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Thema: Fragen zur Geschichte

  1. #1741
    begossener Pudel Avatar von Des Pudels Kern
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    Zitat Zitat von Advocatus Dia. Beitrag anzeigen
    Von dir nicht genannte, aber sehr wichtige Gründe aus Sicht der "Südstaaten" waren Demokratie, Freiheit, Staatsverständnis, Wirtschaftspolitiken (bspw. Schutzzölle) usw.. Es gab da schon einige politische Differenzen, die weit über die "Sklaverei" hinaus gingen.
    Allerdings war eben die "Sklaverei-Frage" das Mittel, um im Süden zu mobilisieren.
    (Nicht immer uneigennützig. Politik war damals wie heute oftmals ein schmutziges Geschäft.)
    Das ist grundlegend falsch. Bei den Südstaaten drehte sich alles, wirklich jede politische Frage letztlich um den Erhalt der Sklaverei und ihrer, untrennbar damit verbundenen Identität. Und dagegen machte nicht nur der Führungszirkel mobil und log etwa dem Südstaatenvolk irgendwelche höheren Ideale vor.
    Nein, in zeitgenössischen Südstaatenzeitungen wurde genau das Ende der Sklaverei (und der Way of life) und nichts anderes prognostiziert, wenn Lincoln die Wahl gewinnen würde. Die Zeitungen riefen darüber hinaus dazu auf, genau dagegen vorzugehen.
    Zu keinem Zeitpunkt war die Abschaffung der Sklaverei aus Sicht der Nordstaaten - damit meine ich sowohl die politische Führung als auch sehr wahrscheinlich der überwältigende Teil der Bevölkerung - nur eine Art vorgeschobener Grund, um einen "guten" Casus Belli im Nachgang zu konstruieren. Alle wussten sehr genau Bescheid, worum es ging, da sich ein Krieg schon mindestens eine Dekade lang abgezeichnet hatte.

    Um es auf den Punkt bringen, wenn man sich für den Civil War interessiert, lässt sich dessen Anlass wie folgt zusammenfassen:
    Weißte wenig über das Thema: Der Bürgerkrieg ging irgendwie um die Abschaffung der Sklaverei
    Weißte n bisschen mehr darüber: "Demokratie, Freiheit, Staatsverständnis, Wirtschaftspolitiken (bspw. Schutzzölle) usw.. " -> lost cause-BS
    Bist du (einigermaßen) sattelfest: Der Bürgerkrieg ging um die Abschaffung der Sklaverei

    Es gibt in der Geschichte wirklich nur wenige Dinge, die so glasklar sind und ironischerweise sind ausgerechnet bei denen nur die Uniformen der Bösewichte jeweils in grau gehalten gewesen.
    Geändert von Des Pudels Kern (25. Mai 2019 um 02:57 Uhr)
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  2. #1742
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    Hier wurde ein Beitrag von Advocatus Dia. wegen persönlichen Angriffen komplett entfernt und dieser Beitrag hier um 3 persönliche Angriffe gekürzt. /justanick

    @Jon Snow vielleicht bist du etwas vernünftiger...

    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    Alls 1860 Abraham Lincoln zum Präsidenten gewählt wurde, kam es dann zur Sezession. Zunächst vermied er es, den Krieg offiziell zur Befreiung der Sklaven zu führen, sondern beschränkte sich auf die Forderung nach Wiederherstellung der Union.Nach den Wahlen von 1862 wurde deutlich, dass eine Mehrheit des Kongresses die Befreiung wenigstens der Sklaven aus den Sezessionsstaaten verlangte. Man hätte sonst auch bei der Wiedereroberung von Dörfern und Städten geflohene Schwarze an ihre Besitzer zurückgeben müssen, was die meisten Offiziere vehement ablehnten.
    Im Grunde ist es aber die Wiedergabe eines Teils meiner Aussage.

    Stell dir doch einfach mal die Frage:
    Warum formulierst du es so?
    Warum hat sich Lincoln hier beschränkt bzw. "vermieden den Krieg offiziell zur Befreiung der Sklaven zu führen"?
    Warum erwähnst du die Wahlen von 1862 und die veränderte Stimmung im Kongress, der aber offensichtlich noch immer nicht für die völlige Sklavenbefreiung war?
    Warum hat Lincoln 1863 nicht alle Sklaven befreit, sondern nur die Sklaven die er mit seinen Befugnissen als Präsident befreien konnte?
    Warum hat er am 22. September 1862 den Südstaaten diesen Schritt angedroht für den Fall, daß diese nicht die "Rebellion" beenden?
    Was wäre passiert wenn die Südstaaten der Drohung nachgekommen wären?


    Wenn du dir den Fall bzw. die Frage ansiehst, dann wirst du erkennen, daß du hier gerade an der Frage vorbei rennst. Zur Erinnerung die Frage war:
    Zitat Zitat von Menelor Beitrag anzeigen
    Was waren aber die Gründe der Nordstaaten gegen Sklaverei zu sein, sodass man darum kämpfen möchte?
    Um das "sodass man darum kämpfen möchte? " geht es hier doch eigentlich im ersten Teil von Menelor. So zumindest habe ich es verstanden...
    und wenn du noch etwas darüber nachdenkst, dann fällt dir vielleicht auf, daß in deinen Aussagen diesbezüglich ein gewisser Widerspruch steckt:
    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    ebenso wenig wird aber die Bedeutung der Sklaverei bestritten.
    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    Zunächst vermied er es, den Krieg offiziell zur Befreiung der Sklaven zu führen, sondern beschränkte sich auf die Forderung nach Wiederherstellung der Union.Nach den Wahlen von 1862...
    Und dieser Widerspruch ist essenziell für die Antwort.
    Du kannst jetzt bei deiner "offiziell politisch-korrekten Darstellung" bleiben oder einfach die Wahrheit akzeptieren: In den Nordstaaten wären zu Beginn des Krieges die wenigsten bereit gewesen für die Sklavenbefreiung einen Krieg zu führen bzw. "zu kämpfen".

    Jedenfalls war die Lage so, daß Lincoln erst 1862 seine Macht als Präsident für die "Kriegsmaßnahme" nutzte.

    10 Facts: The Emancipation Proclamation

    Die Punkte kann man so auch in diversen Quellen finden ...
    Geändert von justanick (25. Mai 2019 um 11:17 Uhr)

  3. #1743
    begossener Pudel Avatar von Des Pudels Kern
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    Zitat Zitat von Advocatus Dia. Beitrag anzeigen
    Du kannst jetzt bei deiner "offiziell politisch-korrekten Darstellung" bleiben oder einfach die Wahrheit akzeptieren: In den Nordstaaten wären zu Beginn des Krieges die wenigsten bereit gewesen für die Sklavenbefreiung einen Krieg zu führen bzw. "zu kämpfen".

    Jedenfalls war die Lage so, daß Lincoln erst 1862 seine Macht als Präsident für die "Kriegsmaßnahme" nutzte.

    10 Facts: The Emancipation Proclamation

    Die Punkte kann man so auch in diversen Quellen finden ...
    Du ignorierst völlig die Gemengenlage und Kontext damals und die Wahrnehmung bzw Rezeption der Zeitgenossen in Nord und Süd.
    Führ dir die "House Divided Speech" zu Gemüte. Lincoln machte 1858 absolut klar, dass Sklaverei der (einzige!) Grund für die gespaltene Nation sei und dieser Zustand auf die ein oder andere Weise ein Ende finden müsse. Dass Lincoln, als Gegner, die Sklaverei nicht auf die nördlichen Staaten ausweiten würde und die Gründe, hatte ich bereits geschrieben.
    Jeder Wähler in Nord und Süd wusste damit, dass die Wahl Lincolns 1861 untrennbar mit dem Ende der Sklaverei einhergehen würde, sodass sie im Zweifel auch eine Wahl(!) zwischen Krieg und Frieden sein werde. Die Wiederherstellung bzw Bewahrung der Union wird nur ohne den Fortbestand der Sklaverei funktionieren.
    Insgesamt war damit die Frage um die Abschaffung zu jedem Zeitpunkt von zentraler Bedeutung für beide Seiten und mit der Person Lincolns verschränkt.
    Die Wahl wurde von den Südstaaten folglich "Kriegserklärung" aufgefasst wie man in den damaligen Zeitungen beispielsweise entnehmen kann.

    Persönlichen Angriff entfernt. /justanick

    Meines Erachtens hättest du diesen Satz:

    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    Zunächst vermied er es, den Krieg offiziell zur Befreiung der Sklaven zu führen, sondern beschränkte sich auf die Forderung nach Wiederherstellung der Union.
    nicht so stehen lassen können, da er falsch gelesen werden kann bzw verkürzt, sodass daraus ne falsche Sicht ableiten lässt. Die Wiederherstellung der Union war unmittelbar mit dem Ende der Sklaverei verknüpft, was allen Seiten völlig klar war und die Sklaverei war der einzige Grund für die Sezession gewesen!
    Da gibt's also nichts voneinander zu trennen.
    Geändert von Des Pudels Kern (25. Mai 2019 um 11:22 Uhr)
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  4. #1744
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    Erstmal, bevor es um irgendwas anderes geht: Natürlich ist die Sklaverei der wichtigste Punkt, darüber braucht man gar nicht erst reden

    Zitat Zitat von Siegfried Beitrag anzeigen
    Es ist jetzt nicht so, als wäre ihm Sklaverei völlig egal gewesen; die Sezession gab es ja überhaupt nur, weil mit Lincoln ein Sklavereigegner zum Präsidenten gewählt wurde.
    Da würde ich gerne Zwischengrätschen und ein bisschen diese falsche Annahme widersprechen:

    Lincoln war nicht gerade der Favorit auf die Republikanische Kandidatur für die Wahl von 1860. Er hat sie letztlich gewonnen, weil er (von den Top Kandidaten), der gemäßigste Gegner der Sklaverei war. Er war da (vor dem Bürgerkrieg) gar nicht so Liberal und war zum Beispiel Teil einer Organisation, die die Sklaven wieder in Afrika ansiedeln wollte. Er war aus moralischen Gründen gegen die Sklaverei, aber nicht wirklich ein großer Verteidiger von schwarzen. Er war letztlich der Meinung, dass die Sklaverei als altes System von selber aussterben würde.

    Der Mann mit dem zweitmeisten Stimmen in der Wahl von 1860 war Stephen A. Douglas, der 1958 Lincoln schon in der Senatswahl in Illinois geschlagen hat. Er war Kandidat der nördlichen Demokraten. Warum nördliche Demokraten? Weil die Demokratische Partei sich auf ihren Nationalversammlungen gespalten hat. Es gab eine Untergruppe der Damokraten, die sogenannten "Fire Eater", die sich gegen Douglas gestellt hatten, weil Douglas selber nur ein gemäßigter Befürworter der Sklaverei war. Er war zum Beispiel für das Recht eines jedes Territoriums, selber zu entscheiden ob man Sklaverei möchte oder nicht. Die Fire Eater waren da sehr dagegen, und waren in Prinzip dafür, Sklaverei überall zu erlauben.

    Also hatten wir einen gemäßigten Gegner der Sklaverei, einen gemäßigten Befürworter der Sklaverei, einen radikalen Befürworter der Sklaverei (John C. Breckenridge) und die Constitutional Union Party, die mehr oder weniger die Sklavenfrage ignorieren wollte. Am Ende wurde Lincoln gewählt und heutzutage sagt jeder, dass seine Wahl der Auslöser war. Der echte Auslöser war dann aber die Teilung der Demokraten.

  5. #1745
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    AD: Ich halte diese ganze Entgegensetzung für wenig hilfreich. Ohne die Sklavenfrage ergibt das Auseinanderbrechen der Union keinen Sinn, ebenso wenig der Zerfall der Whigs, die Entstehung der Republikaner, die von Version und mir erwähnte Spaltung der Demokraten, die Wahl Lincolns und erst recht die übertriebene Reaktion der Südstaaten darauf. Die ganze Politik der 50er-Jahre war vom Thema der Sklaverei und den zunehmend auf beiden Seiten als unerträglich empfundenen Kompromissen geprägt. Das bedeutet weder, dass es im Norden keine Rassisten gegeben hätte, noch, dass sich Abolitionismus und Rassismus ausschlossen.

    Aus Lincolns Sicht (der tatsächlich als eher gemäßigter Abolitionist galt und dem die Einheit der Nation nach zahlreichen Aussagen wichtiger war als die Sklavenfrage) musste es 1860/61 zunächst darum gehen, so viele sklavenhaltende Staaten wie möglich in der Union zu halten und die Nordstaatendemokraten auf seine Seite zu ziehen. Er hätte beides riskiert, wenn er nach dem Willen der radikalen Abolitionisten innerhalb der Republikaner sofort die Sklavenbefreiung auf die Tagesordnung gesetzt hätte.

    Das ist aber natürlich die Sicht auf die politischen Akteure in Washington. Weshalb ein konkreter Soldat sich freiwillig meldete und kämpfte, kann meist gar nicht so genau gesagt werden. Patriotismus? Empörung über die Sklaverei? Abenteuerlust? Angst vor der Reaktion der "Damenwelt"? Es gibt jedenfalls keine offizielle oder "politisch-korrekte" Antwort auf diese Frage, schon gar nicht im Hinblick auf die von dir vorgeschlagene Entgegensetzung. In zwei der bedeutendsten und am meisten zitierten Werke zum Sezessionskrieg (James M. McPhersons "Für die Freiheit sterben" und John Keegans "Der amerikanische Bürgerkrieg") diskutieren die Autoren dieses Thema sehr offen und stützen sich auf zahlreiche Quellen, die durchaus unterschiedliche Aspekte beleuchten. Gerade in den USA wurde und wird zudem im Süden nochmals ein anderer Schwerpunkt gesetzt, der dort zeitweise als regelrechter "Mainstream" gelten konnte, nämlich die Lost Cause in Verbindung mit einer Idealisierung des "Alten Südens".

  6. #1746
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    Zitat Zitat von Version1 Beitrag anzeigen
    Erstmal, bevor es um irgendwas anderes geht: Natürlich ist die Sklaverei der wichtigste Punkt, darüber braucht man gar nicht erst reden



    Da würde ich gerne Zwischengrätschen und ein bisschen diese falsche Annahme widersprechen:

    Lincoln war nicht gerade der Favorit auf die Republikanische Kandidatur für die Wahl von 1860. Er hat sie letztlich gewonnen, weil er (von den Top Kandidaten), der gemäßigste Gegner der Sklaverei war. Er war da (vor dem Bürgerkrieg) gar nicht so Liberal und war zum Beispiel Teil einer Organisation, die die Sklaven wieder in Afrika ansiedeln wollte. Er war aus moralischen Gründen gegen die Sklaverei, aber nicht wirklich ein großer Verteidiger von schwarzen. Er war letztlich der Meinung, dass die Sklaverei als altes System von selber aussterben würde.

    Der Mann mit dem zweitmeisten Stimmen in der Wahl von 1860 war Stephen A. Douglas, der 1958 Lincoln schon in der Senatswahl in Illinois geschlagen hat. Er war Kandidat der nördlichen Demokraten. Warum nördliche Demokraten? Weil die Demokratische Partei sich auf ihren Nationalversammlungen gespalten hat. Es gab eine Untergruppe der Damokraten, die sogenannten "Fire Eater", die sich gegen Douglas gestellt hatten, weil Douglas selber nur ein gemäßigter Befürworter der Sklaverei war. Er war zum Beispiel für das Recht eines jedes Territoriums, selber zu entscheiden ob man Sklaverei möchte oder nicht. Die Fire Eater waren da sehr dagegen, und waren in Prinzip dafür, Sklaverei überall zu erlauben.

    Also hatten wir einen gemäßigten Gegner der Sklaverei, einen gemäßigten Befürworter der Sklaverei, einen radikalen Befürworter der Sklaverei (John C. Breckenridge) und die Constitutional Union Party, die mehr oder weniger die Sklavenfrage ignorieren wollte. Am Ende wurde Lincoln gewählt und heutzutage sagt jeder, dass seine Wahl der Auslöser war. Der echte Auslöser war dann aber die Teilung der Demokraten.

    Hier möchte ich nochmals einhaken. Es ist sicher richtig, dass die Spaltung der Demokraten eine große Rolle bei der Wahl Lincolns spielte, ebenso natürlich der Zerfall der Whigs. Beides ist aber eher Ausdruck und Folge der politischen Spaltung der Nation in der Sklavenfrage als deren Grund. Im Süden wurde Lincoln in den großen Zeitungen meist als Hinterwäldler dargestellt, der von "Lumpenpack und ölverschmierten Mechanikern" unterstützt werde und den (weit über seinen Horizont hinausweisenden) Lebensstil des Südens zerstören wolle. Schon diese Darstellung ist für nationale Wahlkämpfe eher unüblich, auch wenn es natürlich Hochburgen verschiedener Kandidaten gibt. Das gilt dann aber erst recht für die Reaktion South Carolinas; Lincoln war ja noch gar nicht im Amt, als der Staat im Dezember 1860 die Sezession erklärte. Das ist eigentlich keine rationale Reaktion mehr gewesen, sondern zeigt vor allem die Spaltung des öffentlichen Diskurses und der Vorstellungswelten in der Union an.

  7. #1747
    begossener Pudel Avatar von Des Pudels Kern
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    Zitat Zitat von Version1 Beitrag anzeigen
    [...]Douglas selber nur ein gemäßigter Befürworter der Sklaverei war. Er war zum Beispiel für das Recht eines jedes Territoriums, selber zu entscheiden ob man Sklaverei möchte oder nicht.
    Zur Person Douglas' muss man allerdings ebenso mehr ausholen. Zum einen, da er Lincolns stärkster Mitbewerber war (und ihn ja auch bereits geschlagen hatte) und zum anderen nicht zuletzt, da er die Schlüsselfigur hinsichtlich der Spaltung der Demokraten ist (Konflikt mit Pro-Slavery Präsident Buchanan über die Lecompton Constitution).
    Er verurteilte Sklaverei nicht, allerdings muss man doch in Betracht ziehen, dass er ihr nicht positiv gegenüber stand, insbesondere vor dem Hintergrund, dass er dafür eintrat, die Staaten entscheiden lassen wollte und zu dieser Zeit viele Staaten die Sklaverei abschafften und Rechte von Sklavenhaltern einschränkten.
    Er wurde in den Präsidentschaftswahlen überdies von vielen Wählern als Gegner der Sklaverei wahrgenommen und war nach der Wahl ein treuer Verbündeter Lincolns, der dessen militärische Anstrengungen gegen den Süden zu Beginn des Krieges sofort vervielfachen wollte.

    Wenn man sich das Ergebnis der Präsidentschaftswahl und Stimmenverteilung auf die Kandidaten ansieht, wird zum einen klar, wie dominant die Frage rund um die Abschaffung der Sklaverei zentral im damaligen Diskurs war und auch, welchen Preis, den höchsten, die Wähler bereit waren, dafür zu bezahlen.
    Man kommt nur schwer umhin, den Zeitraum (grob 1850-1865) als Finest Hour der USA zu bezeichnen.
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  8. #1748
    Europäer Avatar von Radyserb
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    Zitat Zitat von Des Pudels Kern Beitrag anzeigen
    Ein Eintreten für die Abschaffung von Sklaverei als "Gutmenschentum" abzuqualifizieren ist meines Erachtens übrigens ne ziemliche Frechheit und völlig verfehlt. Es gibt Dinge, die lassen nur ein, hier buchstäbliches, Schwarz-Weiß denken zu und, dass die Abschaffung einer solchen perversen Institution nur Gutes in sich birgt - womit gleichzeitig die Rollenverteilung absolut klar ist - braucht man eigentlich gar nicht zur Debatte stellen.
    Tja, es gibt halt immer Menschen, die müssen die historischen Akteure in absolute Bösewichte und absolute Lichtgestalten einteilen. Hitler, Bismarck, Tetzel - das absolute BÖSE! Gandhi, Marx, Luther und halt Lincoln - LIEBE! Für mich genauso problematisch wie eine umgekehrte Verteilung der Rollen.

    Du klingst auch so ein bisschen danach: Die Bösewichte in ihren grauen Uniformen.

    Geschichte kann so einfach sein

  9. #1749
    begossener Pudel Avatar von Des Pudels Kern
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    Zitat Zitat von Radyserb Beitrag anzeigen
    Geschichte kann so einfach sein
    Manchmal ist sie es. Auch wenn solch eine Einschätzung "Kritiker" wie dich eventuell dazu verleitet, mich als naiv, nicht genug informiert oder "Betrachte doch mal das ganze Bild und die Zusammenhänge" bezeichnet, bleibe ich dabei.
    Einem Staat etwas abzugewinnen, der verfassungsrechtlich Sklaverei nicht nur toleriert, sondern dazu motiviert und on top bereit ist, dafür einen Krieg zu beginnen, ist mir schleierhaft.
    Natürlich kann man ökonomische Sachzwänge oder zwischen Gemäßigten und Radikalen unterscheiden, aber am Ende kommt man einfach zu dem Schluss, dass die Konföderation, so wie sie sich präsentierte im Kern schlichtweg ein moralisch verrotteter Staatenbund war, der es mehr als verdient hatte unterzugehen
    Genau so verhält es sich mit dem Dritten Reich: Klar, man kann Versailles durchkauen, Autobahnen toll finden und man darf sogar imponiert sein vom Einfallsreichtum hinsichtlich des militärgeschichtlichen Verlaufes, aber letzten Endes handelte es sich um einen perfiden Staat, der all diese Errungenschaften als Mittel betrachtete, einen Genozid durchzuführen und damit genuin böse war.

    Ich weiß nicht, wie ich es anders formulieren kann, denn mir fällt es bzgl derartiger Extremfälle schwer, in anderen Kategorien als "gut" und "böse" zu denken. Sie liegen glasklar auf der Hand. Insbesondere wenn man sich vor Augen führt, dass immer eine Wahl bestand und der eingeschlagene Weg im Bewusstsein aller Konsequenzen beschritten wurde.
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  10. #1750
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    Menelor, was mir noch einfiel: Ging es dir eher um die Gründe, aus denen die politisch Verantwortlichen in den Nordstaaten den Krieg führten oder eher um die Gründe, warum die Soldaten kämpften?

  11. #1751
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    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    AD: Ich halte diese ganze Entgegensetzung für wenig hilfreich. Ohne die Sklavenfrage ergibt das Auseinanderbrechen der Union keinen Sinn, ebenso wenig der Zerfall der Whigs, die Entstehung der Republikaner, die von Version und mir erwähnte Spaltung der Demokraten, die Wahl Lincolns und erst recht die übertriebene Reaktion der Südstaaten darauf. ...
    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    Menelor, was mir noch einfiel: Ging es dir eher um die Gründe, aus denen die politisch Verantwortlichen in den Nordstaaten den Krieg führten oder eher um die Gründe, warum die Soldaten kämpften?
    Hi Jon Snow,
    ja ohne die Sklavenfrage ergibt die Sezession keinen Sinn.
    Aber die Sache ist halt dann doch etwas komplizierter und anders gelagert, wenn es um die Frage von Menelor geht.(So wie ich sie verstehe.)

    Zitat Zitat von Menelor Beitrag anzeigen
    Was waren aber die Gründe der Nordstaaten gegen Sklaverei zu sein, sodass man darum kämpfen möchte?
    Mit deiner Aussage:

    Aus Lincolns Sicht (der tatsächlich als eher gemäßigter Abolitionist galt und dem die Einheit der Nation nach zahlreichen Aussagen wichtiger war als die Sklavenfrage) musste es 1860/61 zunächst darum gehen, so viele sklavenhaltende Staaten wie möglich in der Union zu halten und die Nordstaatendemokraten auf seine Seite zu ziehen. Er hätte beides riskiert, wenn er nach dem Willen der radikalen Abolitionisten innerhalb der Republikaner sofort die Sklavenbefreiung auf die Tagesordnung gesetzt hätte.

    kommst du der Sache bzw. der Antwort, aus meiner Sicht, sehr nahe.
    Die meisten offiziellen Darstellungen sprechen davon, daß bis zur Emanzipationsproklamation die Abschaffung der Sklaverei kein offizieller Kriegsgrund war.Der American Battlefield Trust, der Kongress etc. etc. formulieren es immer in der Richtung,daß erst mit der Proklamation die (zumindest teilweise) Abschaffung der Sklaverei als offizielles Kriegsziel hinzukommt.
    Bsp:
    Fact #6: The Emancipation Proclamation changed the focus of the war.
    Up until September 1862, the main focus of the war had been to preserve the Union. With the issuance of the Emancipation Proclamation freedom for slaves now became a legitimate war aim.


    (Ich sehe keinen Grund solche Aussagen nicht für glaubwürdig zu halten bzw. Lincolns Aussagen zu misstrauen.)

    Man muss hier immer noch im Blick haben, daß es sich hierbei jedoch immer noch nicht um eine völlige Abschaffung der Sklaverei handelt. Es ging nur um die Gebiete in denen "rebelliert" wurde. (Und da hat man offensichtlich sehr sehr genau hingeschaut.)
    Der Kongress war 1862, gemäß auch deiner eigenen Aussage nach ("Nach den Wahlen von 1862 wurde deutlich, dass eine Mehrheit des Kongresses die Befreiung wenigstens der Sklaven aus den Sezessionsstaaten verlangte."),jedenfalls noch nicht bereit für eine völlige Abschaffung der Sklaverei.

    Betrachtet man jetzt das Gesamtbild und berücksichtigt zusätzlich vielleicht sogar noch den "Corwin Amendment", so muss man zum Schluss kommen, daß
    zu Beginn des Krieges weder die Nordstaaten noch deren Bewohner, abgesehen vielleicht von einem kleinen Teil der wenigen radikalen Abolitionisten, sonderlich bereit waren gegen die Sklaverei bzw. wegen der Sklaverei einen "Krieg zu führen".

    Und das lag wohl nicht nur an den verbliebenen Sklavenstaaten in der Union.

    Speziell der "Corwin Amendment" also den von Kongress und Senat 1861 angenommene 13.Zusatzartikel zur Verfassung, der es dem Kongress verbietet sich in Fragen der Sklaverei innerhalb der Bundesstaaten einzumischen, wirft doch ein sehr eindeutiges Licht auf die Stimmungslage in der Union.
    (No amendment shall be made to the Constitution which will authorize or give to Congress the power to abolish or interfere, within any State, with the domestic institutions thereof, including that of persons held to labor or service by the laws of said State)

    So oder so hat man jedenfalls anfangs nicht gegen die Sklaverei "Krieg geführt", sondern vorerst nur, um die Union zu erhalten.

  12. #1752
    esst mehr Teile Avatar von mauz
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    und jetz beantworte noch die Frage, warum sich die Sklavenhalter überhaupt abspalten wollten, also ob es ihnen um etwas anderes ging, als den Erhalt der Sklaverei. Da wirste außer auf Vorgeschobenes nämlich auf wenig bis nichts stoßen. Damit kennt ein Krieg für die Abspaltung als einzige Motivation den Erhalt der Sklaverei

  13. #1753
    Zurück im Norden
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    AD: Das primäre Kriegsziel des Nordens war der Erhalt der Union, ja. Das wird aber meines Wissens von keinem Fachhistoriker bestritten. Mir ist insofern nicht ganz klar, wo du hier gegen ein angebliches "politisch-korrektes" Geschichtsbild stehst? Dass es aber überhaupt zur Sezession kam, hing fast ausschließlich an der Sklaverei und der Befürchtung der Südstaaten, Lincoln und die Republikaner (die ja auch im Repräsentantenhaus und im Senat knappe Mehrheiten erreicht hatten) würden diese abschaffen wollen. Mittelfristig war das vermutlich sogar richtig, auch wenn das Ganze ohne den Krieg sicher anders verlaufen wäre.

  14. #1754
    begossener Pudel Avatar von Des Pudels Kern
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    Schade, AD, dass du auf meine Posts nicht eingehst, obwohl sie bereits dieselben Aussagen beinhalteten wie die von JS. Hauptsache, du sitzt gemütlich in deinem T-34-Einmannturm, aber eventuell hast du ja wenigstens auf dem Gebiet mal bessere Quellen, als irgendwelche Foren gefunden, aus denen du zu diesem Thema zitierst.

    Zunächst ein mal ist deine Aussage hier:

    Zitat Zitat von Advocatus Dia. Beitrag anzeigen
    Speziell der "Corwin Amendment" also den von Kongress und Senat 1861 angenommene 13.Zusatzartikel zur Verfassung, der es dem Kongress verbietet sich in Fragen der Sklaverei innerhalb der Bundesstaaten einzumischen, wirft doch ein sehr eindeutiges Licht auf die Stimmungslage in der Union.
    (No amendment shall be made to the Constitution which will authorize or give to Congress the power to abolish or interfere, within any State, with the domestic institutions thereof, including that of persons held to labor or service by the laws of said State)

    So oder so hat man jedenfalls anfangs nicht gegen die Sklaverei "Krieg geführt", sondern vorerst nur, um die Union zu erhalten.
    nicht richtig. Das Corwin Amendement ist ironischerweise von zu wenigen Bundesstaaten angenommen worden und damit nie rechtskräftig und nie der 13. Zusatzartikel geworden.
    Diesen Umstand kann man sicherlich der Entstehungsgeschichte bzw der Hast, zuschreiben, in der er überlegt und verfasst wurde, obwohl 4 der 5 Unterzeichnerstaaten erst nach Ausbruch des Krieges ratifizierten. In der Tat kann man ihn als letzten politischen Versuch des Nordens bezeichnen, die Union zu retten.
    Dennoch darf in diesem Zusammenhang ein entscheidender Punkt nicht vergessen werden: Dem Süden wurde damit zwar Sklaverei weiterhin erlaubt, allerdings änderte sich damit nicht Lincolns bzw die republikanische Haltung, dass Sklaverei nicht ausgedehnt, etwa auf die neuen Territorien, werden dürfe. Ein diesbezüglich vorausgegangener Vorschlag, der diese Option beinhaltete (Crittenden Compromise) hatte keine Chance.
    Das Corwin Amendement ist insofern keine Appeasement-Strategie, da dem Süden zum einen eine klare Rote Linie aufgezeigt wird. Ua deswegen (und da natürlich Südstaatenabgeordnete im Senat und Kongress saßen) ging Lincoln gar nicht erst dagegen vor.
    Die sehr berechtigte Hoffnung der Sklavengegner bestand nämlich darin, den Süden praktisch zu umzingeln und damit die Sklaverei aussterben zu lassen:
    Wie bereits erwähnt, hatten viele Nordstaaten nicht nur ihre Gesetze gegenüber der Sklaverei verschärft bzw sie verboten und nahmen zunehmend Sklavenhalter ins Visier (personal-liberty bills, welche eine der wesentlichen Rechtfertigung für die Südstaaten zur Sezession darstellten).
    Auch muss man insgesamt das bereits um 1850 eingesetzte und nicht nachlassende - im Gegenteil - Klima des Umbruchs und der Veränderungen in Betracht ziehen und welche nachhaltige Wirkung das auf den Süden hatte.
    Nicht nur trauten die Südstaaten aus dem Norden kommenden Vorschlägen schon mal gar nicht, wie etwa dem Corwin Amendement, auch mussten sie akzeptieren, dass ihr Way of life außer auf ihren Gebieten keine Zukunft mehr hatte.
    Es ist von außerordentlicher Bedeutung für den ganzen weiteren Ablauf, dass sich sehr viele Südstaatler völlig im Klaren darüber waren.
    Sklaverei ist Bestandteil des Weltbildes gewesen und man kann dieses Zitat in dem Zusammenhang nicht oft genug bringen, um wirklich jedem verständlich zu machen, worum es dem Süden stets ging:

    "[I]ts foundations are laid, its cornerstone rests upon the great truth, that the negro is not equal to the white man; that slavery—subordination to the superior race—is his natural and normal condition. This, our new government, is the first, in the history of the world, based upon this great physical, philosophical, and moral truth."

    Wenn der Norden in der Lage ist, eine Expansion dieses Weltbildes effektiv einzuschränken, nicht nur wirtschaftlich, sondern eben auch mittels seiner moralischen Überlegenheit, die letztlich Grundlage der entsprechenden untersagenden Rechtsakte war, besteht die Gefahr einer Identitätskrise.
    Genau die entlud sich bei Fort Sumter.
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    "Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast ;)" (LazyJay)

  15. #1755
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    Zitat Zitat von Jon Snow Beitrag anzeigen
    AD: Das primäre Kriegsziel des Nordens war der Erhalt der Union, ja. Das wird aber meines Wissens von keinem Fachhistoriker bestritten. Mir ist insofern nicht ganz klar, wo du hier gegen ein angebliches "politisch-korrektes" Geschichtsbild stehst?
    Ich stehe eigentlich nur gegen den Unsinn der hier im Thread so oft steht. Insbesondere jetzt dagegen, daß sich hier alles nur um die Abschaffung der Sklaverei dreht. Ich würde es sogar radikaler sagen, daß zu Beginn der Erhalt der Union das einzige offizielle Kriegsziel war, weil niemand die Sklaverei aktiv beseitigen.

    Und gegen die Angewohnheit von des Pudels Kern permanent Dinge falsch zu verstehen und falsch wiederzugeben.

    Oder solche falschen Aussagen wie von mauz die ein "politisch-korrektes" Geschichtsbild vorschreiben, das aber vollkommen falsch ist.
    Geändert von Advocatus Dia. (28. Mai 2019 um 03:38 Uhr)

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