Stock Exchange Tausende von aufgeregten Brokern wild herumfuchtelten und die Luft vor kapitalistischem Abenteuer flirrte sitzen dort heute nur noch ein paar gelangweilte Typen vor vereinzelten Bildschirmen und gucken nur dann geschäftig, wenn sich einer der TV-Jounalisten vor sie ins Bild schiebt.

    "Die Märkte sind erschlossen" so verrät einer der Insider.
    "Wachstum wird heute nur noch Zerstörung generiert. Ich mache etwas Ganzes absichtlich kaputt, so daß neues produziert werden kann".

    Auch das wissen wir schon lange, nicht nur Berthold Brecht wusste warum z.B. Krieg sich rechnet. Kein Wunder, daß die große Masse der Menschheit so wenig von diesem Wachstum hat, der "heiligen Kuh des Kapitalismus". Warum lassen wir uns in unserem Leben von solch einem irrationalen System beherrschen? Denn daß das System nicht rational ist, geben nahezu alle relevanten Interviewpartner zu. Nach dem letzten großen Crash 2007/2008 dauerte es nur knapp ein Jahr bis die von allen so hoch und heilig beteuerte Kehrtwende hin zum kontrollierbaren Börsenhandel wieder hinfällig wurde - seitdem wird mehr und riskanter denn je gezockt.

    Die Frage nach diesem Warum wird nicht geklärt, das wäre wohl zuviel verlangt von einem Film.
    So richtig viel schlauer ist man hernach auch nicht wirklich und besser ist einem erst recht nicht.
    Der Film frustriert, er beleuchtet irrationales Verhalten aber zeigt keinen Ausweg aus dem Dilemma.
    Es ist hart, das zu akzeptieren.

    Note: 8,0
    Angehängte Grafiken Angehängte Grafiken
    Ich denke, also bin ich hier falsch.

  9. #99
    The Greater Fool Avatar von Tronde
    Registriert seit
    22.09.06
    Beiträge
    8.115
    Ein paar interessante Filme, die ich größtenteils nicht gesehen habe. Shape of Water und Maria M. will ich allerdings noch sehen.

    Sonst noch was gesehen in letzter Zeit?
    my love, I cannot tell you how thankful I am for our little infinity. I wouldn't trade it for the world. You gave me a forever within the numbered days, and I'm grateful.”

  10. #100
    Earth First! Avatar von Rinz
    Registriert seit
    16.01.13
    Beiträge
    2.212
    Nicht viel, angesichts der WM und dem Supersommer. Über "Das schweigende Klassenzimmer" und "Ein Mann seines Wortes" folgen noch Besprechungen, beide (sehr gelungene) Filme will ich noch ein zweites Mal sehen.
    Ich denke, also bin ich hier falsch.

  11. #101
    The Greater Fool Avatar von Tronde
    Registriert seit
    22.09.06
    Beiträge
    8.115
    Gut.

    Das schweigende Klassenzimmer wollte ich gerne sehen aber naja
    my love, I cannot tell you how thankful I am for our little infinity. I wouldn't trade it for the world. You gave me a forever within the numbered days, and I'm grateful.”

  12. #102
    Earth First! Avatar von Rinz
    Registriert seit
    16.01.13
    Beiträge
    2.212
    Kannste ja noch.
    Ich nehme aber an der läuft nicht auf netflix, wa?
    Überhaupt netflix. Ich hatte neulich zusammen mit meiner Herzensdame ungehinderten Zugriff auf netfix, freie Auswahl.
    Wir haben tatsächlich keinen einzigen Film gefunden, der uns gereizt hat, ihn anzugucken, wirklich nicht einen. Sämtliche Filme die uns gereizt hätten, wo wir dachten "nun wenn wir schonmal freie Wahl haben, dann vielleicht den" waren dort nicht verfügbar, Hallo? Ich muss aber freilich zugeben, daß mir Manchester by the Sea nicht in den Sinn kam, denn den möchte ich noch gerne sehen, du hattest ihm ja auch eine gute Kritik gegeben. Was mich daran erinnert, daß ich im Kino "Filmstars don't die in Liverpool" gesehen habe. Nicht übel, 6,5 von 10. Reicht aber nicht, um ihn hier zu besprechen, ist auch ein klasischer Nischenfilm den warscheinlich hier niemand je gucken wird, zumal weder Popmusik noch Fußball eine Rolle spielt, und das bei einem Film der in Liverpool spielt, was sagt man dazu
    Und dann noch "Lachsfischen im Jemen", ebenso respektable 6,5 von 10. Das sind alles Filme die man sehr gut mit der Dame seiner Wahl gucken kann wenn man eine hat. Wenn nicht, naja, dann würde ich wohl auch eher bei Action ansetzen...
    Ich denke, also bin ich hier falsch.

  13. #103
    The Greater Fool Avatar von Tronde
    Registriert seit
    22.09.06
    Beiträge
    8.115
    Das wird sicher noch eine Weile dauern, bis der auf Netflix zu sehen sein wird. Da werde ich wahrscheinlich davor ein günstiges BD Angebot annehmen. Ich nutze Netflix ja eher für Serien, weniger für Filme. Wüsste da auch nicht was die da großartig drauf haben. Hab da mal Iron Man 2 und 3 gesehen, weil mein BD Player die BDs nciht abgespielt hat. Und eben den Film mit Natalie Portman - welchen ich im 2018er Thread besprochen habe.

    Manchester by the Sea kann ich nur empfehlen, ich habe ihn ja inzwischen auch ein 2. Mal (nun auch im Originalton) gesehen - grandios. Insbesondere eine Szene zwischen Michelle Williams und Casey Affleck. Dafür hat sie, glaube ich, auch ihre Nominierungen bekommen. Die war in der Synchronisierung schon stark, im O-Ton aber natürlich noch ein bisschen stärker.
    my love, I cannot tell you how thankful I am for our little infinity. I wouldn't trade it for the world. You gave me a forever within the numbered days, and I'm grateful.”

  14. #104
    Earth First! Avatar von Rinz
    Registriert seit
    16.01.13
    Beiträge
    2.212
    Manchester By The Sea ist inzwischen sublimiert worden - großes Kino!
    Ich vergebe 8,5 von 10 möglichen Rinzern. Rinzens. Oder was auch immer, jedenfalls 8,5. Meine Freundin hat geweint und ich auch (fast). Leider ist es jetzt auch schon wieder ein paar Wochen her, so daß es dazu keine Besprechung gibt. Aber Empfehlung kann auch ich vorbehaltlos aussprechen. Geeignet für jeden - außer für die die ihr Herz nicht mehr spüren wollen, das soll es ja auch geben.

    Ansonsten gab es manche Filme die ich hätte besprechen können, einige die ich hätte besprechen wollen und am Ende dann doch wenige, die hier tatsächlich Einzug finden werden. Nach wie vor geplant ist das bei "Das schweigende Klassenzimmer" und "Ein Mann seines Wortes". Dazu kommen "Wackersdorf" und evtl. "Inside Job", eine von Matt Damon produzierte Doku über die Hintergründe des 2008er Crashs.
    Ich denke, also bin ich hier falsch.

  15. #105
    Earth First! Avatar von Rinz
    Registriert seit
    16.01.13
    Beiträge
    2.212
    Ebenso nachgeholt wurden zwei Filme mit Moritz Bleibtreu.

    Lommbock ist wie sein Vorgänger (Lammbock) recht lustig. Recht lustig und ganz nett. Hört sich belanglos an, ist es auch. Aber es ist eben auch recht lustig und hat auch eine ganz nette Story. Daher will ich den Streifen nicht schlechtreden, für Kiffer ist es ohnehin ein Pflichtfilm, für alle anderen - ganz nett. 6,0Rinzers.

    Die Dunkle Seite des Mondes (2016) dagegen ist alles andere als "nett". Ein unglaublich dichter, atmosphärischer Spielfilm. Moritz Bleibtreu spielt einen sehr erfolgreichen Juristen, der für Konzerne Fusionen abwickelt und Wind von einem Pharmaskandal bekommt. Bleibtrei zeigt hier einmal mehr, daß er sich vor keinem Hollywoodstar zu verstecken braucht. Selbst sein prominent besetzter Gegenspieler (Jürgen Prochnow) kann da trotz einschlägiger Hollywooderfahrung in diesem packenden Psychothriller kaum gegenankommen. "Die dunkle Seite des Mondes" ist definitiv Blockbusterkino und ein weiterer Beleg für die hohe Qualität des deutschen Kinofilms im 21.Jahrhundert. 8,0 Rinz's
    Ich denke, also bin ich hier falsch.

Seite 7 von 10 ErsteErste ... 345678910 LetzteLetzte

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •