"Nun sind wir bald am Ziel - räumlich wie auch zeitlich", sagte die alte Hofdame. "Auf Victoire II. folgte Victoire III., die Mutter unserer geschätzten Königin Victoria, der Ihr nun dient. Victoire III. wurde vor 50 Jahren gekrönt.
Sie stand für eine Politik der Versöhnung, des Appeasement. Als Australiens Weise das Alphabet entwickelten - und zeigten, dass auch sie uns weit voraus waren - war Victoire bereit, ihnen Pflüge zu liefern uns als Vertrauensbeweis die englischen Rauchzeichen offenzulegen - um den Preis, dass wir die australische Bilderschrift lernen durften. Die Bilderschrift lernten wir anhand eines Schriftstückes über den australischen Ehrencodex.
Die Spionage in Schottland schritt voran. Man fand zwar eine große Truppenansammlung in Aberdeen, aber in der Hauptstadt Glasgow gab es nur 7000 Mann, ähnlich wie in Perth. Folglich war die größte Gefahr jene Armee in Aberdeen, während das restliche Land einfach zu überrollen schien. Nur, dass eben diese Armee das verhindern konnte.
Vor 40 Jahren begann dann die Misere: Victoire musste den Alten und Weisen das Geld streichen, um die Verwaltung zu bezahlen, und die Truppen. Zwar degradierte sie alle Grafen zu Baronen und alle Herzöge zu Grafen, um aus ihrem Land nur zwei Herzogtümer - England und Neukaledonien - zu machen, aber die Inhaber der Titel behielten ihre Macht und ihre Ansprüche bei. Die Neukaledonischen Würdenträger behielten sogar ihre Titel, Bonneval setzte durch, zum Herzog von England befördert zu werden - und machte damals den Weg für Eure Familie als neue Baronin von Orkney frei. Natürlich war Eure Mutter, die damals die Herrschaft übernahm, selbst eine Bonneval.
Vor 30 Jahren wurde unsere Victoria geboren. Victoire ernannte damals den "Bundesbanker" Joachim Nagel zu ihrem Schatzkanzler, damit er die Einnahmen konsolidierte, so dass wir wenigstens etwas forschen oder einen Krieg führen konnten. Der jedoch ergriff keine schnellen Maßnahmen, sondern versuchte lieber, einen größeren Gewinn einzufahren.
Vor 10 Jahren starb Victoire vor Gram - sie las die Nachricht über Eduard Schopf, der in Schottland ein Kaffeehandels- und Rösterimperium aufgebaut hatte und war traurig, dass England nicht mehr solcher Leute hervorbrachte.
Victoria, unsere Königin, überließ ihrem Kabinett viel Freiheit. Sie ist, wie auch Victoire III, zwar eine Normannin, aber keine Plündererin. Als in Schottland die Gesetzestafeln aufgestellt wurden, entschloss sich sich, Euch an den Hof zu holen, um das Blatt zu wenden." "Keine leichte Aufgabe", meinte ich. "In der Tat. Wir sind da."
Ich betrat den Palast und konnte mich kaum einleben. Sofort warteten Aufgaben auf mich. Spione berichteten über die Mannstärken in Motherwell (5000) und Paisley (7000), die beide machbar erschienen. Oder in Aberdeen, wo 630000 Mann warteten, darunter fast die Hälfte Reiter oder Streitwagen - eine gewaltige Übermacht, nicht nur in Zahlen, sondern auch von der Stärke jeder einzelnen Einheit.
So erschien mir ein Krieg selbstmörderisch. Die ersten 50 Jahre tat ich es Victoria gleich: Ich verwaltete und verwaltete, und das Spektakulärste war, dass wir es auf 10 Millionen Engländer brachten - im selben Jahr, wo in einem fernen Land das Mausoleum von Halikarnassos erbaut wurde und für Australien ein goldenes Zeitalter begann. Beides Ereignisse, die wir uns für England nur erträumen konnten.
Im 60. Jahr meiner Amtszeit konnte ich immerhin mit Kanada einen Handel abschließen: Sie bekamen Kokosnüsse und Zucker, wir Honig und Pelze, wodurch unsere Untertanen glücklicher wurden und die Städte wieder ein wenig wachsen konnten - und damit hoffentlich auch unsere Einnahmen und die Produktion.
Bald war ich 70 Jahre im Amt. Victoria ging auf ihr 100. Lebensjahr zu, ich war auch meine 90, aber für unser Alter (und die damaligen Zustände) hielten wir uns noch gut. Nur wurde sie langsam ungeduldig und hoffte darauf, dass ich ein Wunder vollbrachte, damit sie nicht als 'die Untätige' in Erinnerung blieb.
Ägypten führte Speichenräder für seine Streitwagen ein, Ernest Rutherfort begann als Gelehrter am Hof von Jakob Stuart zu wirken.
90. Jahr der Chronik.
Immer noch lebe ich - wenn man es Leben nennen kann, wie ich auf den Tod warte. In Kanada wurde die Sklaverei eingeführt, wir dagegen haben nach 120 Jahren unsere Königin zu Grabe getragen. Ihre Enkelin Victoria ist munterer als Victoria I., die verbittert und enttäuscht starb. Und sie verlangt von mir, dass ich entweder abtrete oder ein Wunder vollbringe.
100. Jahr der Chronik.
Ich lebe immer noch - und Victoria II. ist "not amused", weil ich immer noch nichts leiste. "Nicht einmal sterben kann sie." Nun, wenn sie mich vergiften würde, würde ich mich nicht wehren können. Aber dazu ist sie zu anständig.
Gestern kam eine frohe Kunde aus Kanada: John Achim Nagel, der neue Schatzkanzler ihrer Majestät, hat die Expedition seines Großvaters bis ins hinterste Kanada geführt, nach Winnipeg. Dort hat er 1500 Goldstücke eingelöst - und nun erwartet Victoria, dass wir von dem Geld eine Armee unterhalten und sofort zuschlagen. Er wurde dafür in den Adelsstand erhoben und zum
Ich habe zusammen mit allen unseren Generälen gerechnet, wir haben einen dreijährigen Krieg gegen Schottland durchgespielt, und während Victoria und drängt, sind wir zu einem Schluss gekommen: Dass wir diesen Krieg nicht gewinnen können. Wir kamen weiter als ich dachte, wir würden Paileys Mauern zerstören und einen guten Teil der Besatzung töten. Aber am Ende wäre unsere Armee nicht mehr Kampfbereit und müsste Kapitulieren. Zum Glück konnten die Generäle ihr dieses Wagnis ausreden, denn auf mich würde sie nicht mehr hören.
101. Jahr der Chronik
Vielleicht doch - immerhin hat sie, als Schottland die Herausgabe von Kokosnüssen verlangte, diesem Geschenk zugestimmt. Ihr Blick richtet sich statt dessen gen Australien.
103. Jahr der Chronik.
Dort ist John Hopes goldenes Zeitalter nun beendet. Victoria schickt mich als Botschafterin - ich soll versuchen, ihnen die Kunst des Webens abzupressen. Ansonsten soll ich einen Krieg ankündigen. Das Normannenblut scheint stärker in ihr.
Vielleicht hofft sie, dass ich erschlagen werden, wenn ich so dreist fordere. Ich hoffe es auch fast. Wenn ich wirklich wiedergeboren werde, möchte ich einen jungen, gesunden Körper haben. Und ansonsten... Frieden.
Natürlich hat Hope abgelehnt, aber er konnte eine alte Frau nicht erschlagen. Also musste ich mit leeren Händen zurück. "Hättet Ihr nicht wenigstens auf der Reise sterben können?" fragt Victoria.
104. Jahr der Chronik.
Ich sehe kaum noch, die Hieroglypen muss ich nun diktieren. Während ich wenig machen kann, gilt Nagel als Retter der Kasse - immerhin können wie Weisen nun wieder arbeiten.
Dazu zähle auch ich, und ich habe tatsächlich etwas vorgebracht: Wenn wir die Urbanisierung vorantreiben, werden Stadtzentren die Verwaltung erleichtern und den Handel beleben. Es ist nicht viel, aber bei unseren vielen Siedlungen lohnt es sich vielleicht doch, zu sparen. "Warum erst jetzt?" fragt Victoria.
In Kanada gibt es Erzählungen über ein großfüßiges Tier, das bei den Lagern von Jägern herumschleicht. Was mag das bedeuten?
Victoria hat einen neuen Favoriten: Reinhard Selten, er soll für sie als Volkswirt und Wirtschaftsminister das Land retten.
Mich schickt sie auf eine heikle Mission: Ich soll Australien den Krieg erklären. Ich weiß, es ist meine letzte Reise.
105. Jahr der Chronik.
John Hope ließ mich einkerkern. Seine Leute halten mich am Leben, solang ich eine Geisel bin. Ich rechne damit, dass sie mich irgendwann umbringen. Oder meine Gicht tut es.
Nachrichten aus Schottland besagen, dass sich die Bewohner von Stirling immer noch nach ihrer schottischen Heimat sehnen, doch solch ein Ansinnen lehnt Victoria ab.
Die Göttin Artemis wird in einem fernen Land in einem besonderen Tempel verehrt.
Der Krieg kommt täglich näher. Hier in Darwin sind 12000 Australier, nur ein Bruchteil der Engländer, die hierhin marschieren.
106. Jahr der Chronik
Rutherford in Schottland hat einen Schüler: Josef Fraunhofer. Sie nennen sich beide Physiker, aber was solche Physiker machen, weiß hier auch niemand. Nun, ein Kerker ist selten ein Ort, an dem sich Intellektuelle versammeln.
Ich höre das Wummern der Rammen. Jeden Tag rechne ich damit, dass ich zur Abschreckung hingerichtet werde. Aber nichts passiert. Vielleicht haben sie mich vergessen. Vielleicht wissen sie auch, dass ich England nichts mehr bedeute.
107. Jahr der Chronik
Es geht mir immer schlechter. Das Essen wird rationiert, und an uns Gefangenen spart man als erstes. Aber sie konnten England nicht stoppen: Nach nur 2 Jahren ist die gesamte Mauer im Süden hinfällig. Bald soll der Sturm beginnen.
Im 108. Jahr der englischen Chronik begann der große Sturm auf Adelaide.
England:
Kommando: Chandragupta Maurya
weitere Offiziere: Bonneval, Subotai, Pyrruy, Weygand, Browne
110 Belagerungstürme (21 beschädigt, 1 zerstört, 100 Tote, 2100 Verletzte), 7000 Kurzschwertkämpfer, 2000 Axtkämpfer (200 verletzte); 3000 Speerkämpfer (300 verletzte), 50 Rammen (10 beschädigt, 200 verletzte), 1000 Streitwagenschützen, 1000 Hunde (100 verletzte), 100 Hundeführer
Total: 25100 Mann (100 Tote, 2800 Verwundete), 160 Belagerungsgeräte (31 beschädigt, 1 zerstört)
Australien:
Kommando: Karl Philipp zu Schwarzenberg XXXVIII.
1000 Kurzschwertkämpfer (1000 Tote), 3000 Streitwagenschützen (3000 Tote, 1500 Gespanne zertört), 1000 Schleuderer (1000 Tote), 5000 Axtkämpfer (5000 Tote), 10 Belagerungstürme (10 zerstört, 1000 Tote), 1000 Speerkämpfer (1000 Tote), 2000 Bogenschützen (2000 Tote)
Total: 14000 Mann (14000 Tote), 1510 Fahrzeuge (1510 zerstört)
Der Kampf ähnelte dem von Brisbane: Die Belagerungstürme schossen fast die gesamte Australische Armee so dermaßen zusammen, dass die Generäle danach unbehelligt angreifen konnten. Sie machten Platz für die Kurzschwertkämpfer, die nur einmal Hilfe der Rammen in Anspruch nahmen. Am Ende wurden gar die Schwert- und Axtkämpfer für die Aufstandsbekämpfung geschont, und nur einfacht Truppen wie Hunde und Streitwagenschützen eingesetzt.