Fragen zur Geschichte

[Calibas]

Kann mir nicht vorstellen, dass sowas wie Außenpolitik darstellen im Abi drankommt Wenn, bekommst du doch eine Quelle und bringst das in der Interpretation ein. Gibt es bei euch immer vier Aufgaben? Drei würden es ja auch tun (lange Quelle, Statistik und/oder Bild/Karikatur, evtl. Historikerurteil oder Kurzrezension)

Also bei uns in Sachsen kam das als einzelne Teilaufgabe schon manchmal dran (wenn auch eher im GK), meist bei Klausuren zum Themengebiet "Krieg und Frieden" mit den ganzen Verträgen. ^^

Aber Mensch, dass wäre mal ein Abi von dir, das ich gerne schreiben würde. Bei uns ist immer eine Aufgabe Quelleninterpretation bzw. Karikatur (im LK praktisch nie ), eine Untersuchung eines Sachverhalts, der in der Quelle angeschnitten wurde, eine Darstellung/Beschreibung (bricht meist mit dem vorherrschenden Fachbereich), das Erklären eines zentralen Themas sowie abschließend eine Erörterungsaufgabe (auch oft mit Quellenbezug).

Ich würde also liebend gern "dein" Abi oder das von NRW oder so schreiben.

[Großadmiral Thrawn]

Kann mir nicht vorstellen, dass sowas wie Außenpolitik darstellen im Abi drankommt Wenn, bekommst du doch eine Quelle und bringst das in der Interpretation ein. Gibt es bei euch immer vier Aufgaben? Drei würden es ja auch tun (lange Quelle, Statistik und/oder Bild/Karikatur, evtl. Historikerurteil oder Kurzrezension)

Also zumindest in der Stark-Lektüre sind immer vier Aufgaben pro Abiklausur, aber manchmal beziehen sich auch zwei Aufgaben aufeinander, z.B. wenn man eine Quelle interpretiert und dann in der nächsten Aufgabe sie in Vergleich mit etwas bringen soll. Kurzrezension kann ich mir eher weniger vorstellen, ein Ausschnitt aus dem Urteil eines Historikers schon eher (eine frühere Lektüre hatte mal als Übungsaufgabe einen Text von Golo Mann zu Bismarcks Reichseinigung). Außenpolitik kann denke ich schon drankommen, aber wenn dann eher etwas anders vormuliert (z.B. erörtern sie die Widersprüchlichkeit der NS-Außenpolitik)oder auch mit einer Quelle verbunden. In der Klausur vom letzten Halbjahr haben wir ein Hitlerzitat von 1933 bekommen und sollten dieses dann in den innenpolitischen Kontext 1933 und die bis 1939 darzustellende Außenpolitik einordnen.

[Großadmiral Thrawn]

So, das Geschichte-Abi BW 2018 ist gekommen und wieder gegangen

Ich habe den zweiten Themenblock genommen (BRD/DDR 1945-1989 ohne Wiedervereinigung und Wende)

1. Aufgabe war die Analyse folgender Karikatur von 1949 (in Amerika publiziert) (16P?)

Achtung Spoiler:

2. Aufgabe war die Analyse eines Briefes, den eine Betriebsgruppe einer VEB (irgendwas mit Kunststoff in einem Ort mit E) an den Genossen Ulbricht 16 Tage nach dem Bau der Berliner Mauer geschrieben hat, und dem Staatsratsvorsitzenden mehr oder minder "in den Arsch kriecht" vor lauter Schleimerei. Zudem sollte man noch diese Quelle mit einem Plakat aus dem CDU-Wahlkampf '76 (Freiheit statt Sozialismus), auf dem der Mauerbau (zwei Bauarbeiter machen eine der Lücken zu, bewacht von einem NVA-Soldaten), Überschrift war irgendwas alá "so schön muss Sozialismus sein" . (14P?)

3. Aufgabe war die Nennung der Entnazifizierungsmaßnahmen der Alliierten im Nachkriegsdeutschland (12P)

4. Man sollte die These, dass während der Kanzlerschaft Willy Brandts eine zweite Gründung der BRD stattfand, überprüfen (18P)

Mein Fazit:
1.) War ganz gut machbar, ich habe bloß das Gefühl, dass ich aus Zeitgründen zu wenig geschrieben habe, als ich eigentlich in der Lage gewesen wäre vom Verständnis und Wissen, weil ich unter extremem Zeitdruck stand (hab die Aufgabe als vorletztes gemacht)

2.) Im Unterricht haben wir Quellenvergleich nie besprochen, sondern halt nur wie man schriftlich/statistische/bild Quellen einzeln untersucht, weswegen ich keine Ahnung habe, wie mir das gelungen ist. Die Textquelle war gut, zwar extrem einseitig weil DDR-Propaganda vom schlechthin (ich hatte eher mit einer Rede aus der BRD oder einem Urteil eines Historikers gerechnet). Sprachlich ließ sich da einiges machen (Hyperbeln, Klimax und Antithese ), aber ich befürchte, dass ich mich (aus Zeitgründen ) vielleicht zu wenig mit dem Inhalt kritisch auseinandergesetzt habe (Faktencheck). Bei dem Wahlplakat kam mir halt zu gute, dass ich den Kontext (Freiheit statt Sozialismus-Wahlkampf) gekannt habe, und dann entsprechend ein bisschen die Einseitigkeit der CDU kritisiert (SPD hat Freiheit als Grundwert und Sozialdemokratie als demokratischer Sozialismus) aber dass es die Faktenlage auch besser als der Brief trifft, da die BRD ihre Bürger nicht einsperrt, etc.


3.) Ich hab mich viel zu lange dabei aufgehalten, weil ich da erstmal eine Mind Map gemacht erstellt habe, weil ich Denazifizierung überhaupt nicht gelernt habe (ich hab mit Gründung BRD/DDR) gerechnet, lief aber eigentlich ganz gut bis darauf, dass ich bei der Aufgabe zu viel Zeit verloren habe, die mir dann nachher gefehlt hat.

4.) Viel zu wenig Zeit, ich hab das Gefühl das ich Stuss geschrieben habe, meine Kernthese war, dass Adenauer die BRD gegründet hat, und Brandt sie nach 20 Jahren CDU-Staat erneuert hat (nur dass mir Erneuerung im Eifer des Gefechts nicht einfiel ) und dann hab ich halt noch Modell Deutschland, das Mitgliederwachstum der Parteien, Gewerkschaften und die ganzen Bürgerinitiativen als Beleg dafür genommen mit dem "Mehr Demokratie wagen", die Ostpolitik und UN-Beitritt 1973 als internationale Anerkennung und Loslösen von altem Ballast (im Osten sind Tatsachen geschaffen worden mit der Okkupation der Ostgebiete ==> keine Revision möglich) und halt noch den Nobelpreis an Brandt. Von der Sprache her bin ich einen ziemlich essayistischen Stil (paar ungewollte Stilmittel ) geraten, weil ich so sehr schnell schreiben kann (Zeitdruck!!!).

Länge der Arbeit: 1 Konzeptseite mit Denazifizierungs-Mindmap, 18 Seiten Ausarbeitung (4,5 Bögen)
Prognose: 13 (wenn der Zweitkorrektor gnädig ist vielleicht auch 14)

[Suite]

Klingt doch ganz gut Dadurch, dass du in 2.) auch wahrscheinlich "gegen den Erwartungshorizont" kritisch gegenüber der "guten" Quelle bist, ist ja eine Grundlage für eine ausgezeichnete Klausur da. Da ist die bipolare politische Welt im Nachkriegsdeutschland (quasi bis in die frühen 80er hinein) natürlich auch hilfreich, einzuhaken.

Essayistisch ist zwar schön zu lesen, aber je nachdem, was du in 4.) genau gemacht hast, könnte es sein, dass du weniger "überprüft" hast als eher "kommentiert" oder "erklärt". So groß auch die Verdienste von Brandt waren, der Kniefall und der "Revisionsverzicht" sind m.E. () ja eher nobelpreiswürdige und "symbolische" Aktionen (vollendete Tatsachen hast du ja angesprochen) als "reale" Politik, die man mit einer "Neugründung" titulieren könnte.

1.) finde ich sehr schön, da kann man allerdings auch sehr viel schreiben

Also keine Bange, du wirst das bestimmt (mindestens) sehr gut gemacht haben

[Des Pudels Kern]

UN-Beitritt 1973 als internationale Anerkennung und Loslösen von altem Ballast (im Osten sind Tatsachen geschaffen worden mit der Okkupation der Ostgebiete ==> keine Revision möglich)

Der UN-Beitritt ist mehr als bloß internationale Anerkennung. Die UN war seinerzeit als Bündnis gegründet worden, Nazideutschland und Japan zu besiegen. Es ist das Siegerbündnis des 2. WK und die Tatsache, dass Deutschland diesem nun beitritt und beitreten darf, kann man schon als Zäsur betrachten.

[Großadmiral Thrawn]

So in der Art hab ich da auch was formuliert, dass Deutschland nicht mehr durch die Nazibrille wahrgenommen wird, sondern als erfolgreiches Land und halt internationale Reputation als Friedensmacht (da stand was im Lehrbuch so ähnlich drinnen). Ich war kurz davor, noch den ehrlichen Makler-vergleich zu ziehen, habs dann aber gelassen.

Edith: Die BRD ist nicht die Friendzone

[Des Pudels Kern]

So in der Art hab ich da auch was formuliert, dass Deutschland nicht mehr durch die Nazibrille wahrgenommen wird, sondern als erfolgreiches Land und halt internationale Reputation als Friendsmacht (da stand was im Lehrbuch so ähnlich drinnen). Ich war kurz davor, noch den ehrlichen Makler-vergleich zu ziehen, habs dann aber gelassen.

Ja, Deutschland befand sich seit jeher in der "Friendzone" der Weltgemeinschaft Möchte immer geliebt werden, aber alle wollen se eigentlich nur an die DM ran. Sieht man immer wieder sehr schön bei den Fußballweltmeisterschaften, wenn eigentlich neutrale (=bereits ausgeschiedene) Länder nie für Deutschland sind. Am Ende steht es allein da - oder wolltest du das etwa gar nicht sagen mit "Friendsmacht", sondern "Frieden"?

Diese ganze UN-Sache ( ) war natürlich auch immer hochpolitisch und vom Ost-Westgegensatz geprägt; verbunden mit der Überlegung, wie man der jeweils anderen Seite einen auswischen kann.
Es ist von dem her natürlich unerlässlich, eine Wirtschaftsmacht wie Westdeutschland aufzunehmen, um bei diesbezüglichen Fragen ggf Stimmenmehrheiten zu erreichen. Da muss man sich keine Illusionen machen.

[Großadmiral Thrawn]

Da ist durchaus was dran, aber sowas erörtert man leider nicht im Unterricht, weil einfach die Zeit für derartige Details fehlen. Und ich meinte eigentlich Friedensmacht.

[Suite]

Ist ja auch hochaktuell, was z.B. den Sitz im Sicherheitsrat angeht. Den wollen wir ja unbedingt wieder haben Das könnte man auch gut als Evolution mit dem Ausgangspunkt Brandt nehmen.

[Des Pudels Kern]

Ja, war mir schon klar, dass es n Typo war

Wie kam man denn dazu, dass Deutschland ne Friedensmacht war? Immerhin ist das ja wertend gemeint und positiv konnotiert. Deutschland spielte (und spielt) im politischen Weltgeschehen aber faktisch keine aktive Rolle, sondern war nach dem Krieg im Grunde auf eine, wenn man so möchte, Opferrolle abonniert. Zum einen wegen der Teilung, zum anderen, wäre es zum Weltkrieg gekommen, wäre es Hauptschauplatz gewesen.
Warum also diese Einschätzung?

[Großadmiral Thrawn]

Keine Ahnung weswegen man die BRD als Friedensmacht bezeichnet hat, ich hab mich bloß an das erinnert, was ich in meinem Lehrbuch gelesen habe

"Die neue Ostpolitik festigte so den bereits in der Adenauerzeit begründeten Ruf der Bundesrepublik Deutschland als Friedensmacht."

Kursbuch Geschichte, Berlin, 2010, S.469

Edith hat was gefunden

Auszug aus der Nobelpreisrede Brandts:

"Die Bundesrepublik kennt die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Mit dieser Einsicht verbunden ist das Bewußtsein, daß sie durchaus auch Macht hat und eine Macht ist – sie versteht sich mit allen ihren Kräften als eine Friedensmacht. Der Über­gang von der klassischen Machtpolitik zur sachlichen Friedenspolitik, die wir verfolgen, muß als der Ziel- und Methodenwechsel von der Durchsetzung zum Ausgleich der Interessen begriffen werden. Dies erfordert Selbstüberwindung, Sachlichkeit und keine weniger sichere Einschätzung politischer Kräfte und Mög­lichkeiten, als sie die klassische Machtpolitik verlangt. Vom geheiligten Egoismus der Nation soll sie zu einer europäischen und globalen Innenpolitik führen, die sich für ein menschenwürdiges Dasein aller verantwortlich fühlt."

Quelle: http://www.a-k-dahesch.de/brandt.html

Die hätte sich eigentlich auch ganz gut als Quelle angeboten, wo man ein bisschen was zur Ost/Westpolitik der BRD erörtern könnte.

[Des Pudels Kern]

Ja, der Punkt ist aber, dass die BRD sich selbst als "Friedensmacht" sah und das mit der Ostpolitik festigte. Wie das international rezipiert wurde, steht auf nem anderen Blatt.

mE bedarf es da eine gewisse Erläuterung der Semantik.
"Friedensmacht" wird - ganz bewusst und va auch sozialdemokratisch geprägt - in Abgrenzung zu Ausdrücken wie "Weltmacht" (früher oder zeitgenössisch besser "Ordnungsmacht" oder "Weltpolizist") verwendet.
Deutschland verstand zu diesem Zeitpunkt selbst als "Friedensmacht" als eine Art Sonderweg und möglicherweise Vorreiter. Was anderes blieb ihm ja auch nicht übrig, als aus der Not ne Tugend zu machen und in der Realität sah es außerdem so aus, dass unter Schmidt nicht viel davon übrig geblieben ist, sondern deutlich wurde, dass man Spielball der Weltpolitik denn Gestalter war.
Und es lief darauf hinaus, dass man sich selbst nicht beteiligt, aber finanziell unterstützt; euphemistisch geschrieben seine Hände in Unschuld wäscht.

[Calibas]

Länge der Arbeit:1 Konzeptseite mit Denazifizierungs-Mindmap, 18 Seiten Ausarbeitung (4,5 Bögen)

So viel zu schreiben kenne ich nur allzu gut.
Aber bei uns im (11-Leute)-Kurs gibt es auch immer die Experten, die sagen, man müsse nicht so viel schreiben, es komme stattdessen nur auf die Qualität an. Nun gut, das waren auch solche mit bloß 8 Punkten im Vorabi. ^^

Wie ist das eigentlich mit den Zweitkorrekturen in BaWü? Weil bei uns eilen sie ihrem "Ruf" voraus, gerade in Geschichte und Deutsch können sie einen stark abwerten, und können einem die Note schon hart versauen.

[Tiramisu]

Ist das hier der Geschichts-Abi-Thread?

[Calibas]

Ja, schon so.